Drama, Rekorde und Elways Finale

Von Adrian Franke
31. Januar 201415:45
Die Seahawks um D.J. Hackett verloren Super Bowl XL gegen Pittsburghgetty
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Wenn am Sonntag Super Bowl XLVIII zwischen den Denver Broncos und den Seattle Seahawks steigt (Mo., 0.30 Uhr im LIVE-TICKER), wollen letztere ihre Premiere, Denver den nächsten Ring mit einem großen Quarterback. Beide Teams haben ihre letzte Super-Bowl-Teilnahme in komplett unterschiedlicher Erinnerung: Während Denver mit John Elway am Ruder ein Finale nach Maß feierte, hadert man in Seattle bis heute mit den Schiedsrichter-Entscheidungen.

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Super Bowl XXXIII (31.1. 1999, Miami)

Denver Broncos - Atlanta Falcons 34:19 (7:3, 10:3, 0:0, 17:13)

Für Denver war es das erfolgreiche Ende einer Ära. Nach vier Super-Bowl-Niederlagen, drei davon mit Quarterback John Elway, hatten die Broncos den Titel in der Vorsaison den Titel endlich zum ersten Mal gewonnen. In Elways letztem NFL-Spiel - drei Monate später beendete er seine Karriere - gelang die Titelverteidigung. Der Signal Caller wurde im Alter von 38 Jahren der älteste SB-MVP der Liga-Historie und führte die Broncos zu ihrem zweiten und bislang letzten Titel.

Doch es war keineswegs nur Denvers Offense, die die Vince Lombardi Trophy nach Colorado brachte. Vielmehr war Atlantas Angriff um die gegnerische Red Zone gelinde gesagt komplett überfordert.

Der erste Drive endete mit einem Sack an der 8-Yard-Line und einem Field Goal, es folgten nach einer Elway-Interception eine misslungene Fourth-Down-Conversion sowie ein verpasstes Field Goal von Kicker Morten Andersen aus 26 Yards.

Denver dagegen startete mit einem 80-Yard-Drive, den Fullback Howard Griffith aus einem Yard mit dem Touchdown beendete. Noch vor der Pause warf Elway einen 80-Yard-TD-Pass auf Rod Smith und erhöhte so auf 17:3. Kurios: Da Sender "FOX" noch in der Werbung war, sahen die TV-Zuschauer den größten Teil des Touchdowns nicht live. SPOX

Atlanta schlägt sich selbst

Zwar eröffneten die Broncos die zweite Halbzeit ihrerseits mit zwei verpatzten Field Goals, doch erneut konnten die Falcons in ihrer ersten SB-Teilnahme daraus kein Kapital schlagen: Von Denvers 21-Yard-Line warf Quarterback Chris Chandler eine Interception, im Gegenzug lief Griffith erneut in die Endzone. Statt 17:10 stand es plötzlich 24:6.

Es war wie verhext für die Falcons, die einem mittlerweile schon fast leidtun konnten. Chandler warf seinen nächsten Pick kurz vor der Red Zone und wieder bestraften es die Broncos: Dieses Mal lief Elway selbst aus einem Yard zum Touchdown und krönte so seine gute Leistung (18/29, 336 YDS, 1 TD, 1 INT).

Den folgenden Kickoff trug Tim Dwight in die Endzone und gab Atlanta nochmal etwas Hoffnung, doch als der Falcons-Offense zwei Minuten vor dem Ende endlich ihr erster Touchdown gelang, ein 3-Yard-Pass zu Terance Mathis, war es zu spät.

Zu allem Überfluss fumbelte Running Back Jamal Anderson kurz vor Schluss in der Hälfte der Broncos. Denvers vierter Takeaway beendete die Partie und so konnte Elway seinen letzten Snap in der Liga standesgemäß als Super-Bowl-Champion per Kneeldown zelebrieren.

Trainer-Fehde und Robinsons Blamage

Ein besonderes Spiel war es aber nicht nur für Elway selbst, sondern auch für Broncos-Coach Mike Shanahan. Ausgerechnet Atlantas Trainer Dan Reeves hatte Shanahan, damals noch Offensive Coordinator, 1991 in Denver entlassen. Ein Jahr später flog Reeves selbst raus, 1995 holte Denver Shanahan als Head Coach zurück. Unmittelbar vor dem Spiel warf Reeves Shanahan dann auf einer landesweit übertragenen Pressekonferenz vor, hinter den Kulissen für seine Entlassung in Denver gesorgt zu haben.

"Mike ist normalerweise ein sehr ruhiger Mensch vor einem Spiel, aber damals war er auf 180", erinnerte sich Elway später. So kam Shanahan sechs Stunden vor dem Spiel in Elways Hotelzimmer, um ein letztes Mal die Spielzüge mit ihm durchzugehen: "Er wollte bestimmte Coverages besprechen. Er konnte kaum still sitzen."

Doch die Privatfehde zwischen den beiden Coaches war nicht das einzige Kuriosum vor dem Spiel. So wurde Falcons-Safety Eugene Robinson in der Nacht vor dem Spiel von einer Undercover-Polizistin festgenommen, die als Prostituierte verkleidet war. Er hatte ihr 40 Dollar für Oralsex angeboten hatte - während seine Frau im Hotel schlief.

Ausgerechnet Robinson war am Tag zuvor für seinen "moralisch starken Charakter" mit dem "Bart Starr Award" ausgezeichnet worden. Spielen durfte er dennoch, doch Smiths 80-Yard-Touchdown ging größtenteils auf Robinsons Konto - und wer den Schaden hat...

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SPOX

Super Bowl XL (5.2. 2006, Detroit)

Seattle Seahawks - Pittsburgh Steelers 10:21 (3:0, 0:7, 7:7, 0:7)

Zugegeben: Man könnte Super Bowl XL mit einem einfachen "Es war nicht Seattles Tag" abtun, schließlich sorgten die Steelers gleich für mehrere Rekorde: Running Back Willie Parkers 75-Yard-TD-Run ist der längste Run from Scrimmage in der Geschichte des Super Bowls, dazu wurde Antwaan Randle El mit seinem 43-Yard-TD-Pass zu Hines Ward der erste Receiver, der im Super Bowl einen Touchdown-Pass warf. Außerdem hob der fünfte Titel Pittsburgh auf eine Stufe mit San Francisco und Dallas.

Doch bei genauerer Betrachtung wird schnell das tragische Schicksal der Seahawks in ihrem ersten und bislang einzigen Super Bowl deutlich, denn Fehlentscheidungen der Schiedsrichter prägten das Spiel und sorgten auch noch in den folgenden Jahren für viel Kritik durch Verantwortliche und Medien.

So dominierte Seattle zunächst: Pittsburgh brauchte ganze 19 Spielminuten für das erste eigene First Down. Nach einem guten Punt Return marschierten die Seahawks das Feld herunter und gingen durch einen 16-Yard-Pass zu Darrell Jackson in Führung. Allerdings wurde der Touchdown wegen einer vermeintlichen Offensive Pass Interference zurückgepfiffen - eine extrem fragwürdige Entscheidung, Jackson hatte seinen Gegenspieler kaum berührt.

Roethlisbergers umstrittener Touchdown

Die Rolle der Schiedsrichter im Rampenlicht war damit längst nicht vorbei. Im zweiten Viertel kamen die Steelers an die 3-Yard-Line und Quarterback Ben Roethlisberger versuchte einen Run in die Endzone. Vor der Endzone wurde er zu Boden gebracht - und streckte den Ball erst im Liegen über die Goalline. Trotz der Challenge von Hawks-Coach Mike Holmgren gaben die Zebras den Touchdown.

Es waren wohlgemerkt nicht nur die Fehlentscheidungen der Offiziellen, die Seattle sabotierten - die Seahawks selbst leisteten ebenso ihren Anteil. Neben mehreren Drops verpasste Kicker Josh Brown kurz vor der Halbzeit das Field Goal zum 6:7 und zielte wenig später, nachdem Parkers Rekord-Run die Führung der Steelers ausgebaut hatte, aus 50 Yards erneut daneben.

Dennoch sollte den Referees auch im Schlussviertel eine tragische Rolle zukommen. Seattle kam durch einen Touchdown von Tight End Jerramy Stevens auf 10:14 ran und war wenig später erneut in der Red Zone. Ein 18-Yard-Pass zu Stevens hätte Seattle an die 1-Yard-Line gebracht und einen 99-Yard-Drive mit einem Touchdown beenden können - das Momentum wäre endgültig auf Seattles Seite gewesen. Doch die Schiedsrichter entschieden auf Holding von Tackle Sean Locklear, eine weitere überaus strittige Entscheidung.

Randle El entscheidet die Partie

Kurz Zeit später warf Hawks-QB Matt Hasselbeck dann eine Interception und Seattle blieb so erneut ohne Punkte. Doch es kam noch schlimmer: Nach dem Pick wurde Hasselbeck wegen eines tiefen Blocks zusätzlich bestraft und Pittsburgh erhielt den Ball kurz vor der Mittellinie. Vier Spielzüge später sorgte Receiver Randle El mit seinem historischen Touchdown-Pass für die Vorentscheidung.

"Es war ein schwieriges Spiel für mich", gab Schiedsrichter Bill Leavy 2010 schließlich zu: "Ich hatte zwei Fehlentscheidungen im vierten Viertel und das hat das Spiel beeinflusst. Als Schiedsrichter will man das immer vermeiden. Ich hatte danach schlaflose Nächte und denke permanent darüber nach. Ich hätte es gerne besser gemacht, aber diesen Wunsch werde ich mit ins Grab nehmen."

Für die Seahawks zweifelsohne ein schwacher Trost. Am Sonntag bietet sich ihnen endlich die Chance auf Wiedergutmachung und ihre erste Vince Lombardi Trophy. Aber Denver wird sicherlich ein Wörtchen mitreden wollen.

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