NFL-Panel: "Russell Wilson ist der MVP - vor Tom Brady!"

Marcus BlumbergVon Adrian Franke
06. Dezember 201715:11
Russell Wilson hält die Seahawks auf Playoff-Kursgetty
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Week 14, everybody! Die Playoff-Weichen werden jetzt endgültig gestellt - wer schafft es in der NFC, wer in der AFC? Fallen die Chiefs tatsächlich noch raus? Gibt es ein weiteres Aaron-Rodgers-Märchen? Und wer ist eigentlich der MVP-Favorit? Tom Brady, Carson Wentz - oder doch Russell Wilson? mySPOX-User BigLuck, Thomas Psaier (Sidelinereporter.com) sowie die SPOX-Redakteure Marcus Blumberg und Adrian Franke diskutieren fünf zentrale Fragen vor dem heißen Schlussspurt der Regular Season.

1. Die NFC-Playoff-Teams lauten....

Thomas Psaier (Sidelinereporter.com): Die NFC ist heißer umkämpft als die AFC - und trotzdem sind mit Eagles, Vikings, Saints und Rams mittlerweile vier Plätze recht sicher vergeben. Die beiden letzten Plätze werden wohl zwischen Seattle (8-4), Carolina (8-4), Atlanta (7-5) und Green Bay (6-6) ausgelost, wobei sich die Hoffnungen der Packers vor allem an die mögliche Rückkehr von Aaron Rodgers eine Woche vor Weihnachten klammern. Bis dahin hat man mit Cleveland das machbarste mögliche Los. Aber in Woche 15 geht es zu den Panthers in ein gigantisch wichtiges Playoff-Duell, das große Implikationen hat, ehe die Packers mit Minnesota und in Detroit abschließen. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Green Bay drei Siege aus diesen vier Spielen herausschlagen kann - und daher wird auch der Tie-Breaker gegen Seattle nichts nutzen. Bleibt ein Dreikampf um zwei offene Plätze. Das schlechteste Los hat Atlanta mit einem Spiel Rückstand und noch zwei offenen Partien gegen New Orleans sowie in Tampa - aber dem gewonnenen Tie-Breaker gegen Seattle. Am letzten Spieltag empfangen die Falcons die Carolina Panthers in einem potenziell massiven Matchup. Für Carolina wäre es besser, bis dahin bereits reinen Tisch gemacht zu haben - was trotz Heimrecht gegen Minnesota, Green Bay (möglicherweise mit Rodgers) und Tampa nicht einfach ist. So ist der sicherste Tipp Seattle, das in Jacksonville, gegen die Rams, in Dallas und gegen Arizona wohl nur noch zwei Siege braucht.

mySPOX-User BigLuck: Die NFC ist bislang unglaublich stark und hält auch im Playoff-Rennen noch einiges an Spannung bereit. In der East und der North sollten die Divisionsieger mit den Eagles und Vikings bereits feststehen. In der West sehe ich, da widerspreche ich dir, Thomas, die Seahawks vorne, die mit dem gewonnenen Hinspiel im Rücken auch das Rückspiel zuhause gegen die Rams gewinnen und sich damit die Spitze sichern. Für Los Angeles bleibt als Trostpreis nach gefühlten Ewigkeiten des "7-9-Bullshits" die Wildcard. Die South wird in den zwei noch ausstehenden Duellen zwischen Falcons und Saints entschieden, hier sehe ich die Saints durch den Gewinn eines dieser Spiele vorne, die Falcons sichern sich die verbleibende Wildcard. Das wiederum bedeutet, dass in meinem Playoff-Picture die Panthers mit 10-6 die Segel streichen müssen. Alle anderen haben gegen die starke Konkurrenz keine reelle Chance mehr. Nicht einmal der Heilsbringer Aaron Rodgers wird die Packers noch ins gelobte Land führen, auch Detroit und Washington sind zu weit zurück und zu inkonstant.

Marcus Blumberg (SPOX): Sicher dabei sind die Eagles und Vikings, was ein Blick auf die Tabelle klar macht. Die beiden werden auch als Top-Seeds reingehen, wobei die Reihenfolge noch diskutabel ist, da ich bei den Eagles nach der Pleite gegen die Seahawks ein bisschen skeptisch bin, ob sie das ganz hohe Niveau durchziehen. Ebenfalls sehr sicher dabei sind für mich die Seahawks und Rams, wobei ich es den Seahawks ebenfalls durchaus noch zutraue, dass sie Los Angeles überholen. Ultraspannend ist dafür die NFC South. Ein Schlüsselduell steht schon Donnerstag zwischen Atlanta und New Orleans an. Da sich alle selbst die Siege klauen, wird da wohl nur ein Team reinkommen. Auch die Panthers sind da im Mix. Am Ende werden es aber aufgrund des Running Games die Saints. Zudem halte ich es mittlerweile wieder für möglich, dass die Cowboys oder Packers noch reinkommen - es wäre nicht das erste wundersame Comeback für Aaron Rodgers. Dallas wiederum bekommt derweil zu Weihnachten Zeke zurück. Eines dieser Teams wirft den Zweiten der South noch raus!

Adrian Franke (SPOX): ... und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass es die Panthers noch erwischt. Carolinas Schedule ist brutal, da bin ich noch skeptischer als du, Thomas. Gegen Minnesota, Green Bay bei Rodgers' Comeback und in Atlanta? Ich zähle da ehrlich gesagt zwei bis drei Pleiten für die Panthers. Die Secondary ist und bleibt ein Problem, Woche für Woche sehen wir da Abstimmungsfehler und daraus resultierende Coverage-Breakdowns. Das Base-Run-Game ist ähnlich inkonstant wie Newton und die Panthers haben aktuell kein wirklich furchteinflößendes Outside-Passing-Game. Eine Wildcard habe ich fest in der NFC West, wo ich mehr und mehr Seattle doch noch vor L.A. sehe. Beide aber kommen in die Playoffs. Lions (kein Run Game, kein Pass-Rush, löchrige Run-Defense) und Cowboys (Prescott inkonstant, Pass-Protection wacklig, Defense ohne Sean Lee aufgeschmissen) sind zu inkonstant. Die Packers könnten nochmal ein Rodgers-Märchen hinlegen - so wie Brett Hundley spielt, würde es mich aber überhaupt nicht überraschen, wenn die erst einmal in Cleveland verlieren. Da gehe ich dann, trotz eines ebenfalls brutalen Rest-Spielplans, eher mit den Falcons: Atlanta ist kompletter und besser, als die Bilanz vermuten lassen würde. Wildcards also für Rams und Falcons!

2. Die AFC-Playoff-Teams lauten....

mySPOX-User BigLuck: Das Playoff-Rennen in der AFC könnte noch einmal spannender werden als in der NFC, nur auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Die First-Round-Byes stehen mit den Patriots und den Steelers eigentlich fest, dahinter tummelt sich ein munteres Schneckenrennen. Bestes Beispiel dafür sind die Chiefs, die sich nach Traumstart im freien Fall befinden und schlussendlich mit 8-8 die Playoffs verpassen werden. Die West sichern sich vielmehr die Chargers, die genau zum richtigen Zeitpunkt in den Flow gekommen sind. Die vor kurzem noch mit Abstand schlechteste Division der NFL darf mit den Jaguars als Division-Sieger und den Titans gleich zwei Playoff-Teilnehmer stellen, während sich die Ravens mit einem 9-7-Record die verbleibende Wildcard sichern. Dafür verpassen unglücklich die Bills (ebenfalls 9-7) ihren ersten Postseason-Auftritt seit 1999, mit jeweils 8-8 werden ebenfalls die Bengals, Chiefs und Raiders auf die Plätze verwiesen.

Adrian Franke (SPOX): Da kann ich wenig widersprechen. Pittsburgh, New England, Jacksonville und die Chargers - das sind meine vier Division-Sieger. Dann denke ich, dass Baltimore noch rein kommt. Jetzt wartet zwar ein schweres Spiel gegen Pittsburgh, aber danach? In Cleveland und zuhause gegen die Colts und die Bengals. Die Ravens sollten mit zehn Siegen aus der Regular Season gehen, und wenn das Passspiel so aussieht wie am Sonntag gegen Detroit, werden gerade die Patriots, die gegen Baltimore schon einige Male nicht gut aussahen, hoffen, dass die Ravens die Wildcard-Runde nicht überstehen. Baltimore bleibt in meinem Szenario also vor Kansas City, das mindestens gegen die Chargers nochmals verliert. Die Chiefs-Offense lebt davon, dass Deep-Passing-Game, Misdirection und Run Game als Einheit funktionieren. Gegen die Jets war das erstmals seit Wochen der Fall, in meinen Augen eher ein Ausreißer als ein Trend, während die Defense aktuell desolat ist. Also gibt es noch ein Ticket, und via Ausschlussprinzip gebe ich das Tennessee. Die Titans haben mit Arizona und San Francisco - wenn auch auswärts - jetzt zwei Spiele vor der Brust, die sie gewinnen sollten, ehe die Rams und die Jaguars nach Tennessee kommen. Die Titans sind alles andere als ein gutes Team, vor allem weil das Run Game zu keinem Zeitpunkt in dieser Saison ins Rollen gekommen ist und darauf aufbauend Marcus Mariota seine schwächste NFL-Saison spielt. Aber weil ich keinem anderen AFC-Team sonst noch neun Siege zutraue, wird es ein One-and-Done-Erlebnis für Tennessee in der Postseason geben.

Thomas Psaier (Sidelinereporter.com): Jacksonville und Tennessee haben mit ihren 8-4 Bilanzen jeweils ein Zwei-Spiele Polster selbst im Falle des Verpassens des Divisionssiegs in der AFC South. Die Jaguars sollten als Favoriten auf den Gewinn der Division anzusehen sein: Machbare Partien wie Houston und bei den 49ers sowie Heimspiel gegen Seattle, ehe es am letzten Spieltag nach Tennessee geht - gegen die man allerdings das "Hinspiel" schon verloren hat. In der AFC West kämpfen drei 6-6 Teams um den vermutlich einzigen Playoff-Platz. Es gilt für die Los Angeles Chargers: The Trend is your Friend. Qualitativ haben die Chargers die Raketenstarter von den Chiefs längst überholt. Kansas City sieht momentan nur noch streckenweise wie ein passables NFL-Team aus, was in sechs der letzten sieben Spiele nicht gereicht hat. Aber - Hoffnung für die Chiefs: Sie haben noch Heimspiele gegen Oakland und die Chargers, sowie ein Heimspiel gegen die kaputten Miami Dolphins ehe es am letzten Spieltag noch zu den ähnlich kaputten Denver Broncos geht. Einen viel günstigeren Spielplan kannst du nicht mehr haben. Gewinne gegen Los Angeles und du hältst fast sicher Tie-Breaker gegen beide direkten Konkurrenten. Ich weiß, dass die Chiefs zuletzt schwer enttäuscht haben, aber: Fünf der sechs Pleiten waren knapper als ein Score. Das Pendel wird irgendwann wieder in die andere Richtung ausschlagen.

Marcus Blumberg (SPOX): Die AFC kommt an der Spitze mal wieder überschaubar daher. Die Patriots und Steelers bekommen die Top-Seeds - in der Reihenfolge, da ich es nicht sehe, dass Pittsburgh Brady stoppt, völlig egal, dass die Steelers in Week 15 im direkten Duell Heimrecht haben. Die South gefällt mir, da sich die Titans und Jaguars ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Letztlich glaube ich aber, dass auch der Verlierer des Duells eine Wildcard erhält. Die zweite Wildcard geht derweil an die Ravens, deren Defense einfach zu gut ist, um die Playoffs zu verpassen. Die große Frage ist die West! Hier hoffe ich ehrlich gesagt auf die Chargers, die schon lange nicht mehr so gut positioniert schienen. Aber der Sachverstand sagt, dass es letztlich doch die Raiders mit Beastmode werden. Die Broncos und Chiefs wiederum werden ihre Komplett-Implosionen erfolgreicher vollenden als der Pontiac Silverdome neulich.

3. MVP werden sollte...

Adrian Franke (SPOX): Ehrlich gesagt gibt es für mich genau zwei Namen, die ernsthaft eine Rolle spielen sollten: Tom Brady und Russell Wilson, mit Antonio Brown mit Abstand als Nummer drei auf dem Treppchen. Das soll nicht bedeuten, dass ein Carson Wentz oder ein Case Keenum keine gute Saison spielt, das tun sie - bei beiden aber sind es zu einem nicht vernachlässigbaren Teil auch die großartigen Umstände (Receiver, Scheme, Line) um sie herum, die sie so gut aussehen lassen. Gerade Wilson hat die nicht, und so ist meine Antwort: Brady ist der beste Spieler dieser Saison, Wilson der MVP - vor Brady. Ja, Wilson hatte einige schlechte Spiele, wie er sie jedes Jahr hat, und das sieht dann schnell sehr hässlich aus. Aber wir sprechen ja vom wertvollsten, nicht vom besten Spieler, ein klarer Unterschied. Der wertvollste Spieler ist Wilson, ohne den die Seahawks-Offense ein Debakel wäre. Abgesehen von Aaron Rodgers traue ich keinem Quarterback zu, hinter dieser Line und mit diesem "Scheme" auch nur irgendetwas Produktives abzuliefern. Seattles Game Plan gegen Philly funktioniert ebenfalls mit sonst keinem anderen Quarterback. Russell Wilson IST die Seahawks-Offense.

Thomas Psaier (Sidelinereporter.com): Da kann ich nicht mitgehen, Adrian. Ebenso klare wie langweilige Antwort auf eine einfache Frage: Tom Brady. Brady hat bislang 8.2 ANY/A geworfen (Adjusted Net Yards per Attempt, die Statistik, die am besten mit Sieg und Niederlage korreliert) - für ein Team, dessen absurde Defensivprobleme in der ersten Saisonhälfte bestens dokumentiert sind. Der vielerorts verehrte Carson Wentz ist mit 7.4 ANY/A nur auf Platz 6 und genießt zudem die Unterstützung einer famosen Defense. Man könne Argumente für Russell Wilson aufbringen, der an fast allen Seahawks-Touchdowns beteiligt war - aber Wilson macht als Werfer "nur" 6.9 ANY/A. Er wäre die "aufregende" Wahl, wenn Brady den Amerikanern zu langweilig wird.

Marcus Blumberg (SPOX): Hört mir bloß auf mit MVP! Der MVP wird grundsätzlich der Falsche und verliert dann den Super Bowl. Lächerlich alles. Aber gehen wir die Sache mal durch: Nach fünf Wochen war sich alles einig, dass der übermenschliche Alex Smith es werden muss. Jetzt stehen die Chiefs bei 6-6 und alles schreit nach dem Rookie. Dann hieß es, Carson Wentz sei eine Art Wiederkunft des Herrn und die Eagles das beste Team der Liga, also muss es Wentz werden. Philly verlor nun relativ klar bei den Seahawks mit ihren Überresten der Legion of Boom. Fernab des Ganzen gibt es einen künftigen Hall-of-Famer, der eine weitere brillante Saison hinlegt und zum x-ten Mal in Folge zweistellig Spiele gewonnen hat - trotz seiner 40 Lenze. Will sagen: Tom Brady sollte locker MVP werden. Also wird's Case Keenum.

mySPOX-User BigLuck: It's Groundhog Day all over again. Jedes Jahr wird heiß über den MVP diskutiert, jedes Jahr frage ich mich, warum im ultimativen Teamsport unbedingt ein Spieler speziell herausgehoben werden muss. Dazu kommt, dass die Kandidaten inzwischen (sollte nichts wirklich Außergewöhnliches passieren) auf eine Position beschränkt sind und bei der Bewertung der Einzelleistung wiederum der Teamerfolg mit einbezogen wird. So viel zur Einleitung, die eigentlich nur von der unfairsten Aufgabe ablenken soll, die man einem Colts-Fan stellen kann. Denn wer bleibt als Kandidat? Meiner Meinung nach hat kein Nicht-QB genug herausgeragt, um ernsthaft in Betracht gezogen zu werden. Bleiben Wentz als das Gesicht des Eagles-Aufschwungs sowie Wilson, der hinter einer löchrigen O-Line eine tolle Saison spielt. Der verdiente MVP aber, so ungern man das als Colts-Fan schreibt, wird Tom Brady, der seiner zu Saisonbeginn desolaten (und auch jetzt nicht wirklich guten) Defense trotzte und gefühlt stark wie nie die Patriots zu einer wieder einmal lockeren Playoff-Teilnahme führt.

4. Die Vikings spielen den ersten Home-Super-Bowl aller Zeiten!

mySPOX-User BigLuck: Ich ignoriere die Gelegenheit, das Phrasenschwein zu füllen, und lege mich einfach mal fest: Ja, die Vikings spielen den Super Bowl im heimischen Stadion! Es wäre das passende Ende einer Feelgood-Story. Die Vikings bauen sich über Jahre ein fantastisches Team zusammen. Auf Basis einer tollen Defense bringt man fast unbemerkt vom Rest der Liga auch in der Offense herausragende Spieler wie Adam Thielen hervor. Und während der Ausfall des Starting-Quarterbacks bereits für die Playoff-Hoffnungen der meisten Franchises der Todesstoß ist (ich spreche da als Colts-Fan aus Erfahrung), marschieren die Vikings fröhlich Richtung Divisionsieg und Wildcard-Bye-Week. In den Playoffs kann dann natürlich alles passieren (doch noch mal Futter fürs Schweinchen), aber auch die Eagles und Rams müssen sich dort erst beweisen und mit einer zusätzlichen Woche Vorbereitung und dem ultimativen Ziel vor Augen müssen die Vikings erst einmal geschlagen werden.

Marcus Blumberg (SPOX): Gegenfrage: Will man das überhaupt wollen? Aus eigener traumatischer Erfahrung kann ich sagen, dass so ein Finale dahoam eher ungeil ist. Davon ab: Die Vikings stellen eine richtig gute Defense und die Offense macht einen äußerst fähigen Eindruck. Aber: Wenn es hart auf hart kommt fällt es mir schwer, Keenum zu vertrauen. Klar spielt der eine überragende Saison, aber er ist eben auch Case Keenum. Man wird nicht von jetzt auf gleich zum Superstar-Quarterback, nachdem man über Jahre hinweg als Journey-Man-Backup eine peinliche Vorstellung nach der anderen hingelegt hat. Und klar, die Rams-Zeit wurde zudem durch ein Problem erschwert, das in Fachkreisen als "Jeff Fisher" bezeichnet wird, aber das macht es nicht besser. Letztlich werden die Vikings an Keenum in den Playoffs scheitern.

Adrian Franke (SPOX): Leidet irgendein Spieler in der NFL dieser Tage stärker unter den Assoziationen mit seinem Namen als Case Keenum? Vielleicht Blake Bortles, aber bei dem ist es ja in aller Regel immerhin auch berechtigt. Zum Thema: Ja, liebe Vikings-Fans, ich tippe euch hiermit in den Super Bowl! Warum? Weil Minnesota die kompletteste Defense der NFC hat, weil das Team in puncto Coaching zur absoluten Liga-Elite gehört, weil Diggs und Thielen das beste Wide-Receiver-Duo der NFC bilden und weil die Offense-Schemes jede Menge Spaß machen. Keenum setzt die Schemes sehr gut um, er vertraut seinen präzisen Route-Runnern (schaut euch Thielens Cuts und Releases an!) und ist was Pocket-Movement und Verhalten gegen Pressure angeht einer der besten Quarterbacks dieses Jahr - ob man es glaubt oder nicht! Die Vikings sichern sich den Nummer-1-Seed und werden zuhause in den Playoffs nicht geschlagen.

Thomas Psaier (Sidelinereporter.com):Es ist definitiv nicht ausgeschlossen, weil die Vikings das kompletteste Team in der NFC - vielleicht das kompletteste in der NFL insgesamt - stellen, gebaut auch dafür, unter freiem Himmel an eisigen Nachmittag konkurrenzfähig zu sein. Allerdings stimmen mehrere Faktoren skeptisch: Die Konkurrenz in der NFC ist massiv, und Keenum ist bei aller Liebe eben doch nur die theoretisch dritte Wahl. Wenn die Konkurrenz erst einmal die Tendenz der Vikings - beispielsweise fast immer in 1st Downs zu laufen - ausgeguckt hat, wird es für Keenum nicht einfacher und Offensive Coordinator Pat Shurmur muss sich neue Ideen einfallen lassen. Oder die Vikings wechseln doch noch den Quarterback - aber auch das birgt Risiken. Macht in Summe ein "Nein, kein Heim-Superbowl". Aber es ist eine Aussage ohne große Überzeugung.

5. Diese Coaches müssen spätestens am Black Monday gehen...

Marcus Blumberg (SPOX): Ben McAdoo ... Ach halt, der ist ja schon weg. McAdon't hat das Unvermeidliche mit seinem beeindruckenden Eli-Manning-Stunt letztlich vorgezogen. Insofern: In der AFC ist Ende für Todd Bowles bei den Jets. Er hatte einen Job, doch selbst das Tanken hat er nicht geschafft. Die Browns müssen einfach Hue Jackson an die Luft setzen, egal, ob das nun die Imperfect Season wird oder nicht. Was der mit Quarterbacks veranstaltet ... Und die Colts werden nun endlich Chuck "I got you Babe" Pagano aus seinem persönlichen Murmeltiertag befreien - aus offensichtlichen erfolgsarmen Gründen. Was die NFC angeht, sehe ich eigentlich nur Bruce Arians in akuter Gefahr, der Rest ist neu oder noch nicht vollends verbrannt. Vielleicht müsste man mal über Dirk Koetter bei den Bucs nachdenken, aber ansonsten sitzt das Personal da recht stabil im Sattel.

Adrian Franke (SPOX): Arians ist für mich definitiv kein Kandidat für eine Entlassung. Natürlich ist es eine maßlos enttäuschende Saison, aber ohne den Mittelpunkt der eigenen Offense mit Johnson, die halbe Starting-Line und den Starting-Quarterback kann man von einer Offense nicht viel mehr erwarten, als das, was Arians in den vergangenen Wochen um Gabbert (!) herum aufgebaut hat. Ich habe in der NFC John Fox ganz weit oben auf meinem Zettel, da sehe ich eigentlich kaum eine Chance auf einen Verbleib. Koetter, da bin ich bei dir, dürfte ebenfalls wackeln. Tampa muss einsehen, dass eine Deep-Passing-Offense um Winston herum nicht funktioniert - und dass man Pass-Rusher braucht, um in der heutigen NFL zu bestehen. Deutlich spannender ist da die AFC: Aus Denver bekommt man immer mehr den Eindruck, dass Vance Joseph nach einer in vielerlei Hinsicht schlimmen Saison One-and-Done ist. Aus Oakland gibt es Berichte über viele Unstimmigkeiten mit Jack Del Rio und dass ich der Meinung bin, dass Hue Jackson weg muss, ist kein Geheimnis. Marvin Lewis könnte sich mit der zweiten Saisonhälfte retten, Todd Bowles hat das glaube ich durch den Offensive-Coordinator-Glücksgriff schon getan, genau wie McCarthy in Green Bay mit seinen Anpassungen der vergangenen Wochen. Lange Rede, kurzer Sinn: Auf meinem Zettel folgen Fox, Joseph, Jackson und Pagano auf McAdoo - mit Del Rio und Jason Garrett als Überraschungskandidaten.

mySPOX-User BigLuck: Wer meine Kommentare der letzten Monate verfolgt hat, den dürfte der erste Name auf meiner Liste nicht überraschen: Chuck Pagano! Während seine Pressekonferenzen für den unbeteiligten Zuschauer durchaus Unterhaltungswert haben dürften, beweist er Woche für Woche, dass er kein NFL-Head-Coach ist. Seien es Halftime-"Adjustments", fragwürdige Personalentscheidungen (TJ Green, Quincy Wilson) oder die Berechenbarkeit beim Play-Calling (bei First Down der Colts habe ich eine höhere Trefferquote als Tony Romo). Ebenfalls heiße Kandidaten sind Hue Jackson (Browns) und John Fox (Bears) aufgrund miserabler Ergebnisse und fehlender Entwicklung. Diese drei sollten sich vermutlich schon einmal auf die Jobsuche einstellen. Dazu könnte es auch Marvin Lewis (Bengals) und Dirk Koetter treffen. Ersterer steht schon seit Jahren wegen der Erfolglosigkeit über die erste Playoffrunde hinaus in der Kritik, für Letzteren waren die Erwartungen vor der Saison sicherlich höher als das aktuelle 4-8. Zumindest gefährdet sehe ich dann noch Vance Joseph in Denver und Green Bays Mike McCarthy.

Thomas Psaier (Sidelinereporter.com): Beginnen wir mit den klarsten Entlassungskandidaten. Hue Jackson von den Browns, weil eine mögliche 1-31 Bilanz in zwei Jahren Head-Coach-Dasein in den USA nicht vertretbar sind; die Browns wollten tanken und sie wissen, wie man das macht. Chuck Pagano, da bin ich ebenfalls bei euch, weil Indianapolis keine Defense gebacken kriegt und der neue GM Ballard nicht mehr an Pagano gebunden ist. Tampas Koetter, weil die Resultate nicht passen und Winston sich nicht entwickelt. Miamis Adam Gase, weil nun voll die Regression zur Mitte zuschlägt: Die knappen Spiele werden nicht mehr reihenweise gewonnen, weswegen der Record schön langsam die eklatante Stagnation der Miami Dolphins wiederspiegelt. Und Vance Joseph von Denver, obwohl nur ein Jahr im Amt: Denver spielt einen derartigen Krampf zusammen, dass sich Front Office und Coaches seit Wochen öffentlich fetzen - der Riss dürfte schwer zu kitten sein. Als Überraschungskandidaten würde ich die Katze mit sieben Leben, Marv Lewis von den Bengals, Sean McDermott von den Bills (Nathan Petermann!) und auch John Fox von den Bears nominieren. Fox ist kein schlechter Coach - er hat zweimal den Super Bowl erreicht und mit Tim Tebow die Playoffs erreicht - aber er weiß mit Quarterbacks ungefähr so viel anzufangen wie der Papst mit einem Kondom. Und das entwickelt sich in Chicago mit dem jungen Mitch Trubisky schon langsam zu einem Problem.