Bill Belichick, der am 16. April 1952 in Nashville, Tennessee geboren wurde, war schon seit frühester Kindheit sportbegeistert. Sicher lag das auch an seinem Vater Steve, seines Zeichens Backfield Coach und Scout an der US Naval Academy. Er war außerdem der Autor des Buchs "Football Scouting Method" (1962), das noch heute so etwas wie das Standardwerk für Football-Scouting ist.
Schon im Alter von zehn Jahren schaute sich Bill mit seinem Vater Filmaufnahmen von Footballspielen an. Beide zusammen analysierten alles: Die Spielzüge, die Spieler, etc. Schon damals zeigte sich das große Talent, das Belichick in die Wiege gelegt wurde - das detaillierte Verständnis des amerikanischen Lieblingssports.
In seiner Jugend spielte er Football, Squash und Lacrosse, was seine größte Leidenschaft war. Er war sogar Team-Captain des Lacrosse-Teams vom Wesleyan College. Auf dem Footballfeld war er als Center und Tight End unterwegs, es reichte aber nie für eine professionelle Karriere.
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Folgerichtig heuerte Belichick als Special Assistant bei den Baltimore Colts unter Head Coach Ted Marchibroda an. Ein Job, bei dem er kaum etwas verdiente und mehr mit Kurierdiensten und dem Kopieren bzw. Vernichten von Akten beschäftigt war. Aber es war ein Anfang und die Gelegenheit, einen Fuß in die Tür des professionellen Footballs zu bekommen.
Ein stetiger Aufstieg
Er nutzte sie und nachdem er sich in den Folgejahren bei den Detroit Lions und Denver Broncos als Assistenztrainer hocharbeitete, kam er 1979 zu den New York Giants. 1985 beförderte ihn Coach Bill Parcells zum Defensive Coordinator. Ein Jahr später feierten die Giants ihren ersten Super-Bowl-Titel gegen die Denver Broncos.
Der zweite folgte 1990 nach dem 20:19-Erfolg über die Buffalo Bills - Belichicks Defensiv-Gameplan des Spiels ist heute in der Hall of Fame in Canton, Ohio ausgestellt. Spätestens diese Vorstellung machte Belichick für andere Organisationen interessant, sodass ihn Art Modell schließlich 1991 zum Head Coach der Cleveland Browns machte.In Cleveland lief es allerdings nicht wirklich rund. Nur eine Saison (1994) endete mit einer positiven Bilanz und dem Erreichen der Playoffs. Als dann die Franchise nach Baltimore umzog - aus ihr wurden die Ravens - trat Belichick zurück. Er schloss sich wieder seinem Mentor Parcells an, der nun bei den New England Patriots arbeitete. Erneut bekleidete er den Posten des Defensive Coordinators und war zudem Assistant Head Coach. Das Jahr endete mit einer Niederlage in Super Bowl XXXI gegen die Green Bay Packers.
Es war auch gleichzeitig das Ende der Ära Parcells in Foxborough, denn er und nahezu der gesamte Trainerstab zogen weiter zu den New York Jets. Auch Belichick ging mit und behielt seine beiden Ämter inne.
Rückkehr nach New England
Parcells erklärte nach der Saison 1999 seinen Rücktritt und hatte mit der Teamführung vereinbart, dass Belichick sein Nachfolger werden sollte. Dieser akzeptierte, sorgte aber nur einen Tag nach der Unterschrift für einen großen Eklat. In seiner ihm eigenen Art kritzelte er einen Rücktrittsgesuch auf ein zerknülltes Stück Papier mit den Worten: "I resign as HC of the NYJ."
Der Grund für die abrupte Entscheidung war, dass ihn Robert Kraft - der Besitzer der Patriots - unbedingt als neuen Head Coach haben wollte. Belichick akzeptierte und ließ die Jets im Regen stehen.
Diese waren wenig begeistert und forderten eine Kompensation für den Verlust. Commissioner Paul Tagliabue sah es ähnlich und zwang New England schließlich dazu, den 2000er Erstrunden-Draftpick an die Divisionsrivalen abzutreten. Mit besagtem Pick zog man im Übrigen Shaun Ellis, der in Super Bowl XLVI für die Patriots auflaufen wird.
Nach einer ernüchternden ersten Saison mit einer 5-11-Bilanz hatte der Coach sein Team für 2001 auf seine Bedürfnisse umgestellt. Alles war bereit für einen Großangriff. Doch schon in Woche zwei verletzte sich Superstar-Quarterback Drew Bledsoe schwer und fiel wochenlang aus. Es musste also der junge, unerfahrene Tom Brady ran, der 2000 als 199. Pick gezogen wurde.
Der führte sein Team schließlich zum Super-Bowl-Triumph über die hohen Favoriten St. Louis Rams. Der erste Ring für Belichick als Head Coach. Von da an legte er bis heute nur noch Winning-Seasons hin. Man gewann zwei weitere Super Bowls 2003 und 2004, schrammte 2007 nur knapp an einem vierten - und der Perfect Season - vorbei und steht nun abermals im Spiel der Spiele.
SpyGate
Doch es gab auch düstere Kapitel in der Karriere dieses Ausnahme-Coaches. Das schwärzeste trägt den Titel "SpyGate". Im Jahr 2007 wurde ein Teamassistent dabei erwischt, wie er Defensiv-Signale der New York Jets aufzeichnete. Als Resultat des Ganzen wurde Belichick mit einer Rekordstrafe in Höhe von 500.000 Dollar belegt. Die Patriots mussten zusätzlich 250.000 Dollar an die Liga zahlen und ihr Erstrundenpick im Jahr 2008 wurde einbehalten.
Wenig später kam heraus, dass Belichick wohl bereits seit 2000 dieser Praxis nachging. Allerdings betonte dieser, dass er solche Tapes nie im betreffenden Spiel benutzte. Alle Aufzeichnungen der Patriots wurden schließlich der NFL übergeben, gesichtet und später vernichtet. Für Aufregung sorgte dann ein Report des "Boston Herald", nachdem die Patriots den sogenannten Walkthrough der Rams vor Super Bowl XXXVI gefilmt haben sollen. Belichick bestritt die Anschuldigungen und der "Herald" nahm sie später auch zurück.
Der frühere Assistent, der die Behauptungen aufstellte, gab später an, dass zwar eine Videokamera aufgestellt war, jedoch keine Aufzeichnungen vorgenommen wurden. Er traf sich mit Commissioner Roger Goodell und übergab seine Videotapes. Tatkräftige Beweise waren nicht dabei, sodass Goodell den Fall zu den Akten legte. Bis heute weiß keiner genau, was an den Anschuldigungen dran ist.
Bon Jovi, LaRussa und sein Boot
Über die Person Belichick gibt es noch einiges mehr zu sagen. Spätestens seit der Dokumentation "Belichick: A Football Life" haben Fans einen seltenen Einblick ins tägliche Leben dieses Mannes erhalten. Er ließ sich während der Saison 2009 auf Schritt und Tritt von einem Kamerateam begleiten und offenbarte einige interessante Details.
Er besitzt ein kleines Boot mit dem Namen "5 Rings". Belichick hofft, dass er es demnächst umtaufen muss. Er hat mit seiner Ex-Frau drei Kinder. Seine Tochter ist heute Lacrosse-Assistenztrainerin an der Ohio State University und machte ihren Abschluss wie Bill am Wesleyan College. Sein Sohn Stephen spielt Lacrosse mit einem Stipendium an der Rutgers University und Sohn Brian besucht die Suffield Academy.
Belichick gilt als eigenwilliger Charakter, der eigentlich immer einen Hoodie mit abgeschnittenen Ärmeln trägt. Vor einem Spiel gegen die New York Jets stellte ihn die "New York Post" daher mal als Imperator aus "Star Wars" dar.
Er ist Fan der Band Bon Jovi und gut befreundet mit Sänger Jon Bon Jovi, der öfters mal im Trainingscamp vorbeischaut. Der 2002er Song "Bounce" ist dem Coach gewidmet. Zudem hat er ein sehr gutes Verhältnis zu Tony LaRussa, dem ehemaligen Baseball-Manager, der die St. Louis Cardinals erst kürzlich zum World-Series-Titel geführt hatte. Nach jener World Series sah man Belichick im LaRussa-Jersey in den Katakomben des Gillette Stadiums.
"53 verschiedene Belichicks"
Sein normales Auftreten in der Öffentlichkeit wirkt kauzig, zurückhaltend, misstrauisch. Manche nennen ihn paranoid, weil er es schafft, nie irgendetwas von Substanz zu sagen. Seine knappen Sätze, die er mit einer stets ruhigen, leisen Stimme vorträgt, sind immer durchdacht und geben nie zu viel preis.
Legendär sind seine Injury-Reports. Tom Brady stand mal über mehrere Jahre - 2007 eingeschlossen - auf der Liste als "probable" mit einer Schulterverletzung. Angemerkt hat man ihm das nie. Ein Journalist, der Belichick gut kennt, sagte einmal: "Wenn er könnte, würde er selbst den Einsatz des dritten Offensive-Lineman als zweifelhaft ('doubtful') listen."
Was ihn auszeichnet, ist seine Menschenführung. Journalist Mike Reiss von "ESPN" formulierte es kürzlich so: "Wenn man eine Woche in der Kabine der Patriots verbrächte, bekäme man den Eindruck, man würde mit 53 verschiedenen Belichicks sprechen." Er versteht es, jeden Spieler so anzupacken, wie dieser es braucht.
Als Dank folgen ihm seine Spieler bedingungslos und akzeptieren sein Konzept total. Keiner schlägt über die Stränge. Nicht mal Exzentriker wie Corey Dillon, Randy Moss oder Chad Ochocinco, die anderswo regelmäßig für Theater gesorgt hatten. Die ersten beiden stellten sogar Team- bzw. NFL-Rekorde auf in ihrer Zeit bei den Patriots.
Belichicks Motto: "In einem Footballteam geht es nicht um die Stärke eines einzelnen Spielers, sondern um die Stärke der Einheit und wie sie als Ganzes funktioniert."
Nächster Halt: Canton, Ohio
Am Sonntag nun geht es für Bill Belichick und die Patriots um den vierten gemeinsamen Super-Bowl-Titel. Der Gegner sind ausgerechnet die New York Giants. Das Team, dem Bill bereits zu zwei Super Bowls verhalf.
Und gegen das er Super Bowl XLII verlor. Man könnte sagen, die Giants gewinnen nur dann Super Bowls, wenn Belichick in irgendeiner Form involviert ist.
Egal, ob Belichick nun seinen vierten Super-Bowl-Titel als Head Coach der Patriots einfährt oder nicht, eines Tages wird man zurückblicken und ihn in einer Reihe mit Namen wie Chuck Noll, Bill Walsh, Don Shula oder Tom Landry sehen. Als einen der größten Coaches in der Geschichte der NFL.
Sein Football-Weg wird irgendwann enden. Wann das sein wird, entscheidet er allein. Wie lange sein Kontrakt in New England läuft, wissen nur ganz wenige. So lange er es aber machen will, wird ihn niemand daran hindern. Wo dieser Weg aber enden wird, ist dagegen absehbar: In Canton, Ohio.
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