Jede Free-Agency-Klasse hat mindestens einen Hauptpreis, auch wenn die Bedeutung des 1. Juli durch zahlreiche vorzeitige Verlängerungen etwas abgenommen hat. Vor zehn Jahren war das aber noch anders.
Es waren gerade einmal zwei Spielzeiten vergangen, nachdem LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh in Miami ein Superteam gebildet und die NBA damit in ihren Grundfesten erschüttert hatten. Die Klasse von 2012 war weniger attraktiv, mit Deron Williams gab es jedoch zumindest einen All-Star in dessen Prime zu haben.
D-WIll, mit 28 Jahren auf dem Höhepunkt seines Schaffens, dümpelte mit New Jersey in der Bedeutungslosigkeit der Eastern Conference herum, allerdings waren die Nets bereits zu diesem Zeitpunkt ein schlafender Riese. Parallel entstand das Barclays Center in Brooklyn, dort sollten die Nets zwölf Monate später einziehen.
Das war Williams' Perspektive bei den Nets, das ultimative Ziel für den Guard war es aber, endlich wieder um einen Titel zu spielen, nachdem er mit Utah zumindest 2007 die Conference Finals erreicht hatte. Neben Brooklyn kam für Williams aber nur ein anderes Team in Frage - die Dallas Mavericks, die Franchise aus seiner Heimatstadt.
Deron Williams: Dirk Nowitzki wollte ihm die Schlüssel geben
Die Mavs hatten unter anderem für Williams (und Dwight Howard, der jedoch überraschend seine Spieler-Option zog) vor einem Jahr entschieden, den Meister-Kern aufzubrechen und unter anderem nicht mit Tyson Chandler zu verlängern, um 2012 die Möglichkeit zu haben, D-Will mit Cap Space zu verpflichten.
Der Plan war es, dem alternden Dirk Nowitzki einen Co-Star auf dem Höhepunkt seiner Karriere an die Seite zu stellen und den Würzburger zu entlasten. "Ich bin richtig hibbelig. Wir wollen D-Will haben, das ist kein Geheimnis", sagte Nowitzki in einem Radio-Interview wenige Tage vor dem Start der Free Agency.
"Wenn man sich die NBA und deren Top-Teams genauer anschaut, dann haben diese alle zwei oder drei Spielmacher, die den Ball dribbeln und für sich selbst kreieren können. (...) Es wäre toll, wenn D-Will hier den Laden schmeißen würde", erklärte Dirk. Im Vorjahr hatten dies noch der 39-jährige Jason Kidd und Delonte West übernommen. Dallas schied als amtierender Champion jedoch sang- und klanglos in Runde eins gegen die OKC Thunder aus.
Williams blieb allerdings ein Fiebertraum und unterschrieb stattdessen für knapp 100 Millionen Dollar und fünf Jahre bei den Nets. Am 4. Juli sickerte Williams' Entscheidung durch, wenige Tage später unterzeichnete der für die Olympischen Spiele in London weilende Williams auf seinem iPad den neuen Deal.
Deron Williams: Cuban verpasste Meeting wegen "Shark Tank"
Die Mavs gingen leer aus - wie so oft in diesem Jahrzehnt. Bei Williams hatten sie es jedoch selbst verbockt. Williams verriet neun Jahre später in einem Podcast, dass er sich bereits auf Dallas festgelegt und ein Angebot für ein Haus in Texas abgegen hatte. Für ein Umdenken sorgte jedoch Mavs-Besitzer Mark Cuban und dessen Prioritäten. Der war nämlich zum Meeting mit dem Point Guard nicht erschienen, weil er zeitgleich in Los Angeles eine Folge seiner Reality Show "Shark Tank" aufnahm und auch nicht virtuell am Meeting teilnahm.
Wenige Monate später gab Williams offen zu, dass dies großen Einfluss auf seine Entscheidung pro New Jersey hatte. "Viele Fragen, die ich und mein Berater hatten, konnten an diesem Tag nicht beantwortet werden", konstatierte der Nets-Guard. An Stelle von Cuban waren lediglich GM Donnie Nelson, Coach Rick Carlisle sowie Ex-Spieler Michael Finley gekommen.
Laut eigener Aussagen war Williams vor allem daran interessiert, wie es in Dallas weiter gehen würde, wenn Nowitzki eines Tages die Sneaker an den Nagel hängen würde. Nelson und Carlisle verwiesen dabei auf ihre Reputation, was den Free Agent aber nicht überzeugen konnten: "Ich kann das verstehen, weil sie wirklich gute Arbeit geleistet haben, aber es ist nicht genug für mich, um eine solch große Entscheidung zu treffen und das Team zu wechseln."
So war Williams' Verlängerung der erste Schritt der Nets zu einem eigenen Superteam, welches nach Trades für Joe Johnson, Kevin Garnett und Paul Pierce aber mit Pauken und Trompeten scheiterte.
Deron Williams und die Mavs: Im Spätherbst klappt es doch noch
Der alternde Pierce begründete dies vor allem mit den Leistungen von Williams, der zu keiner Zeit seinen Maximal-Vertrag rechtfertigen konnte. "Bevor ich nach Brooklyn kam, habe ich Deron als MVP-Kandidaten gesehen. Dann war ich da und merkte, dass er gar keiner sein wollte. Es entsprach nicht seinem Naturell."
Das war Wasser auf die Mühlen der Mavs, insbesondere für Cuban, der den Schwarzen Peter in der Causa Williams nicht akzeptierte. "Wir befinden uns nun in einer besseren Situation, als wenn wir ihn bekommen hätten," sagte der Besitzer vor dem Saisonauftakt trotzig. Mit dem Williams-Geld bezahlte Dallas stattdessen Chris Kaman, Elton Brand, O.J. Mayo, Darren Collison und Dahntay Jones, keiner davon konnte aber überzeugen - und die Mavs verpassten nach zwölf Jahren mal wieder die Playoffs.
Aber auch mit D-Will wären die Mavs wohl kein ernsthafter Contender gewesen. Zur Erinnerung: OKC hatte immer noch Kevin Durant sowie Russell Westbrook, die San Antonio Spurs stellten die Big Three der Miami Heat zwei Jahre in Folge vor massive Probleme, und selbst die Lob-City-Clippers waren ein elitäres Team, wenn sie ihren kompletten Kader zur Verfügung hatten.
Zumindest hätte es Dallas wettbewerbsfähiger gemacht, auch wenn Cuban dies nicht wahrhaben wollte. Rückblickend verloren Williams (abgesehen vom Geld) und Dallas, drei Jahre später trug der Mann aus Big D dann aber doch das Mavs-Jersey: Die Nets hatten Williams zwei Jahre vor Ablauf des Vertrags entlassen, weil sie nach dem gescheiterten Superteam-Projekt einen radikalen Schnitt vollzogen. In knapp zwei Jahren absolvierte D-Will noch über 100 Spiele für Dallas, von All-Star-Niveau war er zu diesem Zeitpunkt aber weit entfernt.