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NFL Third and Long: Run Pass Options, Passing Game und Co. - NFL-Trends

Todd Gurley und die Rams waren eines der Run-lastigeren Teams der vergangenen Saison.
© getty

In der NFL beginnt der lange Sommer - die rund fünf bis sechs Wochen vor dem Training Camp, in denen die Spieler im Urlaub sind und die Liga ihre ruhigste Periode des Jahres erlebt. Somit ist es die beste Zeit für eine tiefergehende Auswertung der Vorsaison: Welche statistischen Auffälligkeiten lassen sich feststellen? Wo gibt es möglicherweise Trends? Und worauf sollte man sich in der kommenden Saison möglicherweise noch stärker einstellen? SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in seiner NFL-Kolumne auf die Zahlen.
 
 

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Das Passspiel dominiert, für ein gutes Play-Action-Passspiel benötigt man ein gutes Run Game, die Base Defense hat ihren Namen längst nicht mehr verdient, Kurzpass-Offenses dominieren - so viele Stat- und Storylines stehen am Ende einer NFL-Saison, durch die man sich erst einmal arbeiten muss.

Welche Trends sind richtig? Welche sind auffällig und möglicherweise schon Wegweiser für die Zukunft? Um diese Fragen geht es in der heutigen Ausgabe der "Third and Long"-Kolumne. Und dabei fällt auf: In einigen Aspekten kann man die 2017er Saison im Vergleich der vergangenen Jahre durchaus als Anomalie bezeichnen.

NFL: Immer mehr und mehr Passspiel - oder?

Ein Narrativ, das jeder immer wieder hört: Das Passspiel dominiert alles. Mit Blick auf den Ausgang von Spielen - also die Bedeutung - ist das auch richtig, das Passspiel ist viel wichtiger. Quantitativ allerdings war die vergangene Saison eine auffällige Anomalie, nach jahrelang konstanten Trends.

So waren die Passing-Yards pro Spiel auf dem tiefsten Wert seit 2010 (224,4 Yards - zum Vergleich: 2016 waren es 241,5 Passing-Yards pro Spiel). Teams erreichten pro Spiel 11,6 Mal über den Pass ein neues First Down. Auch hier muss man bis 2010 zurückgehen, um einen niedrigeren Wert zu finden.

NFL Stats: First Downs via Pass pro Spiel

JahrFirst Downs via Pass pro Spiel
201711,6
201612,4
201512,3
201412,3
201312,1
201212,0
201111,7
201011,5

Die durchschnittlichen Runs pro Spiel pro Team auf der anderen Seite waren bis 2011 noch nie unter 27 gefallen. Dann fand ein konstanter Rückgang statt. Bis zur vergangenen Saison.

NFL Stats: Runs pro Team und Spiel

JahrRuns pro Team und Spiel
201726,9
201626,0
201526,3
201426,7
201327,1
201227,2
201127,3

Auch gab es erstmals seit 2014 wieder vier Teams mit über 30 Runs pro Spiel:

  • 2017: 4 Teams über 30: Buffalo (30,4), Carolina (30,6), Minnesota (31,3), Jacksonville (32,9)
  • 2016: 3 Teams über 30: New England (30,1), Buffalo (30,8), Dallas (31,2)
  • 2015: 3 Teams über 30: Seattle (31,2), Buffalo (31,8), Carolina (32,9)
  • 2014: 5 Teams über 30: Cincinnati (30,8), Jets (31,7), Dallas (31,8), Seattle (32,8), Houston (34,4)
  • 2013: 8 Teams über 30: Cincinnati (30,1), Carolina (30,2), Chargers (30,4), Jets (30,8), Philadelphia (31,2), San Francisco (31,6), Seattle (31,8), Buffalo (34,1)
  • 2012: 9 Teams über 30: Denver (30,1), Minnesota (30,4), San Francisco (30,8), Jets (30,9), Kansas City (31,2), Houston (31,8), Washington (32,4), New England (32,7), Seattle (33,5)

Die Rushing-Yards pro Play waren dabei seit 2013 sehr stabil (4,2 - 4,2 - 4,1 - 4,2 - 4,1).

Auch in der Effizienz in puncto Raumgewinn war 2017 im Passspiel dagegen ein Rückgang festzustellen. Die Net Yards pro Pass, in die Sacks mit einberechnet werden, waren seit 2005 nahezu konstant ansteigend, von 5,9 auf 6,4. 2017 fand hier erstmals ein Rückgang von mehr als 0,2 Yards statt, die Net Yards pro Pass fielen auf 6,1. Einen Rückgang um 0,3 Yards hatte es zuletzt von 1972 auf 1973 (5,7 auf 5,3) gegeben.

Auch die Adjusted Net Yards pro Pass, in die neben Sacks auch Interceptions und Touchdown-Pässe mit rein zählen - also eine der umfassendsten Pass-Statistiken - bestätigen diesen Trend: Hier waren Quarterbacks 2017 (5,9 - 2016: 6,2) auf dem niedrigsten Wert seit 2013, die Yards pro Reception (11,3) waren gar auf dem tiefsten Wert seit 2007. In der Folge waren auch die Yards pro Play (5,3) auf dem tiefsten Wert seit 2010.

Teams werden konservativer - schließt sich der Kreis?

Was verrät das? Es zeigt in gewissem Maße eine Rückkehr zu einer konservativeren Herangehensweise. Bei 1st&10 liefen Teams in der vergangenen Saison noch immer in 53 Prozent (!) der Fälle.

Auch die Formationen verraten hier einiges, denn zum ersten Mal seit Jahren befindet sich der Einsatz von 11-Personnel (also drei Wide Receiver, ein Tight End, ein Running Back) prozentual auf dem Rückgang: von 2011 bis 2016 war diese Zahl konstant von 40 auf 60 Prozent angestiegen, in der vergangenen Saison fiel sie erstmals auf 59 Prozent zurück. Und das liegt nicht an Spread-Offenses, denn die 4-Receiver-Sets waren von 2016 auf 2017 sogar rückläufig. Dafür ging 13-Personnel (ein RB, drei TE) hoch.

Zwei Erklärungsansätze liegen auf der Hand: einmal der Versuch, aus "leichteren" Defense-Fronts Kapital zu schlagen. Von 2008 auf 2015 kletterte der Anteil der Plays mit fünf oder mehr Defensive Backs laut Pro Football Focus von 43,4 auf 63,4 Prozent, seither hat es sich in diesem Bereich stabilisiert.

Die noch immer als Sub-Package bezeichneten Aufstellungen sind also die eigentliche neue Base-Defense, der dritte Cornerback (oder bei manchen Teams der dritte Safety) sind eher ein Starter als einer der Linebacker. So wird die Defense stärker gegen den Pass, gegen den Run können aber physische Nachteile entstehen. Die fast durch die Bank weg auffälligen Anstiege in der Nutzung des Run Games sind eine potentielle Antwort darauf und man kann schon 2018 eine Reaktion der Defenses - etwa durch 3-Safety-Pakete - erwarten.

Der andere Erklärungsansatz betrifft die Quarterback-Situation. Von den vier Teams mit über 30 Runs pro Spiel waren die Jaguars und die Bills bemüht, möglichst viel von den Schultern ihrer Quarterbacks zu nehmen. Bei den Vikings traf das nach der Bradford-Verletzung zumindest in Maßen ebenfalls zu, während bei Carolina der Quarterback ein elementarer Bestandteil des Run Games ist.

Und diese Liste lässt sich fortsetzen: In der weiteren Top-10 was Runs pro Spiel angeht waren mit den Colts, den Broncos und den Ravens drei weitere Teams, die 2017 bemüht waren, ihren Quarterback zu "verstecken". Die Cowboys (Rang 5) sind ebenfalls stark auf das Run Game ausgerichtet und die Rams (Rang 9) haben neben ihren Passing-Designs ebenfalls Jared Goff über das Run Game deutlich unter die Arme gegriffen.

Das Kurzpassspiel ist das dominante Offense-Stilmittel

Der oben genannte Rückgang was die Yards pro Reception und die (Adjusted) Net Yards pro Pass angeht hat derweil andere Gründe: Die Kurzpass-Offense dominiert das Bild in der NFL, und das in ganz großem Stil.

Das zeigt einerseits die prozentual massive Anzahl der Pässe, die nicht weiter als zehn Yards flogen.

NFL Passing Statistiken 2017: Kurzpassspiel

PlatzierungSpieler (Team)Pässe gesamtPässe vor der LoS (Prozent)Pässe 1-10 Yards (Prozent)
1.Trevor Siemian (Broncos)34942 (12%)188 (53,9%)
2.Dak Prescott (Cowboys)49061 (12,4%)263 (53,7%)
3.Josh McCown (Jets)39782 (20,7%)210 (52,9%)
4.Eli Manning (Giants)57198 (17,2%)296 (51,8%)
5.Aaron Rodgers (Packers)23853 (22,3%)121 (50,8%)
6.Carson Wentz (Eagles)44065 (14,8%)215 (48,9%)
7.Joe Flacco (Ravens)549112 (20,4%)268 (48,8%)
8.Jacoby Brissett (Colts)46996 (20,5%)227 (48,4%)
9.Tyrod Taylor (Bills)42077 (18,3%)202 (48,1%)
10.Matt Ryan (Falcons)52967 (12,7%)254 (48%)
11.Russell Wilson (Seahawks)55386 (15,6%)253 (47,8%)
12.Brett Hundley (Packers)31674 (23,4%)150 (47,5%)

Zahlen von ESPN und Inside the Pylon. Quarterbacks sind nach prozentualen Pässen in der 1-10-Yard-Range sortiert.

Ergänzend hierzu: Fünf Quarterbacks mit mindestens 225 Passversuchen haben insgesamt 70 Prozent ihrer Pässe zehn Yards oder kürzer geworfen: Josh McCown (73,6%), Aaron Rodgers (73,1%), Alex Smith (72,2%), Drew Brees (71,5%) und Brett Hundley (70,9%). Kein Quarterback mit über 200 Pässen hat weniger als zehn Prozent davon vor die Line of Scrimmage geworfen.

Screens und kurze Pässe sind das bevorzugte Mittel der Wahl: Quarterbacks bekamen den Ball in den vergangenen Jahren im Schnitt in 2,67 Sekunden weg, von 2011 bis 2013 waren es noch 2,77 Sekunden. Das macht Interior-Pressure noch wichtiger, da Verteidiger so den schnelleren Weg zum Quarterback haben. Interior-Pressure hat ohnehin eine größere Auswirkung auf die Offense als Edge-Pressure.

Und weiter: Während 2016 noch 14 Quarterbacks mit mindestens 200 Pässen auf über 9,5 Intended Air Yards pro Pass kamen (also wie weit sie den Ball im Schnitt werfen), erreichten in der vergangenen Saison nur acht Quarterbacks mit wenigstens 200 Pässen diesen Wert.

Nur drei Quarterbacks waren in beiden Jahren in der Top-10: Ben Roethlisberger (2016: 9,9/2017:9,5), Carson Palmer (10,2/9,7) und Jameis Winston (10,8/10,7). Und mit Arizonas Downfield-Offense bricht nach dem Rücktritt von Bruce Arians ein verlässlicher Stat-Lieferant weg: In der Vorsaison waren alle drei Cardinals-Quarterbacks - Drew Stanton (10,8), Palmer und Blaine Gabbert (9,5) - in der Top-10. Auch wenn Stanton (159 Pässe) und Gabbert (171) für meine oben gelistete Auswertung nicht zählen.

Eine weitere Statistik, die diesen Trend bestätigt: 2016 warfen noch 19 Quarterbacks (wieder: Minimum 200 Pässe) im Schnitt bis zum oder weiter als den First-Down-Marker. 2017 ging diese Zahl auf 12 QBs zurück.

NFL: Der Siegeszug der Run Pass Option

Zusammenfassung bis dato: Teams werden konservativer, sei es in der rein nummerischen Nutzung des Run Games oder auch in der Art und Weise, wie das eigene Passing Game aufgezogen wird. Das Kurzpassspiel bestimmt hier das Denken und hilft dabei, die bei so vielen Teams eklatanten O-Line-Probleme zu kaschieren.

Ein anderes Stilmittel hierfür ist spätestens seit dem Super-Bowl-Triumph der Eagles jedem geläufig sein dürfte, sind die Run Pass Options. Philly nutzte die RPOs bei insgesamt 207 Plays inklusive der Playoffs, mehr als irgendein anderes Team. Auch in der Regular Season führte Philadelphia diese Statistik mit 181 RPOs an, vor Kansas City (168) und Green Bay (143).

Der Liga-Schnitt lag bei 63, Baltimore rangierte mit lediglich elf gespielten Run Pass Options auf dem letzten Platz - und die ligaweite Completion Percentage bei Run Pass Options lag 2017 bei 78 Prozent. Zum Vergleich: Der gesamte Passing-Completion-Schnitt 2017 war 62,1 Prozent, übrigens ebenfalls der tiefste Wert seit 2013. Man kann getrost davon ausgehen, dass RPOs in der kommenden Saison eine noch größere Rolle einnehmen werden.

NFL: Play Action hilft (fast) jedem

Die zweite Option neben den RPOs, um dem Quarterback signifikant unter die Arme zu greifen, ist das gute alte Play-Action-Passspiel - das unerklärlicherweise noch immer von Teams (Raiders, ich schaue in eure Richtung) mitunter äußerst stiefmütterlich behandelt wird. Dabei sind die Erfolge offensichtlich, ich empfehle hierfür auch diese Pro-Football-Focus-Analyse zu dem Thema.

Daraus ist unter anderem zu entnehmen, dass über die letzten drei Jahre nahezu jeder Quarterback (mindestens 850 Pässe) einen Anstieg seines Passer-Ratings mit Play Action verbuchen konnte. Die einzigen Ausnahmen: Aaron Rodgers (dessen Passer-Rating ohne Play Action über diesen Zeitraum schon derart hoch ist, dass der Unterschied zu Play Action schlicht sehr gering ist), Derek Carr, Ben Roethlisberger und Joe Flacco.

Football Outsiders hat zudem die Play-Action-Zahlen von 2011 bis 2017 ausgewertet, dabei wird klar: Teams verzeichnen bei 1st&10 fast zwei volle Yards pro Play mehr (8,2 vs. 6,4) bei Play Action, verglichen mit anderen Pässen. Die Diskrepanz ist bei anderen Spielsituationen nicht mehr ganz so hoch, generell aber erzielen Play-Action-Pässe fast durch die Bank weg größere Raumgewinne. Ausgenommen: 3rd&3-10, hier ist die Yards-pro-Play-Zahl identisch.

Play Action - und der Mythos des Zusammenhangs

Letzteres ist eine gute Überleitung auf einen anderen zentralen Punkt: Wichtig für ein gutes Play-Action-Passspiel ist nicht das Run Game selbst - entscheidend sind Spielsituation, Ausübung des Fakes und die Unvorhersehbarkeit der eigenen Formation. In langen Third-Down-Situationen ist rein taktisch die Bedrohung durch das Run Game - unabhängig davon, wie gut das Run Game ist - geringer; schlicht und ergreifend weil ein Laufspielzug unwahrscheinlicher ist. Deshalb ist Play Action hier ineffizienter.

Die große Diskrepanz bei 1st&10 dagegen zeigt: Defenses erwarten (wie oben anhand der Laufspielzüge bei diesem Down aufgezeigt zurecht) hier häufiger einen Run, sind am ehesten in ihrer Base-Formation. Wenig überraschend ist das Play-Action-Passspiel am erfolgreichsten (8,3 Yards pro Play) bei 1st&10 mit dem Quarterback Under Center.

Die Qualität des eigenen Run Games dagegen hat keine Auswirkungen auf die Qualität des Play Action Games. So lässt sich kein statistischer Zusammenhang zwischen den Yards pro Run und den Yards pro Play Action Pass feststellen. Die PFF-Studie zeigt vielmehr auf, dass auch schlechte Rushing-Teams (Teams mit unter 3,5 Yards pro Run) bei normalen vs. Play-Action-Pässen den gleichen Anstieg im Passer Rating sehen.

Die Patriots sind hier einmal mehr am Puls der Zeit: Laut PFF hatte New England 2016 das beste Play-Action-Passer-Rating (131,6) und prompt warf Tom Brady 2017 insgesamt 151 Play-Action-Pässe, mehr als irgendein anderer Quarterback in einer Saison über die vergangenen drei Jahre. Wenn wir davon ausgehen, dass Run Pass Options eine größere Rolle einnehmen, dann sollten die drastischen Erfolge etwa von Case Keenum und Marcus Mariota Teams auch dazu inspirieren, der Defense durch mehr Play Action das Leben noch schwerer zu machen.

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