Es war das Spiel, das man angesichts der offensiven Philosophien beider Teams erwarten musste: zäh, wenig Spielfluss, wenig Mut und sehr viel eindimensionales Play-Calling. Nachdem Dallas die Partie mit einem überraschend gut designten, mutmaßlich geskripteten, Drive sowie einem Field Goal eröffnet hatte, folgte auf beiden Seiten Punt auf Punt. Dazu kamen mehrere Verletzungsunterbrechungen - insbesondere eine längere Pause aufgrund einer schweren Knöchelverletzung von Cowboys-Receiver Allen Hurns -, so dass die Partie lange keinerlei Fahrt aufnahm.
Einen richtigen Rhythmus fanden beide Offenses auch weiterhin nicht, doch war das Muster schnell erkennbar: während Dallas im Passing Game über weite Strecken schlicht limitiert war, gab es bei den Seahawks die Big Plays fast auf Knopfdruck, sobald das Spiel in die Hände von Russell Wilson (18/27, 233 YDS, TD; 3 ATT, 14 YDS, TD) gelegt wurde.
Wilson brachte so prompt nach mehreren Punts zwei lange Pässe an und die Seahawks kamen so zum Ausgleich. Und als sich Dallas dann drei Minuten vor der Halbzeitpause entschied, ein 58-Yard-FG zu versuchen, konnte Wilson den Fehlschuss mit einem weiteren Big Play zu Lockett bestrafen. Durch das anschließende Field Goal ging Seattle erstmals in Führung.
Diese Führung sollte es allerdings nicht bis in die Halbzeitpause schaffen: Ein 41-Yard-Run von Elliott (26 ATT, 137 YDS, TD) ebnete den Weg für einen sehenswerten Touchdown-Pass von Prescott auf Gallup - woraufhin Lockett den folgenden Kick-Off bis an die Mittellinie zurückbrachte! Doch der Field-Goal-Versuch wenig später ging daneben. Schlimmer noch: bei dem Kick verletzte sich Janikowski am Oberschenkel und sollte den Rest der Partie verpassen.
Cowboys schlagen sture Seahawks - trotz Wright-Pick
An Seattles Ansatz änderte das aber auch nach der Halbzeit nichts. Die Seahawks blieben stur bei ihrem Run Game, zwangen Wilson in lange Third und Fourth Downs und standen sich mit ihrem Play-Calling permanent selbst im Weg. Es brauchte schon einen spektakulären Pass von Wilson auf Baldwin bei Fourth Down, um den Weg für Seattles ersten Touchdown zu ebnen. Doch in der Folge schien das Spiel in Richtung der Hausherren zu kippen.
Die wurden jetzt nämlich mutiger, mit mehr Passing Game und einem Big Play zu Cooper brachte Prescott (22/33, 226 YDS, TD, INT; 6 ATT, 29 YDS, TD) Dallas in die Red Zone, wo Elliott aus einem Yard den Rest erledigte. Und selbst als Prescott wenig später, nach einem 51-Yard-Punt-Return von Tavon Austin, eine Red-Zone-Interception - ein herausragendes Play von K.J. Wright - warf, eroberte Dallas infolge einer weiteren desolaten Play-Calling-Serie (Strafe, kurzer Swing-Pass bei 2nd&Long, Screen bei 3rd&Long) den Ball schnell zurück.
Und der anschließende Drive saß. 11 Plays, 63 Yards, über 5 Minuten und alle übrigen Seahawks-Timeouts von der Uhr genommen: auf dem Rücken von Elliott sowie mit der Hilfe mehrerer Seahawks-Strafen sorgten die Cowboys aus einem Yard zwei Minuten vor dem Ende für die Vorentscheidung. Ins Passing Game gezwungen, kam Seattle zwar nochmals schnell in die Endzone und auch die 2-Point-Conversion klappte - der Onside Kick von Punter Michael Dickson anschließend landete aber sicher bei den Cowboys.
Cowboys vs. Seahawks - die wichtigsten Statistiken
Dallas Cowboys - Seattle Seahawks 24:22 (3:0, 7:6, 0:8, 14:8) BOXSCORE
- Die Seahawks wollten den Ball unbedingt laufen - und konnten das so gar nicht umsetzen. Chris Carson erhielt 13 Runs und holte dabei 20 Yards raus, abgesehen von Pennys 28-Yard-Run hatte kein Running Back einen Run über mehr als fünf Yards.
- Die Folge? Seattle hatte sechs 3&Outs, bei insgesamt zwölf Drives. Bei First Down ließ Schottenheimer in elf von 20 Fällen laufen.
- Eine Folge der erneuten Play-Calling-Defizite aufseiten der Seahawks: Wilson beendete das erste Viertel mit -8 Passing-Yards; erstmals in seiner Karriere, ob Regular Season oder Playoffs, hatte er damit ein Viertel mit negativen Passing-Yards.
- Dallas' Field-Goal-Versuch über 58 Yards kurz vor der Halbzeitpause war der längste versuchte Kick in der Playoff-Geschichte der Cowboys.
- Die Cowboys gingen seit 2016 mit einer Heim-Bilanz von 10-2 in das Spiel, wenn Elliott einen Touchdown erzielt. Der Running Back konnte seinen Anteil beitragen, um diese Statistik auf 11-2 hochzuschrauben.
Der Star des Spiels: Ezekiel Elliott (Cowboys)
Im Duell zweier Teams, die unbedingt über das Run Game gewinnen wollen, konnte Dallas seinen Stil besser umsetzen - und das lag maßgeblich an Elliott. Der lieferte nicht nur konstant Yards nach Kontakt, sein langer 44-Yard-Run resultierte aus einem guten Read im richtigen Moment. 137 Yards steuerte er am Boden insgesamt bei, und damit fast doppelt so viel wie Seattle als Team im Run Game (73). Zusätzlich verzeichnete er noch die zweitmeisten Receptions auf dem Platz (4) sowie die drittmeisten Receiving-Yards (32).
Der Flop des Spiels: Brian Schottenheimer (Seahawks)
Eine der zentralen Fragen vor diesem Spiel war: wie sehr steht sich Seattles Offense mit dem eigenen Play-Calling selbst im Weg? Die Antwort kam eindrucksvoll von Brian Schottenheimer. Wenn die Seahawks ins vertikale Passing Game gingen, hagelte es förmlich Big Plays - dennoch legte Schottenheimer der eigenen Offense immer wieder Zügel an, mit Runs bei First und Second Down sowie kurzen Dumpoff-Pässen und Screens. Seattle beendete das Spiel mit 8,6 Yards pro Wilson-Pass und 2,8 Yards pro Running-Back-Run. Dennoch wollte Schottenheimer nicht damit aufhören, krampfhaft das Run Game umzusetzen.
Analyse Cowboys vs. Seahawks: Die Taktiktafel
- Die Cowboys begannen so vielversprechend in die Partie: Jet-Sweep-Fakes, Play Action aus Heavy Formations, plötzlich eine Empty-Spread-Formation, ein Play-Action-Screen, Misdirection - das frühe (geskriptete?) Play-Calling der Hausherren war vielversprechend, doch sobald Dallas dann in ein langes und Second und Third Down kam, war der Drive auch schon wieder Geschichte.
- Und: es war letztlich nur ein kleiner Funken. In der Folge setzten beide Teams wie erwartet intensiv auf das Run Game, und das auch ohne viele Elemente wie Misdirection oder Zone Reads effizient einzubauen. Beide liefen immer wieder bei First Down und bei langen Second Downs, was wiederum in langen Third Downs resultierte und beide Quarterbacks unheimlich unter Druck setzte.
- Vor allem bei Seattle war das unheimlich frustrierend zu beobachten, da man immer wieder sehen konnte, wie explosiv die Offense sein kann - wenn Wilson den Ball häufiger bekommt. Stattdessen agierte Seattle betont konservativ, lief regelmäßig bei First und Second Down und selbst die Passing-Designs bei (langen) Second und Third Downs waren häufiger kurz, komplett auf Sicherheit bedacht und das generelle Play-Calling war schlicht stur.
- Gleichzeitig leistete Dallas' defensive Front hervorragende Arbeit. Die Cowboys stoppten die Inside-Runs konstant, und wenn Seattle versuchte, mit Toss-Plays und ähnlichem nach außen zu kommen, waren die schnellen Linebacker zur Stelle. Die Secondary der Cowboys war in diesem Spiel verwundbar, die Front spielte stark.