NBA - 6 Fragen zu den Los Angeles Lakers und LeBron James: Nach dem Titel ist vor dem Titel

Ole Frerks
13. Oktober 202014:10
LeBron James und die Los Angeles Lakers sind nach einem gemeinsamen Titel sicherlich nicht satt.getty
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Die Los Angeles Lakers haben den 17. Titel ihrer illustren Historie eingefahren - nun soll bei der erfolgsverwöhnten Franchise bitteschön gleich der nächste her. Doch wie geht es in der Offseason weiter für das Team von LeBron James? Hier geht es zu den besten Szenen der Finals.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie sind die Lakers Meister geworden?

Obwohl das Jahr 2020 von unheimlich vielen Nebengeschichten und -tragödien geprägt war und die NBA-Saison anders ablief als jede andere vor ihr, war die rein sportliche Saison der Lakers erstaunlich souverän und undramatisch. Das gesamte Jahr über führte Los Angeles trotz etlicher neuer Spieler die Western Conference bei der Bilanz an und ging als First Seed in die Playoffs. Und auch in der Postseason war das Team von LeBron James sehr souverän.

Je ein Spiel wurde nacheinander gegen die Portland Trail Blazers, Houston Rockets und Denver Nuggets verloren, brenzlig wurde es in keiner dieser Serien. Selbst in den Finals, als Los Angeles immerhin zwei Spiele gegen Miami verlor, waren die Lakers immer am Drücker, führten 2-0 und 3-1. Verloren wurde nur, wenn die Intensität nicht komplett da war, gerade defensiv.

Denn die Verteidigung war über die gesamte Saison der Schlüssel, abgesehen von der Star-Power. Die Lakers hatten das drittbeste Defensiv-Rating der Regular Season und lebten von der defensiven Dominanz, lange vor die Offense so richtig in Gang kam. In den ersten Playoffs war es defensiv zwar "nur" Platz sechs, allerdings eben auch gegen gute Gegner - und offensiv steigerten sich die Lakers dramatisch von der Regular Season (Platz 11: 111,7) zu den Playoffs (Platz 2: 115,6).

Alles wurde dabei von den beiden Superstars verankert. James wurde Zweiter bei der MVP-Wahl und erneuerte in den Playoffs dann seinen Anspruch auf den Titel des besten Spielers der Welt, Davis wurde Zweiter bei der Wahl zum besten Defensivspieler der Saison und traf in der Postseason besser denn je aus dem Feld und von der Dreierlinie.

Die Lakers-Stars wurden zum ersten Duo der Playoff-Geschichte, das jeweils über 25 Punkte pro Spiel bei einer effektiven Wurfquote von über 60 Prozent erzielte - etliche Spiele wurden zu Machtdemonstrationen. In den Playoffs kam außerdem hinzu, dass der Supporting Cast immer wieder ablieferte, was zuvor noch allerorten angezweifelt wurde.

Selbst in den Finals gewannen die Lakers drei Spiele deutlich und im fünften Spiel hatte Danny Green die Möglichkeit, die Serie per Dreier erneut frühzeitig zu beenden - dann wäre es eine "Fi' Fi' Fi' Fi'"-Saison (frei nach Moses Malone) geworden. So oder so reichte es am Ende ziemlich deutlich für die 17. Meisterschaft der Lakers, wodurch sie als Rekordmeister mit den Boston Celtics gleichzogen (auch wenn die ersten fünf Titel in Minnesota geholt wurden).

Wie sieht der Trade von Anthony Davis rückblickend aus?

Es wurde nicht ausschließlich positiv gesehen, als die Lakers in der vergangenen Offseason den Trade für Davis einfädelten: Hier wurde schließlich der halbe junge Kern des Teams und ein großer Teil der Zukunft abgegeben, für einen Superstar, der in New Orleans zuvor eine einzige Playoff-Serie in seiner Karriere gewinnen konnte, regelmäßig die Postseason verpasste und öfter mal verletzt war.

Noch immer kann man darauf hinweisen, dass die Lakers viel abgegeben haben und insbesondere die potenziell vier Erstrundenpicks können in Zukunft noch richtig teuer werden. Natürlich hat sich der Deal aber jetzt schon absolut gelohnt, obwohl noch gar nicht klar ist, wie lange Davis bei den Lakers bleibt (siehe unten). Es geht in der NBA um Meisterschaften und Davis war ein integraler Bestandteil dieses Titels.

Und das auf zweierlei Art. Einerseits durch seine individuelle Klasse, die insbesondere defensiv oft den Unterschied machte, und andererseits auch durch seinen Symbolwert für LeBron: Davis hat James gewissermaßen revitalisiert und mit dazu beigetragen, dass dieser im Lauf der Regular Season intensiver verteidigte als zu jedem anderen Zeitpunkt seit den Miami-Jahren (bis 2014).

Die beiden Stars ergänzen sich traumhaft: Davis hat die jüngeren Beine, um LeBron viel Last abzunehmen und ihn abzusichern, LeBron wiederum liefert das Playmaking und die Leadership, die Davis neben sich braucht. The Brow ist die perfekte Nummer zwei neben James, weshalb alles andere als ein Verbleib des Superstars sehr überraschen würde.

Der Trade von Anthony Davis zu den Lakers

Lakers bekommenPelicans bekommenWizards bekommen
Anthony DavisBrandon IngramIsaac Bonga
Lonzo BallJemerrio Jones
Josh HartMoritz Wagner
De'Andre Hunter2022er SRP (LAL)
2021er FRP (LAL)
2023er FRP (Pick-Swap mit LAL)
2024er FRP (LAL - 2025er FRP werden)
Cash
Anthony Davis gewann im ersten Jahr mit den Los Angeles Lakers direkt die Meisterschaft.getty

Was macht Anthony Davis in der Offseason?

"Ich habe keine Ahnung", sagte Davis dazu nach Spiel 6, und kündigte an, sich erst in den kommenden Monaten darüber Gedanken zu machen. Das klang zwar in der Situation etwas ambivalent, dürfte sich aber in erster Linie auf mögliche Vertragsmodalitäten bezogen haben, die sich durch ein potenziell neues CBA ja auch noch verändern könnten.

Stand jetzt hat Davis eine Spieler-Option für knapp 29 Millionen Dollar. In einer normalen Situation würde er diese vermutlich verstreichen lassen und einen neuen Deal unterschreiben, um so mehr Geld zu verdienen. Wird der Salary Cap nach unten korrigiert, könnte die Option unter Umständen sogar mehr wert sein. Fraglich ist ansonsten vor allem die Laufzeit.

Für maximalen Gewinn würde es Sinn ergeben, einen 2+1-Vertrag zu unterschreiben, mit dem Davis im Sommer 2022 nach zehn Saisons Free Agent werden könnte - dann dürfte er für 35 statt wie jetzt 30 Prozent des Salary Caps einen neuen Vertrag unterzeichnen. Vielleicht synchronisiert er sich auch mit LeBron, der noch eine Spieler-Option für 21/22 über 41 Mio. Dollar sein Eigen nennt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Davis die Lakers in dieser Offseason verlässt, dürfte aber gen 0 tendieren. Die Lakers waren sein erklärtes Wunschteam und eine bessere sportliche Situation wird er nicht finden, auch wenn natürlich jedes Team Interesse an ihm hätte.

Wurde der Supporting Cast zu Unrecht unterschätzt?

An der Exzellenz des Superstar-Duos gab es recht wenig Zweifel, wenig überraschend. Beim Supporting Cast hingegen verhielt es sich anders; das Team um LeBron und Davis herum galt als eine Kollektion von der Resterampe, von Spielern, die teils abgehalftert wirkten und nicht wie die perfekten Fits neben den Stars aussahen. Insbesondere das Thema Shooting, aber auch die generelle Qualität etwa des Backcourts wurde in Frage gestellt.

In den Playoffs sah das dann häufig anders aus. Kurioserweise war ausgerechnet Danny Green, normalerweise einer der verlässlichsten Rollenspieler, zuletzt eher ein Schwachpunkt, offensiv zumindest. Doch dafür sprangen einige Spieler in die Bresche, denen viele es zu diesem Zeitpunkt in ihrer Karriere nicht mehr zugetraut hätten.

Rajon Rondo ist da ein wichtiges Beispiel, der vor allem während den Minuten von LeBron auf der Bank unheimlich wichtiges Playmaking und teilweise (wie in Spiel 6 der Finals) sogar Scoring lieferte. Dwight Howard hatte defensiv seine Szenen, vor allem in der Serie gegen die Nuggets. Markieff Morris, den die Lakers noch auf dem Buyout-Markt als Notnagel statt seines Bruders Marcus verpflichteten, war in den Playoffs mit 42 Prozent von der Dreierlinie der beste Shooter des Teams.

Der womöglich drittbeste Spieler des Teams über die Postseason war wiederum Kentavious Caldwell-Pope, ebenfalls jemand, der über die vergangenen Jahre eher belächelt wurde. Allerdings sei dazu angemerkt: Das kam auch, ähnlich wie bei Rondo oder Howard, nicht von ungefähr. Mehrere Lakers spielten zuletzt ganz klar über ihrem Niveau der vergangenen Jahre.

Das spricht nicht gegen sie, eher spricht es für die Leadership von LeBron und das Coaching von Frank Vogel, dass auch ein eher komplizierter Typ wie Howard seine Rolle fand und akzeptierte. Und es spricht gleichzeitig dafür, dass die Lakers kommende Saison sogar noch etwas besser aussehen könnten. Denn innerhalb dieses Konstrukts lässt sich definitiv auch noch etwas optimieren.

Was können die Lakers in der Offseason machen?

Die erste Priorität bei den Lakers ist natürlich Davis, dieser ist aber bei weitem nicht der einzige Free Agent beziehungsweise Spieler, bei dem eine Entscheidung ansteht. Morris, Jared Dudley, Dwight Howard und Dion Waiters werden allesamt Free Agents, wobei insbesondere Waiters ohnehin keine Rolle spielte.

Dazu kommen Spieler-Optionen bei KCP (8,5 Mio.), Rajon Rondo (2,6), Avery Bradley (5) und JaVale McGee (4,2). Ziehen all diese Spieler ihre Optionen, haben die Lakers zwar keinen Cap Space, können aber Spieler mithilfe der Midlevel Exception (9,3) und Biannual Exception (3,6) verpflichten.

Gerade erstere ist wertvoll und könnte dafür eingesetzt werden, um beispielsweise noch einen Shooter wie Joe Harris von den Brooklyn Nets zu verpflichten. Ein richtig gutes Shooting-Team waren die Lakers schließlich auch in den Playoffs nicht. Den Spielraum für (Star-)Trades haben die Lakers wohl nicht, zumal so viele Picks an New Orleans versprochen sind, aber das ist zu verschmerzen.

Wie üblich bei LeBron-Teams, die dann auch noch in einer so beliebten Stadt angesiedelt sind, werden die Lakers nämlich zweifelsohne auch wieder das Ohr weiterer Veteranen haben, die in der Hoffnung auf einen Titel auf mehr Geld anderswo verzichten. Der Bedarf ist eigentlich klar: Langarmig, switchable, mit gutem Wurf ausgestattet.

Die Lakers haben dabei den Vorteil gegenüber anderen Teams, dass sie aufgrund ihres überragenden lokalen TV-Deals finanziell ziemlich gut dastehen, solange es Spiele gibt. Diese Franchise dürfte keine Skrupel haben, für einen weiteren Titel auch Luxussteuern zu zahlen.

Wie lange kann LeBron James dieses Niveau noch halten?

Letztendlich definiert diese Frage fast alles, was bei den Lakers in den kommenden Jahren passiert. Solange LeBron auf diesem Niveau spielt und Davis neben sich hat, sind die Lakers ein Titelkandidat, wenn nicht sogar der Favorit. Der Supporting Cast um sie herum ist natürlich nicht egal, aber diese beiden Spieler sorgen für einen fast unbegrenzten Fehlerspielraum.

Nun befindet sich James nur eben in einem Grenzbereich, in Sphären, die vor ihm so noch nicht betreten wurden. Er hat jetzt schon die meisten Playoff-Spiele und -Minuten der Geschichte auf dem Buckel, bei den Regular Season-Minuten belegt er Platz neun. Legt man (sinnvollerweise) beides zusammen, hat nur Kareem Abdul-Jabbar mehr NBA-Minuten auf dem Buckel als James, und der wird Kareem kommende Saison vermutlich überholen.

James scheint dabei nach wie vor kaum zu altern, aber er wird 36 Jahre alt sein, wenn die nächste Saison beginnt, seine 18. in der NBA. Er investiert unglaublich viel Zeit, Aufwand und Geld in seinen Körper, um diesen fit zu halten, dazu hat er gelernt, sich zu pacen und auch auf dem Court Aufgaben zu "delegieren". Deswegen ist der jüngere Davis für ihn so wichtig, der in den kommenden Jahren vermutlich auch noch mehr Spielanteile übernehmen sollte.

LeBron hat es zudem geschafft, sein Spiel daran anzupassen, dass er nicht mehr 43 Minuten den Korb attackieren muss. Er kann das, aber er setzt seine immer noch herausragende Athletik gezielter ein. Sein Wurf ist immer besser geworden, 42 Prozent seiner Dreier versenkte er nun in den Finals, das war vor Jahren noch undenkbar und wird ihm dabei helfen, bei schwindender Athletik effektiv zu bleiben. Sein IQ und sein Passspiel reifen logischerweise ebenfalls immer weiter.

Trotzdem muss man sich immer wieder bewusst machen, dass noch kein NBA-Spieler sein Niveau so lange so hoch gehalten hat wie James. Nichts daran ist selbstverständlich und irgendwann verliert jeder Athlet den Kampf gegen Gevatter Zeit. Bisher ist LeBron in diesem Duell aber klar vorn. So lange das so bleibt, steht weiteren tiefen Playoff-Runs in Hollywood nichts im Weg.