NBA

"Dirk ist mein zweitliebster Deutscher"

Von Für SPOX in Dallas: Tobias Rochau
Tyson Chandler sammelte beim ungefährdeten Sieg gegen die Miami Heat starke 17 Rebounds ein
© Getty

Mit dem 106:95 gegen die Miami Heat feierten die Dallas Mavericks den vierten Sieg in fünf Tagen. Im Schatten von Dirk Nowitzki hat sich Neuzugang Tyson Chandler zum Schlüssel für den aktuellen Erfolg entwickelt. Der Center dirigiert die Defense, hilft seinen Kollegen und räumt an den Brettern mächtig ab. Mit 9,4 Punkten (70 Prozent Quote), 9,0 Rebounds und 1,6 Blocks im Schnitt gehört er zu den besten Centern der Saison.

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Im Gespräch mit SPOX spricht Chandler über die Aussichten der Mavs auf den Titel, seine Kollegen Nowitzki und Kidd sowie das tolle Erlebnis im Sommer in der Türkei, als er mit den USA Weltmeister wurde.

SPOX: Herr Chandler, für die Mavs läuft es im Moment nahezu perfekt. Sie haben als bester Rebounder großen Anteil daran. Was macht Sie an den Brettern so stark?

Tyson Chandler: In erster Linie muss man den Ehrgeiz haben, wirklich jedem Ball nachgehen zu wollen. Selbst wenn man mal keine Chance hat, den Rebound zu holen, ist es wichtig, dass man es trotzdem probiert.

SPOX: Haben Sie ein Vorbild, was die Reboundarbeit angeht? Dennis Rodman vielleicht?

Chandler: Die ersten Namen, die mir da einfallen, sind Bill Russell und Wilt Chamberlain. Aber klar: In der jüngeren NBA-Geschichte führt kein Weg an Rodman vorbei. Aktuell ist Dwight Howard wahrscheinlich der Beste.

SPOX: Obwohl Kevin Love vor kurzem 31 Punkte und 31 Rebounds gesammelt hat und die Bretter derzeit dominiert wie kein Zweiter?

Chandler: Ich hab ihm natürlich eine SMS geschrieben und ihm gratuliert. Das war wirklich eine ganz besondere Leistung. 31 Rebounds! Das ist verdammt schwer zu schaffen, aber wenn es einem gelingen kann, dann einem harten Arbeiter wie Kevin, den genau das auszeichnet, was ich gerade angesprochen habe: Er will absolut jeden Rebound holen.

SPOX: Sie haben im Sommer mit den USA WM-Gold gewonnen. Unter anderem an der Seite von Kevin Durant. Was können Sie über ihn sagen: Wird Durant mal der beste Spieler der Liga?

Chandler: Durant ist jetzt schon einer der fünf besten Spieler der Liga, vielleicht sogar schon Top 3. Er ist ein unglaublicher Athlet, 2,08 Meter groß, hat eine Wahnsinnsspannweite und die nötige Leidenschaft. Was ihn von vielen anderen Stars unterscheidet, ist seine bodenständige Art: Bei ihm geht es wirklich nur um Basketball.

SPOX: Für negative Schlagzeilen bei der WM sorgte dagegen Indianas Forward Danny Granger, der per Twitter schrieb: "Alle Europäer stinken wie tote Esel. Gibt's hier keine Deos?" Wie kam diese Aktion im Team an?

Chandler: Das war komplett daneben und wir alle haben ihm klipp und klar gesagt, dass das nicht lustig war. Wir wollten nicht, dass unser Team wegen so etwas in einem falschen Licht erscheint. Und wir haben ihm klar gemacht, dass er so die gute Stimmung gefährdet.

Mavericks - Heat: Die Highlights zum Spiel im Video bei ESPN

SPOX: Was hat Ihnen persönlich die WM für Ihre sportliche Entwicklung gebracht?

Chandler: Sehr viel. Nachdem der Trade zu den Mavs feststand, war die WM ideal, um mich in Form zu bringen. Das zahlt sich jetzt aus. Mein Land zu vertreten war eine große Ehre, und die Zeit in Europa war insgesamt super.

SPOX: Und Sie haben keine Angst, dass sich die zusätzliche Belastung bei der WM im Laufe der Saison rächen könnte?

Chandler: Das glaube ich eigentlich nicht. Ich fühle mich bestens, so gut ging es mir lange nicht mehr. Ich arbeite hart, um in Form zu bleiben und meinem Team zu helfen.

SPOX: Vor Saisonstart wurde der Öffentlichkeit der Kampf um den Starterplatz auf der Center-Position als offenes Rennen verkauft. Inzwischen sind Sie unumstritten. Waren Sie sich immer sicher, dass Sie spielen würden?

Chandler: Ich wusste, dass es ein enges Rennen werden würde, aber letztlich geht es uns allen nur ums Gewinnen. Insofern wäre ich auch mit einer Bankrolle einverstanden gewesen, wenn es für die Mannschaft besser gewesen wäre. Aber natürlich ist es toll, Starter zu sein. (lacht)

SPOX: Wie verstehen Sie sich denn mit Ihrem Center-Kollegen Brendan Haywood?

Chandler: Ich glaube, dass wir eines der besten Center-Duos der Liga sind. Wir unterstützen uns gegenseitig, und auch privat ist er ein sehr angenehmer Zeitgenosse.

SPOX: Es scheint, als würden Sie sich in Dallas sehr wohl fühlen. Dabei waren Sie mit den Hornets vor zwei Jahren eine Art Feindbild für die Mavs in den Playoffs.

Chandler: (lacht) Trotz dieser Vorgeschichte ist es super, hier zu sein. Die Mavericks sind eine erstklassig geführte Franchise. Davon ein Teil zu sein, ist etwas ganz Besonderes.

Chandler, Jones und Co.: Die Neuzugänge der Mavs im Steckbrief

SPOX: Bevor Sie nach Dallas gekommen sind, mussten Sie in den letzten Jahren viel mitmachen: Sie wurden von New Orleans nach Oklahoma getradet, dann wurde der Deal gecancelt. Später ging es nach Charlotte und zuletzt nach Dallas. Und die ganze Zeit hatten Sie mit Verletzungen zu kämpfen. Eine schwere Zeit?

Chandler: Die Verletzungen haben mich mehr belastet als die Trades. Ich wollte einfach Teil eines Teams sein, bei dem ich mich wohl fühle und wo ich eine langfristige Perspektive sehe. Dallas ist absolut perfekt für mich. Eine tolle Gelegenheit, mich ganz neu zu beweisen. Ich glaube, dass wir im Westen für viel Furore sorgen können.

SPOX: Was ist das Schlimmste daran, wenn man von heute auf morgen getradet wird?

Chandler: Sicher, manche Spielern mag es hart treffen, getradet zu werden. Aber ich hatte das Glück, im Vorfeld über jede Entwicklung informiert worden zu sein, so dass ich darauf vorbereitet war. Und wenn man sich das Ganze anschaut, muss man sagen, dass ich bei meinem neuen Klub immer besser dran war als beim vorherigen.

SPOX: Was haben Sie sich als persönliches Ziel gesetzt? Ist ein Double-Double im Schnitt - wie zu Hornets-Zeiten - wieder drin?

Chandler: Das ist auf jeden Fall mein Ziel. Aber noch wichtiger ist, dass wir als Team die Western-Conference-Finals erreichen. Darum geht's.

SPOX: DeShawn Stevenson hat kürzlich gesagt, dass die Mavs das beste und talentierteste Team sind, bei dem er unter Vertrag stand. Dabei hat er in Utah mit John Stockton und Karl Malone gespielt. Sind die Mavs wirklich so stark?

Chandler: Wir haben schon eine gute Mannschaft und ich bin zuversichtlich, dass wir weit kommen können. Wie gerade angedeutet sind die Conference-Finals das Ziel, alles andere müsste man sehen, falls es wirklich so weit kommt. Man darf nicht vergessen, dass der Westen mit den Lakers, Spurs, Hornets und all den anderen Teams richtig stark ist. Aber: Ich behaupte, dass wir sie alle schlagen können.

SPOX: Wie groß ist der Anteil von Jason Kidd am derzeitigen Erfolg? Da Sie schon mit Chris Paul zusammen gespielt haben, sollten Sie den Wert eines starken Spielmachers ja gut einschätzen können.

Chandler: Beide sind fantastische Point Guards. Ich genieße jede Partie, die ich gemeinsam mit Kidd auf dem Feld stehen darf. Ein Ausnahme-Spieler, der ohne jeden Zweifel in die Hall of Fame aufgenommen werden wird. Und er hat gewaltigen Anteil daran, dass es mit den Mavs so viel Spaß macht.

SPOX: Und was halten Sie von Dirk Nowitzki? Bisher kannten Sie sich ja kaum.

Chandler: Ich liebe Dirk! Ich habe ihm erst vor ein paar Tagen gesagt, dass er nach meiner Oma mein zweitliebster Deutscher ist. Klar ist Dirk ein toller Spieler, aber als Mensch ist er noch viel besser.

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