Wie sieht es mit dem Wurf bei Ihnen aus? Chip Engelland gilt ja als vielleicht bester Shooting-Coach der Liga. Arbeiten Sie auch daran, früher oder später von draußen zu ballern?
Pöltl: Wir arbeiten viel miteinander. Die Herangehensweise ist aber ganz anders. In Toronto hieß es: "Stell' dich an die Dreierlinie und wirf, bis du umfällst. Irgendwann solltest du es dann schon raushaben." Dadurch gab es Tage, an denen es im Training wirklich recht gut lief mit dem Dreier. Mit Chip geht es jetzt aber darum, das Ganze von innen nach außen aufzubauen. Wir haben bei den Basics angefangen und die Wurftechnik fast komplett neu aufgebaut, um von da aus dann über die Mitteldistanz langsam weiter nach draußen zu gehen. Das ist ein ziemliches Auf und Ab, es ist nicht leicht, vor allem während der Saison, wenn ich nicht so viel trainieren kann. Im Sommer war ich schon recht zufrieden mit meinem Fortschritt, aber es fehlt noch an Konstanz, weshalb ich jetzt immer mal merke, dass mein Wurf in ein Loch fällt. So einen neuen Wurf zu verinnerlichen, bedarf viel Zeit und Arbeit.
Gibt es da heutzutage einen gewissen Druck als Big Man, was den Dreier angeht? Was früher mal ein Novum war, sieht man jetzt quasi überall. Auch Dwight Howard wirft neuerdings Dreier ...
Pöltl: Ich merke natürlich, dass es immer wichtiger wird und dass die Teams auch einen großen Wert darauf legen. Wenn man dann nicht so gut wirft, muss man in anderen Bereichen schon sehr gut sein. Ich persönlich will immer weiter an meinem Wurf arbeiten, aber ich bin auch nicht unglücklich, wenn ich in drei Jahren noch kein Dreierspezialist bin. Ich weiß, was ich gut kann und wie ich auch ohne Dreier mein Ding durchziehen kann. Es wäre aber natürlich ein guter Bonus, wenn das hinzukommt.
Wie zufrieden sind Sie bisher mit Ihren Leistungen in dieser Saison? Zusammen mit Patty Mills haben Sie individuell das beste Net-Rating bei den Spurs, gerade defensiv funktioniert es in Ihren Minuten viel besser als ohne Sie ...
Pöltl: Alles in allem bin ich individuell zufrieden. Ich habe langsam begonnen, aber seitdem ist es ziemlich stetig nach oben gegangen. Es ist halt blöd, dass es gerade in dieser Phase bei mir besser wurde, in der es für uns als Team schlecht gelaufen ist. In meiner Rolle fühle ich mich zuletzt aber wohl, sowohl offensiv als auch defensiv. Ich hatte mir vor der Saison einiges vorgenommen. Ich wollte aggressiver sein, hauptsächlich in der Offense, weil ich das bisher nicht so geschafft hatte. Da wollte ich mehr ausprobieren, in Maßen natürlich, aber die Chancen mehr nutzen, die sich bieten. Da geht es schon voran bei mir.
Die Statistiken von Jakob Pöltl in der NBA
Saison | Team | Minuten | Punkte | Rebounds | Blocks | FG% |
16/17 | Raptors | 11,6 | 3,1 | 3,1 | 0,4 | 58,3 |
17/18 | Raptors | 18,6 | 6,9 | 4,8 | 1,2 | 65,9 |
18/19 | Spurs | 16,5 | 5,5 | 5,3 | 0,9 | 64,5 |
19/20 | Spurs | 18,9 | 6 | 6 | 1,3 | 59,4 |
Dabei kamen Sie zunächst von der Bank, zuletzt sind Sie überwiegend gestartet. Die Spurs spielen je nach Personal teilweise ziemlich unterschiedlich. Wie sehr ändert sich Ihr Job in der Starting Five?
Pöltl: Ich muss mich da schon anpassen. Mein Aufgabenprofil bleibt zwar relativ gleich, ich soll hauptsächlich verteidigen und offensiv bin ich viel im Pick'n'Roll involviert, aber mit der Starting Five bin ich etwas passiver.
Wie meinen Sie das?
Pöltl: Ich habe einfach den Ball weniger in der Hand. Es gibt trotzdem eine gute Anzahl an Pick'n'Rolls, aber ich bekomme den Ball beim Abrollen seltener. Mit der Bank haben wir viel Ball-Movement, viel Bewegung, viele Dribble Hand-Offs, wo ich den Ball außerhalb der Dreierlinie bekomme und mit den Guards involviert bin. Bei der Bank ist mehr Flow drin. Dadurch, dass wir in der Starting Five mehr Iso-Spieler haben, bin ich da etwas passiver und versuche, einfach auf den richtigen Moment zu warten, um mich einzuschalten.
Das klingt, als würde das Spiel mit der Bank Ihnen mehr Spaß machen. Oder ist das zu einfach gesagt?
Pöltl: Es trifft meinen Spielstil besser, das ist schon richtig. Aber ich weiß auch in der Starting Five, wie ich mich einbringen und effektiv sein kann. Ich sehe es auch als meine Aufgabe, mehr Bewegung reinzubringen, wenn wir zu statisch werden. Wir haben nun mal einige Spieler, die eher langsam und nach ihrem Rhythmus spielen wollen, das ergibt auch Sinn, weil sie gut darin sind. Trotzdem hilft uns manchmal mehr Tempo und ich versuche, das einzubringen.
Über Engelland haben wir schon gesprochen, seit dieser Saison ist nun mit Tim Duncan auch noch ein weiterer durchaus prominenter Assistant Coach Teil des Teams. Wie ist es für Sie als Big Man, mit so jemandem zusammenzuarbeiten?
Pöltl: Das ist schon ein Wahnsinn. Mittlerweile ist es irgendwie fast normal geworden, nachdem wir in der Preseason sehr viel zusammengearbeitet haben. Jetzt bin ich etwas mehr mit dem Development Staff zu Gange und er hat seine Pflichten, aber vor jedem Spiel haben wir noch unser Warm-Up, spielen da auch Eins-gegen-Eins, und das ist schon eine geile Sache. Duncan ist ein total chilliger Typ. Man merkt ihm gar nicht an, dass er einer der besten Big Men aller Zeiten ist.
Der Bank-Shot sitzt vermutlich immer noch, oder?
Pöltl: (lacht) Ja, das auf jeden Fall. Er weiß schon noch, was er macht. Er lässt sich nicht gehen. Er hilft auch mir beim Bank-Shot, damit ich den langsam in mein Spiel einfließen lasse. Und es ist einfach irre, wie gut und tief er das Spiel versteht. In der Preseason hat er bei uns noch im Fünf-gegen-Fünf mitgespielt; bei jedem falschen Schritt hat er dich sofort. Da bekommst du die Punkte oder ein Foul angehängt. Da muss er gar nicht schnell sein, weil er genau weiß, wie er sich effektiv bewegen muss.
Kommen wir nochmal zur laufenden Saison. Vor dem Sieg gegen Houston war der Erfolg gegen die Clippers der größte in dieser Spielzeit, zumal es in heimischer Halle gegen Kawhi Leonard ging. Sie waren ja Teil dieses Trades. Hatte das Spiel für Sie dadurch auch eine besondere Bedeutung?
Pöltl: Ich bin da nicht so investiert, um ehrlich zu sein, das ist mehr ein Ding für die Fans. Für mich ist das ein Teil des Geschäfts. Ich habe mich wohlgefühlt in Toronto und wäre gerne dort geblieben, aber ich wurde getradet und habe das akzeptiert. Zumal es mir auch in San Antonio sehr gut geht. Aber klar, während man auf dem Court steht, merkt man natürlich, welche Bedeutung so ein Spiel für die Fans hat. Das hat auch gegen die Clippers geholfen. Grundsätzlich fällt es uns etwas leichter, gegen die guten Teams wirklich fokussiert aufzutreten und aggressiv zu sein. Das sah man in diesem Spiel, einige unserer Spieler wurden vielleicht auch durch das Kawhi-Thema noch zusätzlich angestachelt.