Erneutes Wahnsinns-Comeback der Steelers

Pascal De Marco
11. Dezember 201708:27
Antonio Brown fing gegen die Ravens für bemerkenswerte 213 Yardsgetty
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Die Pittsburgh Steelers haben in einem der aufregendsten Spiele des Jahres sowohl den elften Sieg der Saison, als auch den Sieg in der AFC North klar gemacht. Beim 39:38-Erfolg über die Baltimore Ravens warf Ben Roethlisberger bei unglaublichen 66 Passversuchen für über 500 Yards. Lieblingstarget Antonio Brown lieferte ebenfalls MVP-Zahlen. Und dennoch mussten die Steelers-Fans bis zum Schluss zittern.

Eine Woche nach der Schock-Verletzung von Ryan Shazier und einem bemerkenswertem Comeback-Erfolg gegen die Cincinnati Bengals wollten die Steelers mit einem anderen Gesicht in die Partie starten. Und dies sollte ihnen gelingen, nachdem die Ravens überraschend einfach das Feld herunter marschierten und Joe Flacco (20/35, 269 YDS, 2TD, INT) eine verheerende Interception in die Hände von Sean Davis warf.

Die Steelers sollten folgerichtig das Heft in die Hand nehmen und konnten sich einmal mehr auf die Produktion von Antonio Brown und Le'Veon Bell (13 CAR, 48 YDS, 2TD - 9/10, 77 YDS, TD) verlassen. Pittsburgh schien dank zwei Scores von Bell davonzuziehen, als defensiv plötzlich wieder einiges zu einfach abgegeben wurde. Darunter einmal ein Touchdown-Pass für Chris Moore, bei dem sich Davis diesmal grob verschätzte und zwei lange Runs von Alex Collins, die durch Missed Tackles am Leben gehalten wurden. Und ganz plötzlich vor der Pause, waren die Ravens wieder am Drücker.

Genau hier konnten sie auch weiter anknüpfen. Mit einer weitaus aggressiveren Defense hielten die Ravens die Steelers nach der Pause bei schnellen Punts. Auf der anderen Seite zeigte die Offense, was man die ganze Saison eigentlich von ihr vermisst hatte. Der Star dabei war Collins. Doch auch mit dem Riesen-Lauf, den die Ravens hinlegten, war das Spiel lange noch nicht entschieden.

Ben Roethlisberger (44/66, 506 YDS, 2TD) nämlich adaptierte und spielte aus der No-Huddle-Offense. Nun fungierte diese wieder auf grandiose Art und Weise und die Steelers verkürzten gleich zweimal auf One-Possession-Games. Big Ben warf so häufig wie nie zuvor und leitete mit der Unterstützung von Brown ein weiteres bemerkenswertes Comeback in einem weiteren großartigen Spiel an diesem Sonntag ein. Zwar haderten beide Seite mit dem ein oder anderen PI-Call, klar benachteiligt kann sich jedoch niemand wirklich gesehen haben.

Die wichtigsten Statistiken

Pittsburgh Steelers (11-2) - Baltimore Ravens (7-6) 39:38 (7:0, 13:14, 0:17, 19:7) BOXSCORE

  • Nie zuvor gab es in der Geschichte der beiden rivalisierenden Teams ein Aufeinandertreffen, bei dem insgesamt 77 Punkte erzielt wurden.
  • 17 der letzten 23 Spiele zwischen den Steelers und Ravens endeten mit maximal sieben Punkten Unterschied.
  • Einzig Tom Brady (40) hat als aktiver Quarterback mehr Comeback-Siege im vierten Viertel eingeleitet als Ben Roethlisberger (32).
  • Big Ben ist nun allerdings der einzige QB in der Super-Bowl-Ära, der drei Spiele mit mehr als 500 Passing Yards absolviert hat.
  • Le'Veon Bell hat einen Rekord für die meisten Scrimmage Yards innerhalb seiner ersten 60 NFL-Spiele aufgestellt. Mit 7.734 Yards steht er nun vor Erick Dickerson (7.636), Edgerrin James (7.563), LaDanian Tomlinson (7.489) und Marcus Allen (7.409).
  • Die Steelers gewinnen zum dritten Mal in den letzten vier Jahren die AFC North. Seit dem Mike Tomlin das Team 2007 übernommen hat, ist ihnen dies sechsmal gelungen.
  • Niemand hat mehr Receptions für über 20 Yards auf dem Buckel als Antonio Brown (24). In den letzten beiden Jahren hat er in dieser Kategorie schon in den Top 5 abgeschlossen.
  • Die Ravens verpassen ihre erste Vier-Spiele-Siegesserie seit 2013. Bei den letzten drei Siegen hatten sie ihre Gegner mit 90:36 outscored.
  • Unter der Running Backs, die in dieser Saison über 20 Big Plays geleistet haben, ist Alex Collins der, der die zweithöchste Big-Play-pro-Touch-Quote (15,2 Prozent) hat. Diese wird nur von Alvin Kamara überboten.

Die Stimmen zum Spiel

Mike Tomlin (Pittsburgh Steelers, Head Coach):

"Wir sind eine sehr emotionale Gruppe in dieser Umkleidekabine. Wir hatten gerade ein Facetime-Gespräch mit Ryan Shazier und deswegen die Möglichkeit, den Moment und den Sieg mit ihm zu genießen. Das ist eine besondere Angelegenheit. Zum Spiel: Es gibt natürlich noch einige Dinge, die wie verbessern müssen und das werde wir auch tun... in unseren AFC-North-Champions-T-Shirts."

Eric Weddle (Baltimore Ravens):

"Wenn mir vor dem Spiel jemand gesagt hätte, dass die Offense heute 38 Punkte erzielt, hätte ich gesagt, 'wir gewinnen'. Aber man muss ihnen ein Kompliment machen. Sie sind ein großes Team. Große Teams finden einen Weg, solche Spiele zu gewinnen. Da müssen wir noch hinkommen."

Der Knackpunkt: Steelers' No-Huddle-Offense

Es klappte rein gar nichts mehr, was die Offensive in der zweiten Halbzeit anbelangte. Die Steelers wurden defensiv überlaufen und offensiv sofort ausgebremst. Es galt, Änderungen vorzunehmen und dies sollte durch eine schnellere Offense geschehen. Roethlisberger und die Steelers agierten im vierten Viertel in der No-Huddle-Offense und durchschauten bei zahlreichen Hard Counts die Blitzing-Formationen der Ravens. Big Ben schickte Brown hier mehrmals auf Slant-Routes in die freien Zonen hinter der Line und Brown konvertierte diese in Big Plays. Die Steelers marschierten so schnell das Feld herunter und kamen zum Turnaround, ohne allzu viel Zeit zu verlieren.

Das entscheidende Duell: Steelers-Tackling gegen Ravens-Run

Dass die Abstinenz von Ryan Shazier derart schwer für die Steelers wiegt, könnte noch eine sehr große Rolle spielen. Pittsburgh hatte sehr große Probleme, die Lücken der Defensive Line zu stopfen und Runs auf der zweiten Ebene zu beenden. Collins konnte hier häufig viel zu schwache Tackles brechen. Den Steelers fehlt auf der Linebacker-Position ohne Shazier Schnelligkeit und Härte.

Der Star des Spiels: Antonio Brown

Noch nie wurde ein Wide Receiver in der NFL MVP. Brown muss allerdings zumindest in den engeren Kreis gehören. Er spielt eine Wahnsinns-Saison und ist immer dann da, wenn es darauf ankommt. So auch gegen die Ravens. Gerade was AB in der zweiten Halbzeit geleistet hat, war vital. One-on-One-Coverage nahm er dankend an. Seine Slants durch das Zentrum waren schlicht nicht zu verteidigen. Er fing 11 der 18 Pässe in seine Richtung für 218 Yards und schloss mit einem Wide-Receiver-Rating von 108,1 ab.

Der Flop des Spiels: Sean Davis

Manchmal reicht ein persönlicher Turnover nicht. Davis begann seinen Arbeitstag in der bestmöglichen Art und Weise und schnappte sich eine einfache Interception, als Flacco ins Niemandsland warf. Abgesehen davon erwischte der Steelers-Safety aber einen rabenschwarzen Tag. In einer unkoordinierten Secondary stand er bei langen Pässen mehrfach vollkommen falsch. Missed Tackles erlaubten bei Running Plays von Collins große Yardage und zwei Strafen für Unnecessary Roughness gab es auch noch oben drauf.

Die Taktik-Tafel

  • Vielleicht auch der Abstinenz von JuJu Smith-Schuster geschuldet, stellte sich Bell auffällig häufig an der Außenbahn auf. In der Tat hat er auch seinen zweiten Receiving-Touchdown in Folge gefangen, nachdem er in den ersten elf Spiel keinen sammeln konnte.
  • Ohne Shazier hatten die Steelers einige Sorgen, was das defensive Zentrum betrifft. Bud Dupree und T.J. Watt sollten deshalb häufiger in Coverage fallen. Dies kam allerdings auf Kosten des Drucks, den man auf Flacco ausüben konnte. Er hatte über den Großteil des Spiels viel zu viel Zeit.
  • Die limitierten Möglichkeiten im Ravens' Passing Game verleiteten Flacco früh dazu, Danny Woodhead per Checkdown-Pässen zu suchen. Der ehemalige Charger hat einen Großteil der Saison verpasst. Sah gegen die Steelers aber einige Snaps aus dem Back Field.
  • Im zweiten Durchgang agierten die Ravens auf der defensiven Seite weitaus aggressiver und spielten viel häufiger Blitz-Pakete aus. Die Steelers' O-Line und Roethlisberger hatten hier gerade im dritten Viertel so ihre Probleme. Darüber hinaus erkannte Big Ben dies aber immer häufiger und ließ seine Receiver die freien Räume attackieren.