Wer mag es Luka Doncic vergönnen? Da stand er gemeinsam mit seinem Vater Sasa in den Katakomben und wartete geduldig auf seine anstehende Pressekonferenz und ließ sich ein kleines Bierchen schmecken. Blöd nur, dass ein Reporter die Kamera drauf hielt und Assistant GM Michael Finley dem Slowenen die Kaltschale mal lieber abnahm - ganz zur Verwunderung von Doncic.
Es war vermutlich die einzige Sache, die man dem 25-Jährigen an diesem Abend nahm, in den Stunden zuvor hatte Doncic dagegen alles unter Kontrolle und lieferte noch einmal eine Erinnerung, warum viele Experten, Executives und Coaches immer wieder predigten, dass man um einen Luka Doncic in den Playoffs lieber einen Bogen machen sollte.
Luka Doncic gehört laut Jason Kidd in die GOAT-Debatte
Es war die Doncic-Show in Minneapolis, Erinnerungen wurden wach an seine Gala vor zwei Jahren in Spiel 7 gegen den Top-Seed aus Phoenix, als der Slowene die Suns fast im Alleingang auseinander schraubte. Diesmal war es die beste Defense der NBA, die einfach keine Lösungen präsentieren konnte. Jaden McDaniels, Anthony Edwards, Kyle Anderson und auch Jordan McLaughlin - sie alle durften sich gegen den Superstar der Mavs versuchen, sie alle hatten keine Chance.
"Für mich ist er einer der besten Spieler aller Zeiten", sparte auch Head Coach Jason Kidd nicht mit Lob. "Nun ist es an den Medien, das auch anzuerkennen. Ihr werdet schon einen Platz für ihn unter den Besten aller Zeiten finden und ihn in die GOAT-Debatten integrieren. Da gehört er hin." Dafür mag es noch ein wenig früh sein, erst recht, weil die Finals noch anstehen, aber Spiel 5 war mal wieder eine Erinnerung, dass ein fitter Luka Doncic mit legalen Mitteln kaum zu stoppen ist.
Ein Turnaround-Jumper, zwei tiefe Stepback-Dreier sowie ein Stepback von der Freiwurflinie - innerhalb von nur zweieinhalb Minuten hatte Doncic schon 12 Punkte eingesammelt und damit die Richtung vorgegeben, 20 waren es nach dem ersten Viertel. Nummer 77 war sichtbar aufgeputscht, lieferte sich mehrere kleine Wortgefechte mit Zuschauern, das alles schien ihn nur noch mehr ins Rollen zu bringen.
Mavs vs. Wolves: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 23. Mai (Do) | 2.30 Uhr | Minnesota Timberwolves | Dallas Mavericks | 105:108 |
2 | 25. Mai (Sa) | 2.30 Uhr | Minnesota Timberwolves | Dallas Mavericks | 108:109 |
3 | 27. Mai (Mo) | 2 Uhr | Dallas Mavericks | Minnesota Timberwolves | 116:107 |
4 | 29. Mai (Mi) | 2.30 Uhr | Dallas Mavericks | Minnesota Timberwolves | 100:105 |
5 | 31. Mai (Fr) | 2.30 Uhr | Minnesota Timberwolves | Dallas Mavericks | 103:124 |
Luka Doncic hat endlich den passenden Supporting Cast
"Ich habe da ernsthaft überlegt, ob ich ihn nicht die vollen 48 Minuten spielen lassen soll", verriet Kidd. Das war aber gar nicht nötig, weil Minnesota reagieren musste. Am Ende waren es "nur" 36 Punkte (14/22 FG), das gelang ohne einen einzigen Abschluss in Ringnähe und lediglich drei Freiwürfen. Doncic war das ganze Spiel über heiß und sorgte dafür, dass Minnesota seine defensive Strategie komplett über den Haufen werfen musste.
Spätestens im zweiten Viertel zwangen die Wolves mit harten Double Teams Doncic dazu, den Ball abzugeben, um damit zu leben, was der Rest der Mavs aus diesen Vier-gegen-Drei-Situationen so machen würde. Und genau hier liegt der Unterschied zu den Mavs-Teams der Vorjahre, Dallas hat nun das Spielermaterial, um dies zu bestrafen.
Doncic war auch schon in den Jahren zuvor gut genug, um als erste Option in die Finals zu kommen, nur war der Supporting Cast nicht da. Auch nicht vor zwei Jahren, als man Golden State in den Conference Finals mit 1-4 unterlag. Kyrie Irving ist ein deutliches Upgrade zu Jalen Brunson, der damals noch nicht das All-Star-Niveau hatte, gleiches gilt für Derrick Jones Jr., P.J. Washington, Josh Green, Dereck Lively II, Daniel Gafford oder sogar Dante Exum. Sie sind keine reinen Spezialisten, wie es Dorian Finney-Smith oder Reggie Bullock waren, stattdessen können sie auch mal den Ball auf den Boden setzen und selbst gute Entscheidungen treffen.
Entsprechend war es richtig, als Doncic nach der Trophäen-Übergabe davon sprach, dass dieser Pokal dem Team gehören würde. Jenem Team, das für Doncic in den ersten beiden Runden da war, als der Slowene mit mehreren Blessuren zu kämpfen hatte und so schwache Quoten wie noch nie in seiner Playoff-Karriere verbuchte. Innerhalb kürzester Zeit hat sich diese Mannschaft gefunden, ein Team, das Anfang Februar noch bei 26-23 stand und erneut Gefahr lief, die direkte Playoff-Qualifikation zu verpassen.
Vier Monate später stehen die Texaner in den NBA Finals, haben sich in einer bockstarken Western Conference dreimal als Auswärtsteam durchgesetzt und dabei gleich drei 50-Siege-Mannschaften in teils beeindruckender Manier geschlagen. Beeindruckend, aber keineswegs überraschend für diejenigen, die die vergangenen Monate aufmerksam verfolgt haben und miterlebten, wie die Trades für Washington und Gafford das Team noch einmal auf ein neues Level hievten und Dallas zu einem Dark Horse im Westen machten.
"Als 5-Seed hatten wir nicht den großen Druck", versuchte Irving zu erklären. "Jeder hat auf die Top 3 geschaut und nun haben wir uns dazwischen gemogelt und ein paar Teams überrascht." Das ist Understatement, vor allem mit einem Doncic im Team, der auch in den Finals der beste Spieler der Serie sein wird. "Gratulation an Dallas, sie haben zwei Weltklassespieler und so haben sie auch gespielt. Vor allem Luka hat dem Spiel sofort seinen Stempel aufgedrückt", musste auch Wolves-Coach Chris Finch neidlos anerkennen.
Luka Doncic: Nun wartet auf die Mavericks der Endgegner
Als Doncic den Ball abgeben musste, brummte die Offense der Mavs weiter. Gerade Irving fand immer wieder Lücken und bekam auch jede Menge offene Catch-and-Shoot-Gelegenheiten wie lange nicht mehr in seiner Karriere. Doncic nahm dagegen nach dem Wechsel nur noch sechs Würfe, darunter ein And-1 gegen den überforderten Jaden McDaniels sowie einen Dreier mit Brett über Karl-Anthony Towns, immer unterlegt mit einer gewissen Gestik oder gar Worten.
Es brachte selbst Snoop Dogg zum Lachen, als Doncic deutlich in die Richtung eines Zuschauers schrie, der immer wieder mit Taschentüchern wedelte und Doncic als "Crybaby" beschimpfte. Womöglich war es mehr, Doncic wollte darauf lieber nicht eingehen. "Wenn ich euch sagen würde, welche Worte er gewählt hat, dann müsste ich ihn verklagen. Es treibt mich aber nur noch mehr an und jeder weiß das eigentlich."
Sollte man meinen und auf Reddit wurde sogar dafür getrommelt, dass die Zuschauer Doncic auf keinen Fall ausbuhen, beschimpfen oder necken sollten, eben weil der Slowene vor allem auswärts in feindlichem Territorium aufblüht. Blöd nur, dass sich die meisten Wolves-Fans nicht an den Appell hielten. Ob es einen Unterschied gemacht hätte? Womöglich nicht, denn Dallas war über die fünf Spiele einfach das bessere Team mit einem besseren Gameplan und dem besseren Personal, vor allem in der Spitze.
In einer Woche kann das aber schon wieder ganz anders aussehen. Mit Boston wartet nun der ultimative Endgegner auf die Mavericks, ein Team, das in der Theorie viele Stärken der Mavs egalisieren kann - mehr dazu in den kommenden Tagen. Wenn Doncic (und auch Irving) aber so spielen wie in dieser Serie, dann wird Finley sicherlich seinem Superstar nicht mehr das Bier wegnehmen (und Zeit für den ein oder anderen Glimmstängel bleibt dann sicherlich auch).
NBA Finals: Alle Termine der Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts |
1 | 7. Juni (Fr) | 2.30 Uhr | Boston Celtics | Dallas Mavericks |
2 | 10. Juni (Mo) | 2 Uhr | Boston Celtics | Dallas Mavericks |
3 | 13. Juni (Do) | 2.30 Uhr | Dallas Mavericks | Boston Celtics |
4 | 15. Juni (Sa) | 2.30 Uhr | Dallas Mavericks | Boston Celtics |
5* | 18. Juni (Di) | 2.30 Uhr | Boston Celtics | Dallas Mavericks |
6* | 21. Juni (Fr) | 2.30 Uhr | Dallas Mavericks | Boston Celtics |
7* | 24. Juni (Mo) | 2 Uhr | Boston Celtics | Dallas Mavericks |