NBA

War das wirklich schon alles?

DeMar DeRozan und Kyle Lowry bilden weiterhin den Star-Backcourt der Raptors
© getty

Die Toronto Raptors haben die beste Saison ihrer Franchise-Geschichte hinter sich und konnten im Sommer Star DeMar DeRozan halten. Jubelarien sind dennoch nicht angebracht - denn ein Fortschritt blieb bei den Kanadiern aus. Zumindest bisher.

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Die Transaktionen: Die Free Agency war erst ein paar Stunden alt, da machten die Raptors ihre wichtigste Personalie dingfest: DeMar DeRozan einigte sich mit den Kanadiern über fünf Jahre und 139 Millionen Dollar, also einer der größten Deals der NBA-Geschichte.

Vorher wurde zwar noch ein Hometown-Discount in den Raum geworfen, von dem war aber nichts zu sehen - und so konnte oder wollte Toronto Bismack Biyombo nicht mehr halten, der für vier Jahre und 72 Millionen nach Orlando wechselte.

Biyombo sowie Luis Scola (Brooklyn) und James Johnson (Miami) sollen in Kanada von den Rookies Jakob Pöltl (#9) und Pascal Siakam (#27) ersetzt werden. Abgesehen von den Neulingen und unzähligen ungarantierten Camp-Invites blieb Jared Sullinger der einzige Neuzugang: Der korpulente Big Man kam für ein Jahr und 5,6 Millionen Dollar über die nordische Grenze.

Die Strategie: Die Raptors haben soeben die erfolgreichste Saison ihrer Geschichte (inklusive Conference Finals) hinter sich - da war es klar, dass man DeRozan unter allen Umständen halten musste. Selbst wenn er kein Franchise Player ist, hat die Kombination aus ihm, Kyle Lowry (Free Agent 2017!) und Jonas Valanciunas die Raptors wieder zur Macht im Osten gemacht.

Die Strategie hinter den anderen Moves war ebenfalls offenkundig. Toronto war bereits nah an der Spitze, insofern wurden die beiden Erstrundenpicks nicht für "Projekte" verwendet, sondern in Pöltl und Siakam für zwei Spieler, die sofort Teil der Rotation werden sollen. Sullinger war billig zu haben und kann wohl zumindest für 10-15 Minuten pro Spiel für etwas Gefahr in der Offense sorgen.

Überraschend war eigentlich nur, wie wenig insgesamt passiert ist. GM Masai Ujiri gilt als jemand, der immer nach dem nächsten Trade sucht und selten die Füße still hält. Die Raptors wiederum sind ein Team, das derzeit mindestens noch auf der Vier großen Bedarf hätte.

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Gut möglich, dass Ujiri seine Neuen am Anfang der Saison ganz genau beobachten wird, um gegebenenfalls vor der Trade Deadline noch einmal aktiv zu werden. Denn wenn diese Truppe eine ernsthafte Gefahr für LeBrons Ost-Hegemonie darstellen soll, müsste vor allem Valanciunas schon einen riesigen Schritt nach vorne machen.

Die Schwachstellen: Die Raptors sind ein tiefes, rundum starkes Team mit relativ wenigen Schwachstellen. Das lässt sich auch fast exakt auf ihre beiden besten Spieler übertragen, die gemeinsam den Backcourt formieren. Nur sind gewisse Makel bei DeRozan und auch Lowry leider schwer wegzudiskutieren.

Lowry ist der komplettere Spieler, allerdings ist er mit 1,83 Metern etwas zu klein, zudem auf der falschen Seite der 30 - und schleppte in der vergangenen Saison zum ersten Mal in seiner zehnjährigen NBA-Karriere keine Plauze mit sich rum. Wenn er seine Leistung aus 15/16 noch ein paar Jahre konservieren kann, ist alles okay; wenn er jedoch (erwartungsgemäß) im nächsten Sommer einen fetten Vertrag unterschreibt und danach abbaut, kann er sich für Toronto dagegen zum Albatross entwickeln.

Bei DeRozan ist dieses Szenario sozusagen schon eingetreten, obwohl er mit 27 Jahren gerade erst mit seiner Prime beginnt. Er gehört zu den besseren Scorern der Liga (23,5 PPG), ist leider aber auch ein mieser Verteidiger und dadurch limitiert, dass er noch immer keinen verlässlichen Dreier hat. Genau wie Lowry ist er zu sehr von den Freiwürfen abhängig, die in den Playoffs nur leider nicht so fleißig gepfiffen werden wie in der Regular Season.

Mit diesem Duo als den designierten "Stars" gibt es ein gewisses Limit für Toronto - keiner von beiden ist der Superstar, den es bräuchte, um ein legitimer Contender auf dem Level von Cleveland oder Golden State zu sein. Und höchstwahrscheinlich weiß Ujiri das auch.

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Was er mit Sicherheit weiß: Eine Vollzeit-Lösung auf Power Forward würde den Dinos noch gut zu Gesicht stehen. Sullinger und Patrick Patterson können dort spielen, haben aber beide nicht wirklich Starter-Format. DeMarre Carroll ist auf der Drei (noch) wertvoller, es sei denn, Terrence Ross gelingt endlich der nächste Schritt in seiner Entwicklung. Ein Trade für einen kompetenten Vierer käme den Raptors nicht ungelegen.

Der Hoffnungsträger: Lowry und auch DeRozan haben ihr Maximum vermutlich erreicht - das größte Steigerungspotenzial aller Leistungsträger hat noch immer Valanciunas. Der Litauer ist eine Maschine im Lowpost (68,1 Prozent FG bei Post Touches!) und fordert praktisch immer einen zweiten Verteidiger. Leider hat er bis heute nicht gelernt, dass man dann auch einen Pass spielen kann (1 Assist alle 41 Minuten über vier Saisons laut Sports Illustrated).

Auch defensiv hat er noch nicht die Entwicklung gezeigt, die man sich von ihm erhofft - darauf wird Toronto ohne Biyombo aber angewiesen sein. Die neue Saison wird der perfekte Zeitpunkt für Valanciunas, um endgültig durchzubrechen. Sonst wird auch er früher oder später auf dem offenen Markt landen.

Eine Steigerung darf sich Toronto realistischerweise zudem von Carroll erwarten. Der Kettenhund erlebte eine ganz miese Saison und war ständig verletzt, prinzipiell hat er jedoch einen immensen Wert für Toronto und sollte als Dreier sowie als Small-Ball-Vierer in dieser Saison deutlich mehr leisten, wenn er gesund bleibt.

Das Fazit: Irgendwie fällt es schwer, ein Team zu kritisieren, dass nach seiner besten Saison überhaupt den wichtigsten Free Agent halten konnte. Aber Jubelarien haben die Raptors in diesem Sommer nicht ausgelöst. Biyombos Abgang wird defensiv wehtun, die Problematik bei DeRozan und Lowry wurde bereits dargelegt.

Das soll nicht heißen, dass wir es hier mit einem schlechten Team oder dergleichen zu tun hätten. Toronto ist auch in dieser Saison wieder ein Kandidat für den zweiten Platz im Osten, wenngleich die Celtics sie womöglich überholt haben könnten. Unabhängig davon: Die Raptors sind nah dran, aber Sully lädt nicht unbedingt zum Träumen ein.

Signifikante Upgrades sind (bisher) ausgeblieben und so kann man nicht davon ausgehen, dass die Kanadier ihrem Traum vom Titel auch nur ein Jota näher gekommen sind. Stand jetzt ist Toronto gut geblieben - aber nicht besser geworden.

Note: 3-

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