Inzwischen dürften die meisten zumindest den Namen schon einmal gehört und sich gewundert haben: Equanimeous St. Brown ist nicht gerade der alltäglichste Name, auch nicht in der NFL. "John Brown? Was soll das sein? Es gibt zu viele davon", sagte Equanimeous' Vater John einst angesprochen auf die kuriosen Namen seiner Söhne.
Die anderen beiden Brüder hören auf die klangvollen Namen Osiris und Amon-Ra, beide sind aktuell Receiver im College. Vater John, seines Zeichens einstiger Mr. Universe, wollte möglichst ausgefallene und "keine Sklavennamen". Mission erfüllt.
Auch das "St." ließ er zum Nachnamen hinzufügen, weil er der Meinung war, dass "Brown" alleine auf dem Trikot nicht gut aussehe. Mutter Miriam, die John auf einer Fitness-Messe in Essen kennengelernt und nach der Hochzeit mit ihm in die USA zog, machte mit, ihre Wurzeln aber ließ sie die Söhne nie vergessen: Alle drei reden Englisch mit dem Vater, Deutsch mit der Mutter. Amon-Ra und Osiris spielten 2015 sogar für Deutschlands U19-Nationalmannschaft und wurden Vize-Europameister.
Die Kinder lernten zudem in Paris Französisch, was bei St. Brown im aktuellen Draft-Prozess schon für Nachfragen sorgte: "Die häufigste Frage, die ich höre, ist die danach, ob ich Football liebe. Das kommt daher, dass ich in Notre Dame war und mehrere Sprachen spreche. Aber ich verstehe das, die Teams wollen mich als Person kennen lernen. Ich weiß, warum sie mich das fragen. Ich habe aber klargestellt, dass das mein Traum ist seitdem ich ein kleines Kind war - und dass ich meinem Traum weiter folge."
Dieser Traum wird den Deutsch-Amerikaner beim anstehenden Draft in die NFL führen, so viel ist klar. Doch in welcher Runde? Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen von Equanimeous St. Brown? SPOX nimmt den Receiver mit dem ungewöhnlichen Namen und der ungewöhnlichen Spielweise unter die Lupe.
NFL Draft: Equanimeous St. Brown - was sind seine Stärken?
Das Tape von St. Brown offenbart schnell einen nicht gerade alltäglichen Spielertyp. Oder anders formuliert: Einen Spieler, den man rein optisch nicht unbedingt erwartet. Bei 1,96 Metern Körpergröße rechnet man zunächst zumindest unterbewusst mit einem Contested-Catch-Receiver, im Stile eines Julio Jones oder A.J. Green.
Das allerdings ist Brown nicht.
Stattdessen fällt auf, wie subtil, effizient und geschmeidig sich St. Brown bewegt. Er ist ein Long-Speed-Receiver, der seine Geschwindigkeit während der Route kontinuierlich aufbaut. Gleichzeitig zeigt er sehr gute Cuts und kleine, flüssige Bewegungen, mit denen er sich von seinem Gegenspieler Abstand verschafft.
Das wird unter anderem auch bei Comeback Routes deutlich, St. Brown behauptet sich überdurchschnittlich gut gegen Man und gegen Zone Coverage. Seine Geschwindigkeit stellte er zudem bei der Combine (4,48 Sekunden auf die 40 Yards) eindrucksvoll unter Beweis. Die Anlangen hier sind äußerst vielversprechend, St. Brown hat das Zeug, auch in der NFL ein sehr guter Route Runner zu werden. Eine Qualität, die längst nicht jeder College-Receiver mitbringt - die jedoch für Erfolg in der NFL ein zentrales Kriterium ist.
Auch bewegt er sich jetzt schon gut über die Mitte des Feldes und hier durch Traffic, eine von St. Browns Spezialitäten war es im College, Crosser über die Mitte zu fangen und dabei, davor oder danach Verteidiger stehen zu lassen.
In der Folge wurde St. Brown überall eingesetzt, 42,9 Prozent absolvierte er laut Perception Reception als linker Outside Receiver, 39,4 Prozent als rechter Outside Receiver sowie 17,4 Prozent im Slot.
Darüber hinaus verfügt er über eine sehr gute Körperkontrolle, was zu einem großen Catch-Radius und außerdem zu einigen spektakulären Big Plays führt. St. Brown ist einer der besseren Receiver im Draft was die Nine- oder Go-Route angeht. Mit Press Coverage kommt er auch dank seiner sehr langen Arme meist zurecht, hier wird die Aufgabe in der NFL aber natürlich schwieriger.
NFL Draft: Equanimeous St. Brown - was sind seine Schwächen?
So vielversprechend sein Route Running ist - beim Blocking und auch bei umkämpften Catches sieht man die noch fehlende Physis: St. Brown wird als Run-Blocker in der NFL noch deutlich zulegen und auch mehr Muskelmasse drauf packen müssen.
Daran arbeitet er schon, auch mit seinem Vater: Bei der Combine war er bereits einige Kilogramm schwerer als während der Saison, in der er Berichten zufolge nur knapp über 90 Kilogramm auf die Waage brachte.
Sein Route Tree - das ist für Receiver, die in die NFL kommen allerdings alles andere als eine Seltenheit - wird auf dem nächsten Level ebenfalls noch erweitert werden müssen.
Darüber hinaus wird St. Brown auf dem nächsten Level auch an seinem Release noch arbeiten. Hier bringt er zwar eine gute Basis mit, in der NFL aber muss hier noch mehr Explosivität Einzug erhalten.
Unter dem Strich allerdings überwiegen die Vorteile ganz eindeutig. St. Brown ist ein interessanter Receiver, der eine ungewöhnliche Mischung aus Größe und Beweglichkeit mitbringt. Er könnte in der NFL früh zumindest als Deep Threat einem Team weiterhelfen, mit dem perspektivischen Potential für deutlich mehr.
Das wird es auch spannend machen, zu sehen, in welcher Offense St. Brown landet. Eine vertikalere Offense mit tiefen Route-Kombinationen macht fraglos mehr Sinn, als ein auf das Kurzpass-Spiel fokussiertes Scheme - wenngleich seine Erfahrung im Slot ihn vielseitig einsetzbar macht. St. Brown könnte etwa bei einem Team wie Indianapolis, Arizona oder Seattle, die in der Free Agency jeweils potentielle Deep Threats verloren haben, Sinn machen.
Die College-Statistiken von Equanimeous St. Brown:
Jahr | Spiele | Receptions | Yards (Yards/Catch) | Touchdowns |
2015 | 2 | 1 | 8 (8,0) | 0 |
2016 | 12 | 58 | 961 (16,6) | 9 |
2017 | 12 | 33 | 515 (15,6) | 4 |
Draft Prognose: In welcher Runde wird Equanimeous St. Brown ausgewählt?
Für St. Brown kommt der Draft gewissermaßen zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Nach seiner äußerst vielversprechenden 2016er Saison verlor er seinen Quarterback DeShone Kizer an die NFL, das machte sich mehr als deutlich bemerkbar. Das Scheme änderte sich und die Quarterback-Qualität stürzte ab; St. Brown hatte es deutlich schwerer, Stats zu sammeln.
Dennoch war es vermutlich die richtige Entscheidung, sich jetzt für den Draft anzumelden, da bei der Quarterback-Situation in Notre Dame keine schnelle Besserung in Sicht ist. Eine weitere statistisch durchwachsene Saison hätte seine Draft-Aktien abermals nach unten gedrückt.
So gehört St. Brown in die zweite Reihe der Receiver im diesjährigen Draft, hinter Spielern wie Courtland Sutton, Calvin Ridley oder D.J. Moore. Teams werden sich bei St. Brown noch Zeit nehmen müssen, das Potential und die physischen Voraussetzungen, um letztlich einer der besten Receiver dieser Klasse zu werden, sind aber zweifellos vorhanden.
Wo er letztlich landet ist natürlich komplett offen, im Gespräch mit ran.de ließ St. Brown zumindest eine kleine Tendenz durchblicken: "Bei der Combine spricht man mit jedem Team mal, wenn auch nur relativ kurz. Etwas intensivere Gespräche hatte ich mit den Saints, Bills, Cardinals, Colts, 49ers und Texans."
SPOX-Tipp: 3. Runde.