SPOX: Björn, bis zum Start der neuen NFL-Saison dauert es noch drei Monate, jetzt kommt erst einmal die Fußball-WM, schon heiß?
Björn Werner: Und wie! Ich bin voll dabei! Es ist einfach an der Zeit, dass unsere Jungs das dieses Mal schaffen und Weltmeister werden. Sie haben es verdient, dass es jetzt mal klappt. Die Jungs werden das packen! Ich durfte im letzten Jahr auf Einladung von Oliver Bierhoff die Nationalmannschaft besuchen, das sind alles coole Jungs, ich drücke ihnen und vor allem Miro Klose die Daumen. Ich hoffe, dass Klose den Rekord bricht und Ronaldo überholt. Klose holt sich den Rekord, wir werden Weltmeister - so muss es laufen. (lacht)
SPOX: Deutschland ist bekanntlich in einer Gruppe mit den USA...
Werner: Zwischen Andrew Luck und mir gab es schon einige Diskussionen. Andrew meint tatsächlich, dass die USA Deutschland schlagen und sogar Gruppensieger wird. Ich habe ihm gleich den Vogel gezeigt, davon kann er lange träumen. (lacht) Hier in den USA interessieren sich generell schon einige Leute für die WM, aber es ist eben nicht so wie bei uns in Deutschland, wo jeder die WM schaut. Deshalb freue ich mich auch schon sehr, nach Deutschland zu kommen, um mir die Spiele dort anzuschauen.
SPOX: Sie werden bei Ihrem Deutschland-Besuch auch einige Meet & Greets veranstalten. Wie wichtig ist Ihnen der Kontakt zu Ihren deutschen Fans?
Werner: Ich habe auf meinem Weg in die NFL immer so viel Unterstützung bekommen und will jetzt etwas zurückgeben. Es gibt so viele Jugend-Footballer, die den Traum haben, den gleichen Weg zu gehen, wie ich ihn gegangen bin. Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass ich ihnen meine Erfahrungen weitergeben kann. Ich will alle deutschen Jugend-Footballer motivieren und ermutigen, an ihrem Traum, es nach Amerika zu schaffen, festzuhalten. Ich werde nicht der letzte Deutsche in der NFL sein. Es ist ein ganz harter Weg, aber es ist möglich. Wenn du etwas wirklich erreichen willst, dann wirst du auch einen Weg finden. Das ist meine Message. Ich freue mich total auf die Events und darauf, den Fans und dem Nachwuchs etwas aus meinem Leben in der NFL zu erzählen.
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SPOX: Mit etwas Abstand: Wie bewerten Sie Ihre Rookie-Saison in der NFL?
Werner: Es war auf jeden Fall eine extrem aufregende erste Saison für mich. Unabhängig von meiner individuellen Leistung haben wir es als Team weit gebracht und waren nicht weit weg vom Super Bowl. Es gibt Spieler, die ewig in der Liga sind, aber bis jetzt nicht einmal die Playoffs erlebt haben. Ich habe gleich in meinem ersten Jahr Playoff-Feeling gespürt, das war eine super Erfahrung.
SPOX: Welchen Eindruck haben Sie ansonsten vom Leben in der NFL gewonnen?
Werner: Die NFL ist ein Business. Die Leute erwarten von Dir, dass Du deinen Job gut machst und nichts anderes. Es geht wie in der normalen Arbeitswelt zu. Im Endeffekt wollen die hier alle auch nur Geld machen, das ist einfach so. Deshalb ist das Wettkampf-Niveau auch extrem hoch. Wenn du keine Leistung bringst, werden andere Leute geholt, die dich ersetzen. Mir gefällt das, weil so aus jedem Einzelnen und aus der Mannschaft das Beste herausgeholt wird. Generell macht es einfach einen riesigen Spaß, in der NFL zu spielen.
SPOX: Auch wenn man blöde Rookie-Aufgaben erldigen muss?
Werner: (lacht) Auch dann. Bei mir ging es im Trainings Camp schon los, als ich vor der Mannschaft singen musste und "99 Luftballons" zum Besten gegeben habe. Danach ging es dann weiter, dass ich zum Beispiel im Meeting-Raum der Defense immer für den Lichtschalter zuständig war. Wenn der Trainer wollte, dass Licht angemacht wird, war das mein Job. Auch gut war es bei Auswärtsspielen: Da musste ich vorher immer in eine Fastfoodkette rennen und für die gesamte Defense Essen für den Flieger holen.
SPOX: Klingt spaßig. Persönlich lief es ja im ersten Jahr ein bisschen durchwachsen. Wie groß war die Erleichterung, als Sie gegen Houston und Case Keenum Ihren ersten Sack in der NFL zustande brachten?
Werner: Es war eine krasse Erleichterung. Ganz am Anfang hatte ich ja nur diesen halben Sack, dann kam eine Verletzung und es wurde erst mal ruhig um mich. Als ich dann wieder zurückgekommen bin, war ich einige Male knapp dran, irgendwie sollte es aber nicht sein. Ich dachte mir schon: "Wie verdammt schwer ist es denn hier bitte einen Sack zu kriegen? Das gibt's doch nicht." Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass ich einfach arbeiten und besser werden muss. Beim Sack gegen die Texans wurde ich dann gar nicht geblockt, aber das war mir vollkommen egal. In der NFL nimmt man jeden Sack mit, den man kriegen kann, gerade auf meiner Position. Im nächsten Spiel kam dann gleich der nächste und ich hoffe, dass noch viele viele folgen werden.
SPOX: Der erste Sack war sicher ein besonderer Moment. An was erinnern Sie sich noch gerne zurück?
Werner: Natürlich vor allem an unser unfassbares Comeback in den Playoffs gegen Kansas City, so etwas vergisst man sein ganzes Leben lang nicht. Wir lagen mit 28 Punkten in Rückstand, wir wurden wirklich komplett vernichtet, aber haben es dann tatsächlich noch gedreht und 45:44 gewonnen. Bei diesem Spiel an der Seitenlinie zu stehen, war atemberaubend. Interessant war, dass wir trotz des Rückstands eigentlich ganz gechillt waren, wir hatten schon so einige Comebacks hingelegt und irgendwie wussten wir, dass wir das noch aufholen werden. So kam es dann auch - Wahnsinn.
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