Björn Werner bereitet sich aktuell im Sommertraining der Indianapolis Colts auf die Anfang September beginnende NFL-Saison vor. Im SPOX-Interview blickt der Colts-Linebacker auf sein Rookie-Jahr zurück und spricht über seinen ersten Sack und Rookie-Jobs. Außerdem: sein WM-Fieber und seine Botschaft an alle deutschen Nachwuchs-Footballer.
SPOX: Björn, bis zum Start der neuen NFL-Saison dauert es noch drei Monate, jetzt kommt erst einmal die Fußball-WM, schon heiß?
Björn Werner: Und wie! Ich bin voll dabei! Es ist einfach an der Zeit, dass unsere Jungs das dieses Mal schaffen und Weltmeister werden. Sie haben es verdient, dass es jetzt mal klappt. Die Jungs werden das packen! Ich durfte im letzten Jahr auf Einladung von Oliver Bierhoff die Nationalmannschaft besuchen, das sind alles coole Jungs, ich drücke ihnen und vor allem Miro Klose die Daumen. Ich hoffe, dass Klose den Rekord bricht und Ronaldo überholt. Klose holt sich den Rekord, wir werden Weltmeister - so muss es laufen. (lacht)
SPOX: Deutschland ist bekanntlich in einer Gruppe mit den USA...
Werner: Zwischen Andrew Luck und mir gab es schon einige Diskussionen. Andrew meint tatsächlich, dass die USA Deutschland schlagen und sogar Gruppensieger wird. Ich habe ihm gleich den Vogel gezeigt, davon kann er lange träumen. (lacht) Hier in den USA interessieren sich generell schon einige Leute für die WM, aber es ist eben nicht so wie bei uns in Deutschland, wo jeder die WM schaut. Deshalb freue ich mich auch schon sehr, nach Deutschland zu kommen, um mir die Spiele dort anzuschauen.
SPOX: Sie werden bei Ihrem Deutschland-Besuch auch einige Meet & Greets veranstalten. Wie wichtig ist Ihnen der Kontakt zu Ihren deutschen Fans?
Werner: Ich habe auf meinem Weg in die NFL immer so viel Unterstützung bekommen und will jetzt etwas zurückgeben. Es gibt so viele Jugend-Footballer, die den Traum haben, den gleichen Weg zu gehen, wie ich ihn gegangen bin. Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass ich ihnen meine Erfahrungen weitergeben kann. Ich will alle deutschen Jugend-Footballer motivieren und ermutigen, an ihrem Traum, es nach Amerika zu schaffen, festzuhalten. Ich werde nicht der letzte Deutsche in der NFL sein. Es ist ein ganz harter Weg, aber es ist möglich. Wenn du etwas wirklich erreichen willst, dann wirst du auch einen Weg finden. Das ist meine Message. Ich freue mich total auf die Events und darauf, den Fans und dem Nachwuchs etwas aus meinem Leben in der NFL zu erzählen.
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SPOX: Mit etwas Abstand: Wie bewerten Sie Ihre Rookie-Saison in der NFL?
Werner: Es war auf jeden Fall eine extrem aufregende erste Saison für mich. Unabhängig von meiner individuellen Leistung haben wir es als Team weit gebracht und waren nicht weit weg vom Super Bowl. Es gibt Spieler, die ewig in der Liga sind, aber bis jetzt nicht einmal die Playoffs erlebt haben. Ich habe gleich in meinem ersten Jahr Playoff-Feeling gespürt, das war eine super Erfahrung.
SPOX: Welchen Eindruck haben Sie ansonsten vom Leben in der NFL gewonnen?
Werner: Die NFL ist ein Business. Die Leute erwarten von Dir, dass Du deinen Job gut machst und nichts anderes. Es geht wie in der normalen Arbeitswelt zu. Im Endeffekt wollen die hier alle auch nur Geld machen, das ist einfach so. Deshalb ist das Wettkampf-Niveau auch extrem hoch. Wenn du keine Leistung bringst, werden andere Leute geholt, die dich ersetzen. Mir gefällt das, weil so aus jedem Einzelnen und aus der Mannschaft das Beste herausgeholt wird. Generell macht es einfach einen riesigen Spaß, in der NFL zu spielen.
SPOX: Auch wenn man blöde Rookie-Aufgaben erldigen muss?
Werner: (lacht) Auch dann. Bei mir ging es im Trainings Camp schon los, als ich vor der Mannschaft singen musste und "99 Luftballons" zum Besten gegeben habe. Danach ging es dann weiter, dass ich zum Beispiel im Meeting-Raum der Defense immer für den Lichtschalter zuständig war. Wenn der Trainer wollte, dass Licht angemacht wird, war das mein Job. Auch gut war es bei Auswärtsspielen: Da musste ich vorher immer in eine Fastfoodkette rennen und für die gesamte Defense Essen für den Flieger holen.
SPOX: Klingt spaßig. Persönlich lief es ja im ersten Jahr ein bisschen durchwachsen. Wie groß war die Erleichterung, als Sie gegen Houston und Case Keenum Ihren ersten Sack in der NFL zustande brachten?
Werner: Es war eine krasse Erleichterung. Ganz am Anfang hatte ich ja nur diesen halben Sack, dann kam eine Verletzung und es wurde erst mal ruhig um mich. Als ich dann wieder zurückgekommen bin, war ich einige Male knapp dran, irgendwie sollte es aber nicht sein. Ich dachte mir schon: "Wie verdammt schwer ist es denn hier bitte einen Sack zu kriegen? Das gibt's doch nicht." Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass ich einfach arbeiten und besser werden muss. Beim Sack gegen die Texans wurde ich dann gar nicht geblockt, aber das war mir vollkommen egal. In der NFL nimmt man jeden Sack mit, den man kriegen kann, gerade auf meiner Position. Im nächsten Spiel kam dann gleich der nächste und ich hoffe, dass noch viele viele folgen werden.
SPOX: Der erste Sack war sicher ein besonderer Moment. An was erinnern Sie sich noch gerne zurück?
Werner: Natürlich vor allem an unser unfassbares Comeback in den Playoffs gegen Kansas City, so etwas vergisst man sein ganzes Leben lang nicht. Wir lagen mit 28 Punkten in Rückstand, wir wurden wirklich komplett vernichtet, aber haben es dann tatsächlich noch gedreht und 45:44 gewonnen. Bei diesem Spiel an der Seitenlinie zu stehen, war atemberaubend. Interessant war, dass wir trotz des Rückstands eigentlich ganz gechillt waren, wir hatten schon so einige Comebacks hingelegt und irgendwie wussten wir, dass wir das noch aufholen werden. So kam es dann auch - Wahnsinn.
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SPOX: Was haben Sie sich persönlich für Ihre zweite NFL-Saison vorgenommen?
Werner: Den Super Bowl zu gewinnen, ganz einfach. (lacht) Persönlich will ich allen zeigen, dass ich kein Rookie mehr bin und dass ich in die NFL gehöre. Ich will meinem Team zeigen, dass sie auf mich setzen können. Wenn ich auf dem Feld stehe, sollen sie ein gutes Gefühl haben. Ich bin sehr hungrig und habe deshalb auch fast die ganze Offseason in Indianapolis verbracht, um mich frühzeitig optimal auf die nächste Saison vorzubereiten.
SPOX: Da Superstar-Linebacker Robert Mathis von der NFL für die ersten vier Spiele gesperrt wurde, weil er unerlaubt fruchtbarkeitssteigernde Mittel für die Nachwuchsplanung einnahm, müssen Sie für ihn die Bresche springen.
Werner: Es ist natürlich bitter für uns, dass Robert vier Spiele fehlt. Er hat seinen Fehler eingesehen, dass er es nicht genug abgeklärt hat, was er da nimmt. Es ist unglücklich gelaufen. Robert ist ein Mensch, für den seine Familie an erster Stelle steht, für sie hat er es gemacht, aber es war ein Fehler und ist leider nicht mehr rückgängig zu machen. Jetzt müssen wir jungen Pass-Rusher zeigen, dass wir auch gut spielen und diese vier Spiele auch ohne ihn gewinnen können.
SPOX: Wie ist Ihre Beziehung zu so einem Star wie Mathis?
Werner: Wir haben ein super Verhältnis, er ist eine Art Lehrmeister für mich. Er hat mich vom ersten Tag an unter seine Fittiche genommen und hilft mir unglaublich viel. Es gibt auch Stars, die jungen Spielern keine Geheimnisse verraten wollen, weil wir am Ende im Team auch Konkurrenten sind, aber Robert gibt mir alles weiter, was er weiß. Er ist ein überragender Typ. Es ist sensationell für mich, gemeinsam mit einem zukünftigen Hall of Famer auf dem Feld zu stehen. Ich will so viel wie möglich von ihm lernen.
SPOX: Mathis ist der Leader der Defense, die Offense steht und fällt natürlich mit Franchise-Quarterback Luck. Was macht ihn aus?
Werner: Ohne guten Quarterback kannst du in der NFL nichts gewinnen, das weiß jeder. Wir haben einen der Besten. Wir müssen nur um ihn herum ein Team zusammenstellen, das im nächsten Jahr wieder den nächsten Schritt in Richtung Super Bowl machen kann. Ich habe ein gutes Gefühl, nächstes Jahr ist es soweit. (lacht) Besonders beeindruckend an Andrew ist, dass er in den USA so einen Superstar-Status hat, aber so unglaublich auf dem Boden geblieben ist. Der ganze Hype um seine Person interessiert ihn überhaupt nicht, er will wirklich nur Football spielen, Spiele gewinnen und am Ende den Super Bowl holen.
SPOX: Luck hat bekanntlich eine deutsche Vorgeschichte, er ist in Frankfurt aufgewachsen. Es heißt, Sie hätten ihm jetzt wieder deutsche Schimpfwörter beigebracht...
Werner: (lacht) Nein, nein. Die brauche ich ihm nicht beizubringen, die kennt er alle noch von früher. Aber wir quatschen wirklich nur auf Deutsch zusammen, Andrew ist klasse, wir haben viel Spaß zusammen.
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