NBA-Fans dürfen sich wohl bei den Chicago Bulls bedanken, dass eine als ruhig prognostizierte Trade Deadline letztlich für einen Rekord mit 16 Transaktionen sorgte. Der Trade für Nikola Vucevic löste eine Kettenreaktion aus, die im kompletten Ausverkauf der Orlando Magic mündete.
Den Vucevic-Deal hatten die wenigsten kommen gesehen, Chicago schien auch nicht der klassische "Käufer" zur Deadline zu sein. Mit einer Bilanz von 19-26 belegen die Bulls im Moment Platz zehn im Osten, das würde Stand jetzt für den letzten Platz im neu installierten Play-In-Tournament reichen.
Der Trade verdeutlicht: Das ist dem Management der Bulls nicht genug. Seit 2017, als die Bulls Jimmy Butler nach Minnesota schickten, steckt das Team aus Illinois nun im Neuaufbau. Zach LaVine und der frisch gedraftete Lauri Markkanen waren die Kronjuwelen für den Restart, der jedoch nie so verlief wie erhofft, weshalb vor der laufenden Spielzeit nicht nur der Coach, sondern auch das Front Office personell neu besetzt wurde.
Chicago Bulls: Ein stockender Neuaufbau
Der Misserfolg hatte mehrere Gründe. LaVine entwickelte sich zwar (in der laufenden Spielzeit) zum All-Star, ansonsten war der Erfolg der Bulls im Draft überschaubar, was auch mit etwas Pech in der Lottery zusammenhing. 2018 und 2019 rutschten die Bulls in der Lotterie jeweils ab, nur im vergangenen Jahr hatte Chicago Glück, als es von 7 auf 4 ging, an dieser Position zog der neue Präsident Arturas Karnisovas Patrick Williams.
Gedraftet wurden im Rebuild also Markkanen, Wendell Carter Jr., Coby White und Williams. Das ist nicht schlecht, aber ein kommender Franchise-Star war unter diesem Quartett nicht dabei. Entsprechend schwer taten sich die Bulls, aus dem Keller den Ostens zu kommen, die leidigen Coaching-Diskussionen um Fred Hoiberg und Jim Boylen mal ausgeschlossen.
Mit Billy Donovan kehrte ein wenig Stabilität ein, LaVine wurde endgültig der Fixstern der Bulls-Offense, doch im Alleingang macht auch der 25-Jährige Chicago nicht zu einem Top-Team. Ein gutes Beispiel dafür war das letzte Spiel vor der Trade Deadline, als die Bulls gegen Cleveland mit 94:103 verlor, einfach weil offensiv mit Ausnahme von LaVine nicht viel zusammen lief.
Chicago Bulls: Nikola Vucevic macht das Team besser
Mit Vucevic soll sich das ändern, das war den Bulls Carter Jr., zwei Erstrundenpicks und den auslaufenden Vertrag von Otto Porter Jr. wert. "Wir wollen wieder relevant werden und das haben wir geschafft", sagte Karnisovas über den Deal. "Wir wollen ein Team haben, welches oben mitspielt. Wir wollen eine Kultur etablieren, in welcher der Einsatz im Vordergrund steht."
Der Litauer hat recht, Vucevic macht die Bulls umgehend besser, auch wenn die ersten beiden Spiele mit dem neuen Center in die Binsen gingen. Gerade offensiv, wo speziell Carter Jr. trotz vieler Vorschusslorbeeren und offensichtlicher Spielintelligenz nie ein großer Faktor war. Der Fünfer war kein Karnisovas-Spieler, ihn draftete noch das alte Regime Gar Forman und John Paxson, weshalb es den Bulls wohl leichter fiel, sich vom Youngster zu trennen.
Chicago will gewinnen, anders ist es nicht zu erklären, dass man sich von gleich zwei Erstrundenpicks für einen 30-Jährigen trennte. Über die Saison legt Vucevic 24,5 Punkte und 11,8 Rebounds auf, er ist schon jetzt der beste Mitspieler, welchen LaVine je hatte. Die Aussage, dass die Bulls nun zwei All-Stars haben, ist daher richtig - sie muss aber differenziert gesehen werden.
Es gibt All-Stars, das sind LaVine (1x) und Vucevic (2x) - und es gibt All-NBA-Spieler, also die besten 15 Akteure der Association. LaVine und Vucevic gehören nicht zu diesem elitären Kreis. Mit zwei All-NBA-Spielern stößt man für gewöhnlich in den Kreis der Contender vor. Spoiler Alert: Das haben die Bulls nicht getan.