NBA

Kommentar zur Meisterschaft der Boston Celtics: Der ultimative Triumph des Team-Basketballs

Von Ruben Martin
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Die Boston Celtics feiern nach dem 4:1 gegen die Dallas Mavericks in der NBA Finals die 18. Meisterschaft ihrer Geschichte. Der Titel ist gleichzeitig der ultimative Triumph von Team-Basketball und nicht kopierbar für andere Mannschaften. Ein Kommentar.

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Wer die Meisterschaft in der NBA gewinnt, hat meistens den besten Spieler der Finals in seinen Reihen. Bei den Celtics war dies nicht der Fall, der herausragende Akteur hieß Luka Doncic und spielt bei den Dallas Mavericks. Trotz großen Verletzungsproblemen, teilweise unterirdischer Verteidigung und kostspieligen Diskussionen mit den Schiedsrichtern hatte er offensiv mit Abstand den größten Einfluss und hätte mit besseren Mitspielern sogar noch deutlich besser aussehen können.

Das ist eben der Punkt. Je höherklassig die Serie wird, desto wichtiger werden einzelne Spieler, die einfache Würfe für ihre Mannschaftskollegen kreieren und schwere Würfe selber treffen können. Gerade in der Crunchtime. Doch auch die besten Einzelspieler kommen an ihre Grenzen, wenn der Unterschied beim Rest der beiden Mannschaften zu groß ist.

Bei den Celtics trafen die beiden ersten Optionen in der Offensive mit Jayson Tatum und Jaylen Brown jeweils nur knapp 40 Prozent ihrer Feldwürfe in den Finals, dafür sprangen andere Spieler in die Bresche. Die Celtics spielten in den Finals füreinander, wie man es selbst auf höchstem Level selten sieht. Dazu ergänzten sie sich auch in ihren Schwächen und Stärken exzellent.

Brown wurde etwas überraschend zum MVP der Finals gewählt, man hätte eher Tatum erwartet. Auch Jrue Holiday hätte den Zuschlag verdient gehabt. Ein gleichwertiges Trio an der Spitze eines Champions gibt es fast nie. Doch die Celtics haben es geschafft, ihr Ego hintenanzustellen und sind damit Meister geworden. Dafür gebührt auch dem Front Office der größte Respekt, denn die Mannschaft wurde genial zusammengestellt. Und zusammengehalten.

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Dieses Meisterwerk von Brad Stevens ist nicht zu kopieren

In Boston waren die Erwartungen spätestens in Tatums dritter Saison schon hoch, als der damals 21-Jährige schon MVP-Stimmen bekam und Brown parallel den Sprung zum All-Star schaffte. Mit solch einem Flügel-Duo müsse doch alles möglich sein. Die Beobachter gaben dem jungen Duo jedoch kaum Zeit, sich zu entwickeln, weiter zusammenwachsen und zu lernen. Nach dem damaligen enttäuschenden Playoff-Aus gegen die Miami Heat wurden schon die ersten Stimmen laut, die einen Trade von Brown forderten.

Brad Stevens, der im Juni 2021 von seiner Position als Head Coach zum Nachfolger von Basketball-Präsident Danny Ainge wurde, wollte davon jedoch nichts hören. Stattdessen suchte er weiter nach Wegen, um die bestmögliche Mannschaft an die Seite der Jays zu stellen. Dies gelang ihm besonders erfolgreich vor der jüngst beendeten Saison, als er Marcus Smart, Malcolm Brogdon und Robert Williams gemeinsam mit zwei Erstrundenpicks für Kristaps Porzingis und Holiday tradete. Eineinhalb Jahre zuvor hatte er bereits Derrick White für Josh Richardson und einen Erstrundenpick nach Boston gebracht.

Vielen Verantwortlichen gelingt nicht ein solcher Coup in ihrer Karriere, Stevens machte so in kürzester Zeit einen Contender perfekt. Die NBA ist bekanntermaßen eine Liga, in der jeder das kopieren will, was funktioniert. Das wird auch bei den Celtics nicht die Ausnahme sein, doch eins kann festgehalten werden. So schnell wird keine Mannschaft wie Boston kopiert.

Mit Tatum, Brown, Holiday, Porzingis und White hatten die Celtics fünf Spieler, die in der Regular Season auf All-Star-Niveau gespielt haben. Dazu stand mit Al Horford ein Veteran bereit, der mit Bravour jede Menge Drecksarbeit erledigte. Und seinen Dreier als Big Man wie ein Scharfschütze traf. Da können die GMs der Liga noch so kreativ versuchen, die nächsten Celtics zu bauen. Sie werden es nicht schaffen.

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Trost für Doncic: Auch Jordan und LeBron mussten Lehrgeld zahlen

"Sie sind ein großartiges Team", erkannte auch Luka Doncic nach der Niederlage in Spiel 5 an: "Sie sind seit einer langen Zeit zusammen, und mussten alles durchmachen." Er versuche, sich dies als Lehre aus den Finals mitzunehmen und auf die Mavericks zu übertragen.

Jason Kidd schlug in die gleiche Kerbe. "Der erste Schritt ist es, in den Finals zu sein. Das ist eine große Sache", sagte der Head Coach der Mavs: "Wir haben zwar mit 1:4 verloren, aber die Mannschaft hat gegen die Celtics gekämpft." Boston war schon auf dem Papier die bessere Mannschaft als Dallas, doch vielleicht machte am Ende auch die Erfahrung der Finals-Niederlage gegen die Golden State Warriors in 2022 den Unterschied für die Celtics zwei Jahre später.

Auch Michael Jordan musste erstmal die Pistons besiegen, bevor er in seiner siebten Saison den ersten Meisterschaftsring über seinen Finger stülpen durfte. Ebenfalls im siebten Jahr gelang LeBron James der Durchbruch, nachdem er in seinem ersten Besuch der Finals verloren hatte. Ein Lauf bis in die letzte Runde der Postseason stellt immer eine erfolgreiche Saison dar, auch wenn das für die Mavs in den nächsten Tagen noch schwer zu sehen wird.

Doncic wird seine Lehren aus der Niederlage ziehen. Er wird lernen, seiner Mannschaft nicht mehr durch anhaltende Diskussionen mit dem Schiedsgericht zu schaden. Und wie er seine Defizite in der Verteidigung besser mit der Hilfe seiner Mitspieler verstecken kann. In erster Linie ist ihm zu wünschen, bei seinem nächsten Einzug in die Finals gesünder zu sein. Bei einem Spieler seines Kalibers ist immerhin davon auszugehen, dass er seinen Weg dorthin erneut finden wird.

Auch wenn Kyrie Irving ihn als 32-Jähriger vermutlich nicht mehr ewig auf höchstem Niveau begleiten kann, haben die Mavericks in Dereck Lively II einen kongenialen Partner der Zukunft für Doncic gefunden. Das Duo hat das Potenzial, weiter zusammenzuwachsen. "Großartiger Lauf", schrieb Dirk Nowitzki via X: "Kopf hoch!!! Wir werden zurückkommen!!!"

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Die ganz große Herausforderung fehlte den Celtics

Falls die Mavs es schon in der kommenden Saison zurück in die Finals schaffen sollten, könnten dort erneut die Celtics warten. Boston wird von den Buchmachern ziemlich deutlich als Favorit für den nächsten Titel eingeschätzt und hat alle Rotationsspieler der Playoffs unter Vertrag für die nächste Kampagne. Zudem ist noch nicht gesagt, dass Tatum und Brown am Ende ihrer Entwicklung angekommen sind.

Die Celtics waren die ganze Saison über ein historisch dominantes Team, die ganz große Herausforderung in ihrer Gewichtsklasse blieb in den Playoffs jedoch aus. Es wäre schon spannend gewesen zu sehen, wie die Truppe um die Jays und Holiday sich gegen die Nuggets des vergangenen Jahres angestellt hätten, am besten sogar in einem Spiel 7.

Vielleicht findet sich in der kommenden Saison solch ein Gegner in den Playoffs für Boston. Ob die Celtics selbst dann noch genau so stark sind wie in den vergangenen Monaten, ist jedoch zu bezweifeln. Das wird den Celtics gerade sowas von egal sein, zudem ist für solche Gedankenspiele noch genug Zeit in der anstehenden Offseason. Nun hat Boston es erstmal verdient, ordentlich zu feiern und gefeiert zu werden!

NBA Finals - Celtics vs. Mavericks: Die Serie in der Übersicht

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
17. Juni (Fr)2.30 UhrBoston CelticsDallas Mavericks107:89
210. Juni (Mo)2 UhrBoston CelticsDallas Mavericks105:98
313. Juni (Do)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics99:106
415. Juni (Sa)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics122:84
518. Juni (Di)2.30 UhrBoston CelticsDallas Mavericks106:88