Dennis Schröder spielt derzeit bei den Boston Celtics groß auf und macht die Offensive der Kelten besser. Gleichzeitig bringt seine Spielweise auch Probleme für die Celtics mit sich, die sogar über einen Trade des Deutschen nachdenken werden.
Nach einem wilden und ereignisreichen Sommer ist es um Dennis Schröder etwas ruhiger geworden. Nachdem er den vielleicht größten Deal seiner Karriere "verzockt" hatte, war der Spott für den Deutschen groß. Schließlich waren es die Boston Celtics, die sich erbarmten und Schröder für ein Jahr und 5,9 Millionen Dollar unter Vertrag nahmen.
Für beide Seiten war und ist dieser Deal auf dem Papier eine absolute Win-Win-Situation. Die Celtics hatten schlichtweg nichts zu verlieren und Schröder die Möglichkeit, auf der großen Bühne seinen Wert wieder herzustellen.
Durch die Verletzung und den Ausfall von Jaylen Brown nimmt Schröder nun sogar eine deutlich größere Rolle ein, als für ihn vorgesehen war.
Dennis Schröder macht die Celtics-Offensive besser
Seit seinem ersten Tag in der Association ist ziemlich klar, wie das Spiel von Schröder funktioniert. Er ist pfeilschnell, hat keine Angst vor Kontakt unterm Korb und kann (mal mehr und mal weniger) aus der Distanz heiß laufen. Zudem hat er das Auge für den freien Mitspieler und einen gefährlichen Floater. Diese Stärken (zu den Schwächen kommen wir später) spielen ihm derzeit bei den Celtics in die Karten.
Nur elf Spieler in der Liga verzeichnen mehr Drives pro Spiel als der Braunschweiger (15,2), die er auch noch mit hervorragenden Quoten abschließt (51,6 Prozent, Platz 6 ligaweit bei min. 6 Versuchen pro Spiel). Damit verändert er der Rhythmus der Celtics-Offensive, was sich auch auf seine Mitspieler überträgt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen die Kelten knapp fünf Drives mehr pro Spiel, vor allem Marcus Smart hat man selten so aggressiv zum Korb ziehen sehen.
Zugleich erweitert er das offensive Repertoire seines Teams und macht es schwerer auszurechnen. Schröder ist gemeinsam mit Jayson Tatum und Jaylen Brown der einzige Celtic, der in der Lage ist, effektive Isolation-Plays zu kreieren. Während Tatum in dieser Saison dabei höchst ineffizient agiert (35,7 FG Prozent bei 5 Versuchen pro Spiel) und sich in der Regel voll auf seinen Wurf verlässt, zieht Schröder am liebsten in die Zone und stellt dort die Bigs vor Probleme.
Wenn er dann auch noch seinen Distanzwurf trifft wie zuletzt gegen die Blazers (5/7 von Downtown) wird er noch kostbarer. Normalerweise tauchen Bigs in der Pick'n'Roll-Defensive gegen Schröder ab, weil sie Angst vor seinem Drive haben. Wenn sie sich das nicht leisten können, werden automatisch die Lücken für Schröders Mitspieler frei, weshalb auch die 8 Assists gegen Portland nicht überraschen.
Dennis Schröder: Endlich angekommen?
Allerdings sind die Celtics besser, wenn Schröder und der Rest eben nicht in Isolationen verfallen. "Ich muss dafür sorgen, dass alles in Bewegung ist und wir schnell spielen. Ich darf nicht einfach dribbeln und auf eine Isolation warten. Wir sind am besten, wenn wir die Dinge schnell machen", sagte Schröder zuletzt.
Daher verwundert er auch nicht, dass das Lineup mit Marcus Smart, Grant Williams, Tatum und Al Horford das mit Abstand beste Lineup der Celtics und eines der besten der Liga ist. Gemeinsam mit den vier Shootern und fähigen Passgebern auf dem Feld wird der Platz für Schröders Drives noch größer. Er ist am Ring einer der besseren Guard-Finisher der Liga (64,1 Prozent, im Bereich von Ja Morant und DeMar DeRozan) und nutzt das Nacht für Nacht gnadenlos aus.
Seine Mitspieler vertrauen ihm und das beflügelt Schröder merklich. Während er in der vergangenen Saison bei den Lakers oft komplett abtauchte, wenn er nicht in sein Spiel fand, bleibt er in dieser Saison präsent und kämpft weiter.
"In meiner jetzigen Situation fühle ich mich zu 100 Prozent wohl", sagte Schröder gegenüber MassLive und schwärmte von der Unterstützung und Anerkennung der Organisation: "Bisher war es großartig. Das ist alles, was ich wollte und ich glaube, dass wir hier etwas Großes erreichen können."
Allerdings könnten die Celtics durch Schröders gute Auftritte schon bald Probleme bekommen.
Dennis Schröder: Die Probleme bei den Celtics
Schröder ist ein Ball Hog, oder, netter ausgedrückt: Er hat gerne den Wilson in der Hand. An der Seite von LeBron James und Anthony Davis schaffte er es vergangenen Saison nicht, seine Rolle als dritte Geige und Spot-Up-Shooter anzunehmen, weshalb der Fit nicht gegeben war (was Schröder auch selbst zugab). "Die Art, wie ich gespielt habe, war nicht die Art, wie ich sonst in meiner Karriere gespielt habe", stellte Schröder fest.
Das Problem: Eine ähnliche Rolle soll er im Idealfall auch in Boston einnehmen. In der Absenz von Brown war Schröder klar die zweite Option der Celtics-Offensive, spielt die meisten Minuten seiner Karriere (33,4) und lief viele Plays mit dem Ball in der Hand. Das förderte seine Stärken, aber teilweise eben auch schon länger bekannte Schwächen zutage.
Schröder neigt bisweilen zu schlechten Entscheidungen in der Crunchtime. Er verschleppt gerne den Ball und verpasst es, in der Transition den freien Mann zu finden. Oft nimmt er den Flow aus der Offensive und ermöglicht es dem Gegner, sich in der Halbfeld-Defensive zu positionieren.
Ein weiterer negativer Faktor sind die defensiven Probleme. Die teilweise erdrückende Defensive der Celtics kam in dieser Saison erst so richtig ins Rollen, als sie alles switchten. Schröder hat dabei schon immer Probleme, größere Spieler vor sich zu halten und in dieser Rolle gegenüber Smart und Josh Richardson klar das Nachsehen.
gettyDennis Schröder muss (wieder) seine Rolle finden
Brown ist mittlerweile zwar zurück, offensichtlich aber noch nicht komplett der Alte. Sobald das so ist, wird sich Schröders Rolle zwangsläufig verändern. Von den zehn Spielen in dieser Saison, in denen Schröder mindestens 20+ Punkte auflegte, kamen nur zwei mit Brown im Lineup. 10 seiner 11 Spiele mit einer Feldwurfquote von weniger als 40 Prozent absolvierte er dagegen an der Seite von Brown, lediglich bei Schröders missglückter Rückkehr ins Staples Center erwischte er einen ähnlichen Abend (16,7 FG%).
Generell sind seine Zahlen als Sixth Man im Vergleich zu seinen Stats als Starter deutlich niedriger. Sein Offensiv-Rating fällt von 111,1 auf 102,1 und er trifft 13,8 Prozent (!) schlechter aus dem Feld. Im Idealfall soll Schröder die zweite Unit mit seiner Erfahrung anführen und für Entlastung für die beiden Stars sorgen, das gelang ihm zu Saisonbeginn nur selten.
Besser lief es dagegen für Schröder im Starting Lineup an der Seite von Richardson, Smart, Tatum und Williams (Plus-Minus-Rating von 43,5 in 38 Minuten), das Coach Ime Udoka zuletzt oft schon nach wenigen Minuten aufbot. Fraglich wird sein, wie Udoka es schaffen wird, diese Qualität aufrecht zu erhalten, wenn Brown wieder zur Verfügung steht. Und ob Schröder sich mit seiner neuen Rolle anfreunden kann.
Udoka drückte es selbst wie folgt aus: "Er ist für uns ein Pseudo-Starter Nr. sechs. Ein Spieler, der viele Spiele beendet und sich in dieser Rolle wohlfühlen kann."
Dennis Schröders Statistiken für die Boston Celtics
Starting Position | Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Feldwurfquote | Dreierquote | Offensiv-Rating | Defensivrating |
Starter | 16 | 36,0 | 20,4 | 3,9 | 5,3 | 48,4 | 34,9 | 111,1 | 107,1 |
Bank | 9 | 28,9 | 12,7 | 3,1 | 4,6 | 34,9 | 34,3 | 102,1 | 102,4 |
Dennis Schröder: Traden die Celtics den Deutschen?
Da bald der Trade-Markt Fahrt aufnimmt, wenn Spieler, die im Sommer neue Deals unterschrieben haben, ab dem 15. Dezember getradet werden dürfen, stellt sich natürlich auch die Frage, ob Schröder die Saison überhaupt bei den Kelten beenden wird. Darüber kann derzeit nur spekuliert werden, allerdings gibt es verschiedene, vertretbare Optionen, vor allem aus finanziellen Gründen.
- Option 1: Die Celtics traden Schröder. Der 28-Jährige will im Sommer irgendwo einen großen Vertrag unterschreiben und die Celtics werden in dieser Verlosung vermutlich keine Rolle spielen. Sie können ihm maximal rund 10 Millionen Dollar pro Jahr anbieten, das würde Stand jetzt jedoch zu einem Hard Cap führen, was Boston mit großer Sicherheit vermeiden will. Andernfalls können sie ihm nur eine Gehaltserhöhung von 120 Prozent bieten, also rund 7 Mio. Dollar, Schröder wiederum will sicher nicht noch einmal auf Geld verzichten. Wenn sie also für Schröder einen Gegenwert erhalten wollen, dann müssen sie ihn jetzt loswerden. In den vergangenen Wochen hat er sich in der Vordergrund gespielt und gezeigt, dass er einer der besseren Guards der Liga sein kann. Sein Wert im Celtics-Trikot ist derzeit auf einem Rekordhoch und einige ambitionierte Teams würden sich sicher gerne im Backcourt verstärken.
- Option 2: Die Celtics behalten Schröder. Trotz des schwachen Saisonstarts haben die Celtics Ambitionen auf einen tiefen Playoff-Run und auch in dieser Saison schon öfters unter Beweis gestellt, dass sie richtig guten Basketball spielen können. Zu dem Preis von Schröder werden die Kelten schlichtweg keine Alternative finden, der trotz seiner angeführten Schwächen ein elementarer Teil der Rotation ist. Wenn er sich in seiner Rolle einfindet, kann er für das Team als Sixth Man extrem wertvoll sein und seine Isolation-Fähigkeiten könnte in den Playoffs noch ein echter Trumpf werden.
Ob man seine Art zu spielen nun mag oder nicht, muss man festhalten, dass Schröder eine gute Antwort auf seine schwachen Playoffs mit den Lakers geliefert hat und sich in die Position bringt, sich im kommenden Sommer die Taschen voll zu machen. Ob er bis dahin weiter für die Celtics auf Punktejagd geht oder nicht, ist dabei völlig offen.