Die Denver Broncos begeistern, während die New England Patriots ein wenig mehr wie sie selbst wirken. Außerdem: Die Probleme der Cincinnati Bengals, Russell Wilson und die Suche nach einer Pocket, Carson Palmers kaputter Arm, und, und und - in der wöchentlichen Kolumne blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke auf die vergangene Woche in der NFL zurück.
Denver ist die Überraschung der bisherigen Saison
Wer am Sonntag meine Tweets verfolgt hat, für den kommt das erste Thema wenig überraschend: Dieses Broncos-Team macht nämlich wirklich Spaß. Ja, vor der Saison hatte ich doch einige Zweifel: Würde die Run-Defense besser werden? Wie funktioniert die Defense generell ohne Ware, Ray, Ward und vor allem mit neuem Coordinator? Und was wird aus der Offense, in der Siemian den Starting-QB-Posten eher mangels Alternativen als durch große Leistungen in der Saisonvorbereitung gewonnen hat?
Wenn man die ersten beiden Spiele als Richtlinie nimmt, dann sind die Broncos auf einem sehr guten Weg, diese Fragen mehr als souverän zu beantworten.
Starten wir in der Offense: Siemian zeigte schon im ersten Spiel gegen die Chargers (nach einem ersten desolaten Pass, zugegeben) mehrere Szenen, die mich begeisterten. Das betraf vor allem sein Verhalten in der Pocket, die Bewegungen, das navigieren gegen den Pass-Rush und den Mut, gegen Pressure Pässe abzuliefern und seine Agilität gleichzeitig auch sinnvoll zu nutzen. Dabei geht er durch seine Reads, die Offense ist im Passspiel vielseitig und somit schwer ausrechenbar.
Gegen die Cowboys sahen wir dann, was er kann, wenn die gegnerische Defense keinen Druck erzeugt: Siemian stand bei den Plays ohne Pressure gegen Dallas bei 21/25, 226 Yards und vier Touchdowns. Lob hier natürlich auch an die Offensive Line, die sich deutlich verbessert präsentiert - wenngleich hier der mutmaßliche Ausfall von Rookie-Tackle Garett Bolles schwer ins Gewicht fallen könnte.
Doch auch Running Back C.J. Anderson präsentiert sich in blendender Form: 118 Rushing-Yards, 76 Yards nach Kontakt und sechs Forced Missed Tackles gegen Dallas. Solche Statistiken lassen auch die Line noch besser aussehen. Mit Sanders und Thomas hat Denver schon seit Jahren ein sehr gutes Wide-Receiver-Duo, hinter Anderson steht unter anderem Jamaal Charles bereit, dem die limitierte Rolle scheinbar gut tut. Wenn Siemian jetzt die für mich wirklich beeindruckenden Leistungen in den ersten Spielen bestätigen kann, wird die Defense noch mehr Gelegenheiten haben, das zu tun, was sie am besten kann: Jagd auf den Quarterback machen.
Ein maßgeblicher Faktor defensiv ist allerdings die enorm verbesserte Run-Defense. Nachdem die Broncos in der vergangenen Saison hier noch eine deutliche Schwachstelle hatten und 4,2 Yards pro Run zuließen, stehen sie aktuell bei lediglich 2,9 Yards pro gegnerischem Run. Natürlich ist die Sample Size noch zu klein, daher habe ich mir den Spaß gegönnt, die herausragende Run-Defense gegen die sonst so starke Rushing-Offense der Cowboys im Detail zu sezieren.
Elliott hatte am Sonntag insgesamt neun Runs, bei denen er ganze acht Yards erlief - fünf davon kamen bei einem einzigen Run spät im Spiel. Das lag daran, dass die Broncos einen Plan hatten. Es war eine aggressive Run-Defense mit eingebautem Sicherheitsnetz.
Konkret: Denver attackierte im Run Game fast das komplette Spiel über mit mindestens fünf (ein Mal sechs, dazu ein All-Out-Blitz in der Goal-Line-Defense) Spielern sofort die Line of Scrimmage. Nach meiner Zählung sah Elliott bei seinen acht Runs nur zwei Mal einen 4-Men-Rush, und das auch erst spät im Spiel, als Denver bereits mit 35:10 deutlich führte.
Die Broncos stellten ansonsten die Offensive Line mit fünf Spielern direkt zu, während meist acht Spieler in der Box standen. So konnten zwei Linebacker zum Ball hin verschieben, während ein Defensive Back oder auch einer der Defensive Linemen als das angesprochene Sicherheitsnetz fungierte. Er war für das Edge-Contain zuständig, also dafür, dass weder Elliott noch Prescott selbst den Ball nach außen trägt.
Auch über das Scheme schaffte es Denver so, Runs immer wieder innen zu halten, wo dann drei Defensive Linemen plus die Linebacker Elliott erwarteten. Vor allem auffällig war der Vergleich zur Pass-Defense: Hier nämlich sah man von Anfang an mehr 4-Men-Rush, sprich Denver verließ sich da stärker auf die individuelle Klasse etwa eines Von Millers, aber natürlich auch auf die nach wie vor sensationelle Qualität in der Secondary. Miller und Barrett hatten gemeinsam zwei Sacks, vier QB-Hits und 21 (!) Pressures.
Dieser nummerisch konservativere Ansatz wurde dafür etwa mit mehr Stunts versehen, etwas, das gegen den Run kaum vorkam. Die Broncos haben gegen Dallas eindrucksvoll gezeigt, dass sie in der Run-Defense riesige Schritte nach vorne gemacht haben und ein Shane Ray kommt erst im Laufe der Saison zurück. Wenn die ersten beiden Spiele der eigenen Offense kein Ausreißer nach oben waren, muss man mit Denver in diesem Jahr bei den ganz großen Zielen rechnen.
Was uns der Patriots-Kantersieg verrät
Nicht nur weil es auch dazu Fragen gab, wollte ich zumindest einen kurzen Blick auf die Patriots-Offense gegen die Saints werfen. War das jetzt die große Comeback-Show des Titelverteidigers? Sagen wir mal es war zumindest ein guter Anfang. Die Pass-Defense sah bei einigen umkämpften Pässen gut aus, hatte bei einigen Drops aber auch Glück. Die Run-Defense wurde trotz des Hightower-Ausfalls ja quasi kaum getestet, was sicher auch dem Spielverlauf und der frühen hohen Patriots-Führung geschuldet war.
Die maßgebliche Erkenntnis aber für mich deckt sich mit denen nach der Pleite im Opener: Die Chiefs mögen gegen New England mit der Mischung aus Man-Coverage sowie Zone-Konzepten underneath standhalten können - die Saints nicht. New Orleans konnte quasi keinen Pass-Rush kreieren, und wenn doch, zerlegte sie Brady (7/8, 152 YDS, TD vs. Pressure).
Immer wieder bestrafte er die Man Coverage und attackierte die Safeties und Linebacker in Coverage, bevorzugt mit Running Backs und Tight Ends: Von Bradys 30 Completions gingen lediglich zehn an Wide Receiver (Hogan 5, Dorsett 3, Cooks 2). Alleine die Running Backs, die ohne Amendola auch im Slot eingesetzt wurden, fingen 13 Bälle. Sechs gingen auf das Konto von Gronkowski, hätte er durchgespielt, wären es sicher mehr gewesen.
Dieser Sieg war für mich kein Signal-Spiel oder irgendetwas dergleichen. Aber es war ein guter Fingerzeig darauf, wie New England Coverages manipulieren und ausnutzen kann. Die nächsten wirklich spannenden Tests auf die ich mit Hinblick darauf schaue: Gegen Carolina in Week 4 und gegen Atlanta in Week 7 - zwei Teams mit Explosivität und Cover-Fähigkeiten bei den Linebackern.
Zahlensalat: Einige Statistiken zu Week 2
- Was für ein sensationelles Spiel von Chris Jones! Kansas Citys D-Liner hatte gegen die Eagles vier Tackles, drei Sacks, eine Interception und zwei Forced Fumbles.
- Nochmal die Chiefs: Kareem Hunt verzeichnet im Schnitt 4,37 Yards nach erstem Gegnerkontakt - ein spektakulärer Wert, und das umso mehr, da bislang nur zwölf Spieler mehr Carries haben.
- Raiders-Receiver Michael Crabtree hatte ein Spiel zum Einrahmen: 6 Targets, 6 Receptions, 3 Touchdowns.
- Die Eagles wollten mit Alshon Jeffery einen dominanten Receiver, um Carson Wentz mehr Downfield-Pässe zu ermöglichen - das belegen nach zwei Spielen auch die Statistiken: Jeffery hat schon jetzt acht Targets bei Pässen, die mindestens 15 Yards weit geflogen sind. Der Liga-Spitzenwert. Das Problem: Er hat nur einen dieser acht Bälle gefangen und Wentz wirft zu viele riskante Pässe.
- Carolinas Offensive Line hat Probleme, das hat das Spiel gegen die Bills nochmals unterstrichen. Ein klarer Hinweis darauf: Christian McCaffrey verzeichnete im Schnitt 0,4 Yards vor erstem Gegnerkontakt. Nicht gut.
- Stichwort O-Line-Probleme: Die waren (siehe erster Punkt) auch bei den Eagles mehr als sichtbar. Verrückte Stat dazu: Philadelphia hatte gegen die Chiefs 69 Plays, wovon 28 (!!) keinen Raumgewinn einbrachten. Das sind 41 Prozent!
- Nach der Verletzung von Danny Woodhead brauchten die Ravens eine verlässliche Option für kurze Flacco-Pässe - darf ich vorstellen: Ben Watson! Der Tight End fing gegen Cleveland alle acht Targets, 40 seiner 91 Yards kamen laut Pro Football Focus nach dem Catch zustande. Passend dazu: Die drei Inside-Linebacker der Browns ließen insgesamt folgende Stat-Line im Passing Game zu: 17/17, 159 YDS, TD.
- Kanonen-Cutler ist zurück! Zumindest ein bisschen. Dolphins-Coach Adam Gase hatte - in einem ansonsten auf schnellen Release setzenden Game Plan - ganz offensichtlich keine Angst davor, Cutler einige lange Pässe werfen zu lassen: Sieben Pässe von mindestens 20 Yards hatte Miamis Quarterback am Ende (3/7, 91 YDS). Das Gegenteil dazu? San Franciscos Brian Hoyer. Der hatte nur 99 Passing-Yards in Seattle, auch weil er nur drei Pässe über zehn Yards versuchte (0/3).
- Was war eigentlich mit der hochgelobten Rams-Front los? Gegen Washington ließ L.A. 179 Ruhsing-Yards VOR Gegnerkontakt zu, so viele wie seit dem Auftakt 2011 nicht mehr.
- Die Seahawks könnten ihren neuen Lead-Back gefunden haben: Chris Carson zeigte gegen San Francisco, dass er aktuell jedenfalls der explosivste Running Back in Seattle ist - und seine 58 Yards nach erstem Gegnerkontakt sind genau das, was diese Offense und insbesondere die Line braucht.
Offensive Line, die Bengals, Russel Wilson, Palmer und Co. - eure Fragen
Felix Schemenz: Ist deiner Meinung nach eine gute O-Line oder ein gutes Receiving Corps wertvoller für einen durchschnittlichen QB (Bradford, Glennon, Tannehill)?
Für mich war das Spiel zwischen den Bengals und den Texans die perfekte Antwort auf diese Frage. An Waffen mangelt es den Bengals in diesem Jahr wahrlich nicht, und das nicht nur im Vergleich zur vergangenen Saison. Mehr noch: Die beiden Top-Cornerbacks der Texans fielen im Laufe des Spiels aus - und trotzdem hatte A.J. Green ganze sieben Targets, in der zweiten Hälfte fing er einen Ball für drei Yards.
Warum? Weil Dalton, wie viele Quarterbacks außerhalb der absoluten Elite, eine saubere Pocket braucht. Seine Technik leidet einfach massiv, wenn er konstant unter Druck steht, was auch die mitunter haarsträubenden Overthrows sowie die fragwürdigen Entscheidungen Daltons zumindest teilweise erklärt. Eine gute Offensive Line macht unglaublich viel für eine Offense generell - wie ich letzte Woche ja schon mit Blick auf das Run Game genauer beschrieben hatte - und das gilt vor allem für einen Quarterback.
Man kann kaum überschätzen, wie wichtig die Line der Cowboys für die rasante Entwicklung von Dak Prescott war und wie sehr auf der anderen Seite Jared Goff unter der Rams-Line in seiner ersten Saison litt (und das auch in Week 2 wieder tat). Eine gute Line erlaubt es dem Quarterback, die Defense richtig zu lesen und durch seine eigenen Reads zu gehen. Das sorgt dafür, dass das Spiel für ihn langsamer wird und er keine schlechten Tendenzen - etwa loszulaufen wenn der erste Read zu ist, was man bei Watson am Donnerstag beobachten konnte - entwickelt. Man könnte gar sagen, dass es für einen Quarterback nichts wichtigeres als eine gute Offensive Line gibt.
Niklas_Cage: Kleines "Was wäre wenn Spiel": Was würdest du als HC der Bengals jetzt für Maßnahmen ergreifen, um das Ruder rum zu reißen?
Ein bisschen anschließend an den ersten Punkt: Cincinnatis Offensive Line wird nicht plötzlich von einer Woche auf die andere gut spielen. In meinen Augen ist es daher essentiell, Dalton über das Scheme vorzugeben, wie er die Line-Probleme ausgleichen kann.
Bedeutet: Mehr kurze Pässe, mehr Play-Action sowie ein größerer Fokus auf das Run Game - mit 23 Runs pro Spiel rangieren die Bengals aktuell ligaweit auf dem 20. Platz. Zum Vergleich: Teams wie die Panthers (33 Runs pro Spiel) oder Jaguars (32), die ihrerseits Line-Probleme haben, setzen bislang deutlich häufiger auf den Run, auch wenn die Sample Size natürlich noch klein ist. Ich glaube auch nach wie vor, dass etwa die Run-Pass-Option, die gerade Cincinnati ja schon erfolgreich gespielt hat, Dalton ebenfalls helfen kann.
Ansonsten bin ich sehr auf Bill Lazors Einfluss gespannt. Der hat schon vor einigen Jahren in Miami ein spannendes Run Game aufgezogen, bei dem er unter anderem vor dem Snap viel Motion einbaute und über seine Blocking-Schemes vor allem auf dem Linebacker-Level enorm erfolgreich war.
Cincinnatis Defense ist nicht schlecht, vor allem Geno Atkins ist bisher sehr positiv aufgefallen. Die Bengals können auf dieser Seite des Balls fraglos mindestens zum oberen Durchschnitt gehören. Es liegt jetzt an Lewis und Lazor, auch die Offense auf den richtigen Weg zu bringen. Und das geht nur, wenn die Offensive Line so weit wie irgendwie möglich entlastet wird. Einfach weiter stur die Offense zu spielen und darauf zu bauen, dass Dalton damit klar kommt (so sah es am Donnerstag für mich aus), ist jedenfalls nicht der richtige Weg.
Basti: Siehst du es so wie Arians, dass die meisten College-QBs Langzeit-Projekte sind und somit für Teams im Win-Now Modus kaum Sinn machen?
In den allermeisten Fällen ein klares Ja. Wenn man es kurz zusammenfassen will (auch wenn man es nicht merkt, so bin ich darum in den Fragen bemüht), dann lässt es sich auf diesen Nenner bringen: In den meisten Fällen hat die Quarterback-Position im College wenig mit dem zu tun, was in der NFL verlangt wird.
Viel zu häufig haben im College Quarterbacks wenig bis gar keine Verantwortung an der Line of Scrimmage, müssen also keine Pre-Snap-Anpassungen vornehmen oder die Defense schon vor dem Snap wirklich lesen. Sie müssen oftmals keine Plays im Huddle ansagen - die kommen von außen über ein Schild oder ähnliches rein - und auch die Snaps under Center sind eher rar gesät.
Dazu kommen Half-Field-Reads oder das Lesen gar nur einzelner Verteidiger sowie vor dem Snap festgelegte Würfe (etwas, das mich bei Jared Goff nach wie vor in den Wahnsinn treibt). Ganz zu schweigen davon, dass NFL-Defenses um ein Vielfaches komplexer, schneller und individuell einfach besser sind als im College.
Unter dem Strich gibt es einfach sehr viele Aspekte des Quarterback-Spiels auf dem NFL-Level, die viele QBs noch lernen müssen, wenn sie in die Liga kommen. Was nicht heißt, dass ein talentierter Quarterback unterstützt durch eine ideale Situation (wie Prescott) oder wenn er schon im College die volle Quarterback-Verantwortung hatte (Andrew Luck etwa) schnell funktionieren kann. Und selbst bei diesen Spielern sieht man nochmal große Fortschritte in der NFL.
Franco: Gefühlt werden die Tight Ends im Passing Game immer wichtiger. Was sind die Hauptgründe deiner Meinung nach?
Zwei kurze Punkte dazu: Die meisten Offenses wollen den Ball immer schneller loswerden und alle Offenses wollen Mismatches kreieren. Für beides ist ein guter Tight End nicht die schlechteste Wahl: Er kann vor dem Snap von einer In-Line-Position in den Slot und auf eine Outside-Position bewegt werden, um einen Hinweis auf die Coverage zu bekommen. Gleichzeitig kann er so gegen Man Coverage beispielsweise einen Linebacker dazu zwingen, eine Outside-Route zu covern.
All das sorgt dafür, dass Tight Ends wie Jordan Reed oder Jimmy Graham, die ihre klaren Stärken als Receiver haben und so eher ein physisch dominanter Wide Receiver sind, große Rollen in einer Offense haben können. Wirkliche All-Around-Mismatches aber sind Tight Ends wie Gronkowski oder Travis Kelce - die Tight Ends, die auch im Run-Blocking eine hohe Qualität mitbringen. Das nämlich macht eine Offense für die Defense wirklich schwer ausrechenbar und das eigene Run Game nochmals deutlich effektiver.
NiceGuysSanktPauli: Ist Palmer drüber?
Noch vor drei Wochen war ich hier wirklich optimistisch, und das - so dachte ich - nicht ohne Grund. Palmer war in der zweiten Saisonhälfte 2016 klar verbessert und stellte sein Training im Sommer um, damit der Arm nicht wieder, wie zu Beginn der Vorsaison, frühzeitig überarbeitet ist. Was wir seither aber gesehen haben, lässt einen stark vermuten, dass Palmer jetzt doch die berüchtigte Klippe erreicht hat, von der Quarterbacks irgendwann sprichwörtlich runter fallen.
Meine Tape-Notizen zu Palmer: Touch beim Pass fehlt, genau wie die Geschwindigkeit. Palmer hatte jetzt schon einige klare Overthrows oder alternativ zu kurze Pässe, die Genauigkeit ist überhaupt nicht da. Und es ist nicht nur das. Palmer hatte in den ersten beiden Spielen auch viel zu viele offensichtliche falsche Reads der Coverage, was zu Interceptions oder zumindest Interception-würdigen Pässen führt. Ja, die Line ist schlecht, keine Frage, und die Ausfälle von David Johnson, John Brown und Jermaine Gresham tun weh.
Gegen die Colts war der Unterschied von Pressure (25 Prozent Completions, 0,0 Passer Rating) zu Plays ohne Pressure (60,7 Prozent Completions, TD, 111,6 Passer Rating) wieder einmal drastisch. Palmers Bewegungen in der Pocket sind mitunter noch immer gut und einige Deep-Balls, wie der lange Touchdown auf Nelson, lassen einen hoffen. Aber ich glaube zunehmend nicht mehr, dass Palmer noch Arians' Downfield-Offense spielen kann. Allerdings gilt das auch für die Line, und die Kombination aus alledem - Palmers sichtbar schlechterer Arm, schlechte Protection, Fehler beim Lesen der Defense - lassen für Cardinals-Fans wenig Gutes erhoffen. Arizona müsste seine Offense drastisch umstellen.
Ste Sta: Wird die NFC West ohne Johnson ähnlich spannend wie es die AFC East verspricht?
Ähnlich spannend im negativen Sinne? Nein, ich glaube, letztlich wird es zumindest über weite Strecken der Saison eine enge Division. Das ist aber kein Qualitätsmerkmal, vielmehr haben die ersten beiden Spiele doch recht eindrücklich gezeigt, wie groß die Probleme vor allem offensiv in dieser Division sind. Seattle - da lege ich mich jetzt schon fest - wird den Westen am Ende gewinnen. So wie die Line aber spielt, erwarte ich eher einen Division-Sieger mit 9-7 oder maximal 10-6. Seattle hat aktuell einfach keine funktionale Offense.
Die 49ers sind noch weit entfernt und bei den Rams ist meine kritische Sichtweise auf Jared Goff auch nach einem guten ersten Spiel unverändert. Die Offense von McVay wird hier einiges zum Besseren bewegen, mehr als sechs Siege traue ich L.A. aber nicht zu. Und Arizona? Da verweise ich auf die Frage davor. Ist Palmer wirklich fertig, müssen wir gar nicht weiter reden. Selbst wenn David Johnson nicht bis Dezember ausfallen würde.
Maximilian Länge: Kannst du da mal deine Sicht zum Flucht-Trieb von Russell Wilson darlegen? Gestern erschien es mir recht auffällig.
Eigentlich wollte ich die Frage aus Platzgründen nicht mehr rein nehmen, aber das Tape hat mich dann doch umgestimmt - weil ich es ehrlich gesagt ganz anders sehe. Mein Eindruck bei den wenigen "klassischen" Dropback-Pässen, die Seattle hatte - also Bootlegs und all das nicht einberechnet - war eher, dass Wilson zumindest meistens versucht, in die Pocket zu treten und das Feld zu scannen. Teilweise arbeitet er auch eindrucksvoll durch den Traffic, zeigt gute Pocket-Movements.
Das Problem damit: Es gibt so häufig keine Pocket. Selbst gegen den 4-Men-Rush der Niners stand Wilson extrem schnell unter riesigem Druck, was eine Bewertung fast unmöglich macht. Perspektivisch aber: Sollte Seattles Line weiter so agieren, wird Wilson irgendwann anfangen, vorschnell Plays abzubrechen und aus der Pocket zu laufen. Schon jetzt fiel mir auf, dass seine Technik beim Wurf und damit die Passgenauigkeit leidet, was ein erstes Anzeichen für überhastete Würfe sein kann.