Die Gründung der Packers war eine eher ruhige, fast unbedeutend anmutende Angelegenheit. Selbst für die damalige Zeit.
Im alten Gebäude der Green Bay Press-Gazette hatten der Journalist George Calhoun und Earl Louis "Curly" Lambeau ein Football-Team gegründet. Es war der 11. August 1919, und die Gründung ging ohne Ankündigung oder direkt anschließenden Bericht in der Zeitung, ohne Dokumentation der anwesenden Beteiligten über die Bühne.
Es dauerte einige Tage, ehe die Gazette schließlich vermeldete, dass die mit Dosenfleisch handelnde Indian Packing Company - für die Lambeau im Versand arbeitete - das Team sponsern würde: Zu einer Beteiligung in Höhe von damals stolzen 500 Dollar konnte Lambeau seinen Chef überzeugen. Im Gegenzug war der Name nach kurzer Diskussion (Lambeau hatte zunächst "Green Bay Indians" ins Auge gefasst) beschlossene Sache.
Von den "Green Bay Packers" war einige Tage nach der Gründung in der Gazette zu lesen.
Die Packers schon früh vor dem finanziellen Aus
Eine nationale Story war das damals nicht, vermutlich nicht einmal eine im ganzen Staat wirklich beachtete Nachricht. Green Bay war damals mit nur knapp über 31.000 Einwohnern lediglich die sechstgrößte Stadt in Wisconsin, als das Team zwei Jahre später in den Vorgänger-Verband der NFL aufgenommen wurde, hatte nur Tonawanda in New York eine kleinere Franchise.
Das machte sich auch schnell bemerkbar - die Packers hatten mehr oder weniger von Anfang an finanzielle Sorgen und standen mehr als ein Mal kurz vor dem Aus.
Weil ihr Spielfeld in der ersten Saison 1919 noch keinen Zaun hatte, sprich jeder einfach direkt am Feld zuschauen konnte, ließen die Packers während der Spiele einen Hut durch die Zuschauerreihen gehen, um Spenden zu sammeln. Bis 1922, als die Liga in die National Football League umbenannt wurde, waren die finanziellen Sorgen so groß, dass Chicago sein Duell in Green Bay absagte - die Packers hatten nicht die Mittel, um dem Gast die üblichen 4.000 Dollar an Einnahme-Garantien vorzustrecken.
Laut den Packers-Historien-Reportern Don Gulbrandsen und LeRoy Butler beendete das Team die Saison mit Schulden in Höhe von 2.500 Dollar. Die Lage war ernst.
Die Packers gehören den Fans - seit den 1920er Jahren
Doch schon damals war in Green Bay eine Dynamik zu spüren, die das Team heute maßgeblich prägt: Durch die geringe Größe der Stadt war die Beziehung der Menschen mit dem Team schnell persönlicher, das Leben in Green Bay dreht sich heute fast nur um die Packers und die Einwohner hängen stark an ihrem Team - so wie auch damals, als man spürte: Das Team steht vor dem Aus.
Lokale Geschäftsführer begannen, gemeinnützig Spenden zu sammeln und die Fans konnten mitmachen: Für fünf Dollar erhielt man eine Aktie, wer fünf oder mehr Aktien kaufte, erhielt für die 1923er Saison eine Jahreskarte. 5.000 Dollar kamen so zustande, 1923 wurden die Packers offiziell als gemeinnützige Organisation eingeführt. Das Team war gerettet - und es gehörte jetzt den Fans. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Auch dadurch wurden die Packers nicht nur das geliebte Team der eigenen Stadt, sondern auch für große Teile der Region. Über viele Jahre spielten die Packers pro Saison drei Regular-Season-Spiele und eine Preseason-Partie in Milwaukee.
Vier weitere offizielle Aktien-Verkäufe (1935, 1950, 1997 und 2011) folgten, die gut fünf Millionen Team-Aktien verteilen sich auf über 361.000 Aktieninhaber. Um sicherzustellen, dass sich niemand die Kontrolle über das Team unter den Nagel reißt, darf niemand mehr als 200.000 Anteile besitzen, die Inhaber bekommen keine finanzielle Dividende ausgezahlt, die Aktien können nicht weiterverkauft werden und sollte das Team verkauft werden, erhalten sie auch keine Anteile an der Verkaufssumme.
Stattdessen wurde 1997 die Satzung geändert, dass im Fall eines Verkaufs die Erlöse an die Green Bay Packers Foundation, eine wohltätige Organisation, gehen würden - bis dahin war, noch aus der 1923er Satzung, vorgeschrieben, dass eine Verkaufssumme für den Bau eines Denkmals der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten verwendet werden soll.
Die Liga zu Gast in Green Bay - aus Gründen
Die Packers waren also gerettet, und ihre ersten NFL-Sporen hatten sie sich auch bereits verdient: Das erste offizielle Ligaspiel in der Team-Geschichte war ein 7:6-Sieg über die Minneapolis Marines am 23. Oktober 1921, vor immerhin 6.000 Zuschauern. Damals noch in den dunkelblau-goldenen Trikots, die an Lambeaus College-Jerseys erinnerten. Die heute längst ikonischen grün-goldenen Trikots kamen erst in den 30er Jahren.
Als sechs Jahre später, bei den League Meetings 1927, die NFL drastisch von 22 auf zwölf Städte reduziert wurde um die finanziell schwachen Teams zu beseitigen, waren die Packers schon deutlich gefestigter; eines der League Meetings fand in jenem Jahr gar in Green Bay statt.
Die anderen Team-Besitzer kamen damals gerne in den hohen Norden, wie Team-Historiker Cliff Christl verriet, und das aus einem einfachen Grund: Die Menschen in Wisconsin verstanden es, die bis 1933 geltende Prohibition zu umgehen. So stimmten die Wähler etwa 1926 einem Referendum zu, welches die Herstellung von Bier erlaubte.
Die ersten NFL-Titel der Green Bay Packers
Doch auch sportlich waren die Packers inzwischen voll angekommen. Am 24. November 1929 schlug Green Bay die New York Giants und ebnete damit den Weg zu seinem ersten NFL-Titel, damals noch im Liga-Format, welcher zwei Wochen später mit einem 25:0-Triumph über Chicago perfekt gemacht wurde.
Es ist bis heute mit zwölf Siegen und lediglich einem Unentschieden gegen die Frankford Yellow Jackets die einzige ungeschlagene Saison in der Team-Geschichte. In den folgenden beiden Jahren sollten die Packers ihren Titel verteidigen.
Nach einem kurzen Durchhänger konnte Lambeau - der seine aktive Karriere 1929 beendete und von 1921 bis 1949 insgesamt 209 Siege als Head Coach (bis 1929 als Spielertrainer) feierte - um den herausragenden Don Hutson wieder ein dominantes Team aufbauen, das von 1936 bis 1944 drei weitere Titel gewann. Ehe, ja ehe das Team bis 1958 auch im 1957 neu eröffneten Stadion in eine sportliche Krise stürzte.
Bis am 2. Februar 1959 Vince Lombardi als der neue Head Coach und Geschäftsführer vorgestellt wurde.
Packers-Jahreskarten: Mission Impossible
Bis heute haben die Packers ein Stück ihrer Identität in dem für NFL-Verhältnisse winzigen Markt gewahrt und das enge Band mit den Einwohnern der Stadt nie vergessen. Ganz im Gegenteil.
Das Team ist - wie alle NFL-Teams - in der eigenen Gemeinde wohltätig sehr aktiv, was in der kleinen Stadt eine umso größere Wirkung hat. Die Packers sind omnipräsent. Dazu gibt es kleine Gesten und Traditionen, wie etwa die "Bike Kids": Seit den späten 60er Jahren fahren die Spieler zu und von den Training-Camp-Übungseinheiten gemeinsam mit einem Kind auf deren Fahrrad, die Stadt ist und lebt das Team.
Nach 1.336 NFL-Regular-Season-Spielen (737-562-37, nur Chicago hat mehr Siege) sind die Zeiten des Huts, der durch die Reihen ging, um wenigstens ein paar Dollar zu verdienen, lange vorbei. Zum Start der 2018er Saison stehen 133.702 Fans auf der Warteliste für Jahreskarten, nur etwa 100 Glückliche bekommen pro Jahr eine der begehrten Karten.
Packers vs. Bears: Die älteste Rivalry zum Saisonstart
Diejenigen, die es in Week 1 der kommenden Saison am Sonntagabend ins Lambeau Field schaffen, bekommen eines der ältesten NFL-Duelle zu sehen: Die Chicago Bears sind zu Gast in Wisconsin, und die Rivalität ist nicht nur örtlich bedingt; vielmehr wäre es mit den Packers um ein Haar ganz schnell wieder vorbei gewesen - durch einen Bericht von NFL-Co-Gründer und Bears-Coach George Halas.
Nach Green Bays erster Saison im neuen Verband 1921 wandte sich Halas in einem Brief an die Liga: Er hatte herausgefunden, dass die Packers in einem Spiel College-Spieler eingesetzt hatten. Ein klarer Regelverstoß, und die Packers wurden vom Verband prompt rausgeworfen.
Es kostete Lambeau einiges an Überzeugungsarbeit, um eine weitere Chance zu erhalten. Die 50 Dollar Gebühr für den Wiedereintritt zahlte er aus eigener Tasche und eine bis heute nur zu bekannte Rivalry war geboren: 196 Duelle gab es bislang zwischen Green Bay und Chicago, mit den beiden Siegen in der vergangenen Saison hat Green Bay zum ersten Mal seit 1932 wieder die Führung in der All-Time-Bilanz übernommen (96-94-6).
Mit der Rückkehr von Aaron Rodgers wollen die Packers diese Serie in der kommenden Saison ausbauen - und mehr. Das Titelfenster mit Rodgers wird immer kleiner, die Quarterback-verwöhnten Fans in Green Bay wollen Rodgers' Karriere noch mindestens ein weiteres Mal gekrönt sehen.
Und welche Saison wäre da besser geeignet, als die 100. nach jener unscheinbaren Gründung in einem Zeitungsgebäude.