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Third and Long: Warum der Deal für Jimmy Garoppolo mitnichten zu teuer ist

Jimmy Garoppolo wurde von den San Francisco 49ers zum - vorübergehend - bestbezahlten Spieler der NFL gemacht
© getty

Die San Francisco 49ers geben Jimmy Garoppolo nach sieben NFL-Starts den teuersten Vertrag der Liga-Geschichte - und machen damit alles richtig. Die Patriots und Josh McDaniels präsentieren sich dagegen unprofessionell, in einem vollgepackten Mailbag geht's in dieser Ausgabe der NFL-Kolumne von SPOX-Redakteur Adrian Franke außerdem um Le'Veon Bell, Division-Prognosen, die Cleveland Browns und vieles mehr!

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Das Josh-McDaniels-Debakel in Indianapolis

Die große Schlagzeile der vergangenen Tage war selbstverständlich die Absage von Josh McDaniels an die Colts. In meinen Augen war das ein äußerst unprofessionelles Verhalten von McDaniels selbst genau wie von den Patriots - ausführlicher habe ich das hier formuliert.

Warum der Garoppolo-Deal nicht zu teuer ist

Ich habe die Reaktion auf Twitter selbst einige Male bekommen und sie noch viel häufiger generell gelesen: Weshalb gibt man Jimmy Garoppolo nach sieben Regular-Season-Starts den höchstdotierten Vertrag der NFL-Geschichte? Hätte man nicht ein Jahr mit dem Franchise Tag arbeiten und dann, wenn Garoppolo seine Leistungen bestätigt, einen langfristigen Deal aushandeln sollen?

Man hätte, ja - doch wäre man dann zweierlei Risiken eingegangen: Einerseits nämlich, dass der Vertrag noch viel, viel teurer ausgefallen wäre, wenn Garoppolo wie erhofft in seiner ersten vollen Saison inklusive Saisonvorbereitung unter Kyle Shanahan noch besser auftritt. Andererseits aber hätte man auch das Risiko in Kauf genommen, dass man möglicherweise in das Kirk-Cousins-Dilemma gerutscht wäre.

Ein Angebot, das dem Spieler beziehungsweise dem Berater nicht gefällt, eine unglückliche öffentliche Aussage - in dieser Dynamik gibt es immer mehr als genug Eitelkeiten und mögliche Fettnäpfchen, welche die Fronten unerwartet schnell verhärten lassen können.

Und ein anderer Faktor spielte hier ebenfalls eine zentrale Rolle: San Francisco war mit über 115 Millionen Dollar an Cap Space in die Offseason gestartet. Eine absurde Zahl, bedenkt man, dass der Salary Cap für 2018 insgesamt bei etwa 180 Millionen Dollar liegt. "Mitgenommener" Cap macht es möglich, die Niners hatten alleine von 2016 auf 2017 fast 40 Millionen Dollar an Cap Space mitgenommen. Finanziell betrachtet gab es unter dem Strich keinen Grund zu warten.

Das führte zu einem wunderbar strukturierten Vertrag, in dem das Gewicht klar auf den frühen Jahren liegt. Heißt im Klartext: Ein vergleichsweise geringer Unterschriftsbonus (1,4 Millionen pro Jahr über die komplette fünfjährige Vertragsdauer), dafür ein enormer Kader-Bonus im ersten Jahr. Das führt dazu, dass Garoppolo San Franciscos Cap 2018 mit 37 Millionen Dollar belastet - was sich die Niners problemlos leisten können.

San Francisco ist damit immer noch in der Top-4 was Cap Space angeht und Garoppolo hat einen absolut vertretbaren Cap Hit über die weitere Vertragsdauer: 20 Millionen 2019, 26,6 Millionen 2020, 25,9 Millionen 2021 und 27 Millionen 2022. Schon nach zwei Jahren könnten die Niners mit nur noch 4,2 Millionen Dollar Dead Cap aus dem Vertrag raus und wenn man die Cap Hits für 2018 betrachtet und den konstant steigenden Salary Cap im Hinterkopf behält, dann sieht Garoppolos Vertrag endgültig wie eine Win-Win-Situation aus.

Quarterbacks mit einem 2018er Cap Hit über 20 Millionen Dollar:

QuarterbackTeam2018 Cap Hit (lt. Spotrac)
Jimmy GaroppoloSan Francisco 49ers37 Millionen Dollar
Matt StaffordDetroit Lions26,6 Millionen Dollar
Derek CarrOakland Raiders25 Millionen Dollar
Joe FlaccoBaltimore Ravens24,75 Millionen Dollar
Andrew LuckIndianapolis Colts24,4 Millionen Dollar
Russell WilsonSeattle Seahawks23,7 Millionen Dollar
Ben RoethlisbergerPittsburgh Steelers23,2 Millionen Dollar
Eli ManningNew York Giants22,2 Millionen Dollar
Tom BradyNew England Patriots22 Millionen Dollar
Philip RiversLos Angeles Chargers22 Millionen Dollar
Matt RyanAtlanta Falcons21,6 Millionen Dollar
Cam NewtonCarolina Panthers21,5 Milionen Dollar
Aaron RodgersGreen Bay Packers20,5 Millionen Dollar

Mit Garoppolo gehen Stand heute 13 Quarterbacks mit einem Cap Hit von mindestens 20 Millionen Dollar in die kommende Saison. Dazu kommen Kirk Cousins - wo auch immer er letztlich unterschreibt - und Drew Brees, die beide wohl auch die 20 Millionen für 2018 knacken.

Brees steht schon ohne gültigen Vertrag für die kommende Saison mit 18 Millionen Dollar in den Büchern, nur falls beide Seiten sich vor dem Start des neuen Liga-Jahres auf einen neuen Kontrakt einigen, kann sich New Orleans hier etwas Luft verschaffen. Case Keenum könnte ebenfalls in den 20-Millionen-Kreis stoßen, lediglich Ndamukong Suh (26,1 Millionen), Von Miller (22,4 Millionen), Justin Houston (20,6 Millionen) und Muhammad Wilkerson (20 Millionen) durchbrechen aus der Nicht-QB-Riege diese Schallmauer.

Dann gibt es mit den Chiefs (Mahomes), Texans (Watson), Bears (Trubisky), Rams (Goff), Eagles (Wentz), Cowboys (Prescott), Bucs (Winston) und Titans (Mariota) insgesamt acht Teams, deren Stand heute für 2018 prognostizierter Starting-Quarterback noch unter seinem Rookie-Vertrag steht. Die meisten dieser Spieler werden dem 20-Millionen-Klub mit ihrer ersten Vertragsverlängerung mutmaßlich beitreten.

Fazit: Fangt an, Quarterbacks anders zu bewerten

Das führt mich zum Fazit und einer etwas übergeordneten Einschätzung. Man muss einen Quarterback gesondert betrachten, in jederlei Hinsicht - inklusive des Gehalts, der finanziellen Risiko-Bereitschaft und des Cap Hits. Football ist zwar einerseits der ultimative Team-Sport, weil man auf jeder Position vergleichsweise stark von seinen Mitspielern abhängig ist. Das trifft auch auf den Quarterback zu, beispielsweise mit Blick auf die Offensive Line.

Doch kann ein guter Quarterback, und die enorme Veränderung innerhalb der Niners im Laufe der vergangenen Saison ist das beste Beispiel hierfür, sein ganzes Team besser machen. Da sprechen wir einerseits von den schwer messbaren Dingen wie Stimmung, Selbstvertrauen und Motivation eines Teams, andererseits aber auch von ganz sportlichen Aspekten. Man konnte förmlich dabei zuschauen, wie die Offense mit Garoppolo von Woche zu Woche ausgereifter und gefährlicher wurde.

Es ist auch ein Grund dafür, dass die jährlichen MVP-Debatten darüber, ob nicht vielleicht dieses Jahr ein Nicht-Quarterback den Titel gewinnen könnte, in den allermeisten Fällen müßig sind. Der Quarterback ist per se bereits so viel wichtiger als individuell betrachtet jede andere Position, dass es schon einen massiven Leistungsunterschied zwischen den besten Quarterbacks des Jahres und beispielsweise einem Running Back oder Wide Receiver braucht, um hier die MVP-Debatte nach einer vollen Saison ernsthaft loszutreten.

Anders formuliert könnte man auch sagen: Den Einfluss von nahezu jedem Spieler, so gut er auch ist, auf eine Partie kann man über Scheme und Taktiken zumindest zu einem gewissen Grad schmälern. Mit den besten Quarterbacks funktioniert das nicht, oder zumindest ungleich schwieriger. Wer einen der Mid-Level-Quarterbacks wie Andy Dalton, Ryan Tannehill oder Tyrod Taylor hat, ist letztlich immer auf der Suche nach möglichen Alternativen.

Wer einen Quarterback unter diesem Level hat, hat langfristig keine realistische Chance auf höhere Ziele. Auch deshalb war und bleibe ich kritisch gegenüber der Patriots-Entscheidung, Garoppolo zu traden. Für mich war das ein Fehler, man hätte ihn notfalls mit dem Franchise Tag zumindest für die kommende Saison halten sollen.

Der Franchise-Quarterback ist die Premium-Position und man kann es sich nicht leisten, hier zu zocken - zumindest sollte man das nicht. Natürlich ist die Garoppolo-Situation für die 49ers etwas ungewöhnlich, normalerweise hat ein Team einen Quarterback über mehrere Jahre im Team, ehe man eine derartige finanzielle Verpflichtung eingeht. Umgekehrt hatten die Niners das große Glück, für einen vergleichsweise kleinen Trade-Preis einen hochtalentierten Quarterback, der glänzend in Kyle Shanahans Scheme passt, zu bekommen.

Den jetzt auf diese Art und Weise zu binden, war die einzig richtige Entscheidung.

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