In den letzten zehn, fünfzehn Jahren wurden die Patriots oft abgeschrieben. Weil sie wichtige Spieler verloren, weil Coaches das Team verließen oder einfach nur deshalb, weil auch Tom Brady doch irgendwann einfach mal zu alt sein muss! Auch in dieser Saison kam es einmal mehr - zumindest vereinzelt - zu dieser Entwicklung. Nach einigen wenig glanzvollen Niederlagen zählten die Pats für einige Experten nicht mehr zum Kreis der Top-Favoriten, was das Team im Laufe der Playoffs nur zu gerne wieder aufgriff.
Doch einmal mehr thronen die Patriots an der Spitze der NFL. Und: Ganz so schnell wird man sie aus der Riege der besten Teams der Liga wohl auch nicht wegdenken dürfen. Brady wird auch in der kommenden Saison spielen, wahrscheinlich sogar noch länger, und auch Bill Belichick bleibt der Franchise aus Foxboro weiter erhalten.
Dabei steht es außer Frage, dass New England auch in diesem Sommer vor so mancher Herausforderung stehen wird. Tight End Rob Gronkowski könnte seine Karriere beenden, auch Safety Devin McCourty und Cornerback Jason McCourty denken über einen Abschied vom Football nach. Mit Left Tackle Trent Brown und Defensive End Trey Flowers werden zudem zwei Leistungsträger der vergangenen Saison Free Agents.
So schmerzlich diese Verluste - vor allem natürlich der mögliche Abgang von Gronkowski - für die Patriots zweifellos wären, wären sie doch nichts, was New England noch nicht erlebt hätte. Alleine im vergangenen Sommer verlor die Franchise Left Tackle Nate Solder, Cornerback Malcolm Butler, Running Back Dion Lewis sowie Wide Receiver Danny Amendola in der Free Agency.
Darüber hinaus verletzte sich First Round Pick Isaiah Wynn noch vor Saisonstart so schwer, dass er die gesamte Spielzeit verpasste, Gronkowski wurde das komplette Jahr über nicht richtig fit, Wide Receiver Julian Edelman verpasste die ersten vier Saisonspiele gesperrt und Neuverpflichtung Josh Gordon wurde noch vor dem Saisonendspurt wieder aus dem Verkehr gezogen.
Champion wurde man dennoch.
Konkurrenz für die Patriots: Rams, Chiefs - Browns?!
Wer oder was könnte die Ära der Patriots in den kommenden Jahren also beenden? Sind es die Kansas City Chiefs, die mit Patrick Mahomes den vielleicht spektakulärsten Quarterback aller Zeiten am Anfang seiner Entwicklung in ihren Reihen haben? Sind es die Los Angeles Rams, die mit Sean McVay vielleicht den Head Coach gefunden haben, der imstande ist, die Ausgangslage einer Franchise von heute auf morgen auf links zu drehen?
Sind es womöglich sogar die Cleveland Browns, die nach Jahren am Boden der NFL mit Baker Mayfield und Talenten wie Myles Garrett und Denzel Ward auf Kurs zu ihrer eigenen Erfolgsserie sind? Oder sind es letztendlich doch Brady und Belichick selbst, wenn sie sich in einem oder zwei Jahren nacheinander oder sogar gemeinsam dazu entscheiden sollten, in ihren wohlverdienten Ruhestand zu gehen?
Eines ist klar: Der NFL stehen spannende Jahre bevor. Eine Riege an jungen, hochtalentierten Quarterbacks steht bereit, um von ihren Vorgängern zu übernehmen und ihre eigene Ära zu prägen.
Noch ist dies allerdings eine Frage von übermorgen. Denn noch spielen Brady und Brees. Und noch gehören beide weiter zu den besten Spielern dieses Planeten. Vorerst geht der Blick somit nur in Richtung der nächsten Saison, wo sich einmal mehr die Frage stellt: Wer ist der größte Herausforderer für Brady, Belichick und die schier unbezwingbaren Patriots?
Los Angeles Rams:
Das spricht für die Rams: Sean McVay und sein Trainerstab zählen zu den Besten der NFL. Innerhalb von nur zwei Jahren hat er es geschafft, aus einer Lachnummer der Liga einen der Top-Titelanwärter zu formen. Sowohl offensiv als auch defensiv mit Wade Philipps strotzt der Coaching Staff vor Kompetenz. Darüber hinaus steht mit Aaron Donald der beste Verteidiger der Liga langfristig unter Vertrag, auch Todd Gurley und Brandin Cooks sind über Jahre hinweg an die Rams gebunden. Macht Jared Goff den nächsten Schritt in seiner Entwicklung, kann diese Offense in der kommenden Saison noch stärker werden.
Das spricht gegen die Rams: Los Angeles und GM Les Snead sind all-in. Die Rams gingen in den vergangenen zwei Jahren große Risiken ein und haben sich den sportlichen Erfolg so "erkaufen" können. Bezahlt hat man diesen allerdings mit seiner Zukunft. Finanziell sind L.A. nun die Hände gebunden, von seinen Free Agents Ndamukong Suh, Lamarcus Joyner, Rodger Saffold und Dante Fowler Jr. wird man wahrscheinlich nur einen, maximal zwei halten können, zudem droht das Karriereende von Left Tackle Andrew Whitworth. Durch einen Mangel an Draft-Picks können die Rams zudem kaum für günstigen Ersatz sorgen.
Kansas City Chiefs:
Das spricht für die Chiefs: Patrick Mahomes. Der wertvollste Spieler der vergangenen Saison trägt weiter das Trikot der Chiefs und steht immer noch am Anfang seiner Entwicklung. Mahomes' Potenzial scheint nahezu unbegrenzt, macht er in der nächsten Saison noch einen Schritt nach vorne, dürften die Rekorde nur so purzeln. Mit Tyreek Hill und Travis Kelce hat er obendrein zwei Premium-Waffen an seiner Seite, von denen ebenfalls kein Rückschritt zu erwarten ist. Andy Reid bleibt derweil als offensives Superhirn der vielleicht beste Play-Caller der gesamten NFL. Und: Mit Eric Berry dürfte der vielleicht wichtigste Defensiv-Spieler auf das Feld zurückkehren.
Das spricht gegen die Chiefs: Gegnerische Teams gehen nun mit einer kompletten Saison an Mahomes-Tape in die Offseason. Garantiert ist eine Wiederholung seiner unglaublichen ersten vollen Saison daher nicht - so riesig Mahomes' Potenzial auch sein mag. Zudem bleiben defensiv Fragezeichen. Mit Dee Ford ist ein Bestandteil des herausragenden Pass-Rushing-Trios Free Agent und könnte KC verlassen. Inwieweit der neue Defensive Coordinator Steve Spagnuolo tatsächlich die Antwort auf die Probleme im Linebacker-Corps und in der Secondary sein kann, darf durchaus bezweifelt werden.
New Orleans Saints:
Das spricht für die Saints: Das Championship-Fenster der Saints geht rapide zu, 2019 könnte ihre letzte Chance auf den Titel in den nächsten Jahren sein. Noch scheint New Orleans allerdings besser aufgestellt zu sein als fast jedes andere Team. Drew Brees wird auch mit 40 Jahren noch einer der fünf besten Quarterbacks der Liga sein, die Offensive Line ist auf allen fünf Positionen top besetzt und mit Michael Thomas und Alvin Kamara verfügt NO über zwei absolut überragende Matchup-Waffen. Defensive Coordinator Dennis Allen bleibt dem Team erhalten und kann mit Cameron Jordan, Marshon Lattimore, Sheldon Rankins und Marcus Davenport weiter auf zahlreiche hochtalentierte Spieler setzen.
Das spricht gegen die Saints: Die über weite Strecken der Saison so herausragende Offense verlor im Saisonendspurt deutlich an Explosivität. Der extreme Fokus - vor allem bei Third Downs - auf Michael Thomas und Alvin Kamara scheint in dieser Form langfristig nicht erfolgversprechend. Extremer Aderlass ist bei New Orleans in diesem Jahr zwar noch nicht zu erwarten, mit Mark Ingram, Tyler Davidson, Alex Okafor und PJ Williams könnten aber gleich mehrere Leistungsträger das Team als Free Agents verlassen.