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Markus Bombe: RPOs waren letzte Saison ja der "neue" Trend in der NFL. Ist schon erkennbar, ob andere Konzepte aus dem College-Football vermehrt in die Playbooks der NFL-Teams aufgenommen werden?
Vielleicht nicht so sehr das große neue Konzept, sondern eher einzelne Aspekte. Ich denke, dass wir nach dem Erfolg der Eagles beispielsweise einen generellen Anstieg der Run Pass Options sehen werden - und das ist gleich eine gute Überleitung: Option Plays machen das Spiel für den Quarterback leichter, und auch in der NFL ist inzwischen angekommen, dass man keinen mobilen Quarterback benötigt, um davon zu profitieren.
Elemente wie die Shovel-Option - wo der Quarterback meist den Ball entweder zur Seite pitchen oder in die Mitte, also als Shovel-Pass, werfen kann - werden ebenfalls häufiger zu sehen sein. Auch hier hatten unter anderem die Chiefs und die Panthers in der vergangenen Saison Erfolg.
Carolina war eines der Teams, das zusätzlich auch die Triple Option nutzte. Hier dürften Teams mit mobilen Quarterbacks noch mutiger werden. Misdirection- und Fake-Elemente kommen weiter dazu, um Defenses das Lesen eines Spielzugs immer schwerer zu machen, und dem eigenen Quarterback die Arbeit zu erleichtern.
Ohne zu viel zu verraten: College-Football und seine Prägungen werden zeitnah hier auf SPOX noch ausführlicher besprochen!
LarryFitz: Wer sind für dich die überschätztesten Spieler der Liga? Gerade auch in puncto Überbezahlung?
Keine komplette Liste, aber einige der größeren Namen, die mir zu der Frage aus finanzieller Sicht einfallen:
- Clay Matthews, OLB, Packers: Vor dem Start der Free Agency hatte ich gesagt, dass in meinen Augen Matthews und Jordy Nelson in Green Bay ihren aktuellen Verträgen nicht mehr gerecht werden. Bei Nelson gab es bekanntermaßen die Entlassung - Matthews dagegen ist nach wie vor in der Top-10 was Cap Hit 2018 und durchschnittliches Jahresgehalt angeht. Dabei liegen seine Zeiten als dominanter Pass-Rusher doch ordentlich zurück, und bei den Inside Linebackern ist er in Green Bay zu Recht nur zweite Wahl.
- Jarvis Landry, WR, Browns: Die Browns müssen Spielern mehr bieten als andere Teams, das bringt ein Jahrzehnt gefüllt mit sportlichen Negativ-Höhepunkten mit sich. Deshalb macht es auch Sinn, für einen Spieler wie Landry zu traden - auf dem freien Markt wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein solcher Spieler für Cleveland entscheidet, deutlich geringer. Ihn dann aber gleich zum drittbestbezahlten Wide Receiver der NFL zu machen (15,1 Mio/Jahr, 47 Mio. garantiert) ist doch sehr heftig, zumindest wenn man sich Landrys Rolle in Miami ins Gedächtnis ruft. Cleveland MUSS andere sportliche Ideen mit ihm haben, sonst ist der Vertrag kaum zu rechtfertigen.
- Joe Flacco, QB, Ravens: Einer der schlimmsten Verträge der vergangenen Jahre war der Vertrag, den Flacco nach dem Super-Bowl-Sieg erhielt - und der wurde gar nochmals um drei Jahre (66,4 Mio./44 Mio. garantiert) verlängert. Flacco ist in puncto jährliches Einkommen der neuntbestbezahlte Quarterback der NFL und hat von allen Spielern der Liga 2018 den vierthöchsten Cap Hit (24,75 Mio. Dollar). Flacco ist jetzt schon seit einer Weile ein unterdurchschnittlicher Quarterback, mit wenigen Ausreißern nach oben und einigen Abstürzen nach unten. Der Flacco-Vertrag hat den Ravens mit Blick auf die gesamte Team-Planung schwerere Handschellen angelegt, als nahezu jeder andere Vertrag bei einem anderen Team in den vergangenen Jahren.
- Derek Carr, QB, Raiders: "Überschätzt" ist in dem Zusammenhang zu hart, "Fragezeichen" passt eher. Und dafür ist der Vertrag natürlich stolz dotiert: Einerseits ist es schwierig, den Raiders hier einen zu großen Vorwurf zu machen - Starting-Quarterbacks haben eine gewisse finanzielle Base-Line, die bei einem neuen Vertrag immer überschritten wird. Ich bin bei Carr allerdings noch immer nicht ganz sicher, ob er wirklich mal zu den Top-Quarterbacks der Liga - wie es sein Gehalt (vierthöchstes Jahresgehalt, siebtmeiste Garantien) nahelegen würde - zählen wird. Die erste Saison unter Gruden wird da ein wichtiger Wegweiser, Carr muss lernen, gegen Pressure konstanter und in seinem Spiel flexibler zu werden, wenn die Defense seine bevorzugten Optionen ausschaltet.
- Trumaine Johnson, CB, Jets: Hat nicht umsonst zwei Mal in Folge den Franchise Tag von den Rams bekommen, L.A. wollte ihm keinen Mega-Vertrag geben. Das übernahmen dann die Jets kurzerhand und machten ihn zu einem Top-3-Cornerback in puncto durchschnittliches Jahresgehalt und garantiertes Gehalt. Johnson ist ein solider All-Around-Cornerback - allerdings sportlich in meinen Augen nicht einmal in der Top-10 auf seiner Position.
Matthias Krüger: Was traust du den Lions unter Matt Patricia wirklich zu? Für mich fliegen die ein wenig unter dem Radar.
Ich sehe die Lions leider wie so häufig vor der Saison im ganz obersten Mittelmaß, und gleichzeitig deutlich unter der Spitzengruppe - obwohl sie einen Top-10-Quarterback haben. Das Passspiel wird wieder gut sein, auch wenn die Tight-End-Position noch ein Fragezeichen ist. Das Run Game wir definitiv besser sein als letztes Jahr.
Meine größte Frage ist und bleibt aber, wie Detroit den Pass verteidigt. Die Secondary hat einige sehr gute Säulen, doch nur wenn der Pass-Rush konstant funktioniert, werden die Lions auf höherem Level mithalten können. Ansonsten sehe ich wieder die Qualität für neun, zehn Siege, aber nicht für mehr.
Pzzl: Finden Rodgers beziehungsweise die Packers unter dem neuen, altbekannten Offensive Coordinator Joe Philbin wieder zu gewohnter Form? Kann 2010 wiederholt werden?
Ich hatte ja in meiner Kolumne letzte Woche bereits ausführlich über die Packers-Offense geschrieben, allerdings eher analytisch als mit Meinung. Meine Prognose: Green Bay wird - auch wenn gerade das WR-Corps doch noch mit einigen Fragezeichen daherkommt - wieder eine der ligaweiten Top-Offenses stellen.
Wir haben letztes Jahr schon einen Anstieg von Run Pass Options sowie eine Tendenz, von den Isolation-Routes weg zu gehen, gesehen und ich denke, das setzt sich fort. Gelingt es Philbin und Mike McCarthy, Rodgers' Improvisationsfähigkeiten mit einer offensiven Struktur zu kombinieren, hätte Green Bay eine vor allem konstant brandgefährliche Offense.
Gordon Shumway: Mal aus Vertragsgesichtspunkten: Wie lange ist das Titelfenster für die Steelers noch geöffnet? Gefühlt geht's seit Jahren immer ins letzte mögliche Titeljahr.
Unter dem Strich ist das Steelers-Titelfenster so lange offen, wie Ben Roethlisberger noch auf hohem Level spielt - und somit ist es eine absolute Wundertüte, immerhin hat Big Ben schon mehr als ein Mal offen mit seinem Rücktritt kokettiert. Sein Vertrag endet nach der übernächsten Saison, insofern wäre das tendenziell meine erste Antwort. Auch, weil in der Offensive und die Defensive Line mehrere Leistungsträger ebenfalls bis 2020 und 2021 gebunden sind.
Allerdings würde dieses Titelfenster etwas kleiner werden, wenn man sich - und davon gehe ich zunehmend aus - mit Le'Veon Bell nicht einigen und ihn nach der kommenden Saison ziehen lassen wird.
BrunoKoslovski82: Warum gibt es auf der Position des Quarterbacks keine Rotation? Vor allem wenn ich zwei komplett unterschiedliche QBs habe, könnte ich die Defense dadurch situativ attackieren. Bei den Ravens beispielsweise könnte man Jackson in der Red Zone einsetzen (zusätzliche Gefahr durch seine Athletik/Runs).
Man kann nicht generell sagen, dass ein solcher Ansatz nicht funktioniert. Aber ich denke, das Gegenteil ist der Fall, und es wäre eher schwieriger, so erfolgreich zu sein. Ein maßgeblicher Grund ist die Tatsache, dass eine normale NFL-Offense schon ziemlich ausgeprägt und komplex ist - und natürlich auch den Stärken des eigenen Quarterbacks entspricht. Diese Offense wird über den Sommer installiert beziehungsweise an einigen Schrauben gedreht.
Somit sprechen wir bei allem anderen von zusätzlichen Gimmick-Plays, in deinem Beispiel also: Die normale Offense läuft über Joe Flacco, Lamar Jackson kommt in bestimmten Situationen für bestimmte Plays rein.
Was würde hier passieren?
Zunächst einmal muss jeder Receiver, Lineman und Running Back in der ohnehin stark limitierten Trainingszeit noch zusätzliche Plays lernen, statt an der "Joe Flacco"-Offense zu arbeiten. Man würde seinem Starting-Quarterback also wertvolle Trainings-Snaps nehmen, um ein Gimmick-Play-Paket zu installieren. Die Receiver müssten sich auf einen anderen Quarterback gewöhnen, die Linemen plötzlich für den mobilsten Quarterback der Liga, statt für einen klassischen Pocket-Passer blocken.
Außerdem wird die die Defense recht schnell wissen, dass jetzt eines dieser Gimmick-Plays kommt, sobald Jackson das Feld betritt. Möglicherweise wäre hier gelegentlich ein Überraschungseffekt möglich, der würde aber schnell verpuffen, sobald es die Plays der "Lamar Jackson"-Offense auf Tape gibt. Und sobald Jackson so weit ist, eine volle Offense umzusetzen (oder die Offense insgesamt besser funktioniert, wenn Jackson der Quarterback ist), sollte man ihn einfach direkt starten lassen.
Ganz abgesehen also von Argumenten wie Spielrhythmus, Spielfluss, Timing und so weiter überwiegen für mich die Nachteile der Idee.