Der Gobert-Trade aus Sicht der Timberwolves
Minnesota setzt fortan auf einen Look, den man als antizyklisch bezeichnen kann: Twin Towers. Tatsächlich laufen laut Spotrac in der kommenden Saison die beiden Center mit den größten Cap Hits der Liga nebeneinander auf und streichen gemeinsam 72 Mio. Dollar ein (es wird in den kommenden Jahren noch viel mehr), in einer Zeit, in der Teams eigentlich nur noch Center mit MVP-Kaliber wirklich bezahlen wollen.
Das sind Gobert und Karl-Anthony Towns nicht, immerhin sind sie aber All-NBA-Bigs - und Towns bringt offensiv durchaus die Flexibilität mit, um auf die Vier rutschen zu können. KAT gehört zu den besten Schützen der Liga und konnte in der vergangenen Saison auch im Post großen Schaden anrichten, obwohl sein Frontcourt-Partner Vanderbilt genau wie Gobert stets nah am Korb stand und den Platz damit einschränkte.
Gobert wiederum ist zwar ein limitierter Scorer, hatte bei den Jazz aber trotzdem auch offensiv stets einen positiven Einfluss, insbesondere aufgrund seiner Aktivität als Screener und Offensiv-Rebounder. Gobert wird etwas säuerlich, wenn er nicht gelegentlich Lobs serviert bekommt, diese kann und sollte Minnesota ihm aber ohnehin geben.
Minnesota mit Gobert: Eine Top-10-Defense
Nun holt man den Franzosen natürlich nicht primär aus offensiven Gründen. Gobert ist in der Regular Season der wohl größte Unterschiedsspieler in der Defensive, was nicht zuletzt seine drei DPOY-Awards belegen. Selbst ohne gutes Defensivpersonal um ihn herum verankerte er in Utah fast immer eine starke Defense.
Die Wolves haben zwar mit Beverley und Vanderbilt ihre vielleicht besten Verteidiger der letzten Saison abgegeben, besser als zuletzt Utah sind sie dennoch aufgestellt (Jaden McDaniels!). Vergangene Saison reichte es für Platz 13 beim Defensiv-Rating, viel mehr war mit Towns als Defensiv-Anker nicht realistisch.
Mit Gobert muss eine Top-10-Defense klar das Ziel sein. Er ist der wohl beste Ringbeschützer der Liga, nimmt viel Verantwortung von Towns' Schultern. In der Vision der Wolves ist er der Tyson Chandler für Towns' Dirk Nowitzki - nur eben viel teurer und in einer NBA, die sich seit 2011 doch ein ganzes Stück verändert hat.
In der Regular Season kann das alles funktionieren. Mit Gobert als Anker und Towns sowie dem immer stärker werdenden Anthony Edwards ist das Potenzial für 50 Siege und eine Top-6-Platzierung im Westen gegeben, wobei sich natürlich auch noch zeigen muss, was mit dem restlichen Kader und insbesondere D'Angelo Russell passiert.
NBA: So viel verdienen Towns und Gobert
Gobert | Towns | |
Gehalt 22/23 (alle in Mio. Dollar) | 38,2 | 33,8 |
23/24 | 41 | 36 |
24/25 | 43,8 | 50,1* |
25/26 | 46,7 (Spieler-Option) | 54,1* |
26/27 | 58,1* | |
27/28 | 62,1* |
*35 Prozent des Salary Caps / genaue Werte noch nicht bekannt
Timberwolves: Geht das auch in den Playoffs?
Das wäre schon ein Schritt nach vorne - es wäre aber noch nicht genug, um diesen Move zu rechtfertigen. Dafür müssen auch Playoff-Siege her, mal eine gewonnene Serie, worauf die Wolves bereits seit 2004 warten. Sind ihre Chancen auch in dieser Hinsicht gestiegen? Das ist etwas schwerer zu beantworten.
Gobert wird zwar in den Playoffs nicht "vom Feld gespielt", wie fälschlicherweise oft behauptet wird. Tatsächlich sind aber Five-Out-Lineups, wie man sie in den Playoffs oft sieht, gut dafür geeignet, seinen defensiven Impact zu limitieren. Selbst gegen Teams mit nur einem Big wird es interessant, weil ja Towns in diesem Szenario auf dem Flügel funktionieren müsste, damit Gobert nahe am Korb bleiben kann.
In den Playoffs gibt es zudem auch offensiv mehr Fragezeichen - hier erbt Minnesota im Prinzip ja das Problem von Utah, dass Gobert kleinere Verteidiger aufgrund seiner fehlenden offensiven Versiertheit zu selten bestrafen kann. Towns kann das, aber es hat schon seine Gründe, dass Non-Shooting Bigs tief in den Playoffs immer weniger zum Einsatz kommen.
Timberwolves: Ein unheimliches Risiko
Letzten Endes wird der Deal die Wolves besser machen, die Frage ist, wie viel besser - und ob es diesen Aufwand wert war. Die Wolves hätten nicht mehr Picks anbieten können. Für einen nun 30-jährigen Center, der einen der fettesten Verträge der Liga sein Eigen nennt und dessen Einfluss in der Postseason in der Regel ein wenig schrumpft.
Vielleicht hätte es einen weniger riskanten Move gegeben - etwa für Dejounte Murray, der auch vom Alter besser zu Edwards und Towns gepasst hätte. Nun werden die Wolves eins der teuersten Teams der Liga haben, sobald Edwards seinen ersten Maximalvertrag in der Tasche hat (24/25 - wenn Towns und Gobert zusammen 93 Mio. verdienen).
Und sie laufen Gefahr, potenziell mehrere Lottery-Picks an Utah abzugeben. Minnesota ist nicht das erste Team, das in den letzten Jahren per Trade seine Zukunft an ein anderes Team verpfändet. Das geht zwar nicht immer so weit nach hinten los wie nun in Brooklyn, aber selbst die beiden L.A.-Teams mussten aufgrund ihrer Trades für Paul George respektive Anthony Davis schon Lottery-Picks abdrücken.
Es ist schlichtweg unheimlich riskant, es wird sich zeigen, ob sich dieses Wagnis von Tim Connelly nicht am Ende rächt.