Mit großen Schritten geht die NFL-Saison nach Week 6 auf die Halbzeitmarke zu, und das bedeutet für einige Teams auch: Zeit, an die Zukunft zu denken. Während im Playoff-Rennen natürlich noch (fast) alles möglich ist, können in den jeweiligen Division-Kellern einige Teams schon Richtung 2019 blicken - höchst inoffiziell, versteht sich. Aber wie sollte so ein Rebuild eigentlich aussehen? Stehen die Oakland Raiders vor einem kompletten Umbruch? Außerdem: Wie konnten die Cowboys die Jaguars-Defense bezwingen - und schaffen es die Seahawks in die Playoffs?
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Cardinals, Browns und Co.: Wie ein Rebuild in der NFL funktioniert
Am Sonntag brodelte plötzlich die Gerüchteküche um die Arizona Cardinals, deren Saison schon längst als Übergangsjahr abgestempelt werden kann: Die Cardinals sollen sich Angebote für Cornerback Patrick Peterson anhören, anderswo hieß es, dass die New York Jets Pass-Rusher Chandler Jones als Trade-Ziel ins Auge gefasst haben - oder, anders gesagt: Arizonas beide beste Verteidiger, die bisher beide sehr gute Saisons spielen, und die beiden besten Spieler dieses Teams aktuell sind.
Wie solche Gerüchte aufkommen ist klar: Ein Team, das kurzfristig gesehen nichts mit den Playoffs zu tun haben wird, sollte Spieler, die hohe Draft-Picks einbringen könnten, lieber abgeben und sich für die Zukunft rüsten.
Gelinde gesagt ist das enormer Quatsch.
Wer über die vergangenen drei Jahre die NFL auch nur im Ansatz verfolgt hat, der weiß, wie schnell ein Umbruch in der NFL gehen kann. Die Philadelphia Eagles und die Los Angeles Rams sind das Paradebeispiel, die Bears auf bestem Wege dahin. Und was eint diese Teams? Es ist der Franchise-Quarterback auf dem Rookie-Vertrag und damit kombiniert eine große Aggressivität bei Trades und in der Free Agency, mit Gewichtung auf sofortigem Erfolg und weniger auf Draft Picks sowie der langfristigen Zukunft.
Die vier beziehungsweise fünf Jahre, in denen ein Quarterback unter seinem Rookie-Vertrag spielt, sind das bestmögliche Titelfenster für eine NFL-Franchise; es gibt schlicht keinen größeren Cap-Vorteil als den Quarterback vor seiner ersten Vertragsverlängerung.
Wenn man den Gedanken also weiterdenkt: Für Teams wie Arizona, Cleveland oder die Jets ist genau jetzt der Zeitpunkt, um aggressiv zu sein. Diese Teams werden in der kommenden Free Agency zu den Franchises mit dem meisten Cap Space gehören, und genau das sollten sie jetzt ausnutzen. So absurd es jetzt noch klingen mag: für diese Teams sollte mit der kommenden Saison ein vierjähriges Titelfenster aufgehen, von denen man mindestens in den letzten beiden Jahren ernsthafte Contender-Ambitionen haben sollte.
So geht man einen Rebuild in der NFL an, und so kann er auch schnell vonstatten gehen. Nicht, indem man seinen Kader erst einmal auf Anfang zurücksetzt, nachdem man den Rookie-Quarterback hat. Und auch nicht, indem man wie die Cowboys über Jahre seine Cap Hits so vor sich hergeschoben hat, dass sie einem dann Probleme bereiten, wenn man Dak Prescott auf dem extrem günstigen Viertrunden-Rookie-Deal hat.
Die Oakland Raiders: Ein totaler Rebuild
Gewissermaßen das Gegenteil zu den Jets, den Browns, den Cardinals und womöglich ja auch den Bills sind die Oakland Raiders. Kein Team in der NFL scheint aktuell vor einem längeren Umbruch zu stehen, was den Entscheidungsprozess, der dazu führte, Khalil Mack weg zu traden, auch zumindest nachvollziehbarer macht. Für mich war es immer noch ein Fehler, aber man sieht, warum Gruden sich dieses Team angeschaut hat und dann entschieden haben könnte, dass man eher drei bis fünf Jahre weg ist.
Dazu passt, dass inzwischen auch Amari Cooper eine Trade-Option sein soll. Und Karl Joseph. Und Gareon Conley, der seinen Start-Platz verloren hat und gegen die Seahawks keinen Defense-Snap absolvierte. Junge, durchaus talentierte Spieler, die das vergangene Regime gedraftet hat - und die vielleicht nicht in Grudens langfristigen Plan passen.
All das deutet auf eine Sache hin: einen totalen Rebuild, ein Team, das Gruden von den Grundpfeilern an nach seinen Vorstellungen neu aufbauen will. Was natürlich irgendwann die Frage aufwirft: wie schätzt Gruden Derek Carr wirklich ein?
Carr ist ein Kurzpass-Quarterback, der funktioniert, wenn die Umstände um ihn herum gut sind. Gegen die Seahawks in London schaffte er als erster Starting-Quarterback in dieser Saison das Kunststück, dass über 70 Prozent seiner Pässe ankamen und er dennoch weniger als fünf Yards pro Pass verzeichnete. Grafisch sieht das dann so aus, und sobald Pressure ins Spiel kommt - was gegen die aktuellen Raiders-Tackles durchaus passieren kann - dann neigt Carr nicht nur zu Fehlern, sondern zu mitunter absurden Interceptions.
Meine Meinung zu Carr ist jetzt, nach einigen Jahren, in denen ich ihn nicht wirklich greifen konnte, immer konkreter: Für mich ist er ein Game Manager, extrem abhängig von der Situation um ihn herum, mit teilweise schlimmen Aussetzern bei seinen Pässen und zu wenig Big Play Potential.
Die Folge daraus: Man kann mit Carr Erfolg haben, wenn alles passt. Wenn die Raiders aber den Umbruch durchlaufen, den ich immer mehr kommen sehe, dann werden sie mit Carr unter schwierigen Umständen und mit einigen schlechten Teams mittelfristig nicht viele Spiele gewinnen.
Deswegen entlässt man ihn natürlich nicht einfach nach dieser Saison, auch wenn das Cap-Einsparungen über 15 Millionen Dollar bedeuten würde. Die Raiders sollten mit Carr - sofern nicht ein spektakuläres Trade-Angebot kommt - auch die 2019er Saison bestreiten, die ebenfalls noch eine groß angelegte Übergangs-/Umbruchs-Saison werden sollte.
Nicht nur ist die Quarterback-Klasse für das Jahr 2020 deutlich vielversprechender, Carr und Gruden können ihre Chemie noch ausprobieren - und nach der 2019er Saison könnte Oakland ihn mit einem Dead Cap über nur noch fünf Millionen Dollar entlassen.
Diese Art massiver Umbruch erwarte ich in Oakland inzwischen, und Gruden wird sich genau überlegen, ob er seine Offense mit Carr aufziehen kann. Schematisch passen Carrs Stärken zumindest in Grudens West Coast Scheme, ich sehe in ihm aber zunehmend weniger eine langfristige Franchise-Antwort, wenn man sein Team mehr oder weniger komplett neu zusammenstellen will.
Vielleicht muss man es ja auch einfach entspannter sehen. So wie Bruce Irvin nach dem Spiel in London, der zum Besten gab: "Wir haben verloren, aber ich habe eine wunderschöne Frau, zu der ich nach hause komme. Ich werde versuchen, ein paar Babys zu machen!"
Wie die Cowboys die Jaguars-Defense knackten
Wenn vor dem Spiel jemand gesagt hätte, dass die Cowboys Jacksonville schlagen, dann hätte ich dafür nur ein realistisches Szenario im Kopf gehabt: Die Front Seven der Cowboys dominiert die Partie gegen Bortles und die anfällige Jags-Line komplett, erzwingt mehrere kritische Turnover und Dallas gelingt am Ende ein knapper Erfolg.
Die Realität: Dallas blitzte sechs Mal und kam dabei kein einziges Mal zu Bortles, der bei 31 Dropbacks nur 13 Mal unter Pressure stand. Das Passing Game der Jaguars war zwar extrem ineffizient, Bortles kam auf nicht einmal sechs Yards pro Pass - doch war es dieses Mal nicht der primäre Grund für die (überraschend deutliche) Niederlage der Jaguars.
Dallas vielmehr lief die Jags für 4,9 Yards pro Run und 206 Rushing-Yards insgesamt in Grund und Boden, und hier sieht man einen sich fortsetzenden Trend: Die Cowboys, mit dem schlechtesten Receiving-Corps der Liga ausgestattet, finden zunehmend andere Wege, um Yards zu kreieren. Über Screens und Play Action auf der einen, aber auch über das Run Game auf der anderen Seite.
Dazu gehört, dass die Cowboys Prescott vor allem als Bedrohung im Run Game immer besser einsetzen. Der Zone Read war gegen die Jaguars ein zentrales Element für den Sieg, dabei ist gar nicht wichtig, wie häufig Prescott selbst mit dem Ball läuft (gegen Jacksonville: 4 Designed Runs für 21 Yards, dazu 7 Scrambles für 61 Yards) - dass die Defense ihn in ihrem Ansatz berücksichtigen muss ist eher das Mittel zum Erfolg.
NFL GamepassUnd die Cowboys waren beharrlich in ihrem Rushing-Ansatz, gleichzeitig hatten sie offensichtlich die linke Seite der Jaguars-Front als Schwachpunkt ausgemacht. Dallas lief 21 seiner 35 Runs (QB-Scrambles nicht eingerechnet) über die rechte Seite, und hatte vor allem Interior auf der rechten Seite enormen Erfolg.
Ein Beispiel: Dieser lange Run von Elliott. Die Cowboys - eigentlich ein klassisches Zone-Run-Team - mischen hier einen Pull-Blocker mit rein und bekommen so eine Überzahlsituation auf der Seite, auf der sich der Run entwickelt. Die Defense dagegen reagiert auf die Formation und weil das Play im ersten Moment wie ein Inside Run aussieht, werden die Linebacker kurz ins Zentrum gezogen.
Gleichzeitig nimmt der In-Line postierte Receiver den ihm gegenüber postierten Defensive Back mit nach außen, und so entsteht eine riesige Lücke für Elliott.
NFL GamepassDieses Vorgehen konnte man mehrfach beobachten, so auch bei diesem 20-Yard-Run von Elliott, der den zweiten Cowboys-TD-Drive so richtig ins Rollen brachte.
Wieder ist es ein Pull-Konzept zur rechten Seite, bei dem die Cowboys ihre beiden Tackles und dem Center vertrauen, die Mitte kurzzeitig zu halten, während beide Guards als Pull-Blocker eingesetzt werden, mit der Unterstützung sehr guter Tight-End-Blocks von außen.
Und bei diesem Run wird auch sichtbar, wie eine Defense reagieren muss, wenn die Offense nur vielseitig genug auftritt: schon bei diesem vergleichsweise frühen Play erkennt man, wie die Jaguars-Safeties und Linebacker kurz zögern und den Play-Action-Rollout beziehungsweise den Quarterback-Keeper respektieren und kurz zögern, ehe sie attackieren.
Dallas bei First Down gegen die Jaguars:
1st Down Splits | ||||||||||||
Runs | +1 | +3 | +3 | +6 | +20 | 0 | +4 | +5 | -2 | +2 | PEN (O) | +3 |
Runs | +4 | -4 | +21 | +15TD | +2 | +3 | +7 | +2 | ||||
Pässe | +11 | +11 | +1 | INC | +17TD | PEN (D) | +3 | Sack |
Dabei war selbstverständlich nicht alles perfekt. Die Cowboys knackten einmal mehr die 200-Passing-Yard-Marke nicht, und das Play-Calling bei First Down war wieder durchaus fraglich: obwohl das Passing Game hier vergleichsweise sehr gut funktionierte, musste Elliott häufig in eine Mauer rennen.
Die gute Nachricht aber: Es war nicht nur das Run Game, das funktionierte. Die Cowboys mixten Play Action effizient mit Screens und kurzen Dumpoffs, Prescott hatte nicht viele, aber genügend Big Plays im Passspiel und attackierte die Jags auch auffällig häufig tief - und das obwohl er in knapp der Hälfte seiner Dropbacks unter Pressure stand: Von seinen 27 Pässen flogen 13 zehn Yards oder weiter. Mit dem Zone Read und Play Action brachten die Cowboys Prescott auch in Bewegung und aus der Pocket, was das Spiel für ihn vereinfachte.
Vor allem aber Cole Beasley bekamen die Jaguars nicht in den Griff. Jacksonville spielt keine komplexe Defense, sondern setzt eher auf die Explosivität und die individuelle Klasse auf jedem Level - umso gravierender ist es dann, wenn trotzdem Coverage-Breakdowns auftreten.
NFL GamepassGenau das passierte bei Beasleys erstem Touchdown. Die Jaguars scheinen eine Art Zone-Man-Mischung zu spielen, mit zwei Underneath-Verteidigern in Zone. Der zentral postierte Linebacker ist für die tiefe Route des Tight Ends verantwortlich und verfolgt ihn dementsprechend, während die beiden Outside-Corner ebenso vertikal beschäftigt werden und der linke Linebacker die Flat-Route des Running Backs covern muss.
Das sollte zwei Verteidiger im Zentrum lassen, und es sieht vor dem Snap auch so aus, als wäre Beasley im Slot in Man Coverage genommen. Nach dem Snap aber lassen sich die beiden Spieler in eine ähnliche Zone fallen, was so nicht geplant gewesen sein kann - womöglich hat einer der beiden nicht richtig auf die tiefe Route des Tight Ends und die daraus entstehenden Coverage-Aufgaben reagiert. In jedem Fall ist die Mitte komplett offen für Beasley zum Touchdown. Beasley bereitete vor allem den Cornerbacks in diesem Spiel immer wieder große Probleme, seine Route war oftmals diejenige, die als Zone-Konzept-Beater eingesetzt wurde.
Im Endeffekt sind es zwei Teams, die beide große Probleme bekommen, wenn sie mit zwei Scores ins Hintertreffen geraten. Dallas kam in diese Partie mit 16,6 Punkten pro Spiel, der drittschwächste Wert ligaweit und hatte seit Week 7 2017 gegen die 49ers keine 40 Punkte mehr aufs Scoreboard gebracht.
Jacksonville auf der anderen Seite hatte schon mehrfach in dieser Saison einige Anfälligkeiten gegen den Run und ist da noch nicht auf dem erhofften Level. Und es wirft eine generelle Frage auf: in wie weit kann man in der heutigen NFL, in der Offenses nicht nur über mehrere Jahre konstanter sind, sondern für den Ausgang von Spielen auch eine größere Gewichtung einnehmen müssen, noch sein Team über eine Elite-Defense aufbauen?
Das ist ein Thema für eine andere, tiefere Analyse, für die Jaguars aber gilt ganz klar: in Spielen, in denen man früh ins Hintertreffen gerät, sind die Chancen auf einen Sieg am Ende äußerst gering. Und das ist ein Problem.
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Bell-Comeback, Osweiler, Seahawks in den Playoffs? Eure Fragen
Ein Juppie: Hältst du einen Wildcard-Spot (natürlich hinter den Rams) für die Seahawks für realistisch? Ich denke, die NFC South hat ein zweites Playoff-Team sicher, also ist wohl die NFC North da die Konkurrenz.
Ich würde beim zweiten Teil der These widersprechen - die NFC South ist für mich inzwischen kein sicherer Kandidat für ein zweites Playoff-Team mehr. Die Panthers sind im Passing Game inkonstant, die Bucs und die Falcons haben zwei der drei schlechtesten Pass-Defenses der Liga. Stand heute würde ich hier nur auf die Saints setzen.
Die NFC North ist für mich aktuell die Division, die in jedem Fall zwei Playoff-Teams stellen wird. Welche Teams das sein werden, das wird sich zeigen; ich bleibe bei Minnesota als mein Division-Sieger-Tipp, mit den Packers muss man aber auch rechnen - einerseits, wenn Rodgers wieder bei 100 Prozent ist, andererseits aufgrund der verbesserten Defense. Die Bears sind offensiv noch eine Wundertüte, die Lions als Gesamt-Team ebenfalls.
Aber: Seattle klettert immer mehr in diesen Umkreis, also den "erweitertes Playoff-Feld"-Umkreis, und ich vermute, dass die Seahawks auch Mitte Dezember noch im Playoff-Rennen sein werden. Die West wird an die Rams gehen, und das deutlich. Aber die Seahawks finden gerade immer mehr ihre Identität mit dem vielseitigen Run Game und einem starken Play-Action-Passspiel, mit verbesserter Line und einem effizienten Russell Wilson.
Jetzt bleibt die Frage, ob sie sich im Pass-Rush steigern und gleichzeitig den Verlust von Earl Thomas auffangen können.
Nick Tremonia: In den letzten vier Jahren gab es von elf NFL-Spielen in London, ganze sechs mit einer 3+TD-Differenz. Woran liegt es, dass ein Team in England häufig kaum zur Geltung kommt? Umstellung an die Zeit zu groß? Das Projekt London aus sportlicher Sicht eher ungeeignet?
Das ist schon ein generelles Thema, das mir letztes Jahr vor Ort auch massiv aufgefallen ist. Ich war vergangene Saison für den Shutout der Dolphins gegen die Saints in London, und ein Thema hat sich in den Gesprächen mit Jarvis Landry, Adam Gase und anderen Dolphins-Spielern im Vorfeld der Partie wie ein roter Faden durchgezogen: So ist die Situation, kann man ja nichts dran ändern.
Das Spiel fand zwei Wochen nach der 7:44-Klatsche der Ravens gegen Jacksonville statt, und auch hier: ähnliche Probleme. Baltimore musste in ein Hotel, das 45 Minuten außerhalb der Stadt ist, und hatte dementsprechend weite Wege zum Training und den diversen Terminen zurückzulegen. Teams kommen oft erst am Donnerstag an, haben dann direkt Training und am Freitag oder Samstag noch PR-Termine und Verpflichtungen auf Fan-Events.
Für viele Teams ist London auch aus organisatorischer Sicht ein Abenteuer, weil man sich - im Vergleich zu den NFL-Städten in den USA - eben noch mehr anpassen muss was Wege und allgemeine Team-Organisation angeht. Und da sprechen wir noch nicht einmal über die Problematik der Zeitumstellung für die Spieler, umso mehr, wenn sie nicht direkt von der Ostküste kommen.
Ich denke, dass der nächste Schritt für die NFL sein wird, die London-Spiele noch besser in den NFL-Kalender zu integrieren, um auch bald noch mehr Spiele in London stattfinden zu lassen, damit irgendwann die ernsthafte Option besteht, eine Franchise nach London umzuziehen. Das könnte beispielsweise sein, dass Teams, die in London spielen, mehr Zeit bekommen, vielleicht durch zusätzliche Thursday Night Games, oder durch London-Spiele am Montagabend.
Natürlich sind es teilweise auch einfach schlechte Teams, die auch in den USA schlechte Spiele abliefern würden. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die NFL mit London irgendwann einen konkreten nächsten Schritt machen muss, wenn sich die NFL in London von dem "Event", das es aktuell eher ist, zu einem "reguläreren" Bestandteil des NFL-Kalenders entwickelt.
Markus Bombe: Die vier Top-Rookie-QBs wurden spätestens ab Week 4 alle zum Starter ernannt. Wird der Trend dahingehen, dass diese in Zukunft keine Veteranen mehr vor die Nase gesetzt bekommen, lieber der Cap gespart und dafür in O-Line und Offensivwaffen investiert wird?
Der Trend sollte jedenfalls in diese Richtung gehen, denn in den allermeisten Fällen lernt der hoch gepickte Rookie-Quarterback einfach mehr, wenn er auf dem Feld steht. Josh Allen wäre für mich dieses Jahr eine Ausnahme - er ist so offensichtlich nicht bereit, dass er extrem viele Hits kassiert, sobald sein erster Read nicht offen ist und angesichts der Line-Probleme in Buffalo wird das vermutlich dieses Jahr auch nicht besser werden.
Den Schritt in die NFL schafft man letztlich nur auf dem Platz, gerade einen Rookie-Quarterback muss man manchmal aber auch schützen. Bei Allen ist das für mich der Fall, was die generelle Thematik angeht, könnte ich dir aber nicht mehr zustimmen. Gerade der "Bridge-QB", also der Quarterback, der nur zum Übergang geholt wird, ist in den allermeisten Fällen nur von sehr kurzer Dauer.
Umgekehrt muss man aber natürlich alle Teams, die ohne Quarterback-Lösung dastehen und nicht den Top-Pick im Draft haben, auch aus der anderen Perspektive verstehen: Free Agency findet nun mal vor dem Draft statt, und Teams müssen zumindest irgendeine Quarterback-Option haben, wenn sie nicht wissen, was im Draft passiert.
Das größere Problem ist eher das krampfhafte Festhalten an diesen Übergangsoptionen, wenn der Rookie-Quarterback bereit ist, auf dem Feld zu lernen und auch schnell klar ist, dass er die bessere Option wäre. Wie eben vor allem Baker Mayfield, Josh Rosen und Sam Darnold dieses Jahr. Die Jets - mit McCown, einem günstigen Investment in Bridgewater und dann Aggressivität im Draft - haben die Quarterback-Situation dieses Jahr aus der Hinsicht glänzend gelöst.
bsg und Viktor Getz: Frank Gore mit über 100 Rushing-Yards. Osweiler bei 44 Pässen ohne Sack: Wo war die Front der Bears? Wie schaffte es Miami, die Bears-Defense bei 0 Sacks zu halten?
Ein Faktor war sicher, dass sich Khalil Mack früh im Spiel am Knöchel verletzt hat - und außerhalb von Mack keinerlei individueller Pass-Rush zündete. Die Dolphins stellten mehrfach Double-Teams gegen Mack oder halfen den Tackles mit einem Chip-Block, die Run-Spielzüge vor allem früh im Spiel gingen auffällig häufig weg von Mack und es half den Dolphins, dass vor allem die linke Seite der Offensive Line in Protection einen sehr guten Tag hatte. So konnte Gase die Protection häufiger auf der rechten (Mack-)Seite verstärken.
Gerade von Leonard Floyd kam bei den Bears viel zu wenig, außerdem war Miami sehr darauf bedacht, den Ball schnell loszuwerden. Von Osweilers 44 Pässen flogen fünf gar nicht erst über die Line of Scrimmage, 24 weitere nicht weiter als zehn Yards und auch alle drei Touchdowns gelangen in dieser Range. Die Turnover dagegen kamen bei langen Pässen, Miami war - mit absurden 274 Yards nach dem Catch in diesem Spiel - wieder sehr gut darin, aus kurzen Pässen Big Plays zu machen.
Und die Bears merkten, dass sie anders vorgehen mussten: Chicago hatte über seine ersten vier Spiele nie in mehr als über 20 Prozent der gegnerischen Dropbacks geblitzt, zwei Mal blieben sie gar unter 15 Prozent. Gegen Miami? 26,09 Prozent, eine absolute Anomalie in der bisherigen Bears-Saison. Gerade von Leonard Floyd muss viel mehr kommen, andernfalls werden auch andere Teams die Bears zu mehr Aggressivität zwingen und Lücken in Chicagos Defense finden.
Eric Deseyve: Was machen die Steelers, wenn Bell wirklich zurückkommt, nachdem Conner wieder sehr stark spielte?
Hier ist mein Tipp: Bell kommt tatsächlich während der Bye Week zurück und nach ein paar holprigen Tagen im Training rücken all die Kommentare und öffentlichen Streitereien spätestens nach dem ersten Spiel zunehmend in den Hintergrund. Und sportlich? Da erwarte ich ebenfalls einen fließenden Übergang.
Im ersten Spiel wird Conner noch einen ordentlichen Teil der Snaps erhalten, Bell übernimmt dann immer mehr die Workload - und die Steelers haben so im Idealfall eine ideale Situation für die zweite Saisonhälfte: einen komplett ausgeruhten Le'Veon Bell, der sich zudem mit Conner noch gegenseitig entlasten kann; und, ganz nebenbei, bekommt auch Bell weniger Touches. Auch für ihn ist es also, in der Theorie zumindest, eine vorteilhafte Situation.
Und 2019 kann Conner dann für (mindestens) zwei Jahre in Pittsburgh das Backfield endgültig übernehmen.
MalteZ: Was hältst du von den Ravens? Kann das Team mit der Defense und einem besser spielenden Flacco einen Run starten?
Keine Frage! Die Ravens sind eines der ausgeglichensten Teams in der AFC, weil sie dieses Jahr endlich auch wieder eine Passing-Offense haben. Flacco spielt deutlich aggressiver, die Line ist sehr gut und das neue Receiver-Trio hat sich bisher voll ausgezahlt.
Kombiniert mit einer erfahrenen, komplexen Defense, die gerade gegen Tennessee den Franchise-Sack-Rekord mit elf Sacks gebrochen hat, ist das ein sehr, sehr unangenehmes Team. Ich habe die Ravens als Playoff-Team auf dem Zettel.
Oliver Fa: Wann wird McCoy in Arizona entlassen?
Tatsächlich hatte ich diese Woche erstmals das Gefühl, dass das Play-Calling nicht das größte Problem für Arizona war. Was nicht heißt, dass es gut gewesen wäre, es war nur etwas vielseitiger. Vor allem wie David Johnson (nicht) eingesetzt wird ist desolat. Kurzum: Wenn Steve Keim und Steve Wilks McCoy als ein ernsthaftes Problem sehen, dann wäre diese Woche nach dem Thursday Night Game eine gute Gelegenheit.