Was machen die Packers ohne Aaron Rodgers?
Die Superstar-Verletzungswelle fand am Sonntag ihren traurigen Höhepunkt. Die Verletzung von Aaron Rodgers ist nicht nur für Packers-Fans eine traurige Angelegenheit. Trotzdem steht Green Bay natürlich im Fokus, und die Frage: Was machen die Packers jetzt? Wie können sie den Ausfall des talentiertesten Quarterbacks der NFL ausgleichen?
Ein zentrales Problem wird jetzt die Struktur der Offense. Zwar bauten die Packers schon im Laufe der vergangenen Saison mehr aufeinander aufbauende Route-Kombinationen in ihr Scheme ein, viele Laufwege der Receiver finden allerdings immer noch isoliert statt. Rodgers kann, wenn die Receiver so auf sich gestellt länger brauchen, um sich frei zu laufen, besser als jeder andere Quarterback den Spielzug ausdehnen und dann aus scheinbar unmöglichem Winkel einen genauen Pass abfeuern. Diese Qualität wird den Packers mit Brett Hundley fehlen.
Wie also könnte die Offense für die weitere Saison - nachdem klar ist, dass Rodgers operiert werden muss, ist ein Comeback nahezu ausgeschlossen - aussehen? Green Bay wird die Offense anpassen müssen, so viel ist sicher. Rodgers überspielt oft die Schwächen im Scheme sowie mögliche Probleme in der Offensive Line, das können die Packers von Hundley so nicht erwarten.
Bedeutet zunächst einmal: Green Bay muss Hundley leichtere Reads geben, und das funktioniert primär über Route-Kombinationen. Ob Curl-Flat-Kombinationen, generell Rub-Routes, Bunch Formations oder auch Slant-Mischungen - die Packers müssen endlich konstant aufeinander aufbauende Routes verwenden, um Hundley eine Chance zu geben. Gegen Minnesota zeigte Hundley mit beeindruckenden Pässen bei Out-Routes, was sein Arm kann. Er zeigte aber auch, dass er mit Pressure und Reads seine Schwierigkeiten hat.
Und gerade der Pressure-Part wird sich nicht in Luft auflösen. Mit Taylor, Bulaga und Bakhtiari verletzten sich drei O-Liner gegen die Vikes, die Line ist schon das ganze Jahr über ein Problem. Hundley bekommt also keine saubere Pocket, somit muss viel mehr über die Play-Designs funktionieren. Außerdem muss Green Bay ab sofort mehr auf den Run setzen, neben dem Problem mit den Isolation-Routes die zweite große Baustelle der Packers-Offense in den vergangenen Jahren. Laut ESPN Stats hatten die Packers vor Week 6 die prozentual zweitmeisten Dropbacks (71 Prozent) aller Teams. Mit Hundley funktioniert diese Formel nicht.
Bleibt noch ein Aspekt, denn natürlich kamen prompt auch Fragen nach möglichen Ersatzleuten auf - vor allem Colin Kaepernick wurde genannt. Das ist auch verständlich und in meinen Augen sollte Green Bay Kaepernick zumindest zum Training einladen und ihn als Backup in Betracht ziehen. Die Tatsache, dass die Packers als einziges Team keinen direkten Besitzer haben, macht die Situation mit Kaepernicks Protesten und Anschuldigungen gegenüber den 31 Franchise-Besitzern umso spannender.
Gleichzeitig aber muss man auch verstehen, warum Kaepernick aktuell keine Option als Starter für Green Bay ist. Die Packers setzen wie kaum ein anderes Team konsequent darauf, den eigenen Scouts und jungen Spielern zu vertrauen. Hundley hat jetzt seit 2015 hinter Rodgers gelernt und sich entwickelt, er kennt die Offense, die Sprache des Play-Callings, die Adjustments.
Unter keinen Umständen könnte man Kaepernick jetzt in diese Offense werfen und Erfolge erwarten, und das nicht nur, weil das West-Coast-Scheme mit seinen präzisen Timing-Konzepten nicht unbedingt Kaepernicks Stärken ansprechen würde. Hundley ist für den Moment die richtige und logische Starter-Wahl und braucht jetzt jeden Trainings-Snap mit den Startern, den er bekommen kann.
Wie ist die Leistungsexplosion von Adrian Peterson einzuordnen?
Auch ich gehörte zu denjenigen, die Arizonas Verpflichtung von Adrian Peterson sehr kritisch sahen. Das geringe Risiko (unter 800.000 Dollar Gehalt, maximal ein Sechstrunden-Draft-Pick als Preis) machten die Entscheidung verständlicher - das Spiel gegen Tampa ließ alle Kritiker erst einmal ziemlich schlecht aussehen. 134 Rushing-Yards und zwei Touchdowns bei 5,2 Yards pro Run, 74 Prozent der Snaps spielte er (48, und damit vier mehr als insgesamt für die Saints). Das bis dahin schlechteste Run Game der laufenden Saison erlebte durch Peterson eine 180-Grad-Drehung.
Trotzdem ist Arizonas Offense nicht auf einen Schlag wieder eine explosive Waffe, es war allerdings ein gemeinschaftlicher Schritt in die richtige Richtung. Durch die Rückkehr von Humphries, Watford und Boone in die Startformation war die Offensive Line so gesund wie seit Week 1 nicht mehr, und das merkt man. Insbesondere über den herausragenden Humphries und die linke Seite hatte Peterson immer wieder jede Menge Platz, 57 seiner 134 Yards kamen bei acht Runs über die linke Seite.
Allerdings muss man auch Peterson individuell loben. Er zeigte konstant Geduld hinter der Line of Scrimmage und machte der Line das Blocking so einfacher, mit der richtigen Vision sowie seiner Power konnte er dann mehrfach Lücken aggressiv attackieren. Er verzeichnete Yards nach Gegnerkontakt, gleich der erste Run war etwas, das Cardinals-Fans in dieser Saison kaum einmal gesehen hatten.
Vor allem beeindruckend war aber, wie verändert das Passspiel mit Petersons Präsenz im Backfield aussah. Play-Action-Pässe und Screens funktionierten um ein Vielfaches besser als zuletzt - Arizona war hier eines der ineffizientesten Teams der Liga, gegen Tampa waren immer wieder Receiver nach Play Action komplett offen. Bestes Beispiel war Fitzgeralds Touchdown.
Palmer hatte klar mehr Zeit in der Pocket und musste nicht wieder Hit um Hit über sich ergehen lassen. Coach Bruce Arians stellte Peterson dabei einerseits in der I-Formation sehr tief auf, wo er sich wohlfühlt, andererseits ließ er ihn auch einige Routes von Outside-Positionen aus laufen, was ein zentraler Part für einen Running Back in Arizonas Offense ist.
Ein vielversprechendes Debüt, keine Frage, und viel mehr, als man sich im Vorfeld erhoffen durfte. Peterson, daran besteht kein Zweifel, hat deutlich mehr im Tank als der im Zuge des Trades entlassene Chris Johnson. Wirklich spannend wird es aber, wenn die Line mit der gegnerischen Front größere Probleme bekommt. Cardinals-Geschäftsführer Steve Keim brachte den Trade so auf den Punkt: "Wir werden nicht still herumsitzen, wenn wir glauben, dass wir uns verbessern können." Auf den ersten Blick scheint das gelungen.
49ers: C.J. Beathard ersetzt Brian Hoyer
Vielleicht kam er etwas früher als erwartet, Hoyers bisherige Leistungen aber geben Kyle Shanahan jedenfalls alle Rechtfertigung für den Quarterback-Tausch. Und er wurde durch den weiteren Spielverlauf gegen Washington bestätigt. Mit Beathard wirkte die Offense deutlich gefährlicher als zuvor mit Hoyer, obwohl der aus der extrem Run-lastigen Iowa-Offense kommt. Was also verrät sein Redskins-Tape?
- Beathard zeigte extremes Licht und Schatten. Die Bandbreite reichte etwa von mehreren deutlich zu hohen Pässen bis zu einigen tollen Pässen aus der Bewegung heraus.
- Noch deutlicher war diese Diskrepanz bei den Reads. Einige One-Read-Würfe, bei denen er dann auch trotz Coverage nicht woanders hin schaute. Dem gegenüber standen mehrere Szenen, in denen er zu einem Spieler passen wollte, dann aber die Defense (korrekt) las und nach einem Pump Fake auf die andere Seite des Feldes schaute. Vor allem über die Mitte des Feldes sah er einige Male sehr gut aus.
- Beathard stand in der Pocket, auch gegen Pressure - trotzdem brachte er unter Druck nur drei von elf Pässen an. Deutlich auffällig aber auch die höhere Aggressivität gegenüber Hoyer: Beathard versuchte sieben Pässe, die mindestens 20 Yards Downfield flogen. Davon kamen drei für 98 Yards an.
Zahlensalat und Notizen - der Spieltag in Stichpunkten
- Bei den Giants herrschte vor dem völlig unerwarteten Auswärtssieg in Denver nicht nur internes Chaos, New York nahm auch eine geplante personelle Veränderung vor: Offensive Coordinator Mike Sullivan übernahm das Play-Calling - und das mit überraschendem Erfolg. Liefen die G-Men über die ersten fünf Wochen noch in 31 Prozent der Fälle, schraubte Sullivan diese Quote gegen Denvers bislang so starke Run-Defense auf 59,3 Prozent (!) hoch. Das bedeutet nicht, dass die Giants damit das Feld von hinten aufrollen, Teams werden die Box in den kommenden Wochen sicher noch häufiger zustellen. Die Receiver werden mehr leisten müssen, gegen Denver sahen New Yorks Wide Receiver insgesamt ganze sechs Targets! Über 30 Wide Receiver ligaweit hatten alleine in Week 6 individuell mindestens sechs Targets.
- Miamis Comeback hat so sicher niemand kommen sehen. Zunächst der Blick auf die Dolphins: Miamis Defense spielt insgesamt eine beachtliche Saison, angeführt von einem beeindruckenden Cam Wake. Trotzdem ruht offensiv noch immer viel auf den Schultern von Jay Ajayi, der bei seinen 130 Rushing-Yards gegen die Falcons im Schnitt 3,69 Yards nach Kontakt sowie insgesamt vier Forced Missed Tackles verzeichnete. Ajayi bringt diese Qualitäten mit, das Run-Blocking muss aber deutlich stabiler werden, damit das Run Game das Team offensiv auch konstant tragen kann. Und das muss es.
- Jetzt zu den Falcons: Dass Atlantas Offense das Vorjahres-Level nicht halten können würde, war klar. Man muss sich aber ernstlich fragen, wie groß der Abfall wirklich ist. Gegen die Dolphins hatte die Line Probleme in Pass-Protection, Strafen und individuelle Fehler prägten das Bild und Matt Ryan darf die spielentscheidende Interception so niemals werfen. Atlanta war bereits in Field-Goal-Reichweite, was zum Ausgleich gereicht hätte, und Underneath hätte er eine kurze Route vergleichsweise offen gehabt. Stattdessen warf er einen weiteren Pass in Double Coverage - zwar genau, allerdings mit viel mehr Risiko. Immerhin ein Mutmacher: Ryan hatte sieben Completions von mindestens zehn Yards (elf Attempts), Atlanta braucht das Downfield-Element noch stärker.
- New Englands Defense bleibt ein wackliges Kartenhaus. Nachdem es gegen Tampa besser aussah, durfte man gegen die Jets wieder Kommunikationsfehler und daraus folgende komplett ungedeckte Receiver beobachten. Die Folge: Die Patriots sind das erste Team in der NFL-Geschichte, das in sechs aufeinanderfolgenden Spielen jeweils dem gegnerischen Quarterback mindestens 300 Passing-Yards erlaubt hat. Zum Vergleich: In der kompletten Vorsaison hatte New Englands Defense ganze drei solcher Spiele.
- Ich bin sehr überrascht, dass Jacksonville Jared Goff nicht deutlich aggressiver attackiert hat, um ihn zu noch mehr Fehlern zu zwingen. Die Jags schickten nur ein einziges Mal fünf oder mehr Pass-Rusher bei Goffs 26 Dropbacks. Umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, dass Jacksonville das aktuell beste Cornerback-Duo der Liga hat - Blitz-Freiheiten sind somit also definitiv gegeben.
- Wann geben die Colts Marlon Mack endlich mehr Snaps? Der Rookie hatte gegen die Titans nur 14 Snaps und lediglich zwei (!) Runs - und konnte trotzdem wieder seine Explosivität mit einem 22-Yard-Run unter Beweis stellen. Frank Gores Höchstwert? 21 Yards bei 85 Runs in dieser Saison. Mack hat mit nur 27 Carries in der laufenden Saison die ligaweit zweitmeisten Runs von über 20 Yards auf dem Konto, die Colts sollten seine Big-Play-Fähigkeiten häufiger nutzen.