Die Favoritenrollen in der Central Division sind klar verteilt. Die Cavaliers haben den Platz in den NBA-Finals fast schon gebucht - kann da überhaupt etwas schiefgehen? Die Bulls wollen weiter als ernsthafter Stolperstein ernst genommen werden, Milwaukee schnallt die Stützräder ab und die Pacers warten mit neuer Philosophie auf. Stan Van Gundy bastelt in Detroit fleißig an den "Magic Light" - mit Erfolg?
Chicago Bulls
POINT GUARD: Derrick Rose, Aaron Brooks
SHOOTING GUARD: Jimmy Butler, Kirk Hinrich, E'Twaun Moore
SMALL FORWARD: Tony Snell, Doug McDermott, Mike Dunleavy
POWER FORWARD: , Nikola Mirotic, Taj Gibson,Bobby Portis, Cristiano Felicio
CENTER: Pau Gasol, Joakim Noah, Cameron Bairstow
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Darum wird die Saison ein Erfolg:
50 Siege im vergangenen Jahr, dazu 2-1 vorne in den Playoffs gegen die Cavaliers - und dann kam LeBrons Buzzer-Beater. Die Bulls sind heiß und wollen beweisen, dass sie immer noch zu den Titelkandidaten zählen. Das Front Office hat fast den kompletten Kader zurückgebracht, man kennt sich also, eine lange Eingewöhnungsphase fällt weg.
Dafür bringt aber ein neuer Coach frischen Wind rein: Fred Hoiberg wird die defensiven Prinzipien, die Tom Thibodeau dem Team eingeimpft hat, beibehalten, seinerseits in der Offensive aber für mehr Kreativität und Spielfreude sorgen. Er ist ein "Players Coach", der sich mit seinen Spielern gut verstehen sollte, auch schwelende Konflikte zwischen Coach und GM sollten der Vergangenheit angehören.
Auf dem Court hat Derrick Rose, nachdem er von seinem Augenhöhlenbruch zurückgekehrt ist, endlich eine komplette restliche Saison ohne Verletzungen vor sich. In seiner Abwesenheit ist Jimmy Butler vom Sidekick zum Anführer gereift, kann ihm also unter die Arme greifen. Noch wichtiger ist aber: Joakim Noah hat eine miserable Saison 2014/2015 abgehakt und zeigt, warum er nur ein Jahr zuvor noch auf den MVP-Voting-Zetteln stand.
Außerdem hat Rookie-Forward Bobby Portis in der Preseason einen guten Eindruck gemacht (12 Punkte, 10 Rebounds im Schnitt). Er kann Noah, Pau Gasol und Taj Gibson kleine Verschnaufpausen besorgen. Die meiste Upside hat aber Sophomore Nikola Mirotic, der schon im vergangenen März sein Potenzial andeutete.
Darum wird die Saison ein Misserfolg:
Rose ist zwar (meistens) fit, hat seine besten Tage aber hinter sich - und besteht dennoch auf seiner Rolle als Alphatier. Das sorgt für Spannungen mit Butler, der Gerüchten zufolge bereits Roses Arbeitseifer kritisiert haben soll und die Rolle als Teamleader beansprucht. Hinter den beiden ist auf den Guard-Positionen ohnehin nur Stückwerk vorhanden.
Bei den Big Men zahlt der mittlerweile 35 Jahre alte Gasol Tribut für seine überragende EuroBasket und kann den hohen Level des letzten Jahres nicht halten. Auch Gibson und Noah werden nicht jünger - das wirkt sich vor allem auf die Defense aus, die ohne Thibs einen Schritt zurück macht.
Hoiberg wird in seinem ersten Jahr in der Liga Lehrgeld zahlen müssen: Der "Mayor" bringt, im Gegensatz etwa zu einem Steve Kerr, null NBA-Erfahrung abseits seiner Spielerkarriere mit. Auch mit seinen Stars muss er sich erst arrangieren - die gemeldete Überlegung, Noah von der Bank zu bringen, wird diesem ganz und gar nicht schmecken.
Prognose: 2. Platz in der Central Division
Cleveland Cavaliers
POINT GUARD: Kyrie Irving, Mo Williams, Matthew Dellavedova,
SHOOTING GUARD: J.R. Smith, Iman Shumpert, Joe Harris, Jared Cunningham
SMALL FORWARD: LeBron James, Richard Jefferson
POWER FORWARD: Kevin Love, Tristan Thompson, James Jones
CENTER: Timofey Mozgov, Anderson Varejao, Sasha Kaun
Darum wird die Saison ein Erfolg:
Wie kann sie kein Erfolg werden? Cavs-Eigner Dan Gilbert hat eine bittere Luxury-Tax-Pille nach der anderen geschluckt und neue Verträge an Kevin Love, Iman Shumpert, Tristan Thompson, J.R. Smith und natürlich auch an LeBron James verteilt. Fast 300 Millionen Dollar wurden in eigene Spieler investiert, dazu kommen mit Williams und Jefferson kleine, aber wichtige Puzzlestücke für die Kadertiefe.
Zwei Siege fehlten im letzten Jahr zum Titel - und das mit einem zusammengewürfelten Kader, der durch Verletzungen enorm dezimiert war. Gerade in der Eastern Conference stellt die Regular Season für diese Cavs nur eine Einspielphase dar: Love, James und Irving werden weiter daran feilen, auf dem Court das Optimum nebeneinander herauszuholen. Mozgov hat das Training Camp mitgemacht, Varejao ist wieder fit...
... und dann hat man mit LeBron eben den besten Spieler der Welt. Wenn man gesehen hat, was er gerade in den Finals aus einem Rumpfkader herausholen konnte, kann mit diesem Kader eigentlich nur der Titel folgen. Auch in Miami brauchte der King zwei Jahre, bis er sich einen Meisterring an den Finger stecken konnte.
Darum wird die Saison ein Misserfolg:
Was den Cavs im letzten Jahr einen Strich durch die Rechnung machte, kann auch dieses Jahr wieder zuschlagen - es gibt kein Recht auf verletzungsfreie NBA-Spielzeiten. Und so wird das Team bei weit weniger als 100 Prozent in die Saison gehen: Irving, Shumpert, Love - die schweren Verletzungen müssen erst einmal auskuriert werden. Wenn das länger dauern sollte als geplant und eine andere Ost-Macht Feuer fängt, könnte das den Heimvorteil in den Playoffs kosten.
Danach wird es zugegebenermaßen eng. Gerade im Frontcourt könnten nicht genügend Minuten für alle Stars vorhanden sein, wenn LeBron immer wieder auf die 4 rückt. Bringt das Unruhe rein?
Die Thompson-Saga hat auch nicht gerade den Team-Zusammenhalt gestärkt. Es stellt sich zudem immer noch die Frage nach der Stimmung zwischen James und Coach David Blatt. Wird Love endlich heimisch in Cleveland? Und welche Verrücktheiten hat J.R. diesmal auf Lager?
Prognose: 1. in der Central Division
Detroit Pistons
POINT GUARD: Reggie Jackson, Brandon Jennings, Steve Blake, Spencer Dinwiddie
SHOOTING GUARD: Kentavious Caldwell-Pope, Jodie Meeks
SMALL FORWARD: Marcus Morris, Stanley Johnson, Reggie Bullock
POWER FORWARD: Ersan Ilyasova, Anthony Tolliver
CENTER: Andre Drummond, Aron Baynes, Joel Anthony
Darum wird die Saison ein Erfolg:
Stan Van Gundy arbeitet kräftig daran, die Pistons in die "Orlando Magic 2.0" umzumodeln, mit denen er dank Dwight Howard und einer Wagenladung Shooter große Erfolge feierte. Die Rolle von Dwight soll Andre Drummond übernehmen, der durch den Abgang von Greg Monroe endlich Platz unter dem Korb hat und sein volles Potenzial entfaltet (18 Punkte, 15 Rebounds, 2.5 Blocks pro Spiel).
Mit Drummond zieht der schnelle Jackson ein kaum zu haltendes Pick-and-Roll auf und spielt sich in die erste Garde der Point Guards im Osten. Hat Brandon Jennings seinen Achillessehnenriss auskuriert, bringt er Schnelligkeit und Scoring von der Bank - und ist womöglich ein wertvoller Trade-Chip. Rookie Stanley Johnson überzeugte mit einer starken Preseason.
Ein gutes Pick-and-Roll braucht immer Shooter in Habachtstellung, und das bieten die Pistons. KCP knabbert an den 40 Prozent von Downtown, die Neuzugänge Morris und Ilyasova können ebenfalls von draußen treffen - das ist zumindest "Magic Light" und könnte durchaus an den Playoffs kratzen. Meeks und Baynes tragen überdies wertvolle Spurs-Erfahrung bei. Frei nach Stan: "Form a f***ing wall!"
Darum wird die Saison ein Misserfolg:
Ohne Twin-Tower-Partner Monroe können sich die Defenses noch mehr auf Drummond konzentrieren, das macht dessen Leben nicht einfacher - und seine Schwäche von der Freiwurflinie (grausame 39 Prozent im vergangenen Jahr) gibt dem Gegner genügend Motivation, keine leichten Körbe zuzulassen.
Die Defense wird ohne Monroe ebenfalls leiden. Jennings und Ilyasova sind in der Verteidigung kaum mehr als Pylonen im Pistons-Jersey, Jackson ebenfalls nicht mehr als Durchschnitt. Zudem stehen hinter Jennings' Gesundheit Fragezeichen: Wann er zurückkehren wird, ist völlig offen. Können er und Jackson koexistieren? Und wie sieht es mit einem einsamen Morris-Zwilling aus?
Prognose: 5. in der Central Division
Indiana Pacers
POINT GUARD: George Hill, Joe Young, Toney Douglas
SHOOTING GUARD: Monta Ellis, Rodney Stuckey, Glenn Robinson III
SMALL FORWARD: C.J. Miles, Chase Budinger, Solomon Hill
POWER FORWARD: Paul George, Jordan Hill, Rakeem Christmas
CENTER: Ian Mahinmi, Myles Turner, Lavoy Allen
Darum wird die Saison ein Erfolg:
Es brechen neue Zeiten an bei den Pacers! Beziehungsweise kommen erst einmal alte Zeiten zurück - und zwar in Form von Paul George. Der ist nach einer Saison Pause wieder fit und will da anknüpfen, wo er 2013/2014 aufhörte: in der MVP-Diskussion. PG-13 akzeptierte die neue Position auf der Vier zwar nur widerwillig, zeigte in der Preseason aber, dass er sein Handwerk auch dort versteht. Mit ihm haben die Pacers auf einen Schlag mehr Offense und mehr Defense auf dem Platz.
Mit Ellis hat man Coach Frank Vogel einen weiteren Scorer vor den Kamin gelegt, der für Punkte sorgen wird und Center Mahinmi bereits aus Dallas kennt. An der Defense der beiden wird Vogel werkeln, Rookie Myles Turner wird Mahinmi unter dem Korb unterstützen können.
Nicht zu vergessen: Point Guard George Hill legte im letzten Jahr reihenweise persönliche Bestmarken auf, konnte aber nur 43 Spiele absolvieren. Wenn es diesmal 80 Partien sind, kommt die neue blonde Friese erst so richtig zur Geltung! Die neuen Pacers setzen voll auf Small Ball, athletisch und mit viel Tempo - darauf müssen sich die Gegner erst einmal einstellen.
Darum wird die Saison ein Misserfolg:
Sehr untypisch für einen Führungsspieler wie George, schon in der Vorbereitung über die neue Rolle zu maulen und sich mit Larry Legend einen Schlagabtausch über die Medien zu liefern. Vorbildlich ist das nicht, schließlich bietet der auf links gedrehte Kader und die geänderte Philosophie neue Rollen für eine ganze Menge Spieler.
Da tut es weh, dass mit David West ein absoluter Locker-Room-Leader Indiana verlassen hat - den neuen Meister Yoda im Kader sucht man erst einmal vergeblich. Mit West und Roy Hibbert ist der Front Court und damit der Defensiv-Anker des Teams verschwunden, den man mit Mahinmi und einem George auf der 4 erst einmal ersetzen muss. Eine Herkulesaufgabe, zumal die Defensiv-Qualitäten von Ellis hinlänglich bekannt sind.
Hinter George und Ellis steht ein solider Kader, das war es dann aber auch: Viele Akteure kann Vogel nicht aufbieten, die dem gegnerischen Coach die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Für den Pacers-Coach ist es eine Übergangssaison mit dem neuen Kader und der neuen Spielweise, ebenso für George auf der neuen Position. So etwas geht sehr selten reibungslos über die Bühne.
Prognose: 4. in der Central Division
Milwaukee Bucks
POINT GUARD: Michael Carter-Williams, Greivis Vasquez, Jerryd Bayless, Tyler Ennis
SHOOTING GUARD: Khris Middleton, Rashad Vaughn, O.J. Mayo
SMALL FORWARD: Giannis Antetokounmpo,Chris Copeland, Damien Inglis
POWER FORWARD: Jabari Parker, John Henson, Johnny O'Bryant III
CENTER: Greg Monroe, Miles Plumlee,
Darum wird die Saison ein Erfolg:
Weg mit den Stützrädern, liebe Bucks! 15 Siege vor zwei Jahren, ausgeglichene Bilanz in der letzten Saison - und nun? Es soll noch weiter nach oben gehen für das Team vom früheren Point-Guard-Mastermind Jason Kidd, der sich analog zu seiner jungen Truppe als Coach weiterentwickelt hat. Er hat ein defensiv starkes Team zur Verfügung, in dem Carter-Williams mit 1,98 Metern der kleinste Spieler ist - ein Gewirr aus schnellen Beinen und langen Gliedmaßen.
Um die in der letzten Saison schwächelnde Offense anzukurbeln (Platz 26 im Offensive Rating), wurde Greg Monroe aus Detroit geholt. Moment, nicht geholt! Ein umworbener Free Agent unterschrieb freiwillig in Milwaukee, wenn das kein Zeichen für die Zukunft ist. Mit Greivis Vasquez hat man eine Alternative zu MCW, Rookie Rashad Vaughn bewies in der Preseason Scorer-Künste, und dann kehrt ja auch noch Jabari Parker nach seiner Verletzung ins Team zurück.
Am meisten muss man sich aber natürlich auch den Greek Freak freuen. Giannis wird sich auch in dieser Saison fleißig ausprobieren können, kündigte Kidd an: "Er ist 20 Jahre alte und wird für uns auf jeder Position zum Einsatz kommen." Das kann ja heiter werden! Das Team ist jung, hungrig, begeisterungsfähig - es kann eigentlich nur nach oben gehen.
Darum wird die Saison ein Misserfolg:
Jugendlicher Enthusiasmus ist zwar schön und gut - aber wenn er nicht von Dreiern begleitet wird, kommt er in der heutigen NBA nicht weit. Die Bucks haben immer noch viel zu wenig Shooting von Outside, wenn sich Carter-Williams und Giannis über den Sommer nicht entscheidend verbessert haben. Außerdem führte ihre Jugend bislang zu einer Menge Turnovern und Problemen in engen Spielen. Ist das besser geworden?
Die Defense könnte wiederum etwas gelitten haben: Ersan Ilyasova war für Kidds System mit vielen Double-Teams und Traps ein wertvoller Team-Defender, da fällt Monroe ab. Auch Zaza Pachulia und Jared Dudley müssen - auch wenn sie keine Superstars sind - erst einmal ersetzt werden, vor allem Dudley als Altmeister in der Kabine.
Parker wird nach seinem Kreuzbandriss noch eine Weile brauchen, und mit ihm muss Kidd erneut passende Fünferkombinationen aus dem Hut zaubern - Garantien gibt es dafür nicht. Ebenso wenig dafür, dass die Formkurve bei Spielern wie Henson oder Middleton stetig bergauf geht. Wer verteidigt stämmige Power Forwards? Wer ist der Go-to-Guy in der Crunch Time? Der Anführer in schweren Zeiten? Bleibt die Bank so stark wie im letzten Jahr? Diese Fragen müssen erst einmal beantwortet werden, bevor ein Playoff-Heimvorteil winkt.
Prognose: 3. in der Central Division