NBA: Der Porzingis-Dinwiddie-Deal zwischen den Dallas Mavericks und Washington Wizards aus drei Perspektiven

Ruben Martin
11. Februar 202211:10
Kristaps Porzingis wurde von den Dallas Mavericks zu den Washington Wizards getradet.getty
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Die Dallas Mavericks haben sich nach knapp drei Jahren von Kristaps Porzingis getrennt und dafür Verstärkung für Luka Doncic aus Washington geholt. Was bedeutet der Trade für die Mavericks, die Wizards, und Porzingis?

Der Trade aus der Sicht der Dallas Mavericks

Die Mavericks haben das Kapitel des Kristaps Porzingis in Dallas wohl endgültig als gescheitert angesehen und wollten damit abschließen, anders scheint der Deal für Dallas aktuell nicht zu erklären.

Die Mavs werden zwar Porzingis' Vertrag los, der ihm die nächsten zwei Saisons mit einer Spieleroption fast 70 Millionen einbringen, doch dafür übernehmen sie die langen Verträge von Spencer Dinwiddie und Davis Bertans. Dinwiddie stehen bis im Sommer 2024 knapp 37 Millionen zu, falls Dallas ihn nicht vor der Saison 2023/24 entlässt, um 8,5 Millionen Dollar zu sparen. Bertans verdient bis 2024 garantiert 33 Millionen, bevor die Mavs ihn von den Büchern bekommen können.

Flexibilität in Sachen Cap Space hat Dallas kaum erlangt, dazu haben die Mavs noch einen Zweitrundenpick draufgelegt. Wie hat sich das Team sportlich verändert? Dinwiddie ist immerhin der dritte Playmaker hinter Doncic und Jalen Brunson, der in der jüngeren Vergangenheit durchaus gefehlt hat für die Mavericks.

Mit dem balldominanten Bradley Beal hat das Zusammenspiel für Dinwiddie jedoch nicht wirklich gut geklappt, in Washington spielte der 28-Jährige ohnehin eine bescheidene Saison. In 44 Spielen für die Wizards legte er durchschnittlich 12,6 Punkte und 5,8 Assists pro Spiel bei nur 37,6 Prozent aus dem Feld und 31,0 Prozent von Downtown auf.

Doncic ist genau wie Beal am besten mit dem Ball in der Hand, Dinwiddie wird in Dallas also weiter viel Off-Ball eingesetzt werden, wenn er nicht gerade die Second Unit während Doncics Pausen anführt. Ein Vorteil: Dank Dinwiddies Größe sollten Lineups mit ihm sowie Doncic und Brunson zugleich nicht unspielbar sein aus defensiver Sicht, das könnte die Mannschaft von Jason Kidd durchaus variabler machen.

Mavs erhaltenWizards erhalten
Spencer DinwiddieKristaps Porzingis
Davis BertansZweitrundenpick

Dallas Mavericks: Ist Dinwiddie der Plan B im Sommer?

Dinwiddie kann zudem als Versicherung für den Sommer angesehen werden, falls dann die Angebote für den werdenden Free Agent Brunson zu hoch werden und Dallas den Guard ziehen lassen muss. Das wäre jedoch ohnehin ein enttäuschender Ausgang, bei dem die Mavs vermutlich weiter auf der Stelle treten würden.

Und Bertans? Der 29-Jährige hat sich seinen dicken Vertrag als großer Shooter verdient, trifft aber in dieser Saison bisher nur 31,9 Prozent aus der Distanz. Ohne seinen Wurf ist Bertans kaum spielbar, wodurch er in Washington teilweise komplett aus der Rotation fiel. Anders als sein Landsmann Porzingis hat er weder defensiv noch als Playmaker viel zu bieten. Bei Bertans bleibt aktuell nur zu hoffen, dass sein Wurf zurück zu ihm findet.

Doncic und Porzingis waren in Dallas nie das erhoffte Traum-Duo.getty

Unabhängig von einer Rückkehr zu Form von Bertans wird Dallas durch den Deal kleiner im Frontcourt, die Verantwortlichen der Mavs scheinen überzeugt von Maxi Kleber, Dwight Powell und Dorian Finney-Smith, der noch am Tag der Deadline mit einer Vertragsverlängerung über vier Jahre und 52 Millionen Dollar ausgestattet wurde.

Die Mavericks haben einen Spieler abgegeben, dessen größtes Manko seine Verletzungshistorie ist, in fittem Zustand spielte Porzingis jedoch auch in dieser Saison auf hohem Level, wenn auch nicht auf dem Niveau, welches man sich erhofft hatte. Aus 20 Jahren Doncic und Porzingis (cc Mark Cuban) sind gerade einmal drei geworden.

Neu im Team sind zwei Spieler, die beide seit eineinhalb Jahren auf der Suche nach ihrer Bestform sind und in dieser Zeit genau wie Porzingis von Verletzungen beeinträchtigt waren. Der zweite Star in Dallas fehlt weiter, die Mavericks sind ihm mit diesem Trade wohl kaum näher gekommen.

Der Kader der Dallas Mavericks

PGSGSFPFC
Luka DoncicJalen BrunsonReggie BullockDorian Finney-SmithDwight Powell
Spencer DinwiddieFrank NtilikinaJosh GreenMaxi KleberMarquese Chriss
Trey Burke(Tim Hardaway Jr.)Sterling BrownDavis BertansBoban Marjanovic

Der Trade aus der Sicht der Washington Wizards

Der Trade für Porzingis ist aus Washingtons Sicht besonders schwer zu bewerten, ohne den Plan der Wizards für die anstehende Free Agency und darüber hinaus absehen zu können. Die Hoffnungen für einen Playoff-Run in der laufenden Saison musste Washington wohl spätestens nach der Verletzung von Bradley Beal begraben, nach einem starken Saisonstart lief es ohnehin wieder bescheiden für die Wizards.

Laut eigenen Angaben will Bradley Beal, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, zum Team zurückkehren. Doch wer ist noch in Washington? Ein paar brauchbare junge Spieler mit Corey Kispert, Thomas Bryant, Deni Avdija, Daniel Gafford und Rui Hachimura.

Selbst mit Beal und einem fitten Porzingis für 50-60 Spiele pro Saison machen die Wizards in dieser Form jedoch keinem Playoff-Team im Osten wirklich Angst, solange keiner der Youngster einen riesigen Schritt nach vorne macht. Bei einer Rückkehr von Beal könnten die Wizards die nächste Saison erstmal nutzen, um das Zusammenspiel zwischen dem 28-Jährigen und Porzingis zu testen.

In Dallas zeigte KP während dieser Saison wieder deutlich bessere defensive Leistungen als in der Vorsaison, wenn er als Center eingesetzt wurde und gute Flügelverteidiger wie Finney-Smith und Kleber um ihn herum hatte. Diesem Erfolgsrezept könnte Washington mit Spielern wie Hachimura, Avdija und Kyle Kuzma durchaus folgen.

Der Kader der Washington Wizards

PGSGSFPFC
Raul NetoBradley BealCorey KispertKyle KuzmaKristaps Porzingis
Ish SmithKentavious Caldwell-PopeDeni AvdijaRui HachimuraDaniel Gafford
Anthony GillThomas Bryant
Isaiah ToddVernon Carey Jr.

NBA Trade: Porzingis macht die Wizards besser

Washington ist auf dem Papier erstmal besser geworden. In mittlerweile acht Saisons spielte Dinwiddie nur einmal über längere Zeit auf ähnlichem Niveau, wie es Porzingis seit 2016 macht, insofern der Lette gesund ist. Das war in Dinwiddies letzter Saison in Brooklyn, als er in 64 Spielen in 2019/20 20,6 Punkte und 6,8 Assists pro Spiel auflegte, seine Feldwurfquote von 41,5 Prozent war jedoch auch damals unterdurchschnittlich im Ligavergleich.

Die Wizards haben mit recht großer Sicherheit den besten Spieler im Trade erhalten und sind dabei auch noch überraschend den Vertrag von Bertans losgeworden, ohne Draftpicks abgeben zu müssen. Das ist ein Erfolg!

Dennoch scheinen die Wizards mit Porzingis in diesem Szenario erneut genau auf das Mittelfeld der Eastern Conference zuzusteuern, was über längere Zeit so schmerzhaft für eine Franchise und die dazugehörige Fanbase sein kann. Genau wie Dallas hat Washington durch den Deal wenig finanzielle Flexibilität erlangt, das Geld wurde nur anders verteilt.

Durch die Verletzung von Beal kurz vor der Deadline schien sich den Wizards die Möglichkeit aufzudrängen, einen Ausverkauf zu starten um einen Rebuild vorzubereiten, Washington trennte sich jedoch neben Dinwiddie und Bertans nur von Montrezl Harrell. Durch die Ankunft von Porzingis scheint alles auf eine Rückkehr von Beal hinauszulaufen, radikale Schritte bleiben vermutlich aus.

Der Trade aus der Sicht von Kristaps Porzingis

Für Porzingis bedeutet der Trade einen Tapetenwechsel und die Chance, mit seinem neuen Co-Star Beal eine bessere Verbindung aufzubauen, als zwischen ihm und Doncic immer wieder berichtet wurde. Auf spielerischer Ebene muss Porzingis dafür in erster Linie seine verbesserte Defense beibehalten sowie seinen Distanzwurf wiederfinden. Seine Quote von 28,3 Prozent in 34 Spielen dieser Saison ist mit Abstand die schlechteste seiner Karriere, nur als gefährlicher Schütze kann er das Feld für seine Mannschaftskollegen breit machen.

Eines seiner Grundprobleme wird vermutlich nicht beim Umzug nach Washington verschwinden: Besonders in den Playoffs hat er gezeigt, dass er gegen kleine Lineups große Probleme in der Defensive bekommen kann. Dazu spielt er physisch nicht dominant genug, um kleinere Gegner im Gegenzug konstant in der Offensive zu bestrafen. Mit Bryant und Gafford haben die Wizards jedoch auch zwei Center im Roster, die neben Porzingis auflaufen könnten und ihm dort defensiv einige Verantwortungen nehmen könnten.

Porzingis kann den Rest der laufenden Saison nutzen, um ohne Druck einen guten Start in Washington hinzulegen, seine Statistiken könnten schnell besser aussehen als zuletzt in Dallas. Der Trainerstab kann ausprobieren, in welchen Rollen und mit welchen Mitspielern er am besten funktioniert.

Kristaps Porzingis: Kommt er in einen Rebuild?

Falls Beal zur nächsten Saison nach Washington zurückkehrt, wird es jedoch wieder gewisse Erwartungshaltungen geben an die Wizards. Und falls dies nicht der Fall ist, gerät KP wohl in einen vollen Rebuild. Porzingis ist erst 26 Jahre alt, falls in Washington um ihn, Beal und einige junge Spieler ein Kern zusammenwächst, könnte eine Verlängerung bei den Wizards sinnvoll für beide Seiten sein.

Die große Frage wird aber sein, wie es um Porzingis' Gesundheit bestellt ist. Wussten die Mavs womöglich mehr? Offiziell wurde der Lette zuletzt mit Fußschmerzen im Injury Report gelistet, das kann so ziemlich alles bedeuten. Wird Porzingis jemals eine volle Saison bestreiten können? Dieser merkwürdige Trade, in welchem Dallas noch draufzahlte, lässt viel Raum für Spekulationen.

Oder war das Verhältnis zu Luka Doncic so gestört, dass eine Trennung unvermeidbar war? All diese Fragen werden wir erst in den kommenden Wochen, Monaten oder vielleicht sogar Jahren beantworten können. Beim Blick auf das große Ganze bleibt die Porzingis-Zeit in Dallas eine große Enttäuschung und damit auch ein Debakel für Dallas beim Versuch, ein Championship-Team um Doncic aufzubauen. Die Ressourcen, die 2018 in diesen Trade gesteckt wurden, werden sie nie wieder erhalten.