NFL Third and Long: Seahawks, Panthers, Packers und Co. - die neuen Offenses

Von Adrian Franke
12. Juni 201810:07
Die Seahawks, Vikings, Packers und Panthers gehen 2018 mit neuen offensiven Ausrichtungen an den Start.getty
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Die Seattle Seahawks mit einer 180-Grad-Drehung? Die Carolina Panthers mit einer Offense, die sehr gut zu Cam Newton passen könnte? Radikaler Umbruch und doch vieles beim Alten in Minnesota? Und die Green Bay Packers mit einem ganz neuen Gesicht? SPOX-Redakteur Adrian Franke nimmt in der neuen Ausgabe seiner Kolumne die neuen Offenses der NFL unter die Lupe.

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Die Packers, die Panthers, die Seahawks und die Vikings: einige der Top-Teams könnten 2018 offensiv ein ganz anderes Gesicht präsentieren. Klare Umbrüche in der Philosophie, neue Coaches, neue Spieler - alle vier Teams könnten in einem halben Jahr schematisch deutlich verändert daherkommen.

Wie konkret könnte das aussehen? Welche neuen Ideen erhalten Einzug, wo wird an der grundsätzlichen Scheme-Philosophie gefeilt? In der neuen "Third and Long"-Ausgabe werden diese vier Teams, die allesamt mit neuem Offensive Coordinator unter altem Head Coach an den Start gehen, genauer analysiert.

Einige der ligaweit neuen Offenses wurden dementsprechend hier nicht berücksichtigt, weil sie bereits in den vergangenen Wochen ausführlicher erklärt wurden. Konkret gemeint sind:

Analyse: Seattle Seahawks

Neuer Offensive Coordinator: Brian Schottenheimer.

Bisherige Prägung: Air Coryell und eine Mischung aus Power und Outside Zone Run Game.

In einem Satz: Ein vertikales Passspiel mit überdurchschnittlich viel Play Action, ergänzt durch ein Run Game, welches die Defense in die Breite zieht.

Analyse: Wenn es in der heutigen NFL um die Frage nach Sieg oder Niederlage geht, ist das Passspiel der maßgebliche Faktor. Da ist die folgende Aussage Schottenheimers vor ein paar Tagen durchaus kritisch zu hinterfragen: "Meine Offenses waren immer dann am stärksten, wenn wir den Ball in den Momenten laufen konnten, in denen die Defense einen Run erwartet hat. Und wir konnten Pässe anbringen, wenn die Defense einen Pass erwartet hat. Das gibt einem einfach die Balance, die man für Erfolg braucht."

Dazu ein klares: Sind Sie sicher, Herr Schottenheimer? Eine gute Balance ist garantiert kein Nachteil und ein dominantes Run Game bringt einige Vorteile mit sich - etwa die größere Kontrolle über die Uhr und damit verbunden eine Entlastung für die eigene Defense. Auch kann es einer Defense sehr wohl Schwierigkeiten bereiten, wenn die Offense in ihren Run-Formationen vielseitig ist und so die Defense dazu bringt, häufiger eine Base-Defense als ein Sub-Package aufs Feld zu schicken.

Allerdings, und das kann man nicht häufig genug betonen, gibt es statistisch keinen nennenswerten Zusammenhang zwischen gutem Passspiel und gutem Run Game, genau wie es keinen nennenswerten Zusammenhang zwischen einem guten Run Game und einem effizienten Play-Action-Passspiel gibt.

Bei Letzterem geht es einzig darum, wie gut der Fake verkauft wird; Verteidiger lesen in diesem Sekundenbruchteil bestimmte Bewegungen und können nicht darüber nachdenken, ob das Run Game des Gegners eigentlich in der Gesamtanalyse eine Gefahr darstellt.

Und dennoch, das hatte Head Coach Pete Carroll schon letztes Jahr betont, soll das Run Game auch quantitativ wieder eine größere Rolle einnehmen - was zumindest in der Vorsaison nicht klappte. Die Seahawks waren 2017 ein teilweise historisch schlechtes Rushing-Team. Ein Beispiel: Die Seahawks hatten in der Vorsaison 23 Runs innerhalb der gegnerischen 10-Yard-Line - für insgesamt 0 Yards. Zum Vergleich: 31 Spieler kamen ligaweit in diesem Bereich individuell auf mindestens 20 Rushing-Yards. 50 Runs für Minus-Yards hatten die Seahawks 2017. Das sind Blocking- und Scheme-Probleme, keine Running-Back-Probleme.

Seahawks: Rushing-Stats über die vergangenen Jahre:

JahrRun-VersucheLiga-Platzierung RunsYards pro Run
2017409204,0
2016403203,9
201550034,5
201452525,3
201350924,3
201253614,8
2011444154,0

Schottenheimers Verpflichtung passt zu Carrolls Wunsch. Schon bei seinen vergangenen NFL-Stationen arbeitete er bei den Jets und den Rams unter Head Coaches, die auf Defense und Run Game setzen. Auch der unerwartet hohe Draft-Pick, den Seattle in Running Back Rashaad Penny investierte, passt in diese Theorie: Penny ist nicht nur ein 3-Down-Back, er ist auch einer der besten Contact-Runner der diesjährigen Draft-Klasse. Ein Element, das die Offense mit Marshawn Lynch so stark machte.

In jedem Fall wird sich die generelle Herangehensweise verändern, wo in Seattle in den vergangenen Jahren das Zone Blocking dominierte, werden unter Schottenheimer deutlich mehr Power-Elemente Einzug erhalten. Und auch im Passspiel könnte es eine 180-Grad-Drehung geben: Seattles Passing Game war über die vergangenen Jahre konstant in der West Coast Offense geprägt - Schottenheimer bringt gewissermaßen den gegensätzlichen Ansatz dazu mit.

In der Air Coryell Offense ist der vertikale, lange Pass die oberste Priorität, in der West Coast Offense bauen die meisten Konzepte auf horizontalen Pässen auf. Schottenheimer, unter dem außerdem das Play-Action-Spiel und Pre-Snap-Motion - gute Aussichten für Wilson - hoch gehen dürften, setzt gerne auf lange Routes und tiefere Route-Kombinationen. Das setzt natürlich die Offensive Line unter Druck, da diese Pässe tiefere Dropbacks des Quarterbacks und somit auch längere Zeit bis zum Pass erfordern.

Nach wie vor stecken in Seattles Line durchaus beachtliche Ressourcen, jetzt wird sich zeigen, ob das Coaching in den vergangenen Jahren wirklich das Problem war - oder ob es ein Talent-Problem ist. Zu Wilson und dem Receiving Corps sollte das neue Passspiel passen: Doug Baldwin ist einer der gefährlichsten Downfield-Slot-Receiver, Tyler Lockett eine explosive Speed-Waffe. Beides passt zu einem vertikaleren Ansatz, und dass der lange Pass eine der Stärken Wilsons ist, ist kein Geheimnis.

Analyse: Carolina Panthers

Neuer Offensive Coordinator: Norv Turner.

Bisherige Prägung: Klassische Air Coryell Schule.

In einem Satz: Vertikales Passspiel in dem der Running Back und der Tight End prominente Rollen haben, sowie ein Power Run Game.

Analyse: Wenn man die Air Coryell Offense auf ihre Basiselemente runterbrechen will, könnte man mit diesen Punkten starten:

  • Ein vertikales Passspiel mit vielen Downfield-Pässen und tiefen Dropbacks für den Quarterback.
  • Ein Power Run Game, welches die durch die vertikalen Routes geschaffenen Räume ausnutzen soll.
  • Ein Fokus auf das Play Action Passspiel, um beides zu verbinden.
  • Ein Tight End als Downfield-Receiver.

Die älteren Cowboys-Fans können bestätigen, dass diese Elemente exakt das Grundgerüst der Turner-Offense beschreibt. Anfang der 90er Jahre verpasste Turner der Cowboys-Offense eine Generalüberholung, Big Plays im Passspiel ebneten den Weg für Emmitt Smith und das Power Run Game: Vor jenen Cowboys-Teams hatte noch kein Team den Super Bowl gewonnen, das den Leading-Rusher dieses Jahres in seinen Reihen hatte; Turner und Smith änderten das.

Direkt fallen zwei Dinge auf: Cam Newtons Stärke ist das Downfield-Passing-Game. Er wird nie ein konstant akkurater Kurzpass-Quarterback sein, ein Passspiel rund um viele lange Pässe herum aufzubauen macht also definitiv Sinn. Darüber hinaus legen die Panthers seit Jahren einen Fokus auf ihr Power Run Game. Es war auch in der fast perfekten 2015er Saison ein zentrales Element dieses Teams, in Kombination mit Newtons Rolle als Runner kann es eine gefährliche Waffe sein.

Hier allerdings wartet auch prompt das erste große Fragezeichen: Wie genau wird Turner Newton einsetzen? Seine Qualitäten im Run Game sind ohne Frage eine seiner besten Eigenschaften und ein Weg, wie Newton konstant Spiele zugunsten der Panthers beeinflussen kann. Seine 5,4 Yards pro Run in der Vorsaison bei 139 Carries sind ein ligaweiter Spitzenwert. Turner ließ zumindest durchblicken, dass er Newton ebenfalls intensiv als Runner einsetzen wird - das würde dem Norv-Turner-Scheme, wie wir es bisher kennen, eine neue Dimension geben.

Auch wenn man sich weiter mit dem Kader und den Idealvorstellungen von Turner beschäftigt, findet man gute Fits. Ein Problem war die Tatsache, dass Christian McCaffrey nicht nur in Pass-Protection große Probleme hatte, sondern auch bei den Power-Runs viel zu wenig zeigte. Der nach seiner Entlassung in Denver verpflichtete C.J. Anderson soll hier jetzt helfen, während McCaffrey eine Darren-Sproles-ähnliche Rolle - Sproles hatte einst bei den Chargers unter Turner gespielt - einnehmen könnte.

Darüber hinaus will Turner einen Tight End, der vertikale Routes läuft und eine echte Bedrohung im Passspiel ist; Greg Olsen ist genau das, und dahinter steht mit Rookie Ian Thomas eine weitere Option für exakt diese Rolle zur Verfügung. Ein anderer großer Vorteil: Rob Chudzinski brachte Turners grundsätzliche Philosophie und vor allem die Terminologie 2011 und 2012 mit nach Carolina. Seither hat sich die Offense verändert, wie Turner selbst aber feststellte, ist die Sprache in weiten Teilen identisch geblieben. Das sollte den Lernprozess erheblich beschleunigen.

Und dann ist da noch die Frage, welche Anpassungen Turner zusätzlich zum laufenden Quarterback vornimmt - hier kann man zumindest ein wenig spekulieren. Die Air Coryell Offense hat immer Elemente eingebaut, um kürzere Raumgewinne zu erzielen. Das soll einerseits die Räume ausnutzen, die das vertikale Passspiel schafft, andererseits soll es auch verhindern, dass sich die Defense zu sehr auf die Downfield-Routes konzentriert.

Zu einem nicht unerheblichen Teil gehört dem Power Run Game diese Rolle, doch auch Underneath-Routes sind hier ein wichtiges Mittel. Turner könnte diesen einen größeren Fokus einräumen: Einmal durch McCaffrey selbst, aber auch Curtis Samuel ist in diesem Bereich des Feldes zuhause.

Und dann ist da der Erstrunden-Pick dieses Jahres, entschieden sich die Panthers doch gegen einen großgewachsenen, physischen Receiver und stattdessen für D.J. Moore; Moore hat die Geschwindigkeit für die tiefen Routes, kann aber auch im Slot eingesetzt werden, und wird eher mit seinem Route-Running Separation kreieren. Ein klares Umdenken im Vergleich zu den Kelvin-Benjamin/Devin-Funchess-Jahren.

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Analyse: Green Bay Packers

Neuer Offensive Coordinator: Joe Philbin.

Bisherige Prägung: West Coast Offense.

In einem Satz: Klassische West Coast Offense, geprägt durch kurze und mittellange Pässe sowie ein Zone-Blocking Scheme.

Analyse: "Wir gehen mit einer "Zurück zu den Wurzeln"-Einstellung an die Sache ran. Wir werden das Playbook so aufbauen, wie man es im ersten Jahr eines neuen Trainerstabs machen würde." Eine solche Aussage klingt drastisch, und legt erst einmal nahe, dass ein Team eine Generalüberholung benötigt - und nicht, dass es den talentiertesten Quarterback in der NFL in seinen Reihen hat und somit unweigerlich im Win-Now-Modus sein muss.

Und doch könnte man bei den Packers in beide Richtungen argumentieren, was ganz hervorragend den jahrelangen Zwiespalt innerhalb der Packers-Offense beschreibt: Wo Head Coach Mike McCarthy auf der einen Seite auf die West Coast Offense setzt - also ein eher kurzes Passspiel, in dem Rhythmus und Timing eine ganz zentrale Rolle spielen - steht Aaron Rodgers auf der anderen Seite dem mit seinen Improvisationsfähigkeiten, seinen unglaublichen Pässen außerhalb der Struktur und der Pocket sowie seinem Sandkasten-Spielstil gegenüber.

Anders gesagt: Rodgers größte Stärke und ein zentraler Part seiner Vorstellung von Quarterback-Play steht im direkten Gegensatz zu den Grundprinzipien der West Coast Offense. Das macht die eingangs erwähnten Äußerungen von McCarthy so spannend, gerade auch in Kombination mit Philbin.

Die beiden kennen sich bestens. Als McCarthy die Packers 2006 als Head Coach übernahm, hielt er Philbin. Der hatte seit 2003 teilweise die Offensive Line, teilweise die Tight Ends trainiert - und wurde 2007 zum Offensive Coordinator befördert. Bis 2011 hatte er diesen Posten inne, also in einigen der besten Jahre von Aaron Rodgers inklusive der Titel-Saison. Dann übernahm er selbst als Head Coach die Miami Dolphins, jetzt also ist Philbin zurück in Green Bay.

Wie kann man in diesem Zusammenhang McCarthys Aussage interpretieren, wenn man weiß, dass McCarthy und Philbin die gleiche grundsätzlichen Vorstellungen vom Spiel haben? Wie groß kann der Umbruch tatsächlich werden?

Zumindest lässt sich festhalten, dass die Packers-Offense ist in den vergangenen Jahren zu ausrechenbar und zu fehleranfällig geworden war. Das lag nicht zuletzt an den oben erklärten Gegensätzen: Green Bay wurde offensiv immer stärker von Aaron Rodgers abhängig und knackte Gegner zu selten über das Scheme. Hatte Rodgers einen schlechten Tag oder traf das eigene Receiving-Corps auf eine überlegene Secondary, funktionierten die Isolation-Routes nicht und die Offense hatte keine Alternativen parat.

Ein Lösungsansatz könnte es also sein, Rodgers' Stil besser in die Struktur des Schemes einzubinden und ihn selbst gleichzeitig auch besser an die Struktur der Offense zu binden. Beispielsweise durch einen intensiveren Einsatz von Run Pass Options, um ihm klare Reads zu geben und so das schnelle West-Coast-Passspiel zu ermutigen.

Mehr Rollout Play Action auf der anderen Seite kombiniert mit Option-Routes der Receiver könnte Rodgers' Improvisationstalent und seine Athletik besser zur Geltung bringen, ohne gleich in einen Improvisations-Modus zu verfallen. So könnte man auch das Timing und die Abstimmung zwischen den Bewegungen des Quarterbacks und den Routes der Receiver besser bewahren.

Die Packers werden nicht plötzlich in eine völlig andere Offense verfallen. Einige der oben genannten Elemente mit den Basis-Prinzipien der West Coast Offense zu mischen könnte allerdings sehr positive Auswirkungen haben.

Analyse: Minnesota Vikings

Neuer Offensive Coordinator: John DeFilippo.

Bisherige Prägung: Vielseitig. West Coast Offense zuletzt als Basis, geprägt aber eher durch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.

In einem Satz: Ein Coach, der besonders viel Wert darauf legt, das Scheme an die Stärken der Spieler und vor allem des Quarterbacks anzupassen und mehr auf einzelne, funktionierende Konzepte statt auf übergreifende, grundsätzliche Scheme-Ideen setzt.

Analyse: Kein neuer Offensive Coordinator muss ein schwierigeres Erbe antreten. DeFilippo beerbt bei den Vikings Pat Shurmur, der in der vergangenen Saison um Case Keenum herum eine spektakuläre Offense aufbaute - auch ohne Dalvin Cook, der sich bereits früh verletzte. Sehr gute Route-Kombinationen, viel Motion und viel Hilfe für die Receiver direkt beim Release, etwa gegen Press Coverage waren einige der zentralen Themen.

Außerdem auffällig dabei: Shurmurs Offense war nicht in einer konkreten Offensiv-Philosophie beheimatet. Man sah die West-Coast-Einflüsse, aber auch Spread- und Tempo-Elemente sowie den Willen zum vertikalen Passspiel - alles Aspekte aus verschiedenen Philosophien, die Shurmur über die Jahre bei verschiedenen Coaches aufgeschnappt hatte. Dabei half er Keenum nicht nur mit den Route-Konzepten, sondern beispielsweise auch mit einer Play-Action-Rate von fast 30 Prozent und vielseitigen Formationen, um die Defense zu verwirren.

Die gute Nachricht für alle Vikings-Fans: Diese Freiheit von dogmatischen Scheme-Ideen sollte sich unter DeFilippo fortsetzen. "Ich bin zwar noch ein junger Coach, hatte aber schon mit vielen verschiedenen Offenses zu tun", stellte DeFilippo bereits vor einigen Wochen klar. "Wir werden uns zuerst anschauen, was die Vikings letztes Jahr gut gemacht haben. Wenn sie bestimmte Dinge gut gemacht haben und die den Spielern liegen, gibt es keinen Grund, diese Dinge zu ändern."

Vor diesem Hintergrund sehen meine Erwartungen für die Vikings-Offense so aus: Ich gehe davon aus, dass wir keine gänzlich neue Offense sehen werden, sondern eher Kontinuität in einigen Bereichen und spezifische einzelne Änderungen zusätzlich dazu. Beispielsweise waren die Eagles, DeFilippos Ex-Team, zuletzt ebenfalls sehr Play-Action-lastig - funktioniert hat dieses Element für Minnesota und für Philadelphia, während Kirk Cousins in Washington auch viel mit Play Action gearbeitet hat. Warum es also ändern?

Gleichzeitig hat DeFilippo in Philadelphia gesehen, welche Einflüsse ein gut aufgezogenes Run-Pass-Option-Game haben kann. Das dürfte sich in Minnesota fortsetzen. DeFilippo spricht auch nur zu gerne davon, wie wichtig es für ihn ist, Verteidiger in eine schlechte Position zu bringen. Bunch Formations und Switch Releases werden also - wie letztes Jahr schon - auch 2018 in Minnesota häufig zu sehen sein.

Im Idealfall erleben Vikings-Fans unter DeFilippo, der zudem gerne auch auf Tight Ends und Receiving-Backs im Passspiel setzt, also eine Weiterentwicklung der in der Vorsaison so erfolgreichen Offense, mit der permanenten Bereitschaft, sich in anderen Schemes andere Konzepte rauszupicken.

SPOXSpox

Und sonst? Rams, Steelers, Eagles und Co.

Einige Teams, die neue Offensive Coordinator haben, sind hier nicht aufgelistet. Die Kansas City Chiefs, die Miami Dolphins, die Los Angeles Rams und die Philadelphia Eagles haben zwar ihre Coordinator ausgetauscht beziehungsweise verloren, doch werden die Offenses bei diesen Teams ganz eindeutig durch die Head Coaches geprägt. Insofern wird es bei diesen Teams keinen Umbruch geben.

Die Pittsburgh Steelers sind eine Mischform. Randy Fichtner übernimmt zwar für Todd Haley, nach elf Jahren als Receiver- und Quarterbacks-Coach bei den Steelers ist auch hier aber keine gravierende Änderung zu erwarten.

Fichtner dürfte eher an einigen Schrauben drehen. So ist zu erwarten, dass mehr Tempo und No-Huddle in die Offense kommen wird, einhergehend damit soll Ben Roethlisberger - der zu Haley über die Jahre immer wieder eine komplizierte Beziehung hatte - mehr Freiheiten vor allem an der Line of Scrimmage bekommen. Das war zwischen Big Ben und Haley ein häufiger Diskussionspunkt. Die Steelers-Offense dürfte schneller und weniger komplex werden.

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Bridgewater, Mariota, Patriots, Favoriten - eure Fragen

Luca Papuca: Welches Team wäre passend für Teddy Bridgewater, sollte der tatsächlich noch getradet werden?

Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Buffalo viel Sinn gemacht hätte, gerade mit der Entscheidung für Josh Allen - dieser Zug aber scheint längst abgefahren. Generell gehe ich bei Bridgewater davon aus, dass wir im Falle eines Trades mutmaßlich von einer Verletzung sprechen, also dass sich der Starter eines Teams mit (größeren) Ambitionen oder einem Coach unter Druck schwerer verletzt und dahinter keine passable Option bereit steht.

Das macht die Beantwortung der Frage natürlich äußerst spekulativ, aber ein paar Teams, die diese Kriterien im Falle einer Starting-Quarterback-Verletzung erfüllen würden, wäre für mich unter anderem Denver, wo Bridgewater von einem Quarterback-freundlichen Scheme und einem sehr guten Receiver-Corps profitieren könnte und Paxton Lynch kaum noch Vertrauen genießt. Auch Cincinniati kann ich mir hier vorstellen: Die Bengals haben hinter Andy Dalton Matt Barkley und Jeff Driskel.

Aber noch einmal: Bridgewaters mögliche Trade-Optionen werden sehr stark von äußeren Faktoren abhängen. Die Jets werden ihn sicher ins Schaufenster stellen - kommt aber kein Trade zustande, kostet er New York als Backup auch nicht viel und dürfte dann auf dem Free-Agent-Markt im kommenden Jahr einen guten Compensatory Pick einbringen.

Veit Ellerbrock: Mariota hat einen neuen Coach und einen passenden Offensive Coordinator. Glaubst du, er macht dieses Jahr den großen Sprung, den ihm viele zutrauen, und lässt Jameis Winston deutlich hinter sich?

Kurz gesagt: ja. Ich erwarte von Mariota in einer modernen Spread-Option-Offense unter Matt LaFleur einen deutlichen Sprung nach vorne - und sehe nicht so ganz, wo dieser Sprung bei Winston mit dem alten Trainerstab plötzlich herkommen soll. Das soll nicht heißen, dass Winston schlecht ist, auch letztes Jahr hatte er wieder sehr gute Phasen.

Aber er ist nun mal inkonstant und wird die Gunslinger-Mentalität nie komplett ablegen. Die Waffen sind da, das waren sie letztes Jahr aber auch. Helfen sollten ihm die Verbesserungen in der Offensive Line, ich gehe aber davon aus, dass die allermeisten Mariota zum gleichen Zeitpunkt im nächsten Jahr definitiv vor Winston einordnen.

Henning Dierks: Aktuelle Power Rankings sind immer spannend für die aktuelle Lage, aber welche Franchises siehst du auf einem guten Weg für die nächsten zwei bis drei Jahre (neben den Patriots und den Eagles)?

Wenn wir von drei Jahren sprechen, würde ich auf drei Dinge schauen: Wie alt ist der Quarterback? Wie alt und wie lange gebunden sind die Säulen des Teams? Wie sieht der Trainerstab aus?

Ganz oben mit dabei: Die Falcons. Matt Ryan (33 Jahre alt/Vertrag bis 2024), Julio Jones (29/2021), Desmond Trufant (27/2023), Alex Mack (32/2021), Devonta Freeman (26/2023), Keanu Neal (22/2021) und Deion Jones (23/2020) sind der Kern dieses Teams, und das definitiv noch für mehrere Jahre.

Jake Matthews (26/2019) wird einen neuen Vertrag bekommen, Grady Jarrett (25/2019) mutmaßlich auch. Vic Beasley kann sich bis 2020 noch für einen eben solchen empfehlen - und dazu kommt mit Calvin Ridley ein sehr vielversprechender Receiver dazu, der erst einmal für die nächsten fünf Jahre unter dem günstigen Rookie-Vertrag spielt. Dieses Team ist noch immer mitten im Titelfenster.

Ansonsten: Die 49ers haben noch einige offensichtliche Baustellen, in puncto Team-Building aber sind sie auf einem sehr guten Weg. Die Chicago Bears könnten, wenn wir von einem Dreijahresfenster sprechen, ebenfalls in diese Richtung vorstoßen. Houston und Tennessee sollte man da ebenfalls auf dem Zettel haben.

Lukas Wetter: Was hältst du von der Entwicklung in Jacksonville? Noch stärkerer Fokus auf das Run Game und Abgänge von Hurns und Robinson - werden sie an die letzte Saison anknüpfen können?

Einerseits finde ich den Ansatz in Jacksonville faszinierend, einfach aus reinem Interesse um zu sehen, wie weit man so kommen kann und wo nach oben die Grenzen liegen. Nüchtern betrachtet aber sehe ich vor allem ein Team, das Gefahr läuft, das Titelfenster einer Elite-Defense zu verspielen, weil man zu lange an Blake Bortles festhält.

Die Jaguars werden versuchen, über das Run Game und mit jeder Menge Screens und Play Action zu agieren - und sie werden versuchen, so wenig wie möglich auf Bortles abzuladen. Das kann in einem gewissen Maße funktionieren, weil die Defense so stark ist. Gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass das Run Game auch mit Fournette nicht gerade reihenweise Gegner dominiert hat.

Anders gesagt: Früher oder später werden sich die Jags auf ihr Passspiel verlassen müssen, und es ist völlig spekulativ, ob Bortles dann liefert (wozu er in der Lage ist!) oder eben nicht.

torQ.game.ada: Könntest du auf die wichtigsten Schemes für die Secondary eingehen (Cover 3, Cover 2, Man Coverage, ...) und v.a. darauf, was das genau für das Personal bedeutet? Welche Positionen benötigt man, welchen Anforderungen muss der DB genügen, welche Voraussetzungen mitbringen?

An sich eine Frage, über die man viel detaillierter schreiben könnte (oder müsste), aber ich freue mich immer, wenn das taktische Interesse wächst und versuche das mal so mundgerecht wie möglich zu beantworten.

  • Cover 3: Die Zahlen beschreiben die tiefen Coverage-Zonen. Cover 3 also heißt, dass der tiefe Bereich des Feldes durch drei Spieler - in aller Regel ein Free Safety und zwei Cornerbacks - abgedeckt wird. Der Strong Safety als viertes Mitglied der Base-Secondary spielt näher an der Line of Scrimmage und ist so gegen Tight Ends und gegen den Run präsenter. Der Free Safety muss eine große Reichweite haben. Die außergewöhnliche Kombination von Earl Thomas als Free Safety und Kam Chancellor als Strong Safety war ein maßgeblicher Erfolg für die dominanten Jahre der Seahawks-Defense in diesem Scheme.
  • Cover 2: In einer Cover 2 teilen sich die beiden Safeties den tiefen Bereich des Feldes auf, es braucht also keinen Safety mit Thomas' Reichweite oder Chancellors physischer Präsenz. Die Position ist nicht so wichtig wie die Safeties in einer Cover 3. Ansonsten kann die Coverage ganz unterschiedlich aussehen: Die Underneath-Coverage kann komplett über Zone oder Man Coverage funktionieren, man spricht dementsprechend von "Cover 2 Zone" und "Cover 2 Man" - und benötigt entsprechend unterschiedliche Verteidiger, je nachdem, ob man Man oder Zone vor den beiden tiefen Safeties spielen will. Generell geben die beiden tiefen Safeties den Cornerbacks mehr Freiheiten, etwa für aggressivere Press Coverage, erfordern von ihnen gleichzeitig aber mehr Verantwortung zum Beispiel in der Run-Defense.
  • Cover 1: Ein Man-to-Man-Scheme. Cover 1 bedeutet meist, dass ein tiefer Safety gewissermaßen als letzte Absicherung fungiert, ansonsten wird Man Coverage gespielt. Dementsprechend aggressiv kann man mit den übrigen zehn Spielern zu Werke gehen, Cover 1 ist etwa eine beliebte Coverage, um zu blitzen. Der tiefe Safety muss hierfür eine enorme Reichweite und gute Antizipation haben, muss er doch die Routes lesen und erahnen, wo er gebraucht wird. Die Cornerbacks müssen ihre Stärken in Man Coverage haben, der Strong Safety ist hieraus häufig für den Tight End zuständig - kann aber auch als Blitzer eingesetzt werden.
  • Cover 0: Die aggressivste Form der Coverage. Es gibt keinen freien Zone-Verteidiger und keinen tiefen Safety, überall wird Man Coverage gespielt. In der Folge die Blitz-Möglichkeiten am vielseitigsten, gleichzeitig gibt es auch keinen Spielraum für Fehler in der Coverage.

Jan-Philipp Gosdzick: Wie wahrscheinlich ist es für dich, dass die Patriots den Super Bowl holen - und wenn nicht die Patriots, wer dann? Ich weiß, eine sehr schwere Frage weil ja noch nichts so richtig losgegangen ist, aber mit Blick auf Wechsel, Trades und die neuen Head Coaches?

Die Patriots sind auch in der kommenden Saison wieder der Favorit in der AFC - so lange, bis die Chargers bewiesen haben, dass sie ihre Qualität auch auf den Platz bringen können oder die Steelers bewiesen haben, dass sie New England in einem entscheidenden Spiel schlagen können. Mit Belichick, Brady und Gronk sowie einer in meinen Augen klar verbesserten Front würde ich die Pats heute wieder mindestens ins AFC Championship Game tippen, wo natürlich auch Verletzungen und Tagesform eine große Rolle spielen.

Gleichzeitig gilt aber: Die NFC ist in der Spitze mit Philly, Minnesota, New Orleans, Atlanta, den Rams und potentiell auch den Packers deutlich besser besetzt. Müsste ich also jetzt wetten, würde mein Geld eher auf einem NFC-Team als Super-Bowl-Sieger-Conference liegen.