Analyse: 14 lange Jahre musste die selbst ernannte TitleTown auf diesen Moment warten, doch nun ist er gekommen: Die Green Bay Packers sind wieder das Maß aller Dinge in der NFL. In einem packenden Super Bowl setzte sich das Team von Coach Mike McCarthy verdient mit 31:25 gegen die Pittsburgh Steelers durch, bekam von seinem Gegner aber reichlich Schützenhilfe.
Denn mit zwei Interceptions und einem Fumble unterliefen den Steelers drei teure Ballverluste, die Green Bay allesamt in Touchdowns ummünzte. Die Packers auf der anderen Seite blieben in der Hinsicht ohne Fehl und Tadel. Interessant: Das Team, das weniger Ballverluste verbucht, hat nun in 33 von 36 Fällen den Super Bowl gewonnen.
Schon im ersten Viertel stellte der von den Buchmachern zum leichten Favoriten erklärte NFC-Champion die Weichen auf Sieg. Quarterback Aaron Rodgers fand gleich im zweiten Drive seiner Mannschaft Jordy Nelson in der Endzone, wenige Sekunden später fing Safety Nick Collins einen Pass von Steelers-Quarterback Ben Roethlisberger (25/40, 263 YDS, 2 TD, 2 INT) ab und trug ihn in die Endzone zurück.
Im zweiten Abschnitt verkürzte Pittsburgh zunächst per 33-Yard-Field-Goal, aber mit einer weiteren Interception erwies Roethlisberger seinem Team einen Bärendienst. Cornerback Jarrett Bush war diesmal zur Stelle. Aus dem folgenden Angriff machten Rodgers und Wide Receiver Greg Jennings die nächsten sieben Punkte.
"Ich habe das Gefühl, die Stadt Pittsburgh im Stich gelassen zu haben, ebenso die Fans, meine Trainer und Mitspieler. Das ist kein gutes Gefühl", zeigte sich Roethlisberger anschließend niedergeschlagen.
Der sechsmalige Super-Bowl- und amtierende AFC-Champion stand mit dem Rücken zur Wand, ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Noch vor der Halbzeit tat sich Big Ben mit dem routinierten Hines Ward (7 REC, 78 YDS, 1 TD) zusammen, führte die Steelers über 77 Yards bis in die gegnerische Endzone und sorgte so für den Anschluss.
Den Packers ging in dieser Phase Cornerback Charles Woodson ab, der sich zuvor an der Schulter verletzt hatte und für den Rest des Spiels ausfiel. Bitter für Woodson, der in seinem 13. NFL-Jahr endlich die Chance auf einen Titel bekam - dann aber im letzten Spiel keinen Einfluss mehr auf den Ausgang nehmen konnte.
Weil bei den Steelers Emmanuel Sanders raus musste und das Passspiel ohnehin nur sporadisch klappte, setzte man zu Beginn der zweiten Hälfte auf das Laufspiel. Rashard Mendenhall (14 CAR, 63 YDS, 1 TD) und sein Backup Isaac Redman pflügten minutenlang durch die Defense Green Bays, bis sie tatsächlich die Endzone erreicht hatten. Überflüssige Penalties gegen den Gegner erleichterten Pittsburgh das Leben.
Es stand 21:17, das Spiel schien wieder völlig offen. Kicker Shaun Suisham hätte anschließend sogar noch weiter verkürzen können, doch sein 52-Yard-Field-Goal-Versuch war in einem Wort: erbärmlich. Aus dieser Distanz kann man das Tor sicher verpassen. Aber nicht um geschätzte 15 Meter.
Dennoch ging es im vierten Viertel noch mal hoch her. Ein Fumble von Mendenhall nutzte Green Bay zunächst eiskalt aus: Erneut führte die Kombination Rodgers-Jennings zum Touchdown. Doch anstatt sich aufzugeben, schlugen die Steelers zurück. Mike Wallace (9 REC, 89 YDS, 1 TD) schüttelte auf der linken Seite den überforderten Sam Shields ab, verwertete einen 25-Yard-Touchdown-Pass und ermöglichte zudem die Two-Point-Conversion durch Antwaan Randle El, die sein Team bis auf drei Punkte an Green Bay heran brachte (28:25).
Das Momentum war wieder auf Seiten der Steelers, die nach einem Sack dicht dran waren, einen Punt der Packers zu erzwingen. Doch Rodgers hatte sich seinen besten Pass für die entscheidende Situation des Spiels aufgehoben. Bei einem 3rd Down fand er seinen Star-Receiver Jennings, der in der Mitte des Feldes Gegenspieler Ike Taylor entwischt war, brachte sein Team über die Mittellinie sowie zum 1st Down und in der Folge zu einem Field Goal.
Zwei Minuten vor Schluss war das aber immer noch nicht die Entscheidung. Mit einem letzten Drive wollte sich Roethlisberger unsterblich machen, doch mit einer Strafe gegen Keyaron Fox beim Kickoff-Return fing die Angriffsserie schon denkbar ungünstig an. Das Comeback blieb den Steelers schließlich verwehrt, weil die Packers in den wichtigen Momenten defensiv zur Stelle waren und auch bei einer 4th-Down-And-5-Situation nicht die Nerven verloren. Pittsburgh verlor den Ballbesitz - und damit das Endspiel.
Die Szene des Spiels: Es gab einige Momente, die dieses berauschende Finale charakterisieren. Da wären zum einen die beiden Roethlisberger-Interceptions in der ersten Hälfte, von denen eine sogar direkt zum Touchdown für den Gegner führte. Da war der Rashard-Mendenhall-Fumble zu Beginn des vierten Viertels, als Pittsburgh eigentlich das Momentum auf seiner Seite hatte.
Doch keine Szene war größer als die 3rd-Down-Conversion von Aaron Rodgers auf Greg Jennings. Beim entscheidenden Drive der Packers hatte Pittsburgh den Quarterback in Schach gehalten und sogar einen Sack gelandet, sodass Rodgers im dritten Versuch von der eigenen 21-Yard-Linie zehn Yards brauchte.
Punt oder First Down? Die Nummer 12 bekommt von seiner Offensive Line die entscheidende Extra-Sekunde, bis Jennings durch die Mitte frei ist, und findet seinen Star-Receiver für einen Raumgewinn von 31 Yards. Green Bay ist über die Mittellinie. Die Hoffnung auf ein Comeback wurde den Steelers mit diesem Play mehr oder weniger genommen.
Der offizielle MVP des Spiels: Aaron Rodgers. Ben Roethlisberger gilt eigentlich als der ultimative Crunch-Time-Quarterback. Als einer, der in den wichtigsten Momenten und Spielen seine beste Leistung zeigt. Nun, im Super Bowl XLV kaufte ihm Aaron Rodgers locker den Schneid ab.
Während Big Ben schon in der ersten Hälfte zwei teure Interceptions warf, war Rodgers von Anfang an hellwach und spielte komplett fehlerfrei. Green Bay hatte gar nicht so viel Ballbesitz (26:35 Minuten), trotzdem verbuchte Rodgers 304 Yards, brachte 24 von 29 Pässen an den Mann und erzielte 3 Touchdowns.
Nach nur sechs Jahren in der NFL steht er schon jetzt auf einer Stufe mit seinem Vorgänger bei den Packers: dem legendären Brett Favre. Der musste sich trotz herausragender Leistungen mit einem einzigen Titel im Lebenslauf zur Ruhe setzen. 1996 gewann er mit den Packers Super Bowl XXXI gegen die New England Patriots. MVP wurde damals allerdings nicht Favre, sondern Kick- und Punt-Returner Desmond Howard.
Den Lobeshymnen auf Rodgers schloss sich auch Receiver Donald Driver an: "Ihr könnt aufhören, zu suchen. Aaron hat bewiesen, dass er einer der besten, wenn nicht sogar der beste Quarterback der heutigen Zeit ist."
Der heimliche Held des Spiels: Greg Jennings / Jordy Nelson. Egal, wie gut das eigene Laufspiel sonst ist: Gegen Pittsburgh hat man keins. Die Steelers-D ist gegen den Run so stark, dass man praktisch gezwungen ist, viel zu werfen. Green Bay war darauf vorbereitet und hat ohnehin ein extrem starkes Receiver-Korps.
Nur, dass Donald Driver verletzt ausfallen würde, das war nicht eingeplant. Ohne den erfahrenen 36-Jährigen standen Greg Jennings und Jordy Nelson noch mehr im Mittelpunkt, zumal auch James Jones nur eine Randnotiz war (5 REC, 50 YDS).
Aber die Art und Weise, wie sie mit Rodgers harmonierten und ein Big Play nach dem anderen abrissen, war absolut beängstigend - und muss auf Pittsburgh demoralisierend gewirkt haben. Jennings fing 2 Touchdown-Pässe und kam auf 64 YDS, Nelson hatte am Ende des Spiels überragende 140 YDS sowie den ersten Touchdown des Spiels auf dem Konto.
"Es ist ein großartiger Tag, um Großartig zu sein", freute Jennigs sich anschließend. "Wir hatten das ganze Jahr mit Rückschlägen zu kämpfen. Unser Kapitän und unser Top-Receiver verletzten sich, das sorgte für viele Emotionen in der Kabine. Aber wir haben einen Weg gefunden, diese aufzufangen und auf dem Platz rauszulassen."
Der Flop des Spiels: Troy Polamalu. Der Superstar-Safety ist ein Game-Changer und kann mit seinen Aktionen in der Defensive die Richtung eines Spiels entscheidend beeinflussen. Im Super Bowl gegen Green Bay tat er das aber nur negativ.
Im Normalfall liest er die Augen des Quarterbacks perfekt und taucht immer dort auf, wo der Ball landet. Diesmal wurde er gleich mehrfach auf dem falschen Fuß erwischt.
Besonders eklatant war dies beim zweiten Jennings-Touchdown der Fall, als er völlig orientierungslos wirkte und viel zu spät auf Jennings Cut nach außen reagierte. "Ich hatte einige Möglichkeiten, um Spielzüge zu machen. Mir fehlte nur hier und da der entscheidende Schritt", erklärte der Safety anschließend.
Polamalu war angeschlagen ins Spiel gegangen, ganz offenbar war er nicht richtig fit. Denn die Nummer 43 war nicht sie selbst.
Die Halbzeit-Show: Nach einigen Jahren, in denen die NFL auf die Klassiker gesetzt hatte (2007: Prince, 2008: Tom Petty and the Heartbreakers, 2009: Bruce Springsteen, 2010: The Who), war diesmal Plastik-Pop erster Güte angesagt.
Die Black Eyed Peas, ehemals als innovative und richtig gute Hip-Hop-Band bekannt, sorgten mit ihren neueren Hits für gute Laune im restlos ausverkauften Cowboys Stadium in Dallas.
Der älteren Generation an Zuschauern dürfte die Show allerdings die Tränen in die Augen getrieben haben. Gastauftritte von Justin-Bieber-Entdecker und R'n'B-Ikone Usher sowie Ex-Guns'n'Roses-Gitarrist Slash rundeten die skurrile Show ab.