Schlechte Besitzer gab es in der Geschichte der NBA viele, aber wohl niemand kommt an den früheren Besitzer der Cleveland Cavaliers, Ted Stepien, heran. In nur drei Jahren wirtschaftete er zu Beginn der 80er die ohnehin chronisch erfolglose Franchise herunter, sodass sogar die NBA eingreifen musste und eine noch heute bestehende Regel einführte.
"Ownership ist der größte Vorteil in der NBA!" - dieses Mantra gilt weiterhin. Die Golden State Warriors werden seit gut einer Dekade exzellent geführt, gleiches gilt für die Boston Celtics oder auch die Milwaukee Bucks, die 2021 die Championship gewannen. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, aber meistens ist dieses Mantra ein Fakt.
Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Teams wie die Sacramento Kings oder die New York Knicks, die chronisch erfolglos sind. Im Falle der Knicks hilft auch der Standortvorteil wenig, da mit James Dolan ein unberechenbarer Mann an der Spitze steht, der inzwischen für Pressekonferenzen die kompletten Medien aussperrt (ist das nicht ein Widerspruch in sich?) und selbst an Legenden wie Charles Oakley Hausverbote verteilt.
Im Vergleich zu Besitzern früherer Jahre ist Dolan aber fast schon ein Chorknabe. Das wohl extremste Beispiel für einen schlechten Besitzer gab es Anfang der 80er, als ein gewisser Ted Stepien die Cleveland Cavaliers führte und diese beinahe komplett ruinierte. Beim Namen Stepien dürften bei einigen Fans die Glocken läuten, noch heute ist eine Regel nach ihm benannt. Sie ist eine Folge des unfassbaren Missmanagements der Cavs zu dieser Zeit.
Stepien stand nur drei Jahre an der Spitze der Cavs, in dieser Zeit verbrannte er aber fünf Head Coaches (darunter den späteren Dream-Team-Coach Chuck Daly, der nach 89 Tagen gefeuert wurde), verbuchte eine Bilanz von 66-180 und innerhalb der Liga sprach man nur noch von den "Cleveland Cadavers".
Cleveland Cavaliers: Eine Arena im Kornfeld
Nun waren die Cavs seit ihrer ersten Saison 1970 nie eine Attraktion, erreichten 1976 aber um "Mr. Cavalier" Austin Carr, der heute noch als TV-Experte die Cavs-Spiele begleitet, und Center Nate Thurmond die Conference Finals. In diesem Jahr gewann Cleveland seine einzige Playoff-Serie seit der Expansion, es sollte bis 1992 dauern, bis ihnen das wieder gelang.
Die Cavs galten in dieser Zeit als mögliches Team für einen Umzug. Nur 7.000 Zuschauer im Schnitt kamen zu den Spielen im Richfield Coliseum, einer Arena 35 Kilometer von Downtown Cleveland entfernt. Die Halle stand mitten in einem Kornfeld, nicht umsonst trug es im Volksmund den Namen "Prärie-Palast".
Auch finanziell ging es dem Team nicht gut. "Es änderte sich so viel, dass wir beinahe wöchentlich einen neuen Besitzer hatten", erinnerte sich der damalige Cavs-Pressesprecher Bill Needles im Buch "Cavs from Fitch to Fratello" über die Geschichte der Franchise. Erst mit Stepien kam zumindest auf dieser Position etwas Ruhe rein.
Der Selfmade-Millionär wollte seinen Reichtum zeigen und auf der Straße endlich erkannt werden. So war es mit vielen Besitzern der damaligen Zeit, eine NBA-Franchise war und ist eben ein Status-Symbol. Als das Akron Beacon Journal ein Feature über den neuen Besitzer schreiben wollte, sagte dieser sofort zu: "Komm einfach am Sonntag nach der Kirche", soll Stepien gesagt haben. "Wir setzen uns dann einfach an den Pool und schauen uns Pornos an."
Eine der ersten Maßnahmen Stepiens war die Einführung von Cheerleadern (das ist durchaus erwähnenswert, die Laker Girls gab es erst seit einem Jahr), diese wurden die Teddi-Bears genannt. Stepiens 19-jährige Tochter war Teil von ihnen, gecoacht wurde sie unter anderem von ihrer Mutter. Das alles war aber harmlos im Gegensatz zu dem, was im operativen Geschäft passierte.
Der zwei Jahre später eingesetzte GM Harry Weltman beschrieb die Situation wie folgt: "Dieses Team hat einige schreckliche Deals gemacht. Nein, nicht nur schrecklich, ich würde sagen, es waren die schlechtesten Deals der Geschichte."
Cleveland Cavaliers: Die schlechtesten Deals der Geschichte
Was war passiert? Innerhalb weniger Monate krempelten die Cavs ihr Team komplett um und fädelten dabei neun Trades ein. Hier mal die wichtigsten in der Kurzzusammenfassung:
- Februar 1980: Butch Lee und der Erstrundenpick 1982 für Don Ford (Saisonschnitt: 3,0 Punkte, 1,9 Rebounds) und den Erstrundenpick 1980 der Los Angeles Lakers
Die Lakers waren zu der Zeit Contender mit Magic Johnson und Kareem Abdul-Jabbar, es wurde für die Cavs der 22. Pick. Und die Lakers? Die zogen den Jackpot, da die Cavs 1981/82 das schlechteste Team der Liga waren und die Lakers somit an Position eins James Worthy ziehen konnten.
- September 1980: Der Erstrundenpick 1984 für Mike Bratz von den Dallas Mavericks.
Bratz war ein kleiner Guard, der nur ein Jahr in Cleveland spielte und 10 Punkte sowie 5,7 Assists im Schnitt auflegte. Die Mavs wählten 1984 mit dem Cavs-Pick an Position vier Sam Perkins aus.
- Oktober 1980: Bill Robinzine sowie die Erstrundenpicks 1983 und 1986 für Richard Washington und Jerome Whitehead von den Dallas Mavericks.
Robinzine kam erst einen Monat zuvor via Trade, Dallas wählte mit den Picks Derek Harper und Roy Tarpley aus. Washington sollte nur 87 Spiele für Cleveland machen, Whitehead wurde nach 18 Tagen entlassen.
- Februar 1981: Chad Kinch und ein Erstrundenpick 1985 für Geoff Huston und ein Drittrundenpick 1983 von den Dallas Mavericks.
Huston war ein weiterer kleiner Guard, der über seine Karriere 8 Zähler und 5 Assists auflegte. Dallas wählte im Gegenzug 1985 mit dem 9. Pick Detlef Schrempf aus.
Wer mitgezählt hat, der kommt auf die Summe von fünf Erstrundenpicks, die Cleveland innerhalb eines Jahres verscherbelte. Das gibt es natürlich auch noch heute, so wechselte zum Beispiel Anthony Davis für dieses Paket zu den Los Angeles Lakers. A.D. war zu diesem Zeitpunkt ein Superstar, die Cavs erhielten streng genommen rein gar nichts für die wertvollen Auswahlrechte.
Cleveland Cavaliers: Jeder wollte mit ihnen Deals machen
Es ging so weit, dass die NBA eingreifen musste. Wie NBA-Pressesprecher Joe Axelson erklärte, sei der damalige Commissioner Larry O'Brien "besorgt über die Frequenz der Trades der Cavaliers." Die Folge: Den Cavs wurde untersagt, weitere Trades zu machen: "Sie könnten nun nicht einmal ihren elften Mann für Kareem Abdul-Jabbar traden", machte Axelson klar.
Der Hintergrund für die Blockade war aber weniger die Flut an Picks, die aus dem Fenster geworfen wurde (Axelson segnete den letzten Deal im Februar 1981 noch selbst ab), sondern die Entscheidungsfindung. Wie Sports Illustrated damals berichtete, waren bei einem der vielen Trades der GM und der Sportdirektor (ein Vertrauter von Stepien, der zuvor GM eines Softball-Teams war) gegen die Transaktion, doch Stepien bestand darauf und griff so aktiv ins Geschehen ein.
Beim Rest der Liga sorgte das für Enttäuschung. "Die Geier kreisen, jedes Team will derzeit Geschäfte mit den Cavs machen", verriet ein anonymer GM aus der Eastern Conference. Für Dallas zahlte es sich aus. Dank all der Draft-Picks wurde aus den jungen Mavs, die erst seit 1980 in der Liga waren, ein Contender.
Die Cleveland Cavaliers zwischen 1980 und 1983
Saison | Bilanz | Platz Osten | Playoffs? | Topscorer |
1979/80 | 37-45 | 8 | Verpasst | Mike Mitchell (22,2 PPG) |
1980/81 | 28-54 | 9 | Verpasst | Mike Mitchell (24,5 PPG) |
1981/82 | 15-67 | 11 | Verpasst | Mike Mitchell (19,6 PPG) |
1982/83 | 23-59 | 10 | Verpasst | World B. Free (24,2 PPG) |
Cleveland Cavaliers: Drohender Umzug und offener Rassismus
1988 scheiterten sie in den Conference Finals nur knapp an den Showtime-Lakers. Mavs-Coach Dick Motta sagte über die Deals mit Cleveland später folgendes: "Ich hatte Angst, Mittagessen zu gehen, weil ich vielleicht einen Anruf aus Cleveland verpasst hätte." Selbst einer der Coaches flüchtete sich in Selbstironie: "Es ist schwer, das Team besser zu machen, wenn man bis ins Jahr 2003 keine Draft-Picks hat", sagte Tom Nissalke (wusste der etwa schon 1982, dass dann LeBron James auf die Cavs warten würde?).
Die Stimmung wurde wenig überraschend immer schlechter. Zum letzten Saisonspiel der Saison 1980/81 war die Halle plötzlich wieder voll, allerdings erschienen die Fans nur, um Stepien zu beschimpfen und auszubuhen. Denn Stepien machte nicht nur bei seinen Trades eine schlechte Figur. So spielte er mit der Idee die Cavs in "Ohio Cavaliers" umzubenennen und diese in Städten wie Pittsburgh, Columbus oder Buffalo (das liegt übrigens im Bundesstaat New York) spielen zu lassen.
Nach all den Anfeindungen spielte Stepien auch mit dem Gedanken, das Team nach Toronto umzusiedeln und es "Towers" zu nennen. Hinzu kamen Aussagen, die in der heutigen Zeit für riesige Protestwellen gesorgt und für die die NBA Stepien aus der Liga gedrängt hätten. Hier ein Beispiel zahlreicher rassistischer Entgleisungen, als Stepien bei seinem Antritt über mögliche Veränderungen sprach:
"Die Hälfte des Teams sollte aus weißen Spielern bestehen. Ich glaube, dass die Leute Angst haben, über dieses Thema zu sprechen. Weiße Menschen brauchen weiße Vorbilder und ich persönlich kann mich nicht mit schwarzen Helden identifizieren. Das ist die Wahrheit. Ich respektiere sie, aber ich brauche weiße Menschen. So bin ich und ich denke, die Cavs haben zu viele schwarze Spieler. Wenn es ausgeglichen wäre, hätten wir ein besseres Team."
Konsequenzen? Die gab es nicht, Rassismus war auch in den 80ern noch ein Thema und kein Grund, um Stepien wieder aus der NBA zu drängen. Der Geschäftsmann, der durch Werbeanzeigen reich wurde, war bereit, Geld auszugeben und Cleveland überschüttete mittelmäßige Free Agents mit viel zu viel Dollars.
Cleveland Cavaliers: Eine neue Regel und Extra-Picks
Andererseits gab auch Gerüchte, dass Stepien ungern Spesen zahlte. Noch heute bekommen Spieler Umschläge mit Cash, damit sie sich auf den langen Reisen mit Essen versorgen können, bei den Cavs kam es nicht selten vor, dass bereitgestellte Schecks nicht gedeckt waren.
Letztlich war es Stepien selbst, der nach drei Jahren Verluste über 20 Millionen Dollar eingefahren hatte und sich in Cleveland auf der Straße kaum noch blicken lassen konnte. Doch wer wollte die Cavs kaufen? Ein Team, das auf Jahre seine Zukunft verschenkt hatte und auch über keinerlei Stars im Kader verfügte (Einschränkung: World B. Free war ein Paradiesvogel und legte 82/83 24 Punkte im Schnitt auf).
Die NBA half ein bisschen nach, angeführt von einem ehrgeizigen, kleinen Anwalt aus New York. Die Rede ist natürlich von David Stern, der ein Jahr später zum Commissioner aufstieg und die NBA in ein Milliardengeschäft transformierte. Die Familie Gund wurde als potenzieller Käufer ausgemacht, sie war Besitzer des "Prärie-Palasts" und somit eine logische Wahl.
Nach zähen Verhandlungen bekam Stepien genug Geld für das Team und auch für die Gund-Brüder sprang etwas dabei heraus. Stern handelte aus, dass Cleveland für die Jahre 1983 bis 1986 jeweils einen Extra-Draft-Pick erhalten würde, um auf lange Sicht wieder konkurrenzfähig zu werden, unter anderem stieß so 1986 Ron Harper zum Team. Zusätzlich hatte man sich den ersten Pick ertradet und wählte mit Brad Daugherty einen Center aus, der die Cavs wieder relevant machte.
Das Stepien-Intermezzo hatte aber noch andere Folgen. Nach dem Abgang beschloss die NBA eine Regel, die auch heute noch Bestand hat und als sogenannte "Stepien Rule" bekannt ist. Sie besagt, dass Teams nicht aufeinanderfolgende Erstrundenpicks traden darf. Einen zweiten Ted Stepien soll es nie wieder geben.