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NBA - Golden State Warriors nach Verletzung von James Wiseman: Das Ende des Eiertanzes

James Wiseman wird den Rest der Saison ausfallen.
© getty

James Wiseman galt vor der Saison als große Hoffnung der Golden State Warriors, die hohen Erwartungen konnte er bis zu seiner Verletzung, die wohl dessen Rookie-Saison beendet, nicht erfüllen. Das lag einerseits am Rookie selbst, andererseits aber auch an der teils fragwürdigen Herangehensweise der Warriors.

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Steve Kerr weiß, wie er mit den Medien umgehen muss. Seit nun fast sieben Jahren steht der 55-Jährige als Coach der Golden State Warriors unter dem Brennglas der Öffentlichkeit, in seiner Zeit als Spieler lernte er den Medienzirkus bei den Chicago Bulls rund um Michael Jordan kennen, später arbeitete er selbst als TV-Experte.

Er weiß wie die Medien ticken, warum gewisse Fragen immer wieder gestellt werden. Er weiß, wie er sie diplomatisch beantworten kann. Zuletzt fielen sie kritischer aus, verständlich nach zeitweise nur einem Sieg aus acht Spielen, darunter die Debakel in Sacramento (119:141) und insbesondere in Tampa gegen die Raptors (77:130).

Golden State ist nach einer verkorksten Vorsaison weiter nicht annähernd ein Contender im Westen, Platz zehn ist die harte und bittere Realität. Das würde gerade einmal für das Play-In-Tournament reichen, jenes Ausscheidungsturnier, welches Draymond Green so gar nicht motivieren kann. Und doch deutet einiges darauf hin, dass sich die Warriors Mitte Mai genau dort wiederfinden werden.

James Wiseman: Schüler im teuersten Team der NBA

Für das teuerste Team der NBA ist das eine Enttäuschung, auch wenn sich nach der Verletzung von Klay Thompson ein solcher Saisonverlauf bereits anbahnte, zu gut ist die restliche Spitze im Westen. Als Wildcard für die Warriors-Saison wurde von vielen James Wiseman gesehen, welchen die Dubs im Draft an Position zwei vor LaMelo Ball auswählten.

Zu jenem Wiseman bekam Coach Kerr von der kritischen Warriors-Journalistenschaft zuletzt die meisten Fragen gestellt, sodass sich Kerr bereits in Sarkasmus flüchtete: "Für seine heutige Leistung bekommt James Wiseman eine 1 im Zeugnis von seinem Coach", witzelte er nach dem 122:121-Erfolg über die Milwaukee Bucks, im vollen Bewusstsein, dass die Auftritte des Rookies unter besonderer Beobachtung stehen. "Vergesst bitte nicht, dass wir das morgen und auch übermorgen wieder machen."

Was bleibt Kerr auch anderes übrig als Sarkasmus? Für die hohen Ansprüche der Warriors haben die Leistungen einfach noch nicht ausgereicht. Das ist weniger der Fehler vom Center, sondern eher der der Warriors, die kaderbedingt auf einen Youngster setzten, der nur drei College-Spiele absolviert hat und durch die Corona-Pandemie über ein Jahr kein Basketball-Spiel mehr bestritten hat.

James Wiseman: Seine Statistiken 2020/21 für die Golden State Warriors

SpieleMinutenPunkteFG%3P%ReboundsBlocks
3921,411,551,931,65,80,9

James Wiseman: Erstmals kann er nicht dominieren

Es gab kein Mini-Camp, keine Summer League, keine ordentliche Saisonvorbereitung (Wiseman fehlte verletzt), die vielen Rookies den Einstieg in die NBA erleichtern. Stattdessen wurde der Youngster ins Haifischbecken geworfen, in der Hoffnung, dass er schon nicht ertrinken würde. Für Center, die traditionell etwas länger brauchen, um alle Kniffe in der NBA zu verstehen, dürfte das besonders schwer gewesen sein.

Nach 39 Spielen ist die Rookie-Saison des 20-Jährigen nun wohl beendet, in 27 davon durfte er starten, nur zweimal spielte er jedoch mehr als 30 Minuten. Teilweise waren es sogar unter 20, was sich mit Kerrs Aussagen vor der Spielzeit mehrfach biss. Die Warriors wollen Spiele gewinnen und gleichzeitig Wiseman entwickeln, das war das Mantra für diese Saison.

Eine Gratwanderung, die bisher wenig erfolgreich verlief und vermutlich ohnehin zum Scheitern verurteilt war. Da sind zum einen die letzten guten Jahre von Stephen Curry (33), Draymond Green (31) sowie Klay Thompson (31), die nicht verschwendet werden wollen, und auf der anderen Seite Wiseman, der die Zukunft der Franchise repräsentieren soll. Für Letzteres lieferte der Center aber wenig Argumente, auch wenn Green im Februar Verständnis für die Probleme Wisemans zeigte.

"Das ist das erste Mal in seinem Leben, dass er nicht aufs Feld gehen und das Spiel dominieren kann, wie er möchte. Er muss sich anpassen und das braucht seine Zeit", sagte der Veteran. Was jedoch verwundert ist der Umstand, dass Wiseman nach einem soliden Start abgebaut und sich nicht etwa verbessert hatte.

James Wiseman: Warriors zwischen Siegen und Entwicklung

Seine Pick'n'Roll-Verteidigung war nicht NBA-tauglich, er blieb zu anfällig für Pump Fakes, was einerseits leichte Körbe für den Gegner oder ein Foul für Wiseman zur Folge hat. Gewisse Statistiken unterstreichen dies. Gemäß ESPNs Real Plus-Minus ist er 79. von 84 Centern, Fivethirtyeights RAPTOR-Metrik sieht Wiseman sogar als schlechtesten Fünfer der Saison.

Das brachte Kerr in eine Zwickmühle, wobei dieser sich auch in Widersprüche verstrickte. Einerseits weigerte sich der Coach mehrfach, Curry im vierten Viertel ein paar Minuten früher wieder aufs Feld zu schicken ("Wir jagen keine Siege"), andererseits schien die Leine bei Wiseman besonders kurz zu sein.

So wie zum Beispiel bei der knappen Niederlage gegen Atlanta, als der Nr.2-Pick durchaus gute Minuten abspulte, aber nach jeweils knapp neun Minuten im ersten und dritten Viertel nicht mehr zum Einsatz kam. "Das hat mich schon verwirrt, da brauche ich gar nicht lügen", kommentierte Wiseman die Entscheidung seines Coaches im Anschluss.

Der hatte eine etwas andere Sicht der Dinge: "Minuten sind nicht gleich Entwicklung", mahnte Kerr an. "Entwicklung beinhaltet auch das Beobachten von der Bank aus und dass man sich seine Minuten verdient." Kerr sprach auch von Fehlern, die behoben werden müssen, für den Moment sei Wiseman einfach nicht bereit für 30 Minuten im Schnitt.

James Wiseman passt (noch) nicht zu Curry und Green

Das ist inzwischen ohnehin vom Tisch und dürfte Kerr einige Dinge erleichtern, auch wenn das vorzeitige Saisonaus im Hinblick auf die Zukunft schmerzt. Golden State baumelte zwischen den Welten, der Spagat gelang nie.

Wenn schon das Play-In-Tournament keine Motivation bot, dann hätten die Warriors ihren jungen Center mehr spielen lassen sollen. Es wäre hilfreich, wenn der Youngster so viel wie möglich mit Curry und Green zusammengespielen hätte, schließlich sind sie der Kern, wenn mit Thompson eine schlagkräftigere Mannschaft zur Verfügung steht.

Dass dies zu selten (vor allem zum Ende von Spielen) geschah, lag sicher auch an den schwachen Zahlen dieses Trios. Zwar legen Curry und Green zusammen ein Offensiv-Rating von 114,2 auf, fügt man allerdings Wiseman der Gleichung hinzu, stürzt es auf 102,3 ab (das wäre die schlechteste Offense der Liga).

Niemand respektiert den Wurf von Green, auch ein Wiseman-Jumper darf für jede Verteidigung als Gewinn gewertet werden. Eine Zeit lang versuchten die Warriors, mehr Pick'n'Rolls zwischen Curry und Wiseman zu laufen, aber auch das ist bisher keine Stärke des 20-Jährigen (1,08 Punkte pro Play sind Liga-Durchschnitt, aber für einen athletischen 2,16-Meter-Mann doch recht wenig), denoch gab es immer mal wieder positive Ansätze.

wiseman-curry
© NBA

So bleibt Wiseman ein Projekt - mit Tiefen, aber auch einigen Höhen wie in der Nacht auf Samstag gegen Washington, als der junge Big Minuten im vierten Viertel erhielt und seine Sache sehr vernünftig machte. Umso bitterer, dass die Saison abrupt ein Ende fand. Nach den schwachen Auftritten vor allem in Auswärtsspielen zeigte der Trend wieder leicht nach oben, bevor er sich gegen Houston am rechten Knie verletzte.

Ein verbesserter Wiseman hätte für Golden State aber auch noch andere Vorteile gehabt, gerade im Hinblick auf die Offseason. Mit einem starken Finish hätte der Big Man seinen Wert steigern und Golden State ein weiteres Asset für einen möglichen Trade geben können. In Verbindung mit dem Minnesota-Pick (Top-3-geschützt) wäre das ein gutes Starterpaket gewesen, um einen weiteren Starspieler an die Seite von Curry stellen zu können.

Das wird nun nicht weiter möglich sein, stattdessen hat das Schicksal für die Warriors entschieden, wie sie die restlichen 19 Spiele angehen werden. Der Spielplan meint es immerhin gut mit den Dubs, nur Utah, Dallas und die Clippers haben im Westen ein leichteres Restprogramm, die letzten sechs Saisonspiele finden zudem alle im Chase Center statt. So sehr es Green missfallen wird, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Warriors das Play-In-Tournament bestreiten werden.

Western Conference: Der Kampf um die Playoffs

PlatzTeamBilanzRückstand
5Los Angeles Lakers33-20-
6Portland Trail Blazers31-222
7Dallas Mavericks29-233,5
8Memphis Grizzlies26-256
9San Antonio Spurs25-267
10Golden State Warriors25-288
11New Orleans Pelicans24-299
12Sacramento Kings22-3111
13Oklahoma City Thunder20-3313