Crasht Joel Embiid noch das MVP-Rennen?
Aktuell wird an vielen Stellen von einem Vier-Mann-MVP-Rennen gesprochen, bisweilen geht es auch nur um zwei Kandidaten (Kevin Durant und Stephen Curry). Dabei gibt es mit Joel Embiid einen anderen Spieler, der gute Argumente auf seiner Seite hat, auf einer Pro-Minute-Basis der wertvollste Spieler der Liga zu sein.
Die Sixers belegen zwar nur den fünften Platz im Osten (23-16), die Bilanz mit Embiid ist jedoch deutlich besser (20-8). Dem Net-Rating zufolge ist Philly in Embiids Minuten ein 60-Siege-Team, das Problem ist wieder einmal die Verfügbarkeit - ähnlich wie in der vergangenen Saison, als ihm 31 verpasste Spiele eine Chance auf den MVP nahmen.
Natürlich kann das auch in dieser Saison noch einmal passieren, aktuell sind die Sixers mit Embiid jedoch auf einem guten Weg. Nur die Grizzlies haben derzeit eine längere Siegesserie als Philly (7), und Embiid ist dabei unheimlich dominant: Sieben Spiele in Folge hat er die 30 Punkte geknackt, im Schnitt kommt er auf 33 und 10 Rebounds während des Sixers-Laufs.
Embiid wirkt in totaler Kontrolle, sein Playmaking ist besser denn je - nie verteilte er mehr Assists (4,3 im Schnitt) und verlor dabei seltener den Ball (2,9). Auch die Dreierquote ist besser als jemals zuvor in seiner Karriere (38,9 Prozent). Nur aus dem Zweierbereich sind die Quoten zurückgegangen, weil er im Gegensatz zur Vorsaison derzeit keine Durant-artige Effizienz bei langen Zweiern an den Tag legt (40 statt 47 Prozent aus der Midrange).
Sei's drum: Embiid bleibt eine der dominanten Figuren der Liga. Die neuen Regeln haben ihn nicht eingeschränkt, nur Giannis Antetokounmpo zieht geringfügig mehr Freiwürfe als er. Ähnlich wie Giannis spielt er legitime DPOY-Defense, nach dem "Ausfall" von Ben Simmons muss Embiid hier noch mehr Last schultern als ohnehin schon.
Wenn wir schon dabei sind - vermutlich brauchen die Sixers eine Lösung in der Causa Simmons, um hinsichtlich der Playoffs wirklich eine Rolle spielen zu können. Gefährlich sind sie jedoch immer, solange sie Embiid in dieser Form haben. "Nacht für Nacht tut mir das gegnerische Team wirklich leid", sagte Matisse Thybulle nach Embiids jüngster Gala.
Dessen überragende Spielzeit sollte nicht unter den Tisch fallen. So stark, so komplett war der Center noch nie.
Ist Pascal Siakam zurück?
Falls die Raptors von einem Spieler beim All-Star Game in Cleveland vertreten werden, wird das Fred VanVleet sein - richtigerweise. Der Guard spielt eine herausragende Saison und ist im Konstrukt der Kanadier unersetzlich (+16,1 On/Off-Differenz!). Der beste Spieler des Teams ist er (bald) aber wohl nicht mehr.
Wenn es so weitergeht wie zuletzt, wird das wieder Siakam sein. Der zweite Kameruner in der NBA hat eine enttäuschende Vorsaison mitsamt einer Operation an der Schulter hinter sich, die ihn die ersten Wochen der laufenden Spielzeit kostete. Er hatte kein Training Camp und brauchte einige Tage, um seinen Rhythmus wiederzufinden.
Das ist mittlerweile passiert. Siakam hat sich bisher in jedem Saisonmonat gesteigert, sieht mittlerweile wieder wie der Spieler aus, der 2019/20 ins All-NBA Second Team gewählt wurde. Über seine letzten 15 Spiele kommt Siakam auf 23, 9 und 5 bei steigender Effizienz; den Jumpshot trifft er sogar über die Saison besser als in 19/20 (39 statt 35 Prozent).
Zudem ist er aufgrund seiner Vielseitigkeit offensiv wie defensiv unheimlich wertvoll. Siakam verbringt erstmals in seiner Karriere fast 50 Prozent seiner Spielzeit auf der Center-Position, weil Toronto fast immer auf klassische Bigs verzichtet. Stattdessen setzt Raptors-Coach Nick Nurse auf vier langarmige, athletische und "austauschbare" 2 bis 2,10-Meter-Flügel und den Hydranten VanVleet.
In der Folge ist Toronto defensiv unheimlich switchable und offensiv ein Matchup-Albtraum, ohne einen klassischen elitären Creator zu haben. Siakam personifiziert das: Er verteidigt dank seiner Mobilität oft Guards, wildert in Passwegen (nur Minnesota forciert mehr Ballverluste) und nutzt offensiv dann seine Größenvorteile, vor allem in Transition.
Die Siakam-auf-der-Fünf-Lineups sind defensiv nicht ohne Probleme - eine 31-prozentige gegnerische Offensiv-Rebound-Rate ist heftig - aber bisher gibt die Experimentierfreude Nurse wieder einmal recht. Toronto hat nach einem eher mauen Start elf der vergangenen 16 Spiele gewonnen. Siakams Renaissance ist dabei (mit-)entscheidend.