Geno Smith? Ernsthaft? Geno Smith soll jetzt die Antwort sein? Oder doch Davis Webb? Nachdem die Giants über weite Teile der Saison keinerlei Run Game, eine bestenfalls löchrige Offensive Line und ein Wide-Receiver-Corps haben, in dem die Anzahl der verpassten Spiele der Starter bald an die Anzahl der Catches herankommt?
Ganz zu schweigen davon, dass Coach Ben McAdoo in punkto Scheme zu keinem Zeitpunkt ernsthafte Fortschritte gezeigt hat, um die Problemzonen zu überspielen. Nach wie vor warten wir auf das erste 30-Punkte-Spiel, seitdem McAdoo das Team als Head Coach übernommen hat.
Die Entscheidung der Giants, Manning jetzt auf die Bank zu setzen, ist genauso überraschend wie falsch. Natürlich ist es eine verlorene Saison und natürlich spielt Manning nicht mehr als solide. Das Hauptproblem ist er aber angesichts der genannten Baustellen sowie der extrem wankelmütigen, bis ins lustlose abdriftenden Auftritte der Defense bei weitem nicht.
Wenn sich ein Team nicht gezwungen fühlen sollte, seine Backup-Quarterbacks zu testen, dann sind es die Giants. Wir alle wissen, was Geno Smith kann und vor allem was er nicht kann. Der 27-Jährige ist nicht die langfristige Quarterback-Antwort, dafür muss man kein Experte sein.
Und Webb? Warum sollte man Webb jetzt testen müssen? Das College-Tape des Rookies zeigt einen Spieler, der noch eine ganze Menge Zeit brauchen wird, ehe man es ihm zutrauen sollte, eine NFL-Offense gegen NFL-Verteidiger anzuführen. Webb ist ein Drittrunden-Pick, der noch bis einschließlich 2020 für insgesamt 3,5 Millionen Dollar unter Vertrag steht. Es ist also nicht so, als würde den Giants hier die Zeit davonlaufen.
"Gespannt, Geno zu sehen"? Wirklich?
Will sagen: Sollten die Team-Bosse tatsächlich ihren Franchise-Quarterback im diesjährigen Draft ausgemacht haben, sollte weder Webb noch Smith sie auch nur eine Sekunde zögern lassen, diesen Quarterback auch zu draften. Das Argument, in einer verlorenen Saison zu schauen, was man hinter Eli hat, zählt so schlicht und ergreifend nicht.
Vielmehr deutet die Tatsache, dass jetzt erst Smith ein paar Spiele absolvieren soll, ehe dann noch Webb zum Einsatz kommt - zur Erinnerung: wir haben nur noch fünf Spieltage - darauf hin, dass es eine kurzfristige Entscheidung ist. Andernfalls hätte Webb im Training ja früher herangeführt werden können. Oder ist McAdoo etwa tatsächlich, um es mit seinen Worten zu sagen, "gespannt darauf, Geno spielen zu sehen"?
Nein, McAdoo dürfte sich einerseits erhoffen, dass, falls gerade Webb positive Ansätze zeigt, sein mehr als wackliger Stuhl doch noch hält. Immerhin haben die Team-Bosse die Entscheidung, Manning jetzt abzusägen, abgesegnet.
Andererseits ist es auch eine Entscheidung, die das Bild, das Giants-Fans in der laufenden Saison von McAdoo erhalten haben, weiter im gleichen Stil zeichnet. Der 40-Jährige wirkt in Sachen Team-Führung gelinde gesagt überfordert, vor einigen Wochen hatte er Manning bereits völlig unnötig öffentlich kritisiert, während er sich zeitgleich mit seiner halben Starting-Secondary anlegte.
Was wird aus Odell Beckham?
Dieses Bild ist ein Faktor, den man nicht unterschätzen sollte, falls McAdoo tatsächlich bleibt. Spieler sprechen untereinander, und ein Coach, der den Ruf hat, den sich McAdoo im Laufe dieser Saison erarbeitet hat, macht das Verpflichten umworbener Free Agents auf einen Schlag schwieriger.
Ganz zu schweigen davon, dass mit Odell Beckham der wichtigste und prägende Spieler der Giants 2018 in sein letztes Vertragsjahr geht, nachdem sich beide Seiten vor der laufenden Spielzeit nicht auf einen neuen Deal einigen konnten. Die Manning-Demontage mit einer potentiell unklaren und im schlimmsten Fall katastrophalen Quarterback-Situation 2018 würde die Gespräche mit Beckham nochmals empfindlich schwieriger machen.
Und die Giants werden nicht mal eben so in ein Quarterback-Wettbieten einsteigen. Einerseits, weil die Franchise-Bosse so nicht operieren, andererseits aber auch, weil New York in punkto Cap Space für 2018 im unteren Mittelfeld rangiert. Das würde sich nur ändern, wenn Manning entgegen der Aussagen von McAdoo doch nach der Saison abgegeben wird. Und selbst dann wären sie noch deutlich hinter Teams wie Cleveland, den Jets und Washington.
Der schwere Übergang - verpatzt?
Der Abschied eines verdienten Franchise-Quarterbacks, der zwei Titel mit dem Team gewonnen und es über mehr als ein Jahrzehnt geprägt hat, ist nie einfach. Wir alle warten darauf, wie die Patriots das irgendwann mit Tom Brady anstellen, nachdem bei den Colts und Peyton Manning die schwere Verletzung und Andrew Luck zusammen kamen.
McAdoo mag zwar betont haben, dass das nicht zwangsläufig Mannings Ende bei den Giants ist - die Stimmung aus New York und die Aussagen diverser interner Quellen und Insider lassen anderes vermuten. McAdoos Aussage dürfte eher daher kommen, dass Manning eine No-Trade-Klausel in seinem Vertrag hat. Sprich: Sollte New York Manning nicht mit einem Dead-Cap-Hit von über zwölf Millionen entlassen, liegt es an Manning selbst, ob er tatsächlich wechseln und anderswo unterschreiben will.
Das Chaos der laufenden Saison wird Giants-Fans also auch ins kommende Jahr hinein begleiten. Unabhängig davon, dass McAdoos Vorgehensweise auf und abseits des Platzes es eigentlich nicht zulassen darf, dass er seinen Job behält.