"Ich wusste nicht, ob ich es packe"

Florian Regelmann
27. Februar 201510:08
Dirk Nowitzki und Dennis Schröder trafen in dieser Woche in Atlanta aufeinandergetty
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Dirk Nowitzki steckt mitten in seinem 17. Jahr in der NBA. Im SPOX-Interview spricht der Superstar der Dallas Mavericks über Meilensteine, Vaterfreuden und den Reiz der Heim-EM in Berlin. Weitere Themen: All-Star-Game-Erinnerungen, die Titelchancen der Mavs und Lob für Dennis Schröder.

SPOX

SPOX: Dirk, völlig unverhofft sind Sie jetzt in New York zum insgesamt 13. Mal zu All-Star-Ehren gekommen. Welche All-Star Games sind Ihnen rückblickend am meisten in Erinnerung geblieben?

Dirk Nowitzki: New York war jetzt nochmal klasse, einfach weil es New York war, aber mein schönstes All-Star Game war mein erstes in Washington, oder war's Atlanta? Nein, Philly war es. (lacht) Das werde ich nie vergessen. Da bin ich in die Umkleide gekommen und dann sitzen da KG, Shaq, Kobe und Duncan rum. Dort dazuzustoßen, war ein unglaubliches Gefühl. Die Jungs dann alle kennenzulernen und auch zu spüren, dass du wirklich respektierst wirst von ihnen, war etwas sehr Besonderes für mich. Außerdem war mein Freund Steve Nash auch dabei und ich konnte alles mit ihm gemeinsam erleben, das hat es noch spezieller gemacht. Was ich auch nie vergessen werde, ist das unglaubliche All-Star Game in Dallas, als über 100.000 Zuschauer da waren. Und auch das letzte All-Star Game von MJ in Atlanta, das werde ich mal meinen Kindern erzählen, dass ich da dabei war. Philly, Dallas und Atlanta sind meine Top-3.

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SPOX: "The Tall Baller from the G" ist jetzt in seinem 17. Jahr in der NBA. Einen Großteil der Regular Season haben Sie überstanden, wie geht es körperlich?

SPOX-Sports-Chef Florian Regelmann traf Dirk Nowitzki in Dallasspox

Nowitzki: Gut, danke. Am härtesten sind für mich mittlerweile wirklich Back-to-Back-Situationen. Zwei Spiele innerhalb von zwei Tagen spüre ich, aber deswegen bekomme ich ja auch ab und zu mal ein Spiel frei.

SPOX: Wenn dann hinter Ihrem Namen auch mal so schön steht: DNP - OLD.

Nowitzki: (lacht) Genau. Früher habe ich das immer nur bei San Antonio mit Duncan und Co. gesehen, jetzt ist es bei mir auch soweit. Aber es hilft ja nichts, wir müssen clever sein. Schließlich bin ich 36 Jahre alt und will noch drei Jahre auf hohem Niveau spielen. Das geht nur, wenn du schlaue Entscheidungen triffst. Auch weil die Reiserei so krass ist, im Januar hatten wir eine Phase, in der wir von 19 Spielen 14 auswärts bestreiten mussten, das war ein ziemlicher Hammer. Aber generell geht es mir körperlich wirklich gut. Meine Knie-Operation vor zwei Jahren war so der einzige Rückschlag, ansonsten fühle ich mich gut.

SPOX: Es war allerdings von mysteriösen Magenschmerzen die Rede. Können Sie uns aufklären?

Nowitzki: Im Dezember gab es eine Zeit, als ich mich nicht so toll gefühlt habe und wir ein paar Untersuchungen gemacht haben. Da musste ich mich etwas durchkämpfen, weil ich etwas durchhing und es nicht so lief wie gewünscht, aber jetzt ist alles wieder gut.

SPOX: Was man auch an Ihren Leistungen sieht: Es gibt immer noch Abende, wie vor einigen Wochen beim Comeback-Sieg gegen Portland, an denen Sie das Spiel übernehmen und für die Mavs gewinnen. Wie würden Sie Ihre Rolle in Dallas aktuell beschreiben?

Nowitzki: Ich bin nicht mehr der Closer, das ist jetzt der Job von Monta Ellis geworden. Monta ist 29 und steht in seiner Blütezeit, er ist derjenige, der die Spiele für uns im Normalfall nach Hause bringt. Für mich geht es darum, dass ich dem Team auch ab und zu noch helfen kann. Zum Glück gibt es immer noch Spiele, bei denen ich mich besonders gut fühle und in der Lage bin, ein paar wichtige Würfe zu treffen. Es ist schön zu wissen, dass das noch klappt.

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SPOX: Es ist fast schon Routine geworden, dass Sie einen Meilenstein nach dem anderen erreichen. Zuletzt haben Sie in der All-Time-Scoring-List Moses Malone überholt und sind damit auf Rang sieben geklettert.

Nowitzki: Das sind jedes Mal Wow-Momente für mich. Wenn ich daran denke, wie ich damals als junger Kerl losgezogen bin... Ich habe nicht viel erwartet, ich wusste ja nicht mal, ob ich mich in der NBA überhaupt würde durchsetzen können. Dann war das erste Jahr mit der Streik-Saison auch noch so verdammt schwer für mich, ich wusste nicht, ob ich es packe. Und jetzt, 17 Jahre später, überhole ich Legenden. Ich weiß noch, wie ich an Larry Bird und Charles Barkley vorbeigezogen bin. Das waren Jungs, die mir immer viel bedeutet haben, das war Wahnsinn. Im letzten Jahr kam ich dann in die Top 10, jetzt Rang 7, ein anderes Wort als Wahnsinn habe ich dafür nicht. Ich muss aber auch sagen, dass ich das Glück hatte, nie groß verletzt gewesen zu sein. Dazu hatte ich herausragende Coaches, gerade Don Nelson hat mir am Anfang sehr geholfen. Und ich hatte großartige Teamkollegen wie Steve Nash, J-Kidd oder Michael Finley, die immer für mich gespielt haben. Es waren ein paar ganz gute Jahre dabei. (lacht)

SPOX: Vielleicht sind Sie gerade auch wieder mitten in einem sehr guten Jahr. Im brutalen Westen ist alles möglich, oder wie sehen Sie die Lage?

Nowitzki: Wir haben ohne Frage eine gute Truppe zusammen, die Verpflichtung von Amar'e Stoudemire hilft uns nochmal weiter, aber der Westen ist so vollgepackt mit starken Teams, dass man überhaupt gar nichts vorhersagen kann. Es wird davon abhängen, welche Mannschaft zu den Playoffs gesund und gut drauf ist. Es ist in diesem Jahr wirklich so schwer vorherzusehen, wer vielleicht das Rennen machen könnte. Auch wenn die Spurs gerade schwächeln, glaube ich ja zum Beispiel, dass San Antonio rechtzeitig zu den Playoffs wieder zulegen wird.

SPOX: Im Osten werden die Atlanta Hawks wohl als Nummer eins in die Postseason marschieren. Was beeindruckt Sie an Atlanta und vor allen an Dennis Schröders Performance?

Nowitzki: Ich hätte nie gedacht, dass Atlanta so ins Rollen kommt. Das hätte aber wahrscheinlich niemand gedacht. Es ist auf jeden Fall eine riesengroße Freude, den Hawks zuzuschauen. Das Team ist extrem tief, sie spielen jeden Abend hart, sie spielen super zusammen und sie haben Spaß, das sieht man richtig. Wie Dennis sich verbessert hat, freut mich natürlich auch sehr, das habe ich ihm auch erzählt. Ich habe den Eindruck, dass die Zeit mit der Nationalmannschaft wichtig für ihn war und ihm sehr viel gebracht hat im Sommer. Gegen uns hat er jetzt auch zweimal stark aufgetrumpft. Dennis spielt mit einer unglaublichen Ruhe und Übersicht für sein Alter, das macht er echt klasse.

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SPOX: Wenn man an Schröder und Nowitzki denkt, denkt man natürlich sofort an die EM. Sie haben jetzt gefühlt eine Million Mal gesagt, dass Sie nach der Saison schauen müssen, ob Sie wirklich dabei sind oder nicht. Wie groß ist der Reiz zu spielen aber alleine deshalb, weil das potenzielle Team vielleicht so gut ist wie seit Jahren nicht?

Nowitzki: Klar, es ist schon ein Reiz, dass wir eine gute Truppe auf die Beine stellen könnten. Dazu kommt für mich eben in erster Linie der Faktor Heim-EM. Wir haben vielleicht ein paar Quali-Spiele mal zu Hause gehabt, aber sonst hatten wir nie richtige Spiele im eigenen Land. Das wird eine super Sache, zumal Berlin eine überragende Basketball-Stadt ist. Es kribbelt schon. Aber jetzt konzentriere ich mich erstmal darauf, die Saison hier zu spielen und hoffe, dass sie möglichst lange andauern wird. Danach werden wir uns zusammensetzen. Chris Fleming habe ich ja vor einiger Zeit kennengelernt, als er mich in Dallas besucht hat.

SPOX: Was hat der neue Bundestrainer auf Sie für einen Eindruck gemacht?

Nowitzki: Er ist auf jeden Fall heiß auf die Aufgabe, freut sich drauf und geht sie energisch an. Ich hatte vorher zwar einiges gehört, aber ihn noch nie persönlich getroffen. Deshalb war es schön, dass wir uns mal ein paar Stunden austauschen konnten.

SPOX: Es liegt in der Natur der Sache, dass es Chris Fleming als Bundestrainer lieben würde, wenn Sie spielen. Mark Cuban würde es dagegen hassen, wie er uns erzählt hat.

Nowitzki: (lacht) Aber er kann es nicht verhindern. Mark war ja noch nie ein großer Fan des internationalen Basketballs, die üble Verletzung von Paul George im letzten Jahr hat auch nicht geholfen, dass sich seine Meinung ändert. Und ich werde im Sommer eben 37, es gibt schon einige Faktoren, die man verstehen kann. Aber wenn alles gut läuft und ich einen einigermaßen langen Sommer habe, würde er sich nicht in den Weg stellen.

SPOX: Im Gegensatz zur Handball-WM, die nur im Pay-TV stattfand, wird die Basketball-EM bei den Öffentlichen-Rechtlichen zu sehen sein. Wie wichtig könnte die EM allgemein für den deutschen Basketball sein?

Nowitzki: Ein Heim-Turnier kann einen großen Boom kreieren. Wir haben bei den Handballern 2007 gesehen, was da los war. Wie ich es vorhin gesagt habe: Berlin ist genau die richtige Wahl gewesen, wir haben mit dieser EM auf jeden Fall eine große Chance, die Basketball-Welt in Deutschland zu bewegen.

SPOX: Eine gute EM wäre auch der erste Schritt in Richtung Rio 2016. Nur die Finalisten qualifizieren sich direkt, Platz sechs muss auf jeden Fall her.

Nowitzki: Rio wäre natürlich nochmal Wahnsinn, aber es ist ein weiter Weg bis dahin, weil wieder so ein Vor-Turnier eingebaut wurde. Aber jeder weiß, wie sehr ich die Teilnahme 2008 in Peking geliebt und genossen habe. Die Championship und die Olympia-Teilnahme sind die beiden größten Momente meiner Karriere. Und das, obwohl wir in Peking ja nichts gerissen haben. Nach dem Sieg im ersten Spiel haben wir alles verloren, am Ende 55:59 das entscheidende Spiel gegen China. Das hat wehgetan. Aber trotzdem war allein die Teilnahme mit der Fahnenträger-Rolle, den drei unbeschreiblichen Wochen im Olympischen Dorf und der unglaublichen Atmosphäre für mich mit das Größte, was ich jemals erleben durfte.

SPOX: Privat war das Größte sicher die Geburt Ihrer Tochter Malaika. Jetzt kommt Ende März Baby Nummer zwei. Wie sehr hat sich Ihr Leben durch die Daddy-Rolle verändert?

Nowitzki: Mein Leben ist völlig anders geworden. Da die Kleine im Vordergrund steht, mache ich eigentlich auch gar nichts mehr. Training, sofort nach Hause, Spiel, sofort nach Hause - ich will nur heim und möglichst viel Zeit mit ihr verbringen. Das erste Jahr ist für uns Männer ja noch etwas schwer, eigentlich liegt sie da nur so rum. (lacht) Aber jetzt läuft sie und versucht, zu sprechen, es ist gerade eine supersüße Zeit, die einen großen Spaß macht.

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