"Seine Führungsqualitäten sind unglaublich, ganz besonders für jemanden, der noch so jung ist. Ich weiß, ihr hört das andauernd. Aber ich glaube nicht, dass ihr das jemals verstehen werdet. Wenn er mit mir spricht ist es so, als würde mir mein Onkel etwas zurufen. Also, wenn er mit mir spricht, dann haut mich das echt um."
"Wenn er anfängt herum zu brüllen und sich wie ein kleines Kind aufzuführen, dann merke ich wieder, wie jung er eigentlich ist. Aber wenn er mit dir spricht und dir dabei in die Augen sieht, dann spürst du es in deiner Seele. Dann denkst du nur noch an eines: 'Ich muss jetzt einen guten Spielzug für ihn hinlegen.'"
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So schwärmte Buccaneers-Safety Keith Tandy unlängst von seinem Quarterback. Jameis Winston sei es gewesen, der ihm, dem langjährigen Backup, vor dem Spiel gegen die Saints den entscheidenden Motivationsschub gegeben habe. Gegen New Orleans war er für Chris Conte in die Startformation gerutscht. Und was hatte ihm sein QB mit auf den Weg gegeben? "Geh da raus und hol dir deinen Segen ab. Weil du so hart für diese Chance gearbeitet hast, ist heute dein Tag."
Winston als "Leader of Men"
Nun, Tandys Interception von Drew Brees in der Schlussminute gab Winston recht. Genauso wie in der Woche zuvor übrigens, als Winston ihn auf ähnliche Art und Weise aufbaute - und Tandy einen Pass von Phil Rivers an der eigenen 2-Yard-Linie abfing. Und spätestens seit dieser so unscheinbaren Begegnung hat der Bucs-Quarterback einen weiteren Spieler hinter sich, der für ihn buchstäblich durchs Feuer gehen würde.
Ein Quarterback in seinem erst zweiten Jahr in der NFL, wohlgemerkt. Einer, der im Januar 23 Jahre alt wird. Aber dieser Jameis Winston ist eben ein Motivater, ja fast schon ein Prediger. Ein geborener Anführer, ein "Leader of Men", wie man im Englischen so schön sagt. Und einzig allein an diesem Mann wird es liegen, seine Jünger ins verheißene Land zu führen, dass da "Playoffs" heißt.
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Oder halt. Eigentlich nicht. Denn wenn die Buccaneers wider Erwarten doch noch in die Playoffs einziehen sollten, dann wäre es einer Leistungssteigerung der gesamten Mannschaft zu verdanken.
"Gott sei Dank für unsere Defense"
Sicher, in den letzten Wochen und Monaten hat sich auch Winston gesteigert. In seinen letzten neun Auftritten hat der Top-Pick des letztjährigen Drafts 15 Touchdowns und nur vier Interceptions auf dem Konto. Er ist als Passer und als Scrambler extrem gefährlich - und erinnert in seiner Fähigkeit, den Pass Rush abzuschütteln und einen Spielzug zu verlängern, an eine Mischung aus Ben Roethlisberger und Russell Wilson. Kaum ein QB ist selbst unter Druck noch so gefährlich wie er.
Aber bei allen Fortschritten bleibt er ein Spieler, der manchmal noch ein bisschen leichtfertig, ein bisschen zu unbekümmert zu Werke geht. Und längst greifen noch nicht alle Automatismen in der Offense - trotz eines Mike Evans, der auf der Wideout-Position ebenfalls auf dem Weg zum Superstar ist, oder der Rückkehr von Running Back Doug Martin. In den letzten vier Partien gelangen Winstons Offense gerade mal sechs Touchdowns. Und beim 16:11 über die Saints riss eine ganz besondere Serie: Zum ersten Mal in Winstons College- oder Profikarriere blieb Winston ohne Touchdown-Beteiligung als Passer oder Runner.
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Bezeichnend, dass sich dieser um das Ende seiner Serie - nach 56 Spielen - nicht viel schert. "Solange wir gewinnen, bedeuten Touchdowns nicht viel." Die Siegesserie war wichtiger, und schließlich war gegen den Division-Rivalen der fünfte Sieg in Folge gelungen. Wie denn das?
"Ich sage es immer wieder: Gott sei Dank für unsere Defense."
"Wir sind am Verhungern"
Tatsächlich hat sich die Defense von Coordinator Mike Smith zu einer der besten Einheiten der Liga gemausert. Seit Week 10 hat man 12,8 Punkte im Schnitt zugelassen, 14 Ballverluste erzwungen und das gegnerische Passer-Rating auf 62.5 gedrückt. Allesamt Bestwerte in der Liga. Rund 300 zugelassene Yards pro Partie lassen sich ebenfalls sehen. Jeder leistet dabei seinen Beitrag, ob die Front Seven mit sechs Sacks von Russell Wilson oder die Secondary mit fünf Interceptions von Brees und Rivers. Dabei ist man in der Pass-Verteidigung (Platz sechs laut DVOA) noch stärker als gegen den Run (Platz 21 laut DVOA) - in einer Division mit Brees, Matt Ryan und Cam Newton sicherlich kein schlechtes Rezept.
Wenig überraschend also, dass auch die Konkurrenz aufgemerkt hat. Mit 8-5 teilen sich die Bucs den Spitzenplatz in der NFC South mit den Falcons - und wer genau aufgepasst hat, der weiß, dass die letzte Siegesserie von fünf Spielen mittlerweile 14 Jahre her ist. Und wie endete die Saison 2002? Genau. Mit dem Titel.
Von derlei Zahlenspielereien will sich das Team aber nicht ablenken lassen. "Das ist vielleicht für die Medien interessant", blockte Defensive End Robert Ayers ab. "Ich weiß nur, dass wir bei 8-5 stehen und zu 9-5 wollen. Wir sind hungrig, Mann. Wir sind am Verhungern. Wir wollen weiter gewinnen." Head Coach Dirk Koetter sieht das ähnlich: Die Aufmerksamkeit sei "schön", aber "wir wollen noch viel mehr erreichen, und das schafft man nicht, wenn man zurückschaut."
Also überhaupt kein Gedanke an die Playoffs? "Ich denke schon daran, aber am wichtigsten ist für uns als Team von Woche zu Woche ein 1-0", so Winston. "Wenn wir weiter gewinnen, wird es am Ende auch für die Playoffs reichen."
Wie stoppt man Ezekiel Elliot?
Auf dem Weg zur ersten Postseason-Teilnahme warten in der Nacht auf Montag nun die Dallas Cowboys. Kein wirklich angenehmer Gegner, gerade im Hinblick auf die immer noch anfällige Run-Defense. Und vor diesem Gegner hat Defensive Tackle Gerald McCoy (7 Sacks) enormen Respekt. "Sie haben ein Spiel verloren. 11-2, das ist ihre Bilanz? Meine Güte! Da verlieren sie ein Spiel und plötzlich sind sie kein gutes Team mehr? Und wenn schon!"
McCoy und die übrigen Linemen in der Defensive wissen, was sie erwartet: Vor heimischem Publikum werden die Cowboys versuchen, das Gerede von einer möglichen Krise so kurz vor den Playoffs im Keim zu ersticken - am besten mit einer hohen Dosis Ezekiel Elliot und möglichst einfachen Routen für Dak Prescott, um dessen Selbstvertrauen angesichts der schwelenden Romo-Diskussion zu stärken. "Das ist eine große Herausforderung, weil sie für viele die beste Line überhaupt haben", so Koetter.
Was nicht nur das Running Game betrifft: Auch gegen den Pass Rush sind die Cowboys stark. Nur sechs Teams lassen weniger Sacks zu. "Sie haben ein gutes System, einen guten Game Plan. Es wird schwer, aber ich glaube, dass wir mehr als fähig sind, diese Herausforderungen zu lösen", will sich Ayers aber nicht einschüchtern lassen. "Ich bin sehr selbstbewusst. Ich freue mich darauf." Mike Smith wird das Zone Blocking Scheme der Cowboys wohl mit der üblichen Rotation auf den Tackle-Positionen kontern, um die eigenen Männer frisch zu halten: Neben McCoy und Clinton McDonald sind auch die Backups Akeem Spence und Sealver Siliga gefragt.
Dirk Koetter: Das Glas ist halbvoll
In der Offensive hat Koetter zusammen mit Coordinator Todd Monken ebenfalls einige Probleme zu lösen. Kein Receiver in der Liga bekommt so viele Targets wie Evans, aber zuletzt hatten sich die Gegner darauf besser eingestellt. Monkens "Four Verticals"-Konzepte im Passing Game sind eigentlich darauf ausgerichtet, Evans möglichst viele Eins-gegen-eins-Matchups an der Seitenlinie zu kreieren, aber dennoch muss der sich immer öfter extrem physischer Coverage oder auch einer Doppeldeckung erwehren. So kam er in den letzten beiden Spielen auf zusammen nur 80 Yards. Kein Wunder, dass Monken Frust bei seinem besten Wideout erkannt haben wollte. Und auch im Running Game muss Rückkehrer Jacquizz Rodgers erst wieder integriert werden.
Was allerdings auch ein gutes Zeichen ist - der Injury Report leerte sich bei den Bucs zuletzt wieder. Bis auf Right Tackle Demar Dotson gibt es noch keine Ausfälle gegen Dallas zu beklagen, Slot Receiver Adam Humphries wird nach seiner Pause voraussichtlich zurückkehren und so Evans entlasten. Und auch Chris Conte konnte in den letzten Tagen wieder voll trainieren.
Gut möglich, dass man sich im Kampf um die Division, oder zumindest eine der beiden Wildcards, keine Niederlage mehr leisten darf. Um die Saison mit einer Bilanz von 11-5 zu beenden, müsste vor allem die Offense wieder in Schwung kommen. Koetter ist in dieser Hinsicht ein Anhänger des halbvollen Glases: "Ich sehe das so, dass wir, wenn die Offense wieder rund läuft und unsere Defense und die Special Teams so weitermachen, sehr schwer zu schlagen sein werden."
Und wenn alle Stricke reißen, dann hat man ja noch eine Geheimwafffe under Center. Schon nach dem 1-3-Start war es Winston gewesen, der sein Team mit einer feurigen Rede neu motiviert hatte: Der Spaß am Spiel sei auf der Strecke geblieben, dabei sei der es doch gewesen, der sie erst so weit gebracht hatte.
Da wird er für den Primetime-Auftritt gegen America's Team sicher noch ein weiteres Ass im Ärmel haben.