Quarterback-Draft, Patriots, Houston, Cleveland, Seattle - eure Fragen
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Markus: Welche Teams draften einen Quarterback, obwohl sie sich einen passablen in der Free Agency geholt haben (Broncos, Browns, Jets, Bills, Cardinals fallen mir da vor allem ein)?
Die Jets sind hier eine Garantie, diesen teuren Draft-Trade nach oben macht man nur für einen Quarterback. Wie schon gesagt, das macht Bridgewater zu einem Trade-Kandidaten. Cleveland wird ebenfalls einen Quarterback draften. Tyrod Taylor ist für die Browns die perfekte Übergangslösung; nicht nur, weil sein Vertrag nur noch für die kommende Saison läuft, sondern auch, weil er ein idealer Game Manager ist und Cleveland 2018 so auf der Position endlich spielerische Stabilität gibt.
Buffalo zähle ich fast schon in die gleiche Kategorie. Die Bills gehen schrittweise im Draft nach oben, ähnlich wie Philadelphia damals für Wentz. Ich gehe fest davon aus, dass Buffalo versuchen wird, noch deutlich weiter zu klettern. Die Giants sind noch schwer einschätzbar, stimmen aber die Gerüchte, wonach sie ein teures Angebot der Jets ausgeschlagen haben, liegt hier auch die Vermutung nahe, dass New York den Nachfolger von Eli Manning draftet. Es halten sich aber auch Meldungen, wonach die neue Team-Führung Eli zwei bis drei weitere Jahre zutraut und man mit dem hohen Pick jetzt eher All-In geht.
Dann wird es schon dünn, ich sehe vier Quarterbacks etwa in der Top-6 (je nachdem wo Buffalo am Ende steht), Clevelands Nummer-4-Pick wird für alle Teams auf Quarterback-Suche der heiß begehrte Spot. Denver auf 5 nämlich ist fraglos auch ein Kandidat für einen Quarterback, hier glaube ich aber, dass die Broncos in eine andere Richtung gehen. Ein Team wie Arizona ist dennoch außen vor: Die Cardinals haben nicht die Munition wie Buffalo und werden sich wohl auf die zweite QB-Welle - Lamar Jackson oder Mason Rudolph etwa - beschränken müssen.
Rock4ever und Christian: Die Patriots sind wohl der bisher eindeutigste Verlierer der Free Agency, oder? Wie werden die Patriots die Abgänge verkraften? Wird sich das Spiel spürbar verändern?
Im Prinzip sehen wir bei den Patriots das, was wir so häufig sehen - mit dem Vorjahr als prominente Ausnahme. New England gibt nur selten teure Deals raus, defensiv haben die Pats aktuell zwei (!) Spieler in der Top-64 was jährliches Gehalt angeht (Stephon Gilmore und Devin McCourty) - auf den Rängen 28 und 64. Offensiv ist in der gleichen Kategorie ligaweit in der Top-75 nur Tom Brady. Die Verträge, die Amendola, Solder, Butler und auch Lewis anderswo bekommen haben, hätten sie in New England niemals erhalten.
Die Patriots haben so jetzt schon hohe Compensatory Picks quasi garantiert, während sie gleichzeitig mit genauso cleveren wie günstigen Trades - McCourty hatte in Cleveland eine gute Saison und kann direkt New Englands Nummer-2-CB sein, Patterson gibt den Pats einen der besten Kick-Off-Returner der Liga und Shelton eine enorme und benötigte Präsenz in der Interior Line gegen den Run - Baustellen angehen. Die Verpflichtung von Adrian Clayborn gibt New England einen soliden Spieler für die Edge.
Unter dem Strich sind die Patriots heute natürlich schlechter, als noch vor 3 Wochen und nach den ersten ein, zwei Tagen gehörten sie für mich ebenso zu den Verlierern. Letztlich aber sehe ich jetzt hier wieder ein Team, das ein solides Kollektiv zusammenstellt und dessen Spieler anderswo gnadenlos überbezahlt werden. Der Solder-Abgang wird in meinen Augen am schwersten zu kompensieren sein, könnte aber ein hohes Draft-Ziel sein. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass Fleming oder Waddle am Ende in New England bleibt und hier auch im Draft investiert wird.
Sascha Quast: Wie siehst du die Jets in der AFC East nach den Zugängen in der Free Agency aufgestellt? Reicht es diese Saison für einen Winning-Record, gegebenenfalls vielleicht sogar für eine Wildcard in den Playoffs?
Die Playoffs sehe ich für die Jets noch etwas weiter weg, aber zumindest ist erkennbar, dass New York einen klaren Plan verfolgt: Die Defense soll wieder über eine dominante Secondary definiert werden, neben dem jungen Safety-Duo bilden Trumaine Johnson und Mo Claiborne ein gutes Cornerback-Tandem, ergänzt durch Nickel-Corner Buster Skrine. Mit Avery Williamson kam zudem einer der Top-Linebacker auf dem Markt nach New York. Wenn die Jets jetzt noch früh im Draft einen Pass-Rusher finden, kann das schnell eine sehr gute Defense werden.
Die Bills, genau wie die Jets, haben diesen Draft ganz offensichtlich als den Draft identifiziert, in dem sie ihren Franchise-Quarterback finden. Ansonsten gibt's bei den Bills doch einige Baustellen inklusive der Offensive Line und dem Receiver-Corps, die Defensive Line zumindest sollte klar verbessert sein. Zu den Patriots habe ich mich ja gerade ausführlich geäußert, lediglich bei Miami fehlt mir ehrlicherweise die Idee, wie dieses Team 2018 aussehen soll. Ich rechne Stand heute mit den Dolphins als Schlusslicht in der Division und sehe 2018 als Umbruch-Jahr in South Beach.
Alexander Schäfer: Wie viele Siege traust du den Browns zu? Werden sie endlich den Turnaround schaffen, oder werden sie wieder an schlechtem Coaching scheitern?
Natürlich kann auch hier der Draft das Bild noch verändern, ich sehe Cleveland aktuell mit etwa fünf Siegen und damit natürlich einer deutlichen Verbesserung zum Vorjahr: Die Browns haben ligaweit eine der besseren Defensive Fronts und auch in der Offensive Line ist Cleveland, selbst ohne Joe Thomas, stabil aufgestellt. Vor allem aber wird Tyrod Taylor sportlich im krassen Gegensatz zu dem stehen, was die Browns in der vergangenen Saison hatten.
Statt kostspieliger, frustrierender Interceptions gibt es jetzt Taylors konservativen, auf Ball-Sicherheit ausgelegten Ansatz. Das alleine wird den Browns im Vergleich zur vergangenen Saison einige Siege bescheren. Gleichzeitig würde ich nicht so weit gehen, das direkt als Turnaround auszurufen. Von dem kann man erst sprechen, wenn Cleveland seinen langfristigen Franchise-Quarterback gefunden hat. Denn ich glaube nicht, dass Taylor das für die Browns sein wird.
Chris Hook: Sind die Texans einer der großen Verlierer der Free Agency, vor allem auch wegen den anderen Verstärkungen in der Division?
Fairerweise muss ich dazu sagen, dass die Frage vor der Verpflichtung von Tyrann Mathieu kam. Aber selbst unabhängig davon hatte ich Houston eine solide Free Agency bescheinigt. Mit Kelemete und Henderson wurde Tiefe für die Offensive Line geholt, und auch wenn in der Line dringend noch nachgebessert werden muss: Der Markt hat hier in der Breite einfach nicht allzu viel Qualität hergegeben.
Mit Aaron Colvin hat man stattdessen einen der Top-Slot-Cornerbacks gefunden, Mathieu gibt Houstons Defense natürlich ebenfalls ein anderes Gesicht. Die Texans dürften im Draft neben der Offensive Line zusätzlich noch in die Secondary investieren, mit Blick auf das unglaubliche Verletzungspech im Vorjahr - Watson, Watt und Mercilus natürlich vorneweg - erwarte ich aber auch ohne Free-Agency-Splash ein klar verbessertes Texans-Team.
Sicherlich Recht hast du indes mit deiner Aussage bezüglich der Division. Über Jahre wurde die AFC South belächelt, jetzt sehe ich mit Jacksonville, Houston und Tennessee drei Teams, denen ich legitime Playoff-Chancen in der kommenden Saison einräume. Lediglich Indianapolis hinkt da etwas hinterher und das Verhalten der Colts in der Free Agency deutet klar darauf hin, dass man in Indianapolis mit einem Umbruch eher über zwei Jahre als über eines rechnet.
esso: Müssen sich die Seahawks in der NFC West erst einmal hinten anstellen? Oder reicht ein Wilson, um die Niners und Rams zu kontrollieren?
Nach dem Sherman-Abgang hatte ich meine grundsätzliche Meinung zu den Seahawks ja schon ausführlicher aufgeschrieben, der Kern des Ganzen: Seattle hat in der vergangenen Saison - das haben die Trades für Brown und Richardson gezeigt - einen letzten Anlauf mit dem langjährigen Kern unternommen. Jetzt geht man zum richtigen Zeitpunkt in den Umbruch, der es für die Seahawks 2018 schwer machen wird, zumindest mit den Rams mitzuhalten.
Gleichzeitig aber rechne ich in Seattle mit einem schnellen Umbruch und einem innerhalb kürzester Zeit wieder konkurrenzfähigen Team. Ein maßgeblicher Grund dafür ist der noch immer vorhandene starke Kern rund um Wilson, Wagner, Thomas, Clark, Baldwin, Brown und Wright. In die kommende Saison gehen aktuell für mich die Rams als klarer Favorit im Westen, mit San Francisco als Unbekannte mit enormem Potential. Seattle aber kann dieses Bild schon schnell wieder verändern.
In Breesus we trust: Wer könnte die Überraschungsmannschaft in der kommenden Saison sein? Klar fehlt noch der Draft aber den Erfolg dahinter kann man nicht planen.
Das hängt immer auch ein bisschen damit zusammen, wie man "Überraschungsmannschaft" definiert. Nahezu jeder wird Mitte August auf San Francisco setzen, und das nicht ohne Grund. Wenn ich mich jetzt auf eine positive Überraschung festlegen müsste, dann wäre das Tennessee: Ich erwarte, dass Mariota unter LaFleur nach der Stagnation in der vergangenen Saison eine immense Weiterentwicklung zeigt, Dion Lewis sollte perfekt in diese Offense passen. Dass Henry endlich den entlassenen Murray als Starter ablöst, war überfällig.
Defensiv bleiben auf dem Linebacker-Level Fragezeichen, doch sehe ich eine noch immer solide Defensive Line sowie mit Logan Ryan, Adoree' Jackson und jetzt auch Malcolm Butler ein gutes Cornerback-Trio. Tennessees Defense wird aggressiver auftreten können und die Offense zeitgemäßer, explosiver und besser an die Stärken ihres Quarterbacks angepasst sein.
Phil: Gibt es Absicherungsmöglichkeiten für die NFL, falls man bei den Ravens im Medizincheck mit Grant getrickst hat? Also können oder müssen die Ravens beweisen, dass dort etwas vorliegt? Momentan sieht es fast wie vorgeschoben aus, weil Spieler wie Crabtree auf den Markt kamen.
Gibt es nicht - jedenfalls nicht, soweit mir auch nach einiger Recherche bekannt wäre. Der Knackpunkt hier ist, dass Teams bei den Medizinchecks einen gehörigen Spielraum (oder Grauzone, wenn man es anders formulieren will), haben. Insofern kann, wie jetzt bei Grant geschehen, ein neutraler Arzt den Spieler als fit deklarieren, die Team-Ärzte aber ein anderes Urteil abgeben.
Manche Teams achten dabei auf ganz andere Dinge als andere Teams, manche wollen Spieler mit bestimmten körperlichen "Vorbelastungen" oder vergangenen Verletzungen kategorisch nicht haben. Und in dem Szenario hat das Team immer das Recht, von einem vereinbarten aber nicht unterschriebenen Vertrag zurück zu treten.
Vienna Falcons: Big Picture, AFC vs. NFC: Wer sieht besser aus?
Das ist aktuell nicht einmal ansatzweise knapp für mich. Ich sehe die NFC für 2018 deutlich vor der AFC, mit vier ernsthaften Contendern (Philly, Minnesota, New Orleans und L.A.) gegen zwei (New England, Pittsburgh) sowie drei Teams in der direkten Verfolger-Rolle (Green Bay, Atlanta, Carolina) gegenüber derer zwei (Jacksonville, Houston, mit den Chargers als möglicher dritter Kandidat für die Liste). Die Qualität in der Breite ist in der NFC aktuell in meinen Augen ebenfalls klar besser, während sich in der AFC mehrere Teams scheinbar eher für 2019 in Position bringen.