Draft: Metcalf, Brown und Co. - der Schlüssel zur Wide Receiver Klasse

Von Adrian Franke
01. April 201910:17
SPOX blickt auf die diesjährige Wide Receiver Klasse im Draft - und die ganz besonderen Eigenheiten der Position.getty
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Es ist eine der spannendsten Positionsgruppen im diesjährigen Draft: Die Wide Receiver! Dabei fehlt es zwar an der absoluten Elite-Qualität - doch die Top-10 kann sich mehr als nur sehen lassen, der Bereich zwischen der zweiten Hälfte der ersten und dem Ende der zweiten Runde könnte im Zeichen der Wideouts stehen. Doch noch vor Rankings und Detail-Analyse der Prospects steht bei den Receivern etwas anderes: Die Eigenheit der Position.

Jahr für Jahr sind die Receiver-Klassen einer der interessantesten Bereiche im Draft, und das aus verschiedenen Gründen. Teams brauchen immer mehr Wide Receiver, da 3-Receiver-Sets für die meisten Offenses längst der absolute Standard geworden sind. Berücksichtigt man dann noch die Kadertiefe und die Special Teams, dann kommt man schnell auf sechs bis acht Wide Receiver in nahezu jedem NFL-Kader.

Gleichzeitig gibt es im Draft auf kaum einer anderen Position so konstant auch spät noch Qualität zu entdecken. 2015 etwa fanden die Vikings Stefon Diggs in der 5. Runde, während Tyrell Williams (Chargers) und Adam Humphries (Buccaneers) gar als Undrafted Free Agents in die Liga kamen. Beide kassierten in der Free Agency dieses Jahr kräftig ab.

Ein aktuelleres Beispiel: Keelan Cole führte die Jaguars 2017 mit 748 Receiving-Yards an - nachdem ihn die Jags im Frühjahr ungedraftet verpflichtet hatten.

Die schiere Masse an Receivern, die in jedem Draft aus dem College kommt, ist ein Grund dafür, dass Spieler übersehen werden; doch auch die Tatsache, dass es so grundlegend verschiedene Spielertypen auf der Receiver-Position gibt, macht sie im Draft so spannend.

NFL Draft: Wie bewertet man Wide Receiver?

Eine Liste mit verschiedenen Charakteristika zu erstellen, wie ich es bei den Quarterbacks gemacht habe, um so einen möglichst einheitlichen Maßstab für die Bewertung der Prospects zu haben, ist dadurch nahezu unmöglich - genau wie ein alles umfassendes Positionsranking sehr schwierig ist. A.J. Brown ist für viele Experten im diesjährigen Draft etwa der "bessere" Wide Receiver als Hakeem Butler - doch wenn ein Team auf der Suche nach einem X-Receiver ist, sollte definitiv eher Butler die Wahl sein.

Während bei Quarterbacks also gewisse Aspekte einfach nicht verhandelbar sind, um in der NFL wirklich erfolgreich zu sein - Accuracy als vielleicht der zentralste Punkt -, so kann man als Wide Receiver auf ganz unterschiedliche Wege Erfolg haben. Tampa Bays Mike Evans und Indys T.Y. Hilton etwa sind komplett unterschiedliche Spielertypen, beide aber können auf ihre Art gewinnen.

Manche Receiver glänzen durch ihr fantastisches Route-Running mit explosiven Cuts und überlegten Routes, Antonio Brown, Keenan Allen oder Stefon Diggs fallen beispielsweise in diese Kategorie. Andere können sich zwar nicht wirklich gut von ihrem Gegenspieler lösen, sind physisch aber so dominant und haben so gute Hände, dass sie permanent Contested Catches gewinnen - DeAndre Hopkins ist das Paradebeispiel hierfür.

Wieder andere gewinnen mit Speed und Explosivität (Tyreek Hill, DeSean Jackson), oder mit einer Mischung aus Route-Running und Spielverständnis (Julian Edelman, Adam Thielen).

Somit gibt es weniger ein Ranking der einzelnen Eigenschaften, sondern eher die Frage: Wie gut kann ein Receiver mit seinen Stärken gewinnen - und wie sehr fallen die Schwächen ins Gewicht? In welche Rolle und welches Scheme passt er in der NFL? Oder ist er tatsächlich so gut, dass er verschiedene Rollen auf einem sehr hohen Level ausfüllen kann? Julio Jones wäre hierfür mein aktuell bestes Beispiel, A.J. Green könnte man ebenfalls nennen.

Einige dieser Eigenschaften sind:

  • Route Running: Ein guter Route-Runner bringt einen großen - und logischen - Vorteil mit: Er wird vergleichsweise häufiger offen sein als Receiver, die in diesem Bereich nicht so glänzen. Kann ein Receiver Verteidiger mit scharfen Cuts abschütteln? Kann er sie mit seinen Bewegungen in der Route so manipulieren, dass sich die Seite öffnet, auf die er letztlich hinkommen will? Explosivität, Fußarbeit, Spielverständnis - hier spielen viele Faktoren mit rein.
  • Explosivität und Speed: Wie schnell sind die Bewegungen des Receivers? Kann er in der Route mit seiner Geschwindigkeit spielen, um den Gegenspieler abzuschütteln? Ist er in der Lage, innerhalb weniger Schritte von 0 auf 100 zu kommen, oder ist er eher ein Long Speed Receiver? Die Fähigkeit, Defenses konstant tief zu bedrohen, ist nicht unwichtig für eine Offense; deshalb werden insbesondere die Speedster unter den Wide Receivern von einigen Teams auch gerne mal ein wenig höher gedraftet.
  • Agilität: Kann der Receiver seine Cuts bei voller Geschwindigkeit machen? Wie bewegt er sich auf engem Raum? Kommt er gut in seine Breaks? Ist er beweglich genug, um sich von Gegenspielern konstant zu lösen? Wie lange braucht er, um die Richtung zu wechseln?
  • Release: Ein Receiver kann im College ein noch so guter Route-Runner sein; wenn er sich nicht von Press-Coverage beim Release lösen kann oder einen zu langsamen Release von der Line of Scrimmage hat, wird er in der NFL damit immer wieder vor Probleme gestellt. Neben Explosivität ist hier ganz besonders die Fußarbeit wichtig.
  • Hände: Man kann darüber streiten, wie wichtig diese Eigenschaft wirklich ist und ob man gelegentliche Drops nicht hinnimmt, wenn der Receiver dafür durch sein Route-Running oder seine Explosivität permanent frei ist. Unter dem Strich aber geht es für Wide Receiver noch immer darum, Bälle zu fangen und das nicht selten auch weg vom eigenen Körper. Hat ein Prospect damit immer wieder auftretende Probleme, muss man das berücksichtigen.
  • Yards nach dem Catch: Wird der Receiver mit dem Ball in der Hand zum Running Back, indem er Lücken für mögliche Laufwege findet und diese dann auch mit der notwendigen Geschwindigkeit und Aggressivität attackieren kann? Oder ist er eher der Possession-Typ, der einem weniger Yards nach dem Catch liefert?
  • Physis und Blocking: Ist ein Spieler physisch so dominant, dass er damit permanent gewinnt? Lässt sich das auch auf die bessere Konkurrenz in der NFL übertragen? Was genau macht er auf dem Feld mit dieser physischen Dominanz, und sieht man sie auch, wenn er als Blocker eingesetzt wird?

Wichtig für die Einordnung der Receiver in die verschiedenen Kategorien ist, dass nichts davon in Stein gemeißelt ist. Ein vermeintlich klassischer Outside-Receiver wird sich in der NFL auch gelegentlich im Slot wiederfinden, genau wie umgekehrt. Dennoch ist es gerade bei Wide Receivern wichtig, die unterschiedlichen Anforderungen auf dem Feld zu kennen, um zu wissen, welchen Receiver-Typ man für das eigene Team überhaupt sucht.

Outside: Der "X"-Receiver

Prototypisches NFL-Beispiel: Julio Jones, DeAndre Hopkins, Davante Adams

Der "X"-Receiver ist das, was viele auch als den "klassischen Nummer 1 Receiver" oder auch als "Split End" bezeichnen würden. Er bringt die Größe und Physis mit, um sich gegen Press Coverage durchzusetzen, um Contested Catches zu liefern und um sich gegen physische Gegenspieler zu behaupten.

Das muss er auch, immerhin ist er in klassischer Receiver-Aufteilung vergleichsweise am häufigsten an der Line of Scrimmage auf sich alleine gestellt. Ein Beispiel dafür:

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Natürlich gibt es unzählige Möglichkeiten, um mit Formationen und den Positionierungen der Receiver zu spielen und etwa via Pre-Snap-Motion noch Mismatches zu kreieren, Receiver aus einem unvorteilhaften Matchup raus zu bekommen und so weiter. Um die typische Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Receiver-Typen aber zu veranschaulichen, ist die hier abgebildete Grafik ein guter Startpunkt.

Der X-Receiver ist klassisch der Receiver, der am weitesten vom Tight End weg und nicht selten auch alleine auf einer Seite der Formation steht. Sieben Spieler müssen in der NFL direkt an der Line of Scrimmage stehen, nur die beiden äußersten sowie die Spieler, die mindestens ein Yard hinter der Line of Scrimmage postiert sind, sind Eligible Receiver, also dürfen angespielt werden. In der hier abgebildeten Formation wären diese beiden Spieler, die die jeweiligen Endpunkte markieren, also der Tight End und der X-Receiver.

Das bedeutet auch, dass der X-Receiver, wenn er isoliert auf einer Seite der Formation steht, nicht via Pre-Snap-Motion noch bewegt werden und dadurch einen Vorteil erhalten kann, andernfalls wäre die eben genannte Regel nicht erfüllt. Es bedeutet außerdem, dass der X-Receiver hier direkt an der Line of Scrimmage stehen muss, also ein einfaches Ziel ist, um in Press-Coverage genommen zu werden.

Deshalb ist der X-Receiver auch in den meisten Fällen der physisch eindrucksvollste Wideout auf dem Feld. Er muss sich am häufigsten in direkten Eins-gegen-Eins-Duellen beweisen, und erhält dabei vergleichsweise weniger Hilfe über das Scheme und die Play Designs.

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D.K. Metcalf wäre wohl das prototypischste Beispiel für einen X-Receiver im diesjährigen Draft. Ein physischer Freak, der aber auch die Geschwindigkeit mitbringt, um Defenses tief zu attackieren, sowie die Fußarbeit, um sich zusätzlich zu seinen körperlichen Möglichkeiten auch anderweitig von Press Coverage zu lösen.

Ein X-Receiver ist noch immer in sehr vielen Offenses der dominanteste Skill Position Player. Dabei aber hat sich der physische Typ an die neue Spread-NFL angepasst - Antonio Brown etwa kann als X-Receiver mehr als nur bestehen, weil er sich mit seiner Fußarbeit problemlos von Press-Coverage löst und mit seinen Routes auch physische Deckung abschütteln kann.

Einige Beispiele im Draft dieses Jahr:

  • D.K. Metcalf
  • Hakeem Butler
  • Kelvin Harmon
  • J.J. Arcega Whiteside
  • Miles Boykin

Inside: Der Slot-Receiver

Prototypisches NFL-Beispiel: Cole Beasley, Adam Humphries, Larry Fitzgerald

Gehen wir nochmals kurz zurück zum Formations-Schaubild, hier anhand einer Formation der Green Bay Packers im Spiel gegen die Arizona Cardinals während der vergangenen Saison, um die beiden anderen Receiver-Positionen genauer zu erklären.

SPOXNFL Gamepass

Da der X-Receiver (Davante Adams, rot markiert) und der Tight End (Jimmy Graham, gelb markiert) die fünf Offensive Linemen einrahmen und somit die einzigen beiden Pass-eligible Spieler sind, die direkt an der Line of Scrimmage stehen, bietet sich für die anderen beiden Receiver Optionen.

Beide können via Pre-Snap-Motion bewegt werden, beide stehen leicht versetzt hinter der Line of Scrimmage und haben somit einen freieren Release. Randall Cobb (blau markiert) ist Green Bays Slot-Receiver und stellt sich hier auch dementsprechend auf; in aller Regel bedeutet das für den Slot-Receiver, dass er sich zwischen der Offensive Line und einem Outside Receiver positioniert.

Slot-Receiver, oder auch "Y"-Receiver haben dabei deutlich mehr Hilfe durch Play-Design und Struktur der Offense und der Defense, vergleicht man die Position mit dem X-Receiver. Nicht nur die angesprochenen Pre-Snap-Möglichkeiten, sondern auch ihre Matchups sind nicht selten vorteilhaft. Insbesondere gegen Zone Coverage kommen Slot-Receiver, da sie bereits viel weiter innen postiert sind, deutlich einfacher in Matchups gegen Linebacker oder einen Safety.

Agilität und Explosivität sind dabei zwei zentrale Eigenschaften, um sich schnell über die Mitte des Feldes Platz zu verschaffen, gleichzeitig aber können Slot-Receiver in alle Richtungen arbeiten und haben auch hier Freiheiten, welche Outside-Receiver durch die Limitierung des Feldes so nicht haben.

Doch gibt es in der NFL immer häufiger auch einen anderen Receiver-Typ im Slot, den sogenannten "Big Slot". Larry Fitzgerald etwa wurde über die vergangenen Jahre ein solcher Spieler, Atlantas Mohamed Sanu erfüllt das Profil ebenfalls.

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Diese größeren, physischeren Receiver haben zwar nicht die Wendigkeit und Explosivität auf engstem Raum wie ihre kleineren Slot-Kollegen; dafür aber sind sie ein guter Konter, um mit ihrer Größe Slot-Cornerbacks und auch vielen Safetys ernsthafte Probleme zu bereiten.

Beide Slot-Typen sind in der diesjährigen Draft-Klasse gut vertreten, wobei der "Big Slot"-Typ in der Spitze noch etwas häufiger auffällt. A.J. Brown, Metcalfs Teamkollege bei Ole Miss, könnte man hier dazuzählen - am besten passt aber wohl Arizonas N'Keal Harry in das Profil. Ein physischer Spieler, der nach dem Catch brandgefährlich ist und aus dem Slot heraus auch vertikal eingesetzt werden kann.

Einige Beispiele im Draft dieses Jahr:

  • N'Keal Harry
  • A.J. Brown
  • Lil'Jordan Humphrey
  • Hunter Renfrow

Hybrid: Der "Z"-Receiver

Prototypisches NFL-Beispiel: Stefon Diggs, Keenan Allen, JuJu Smith-Schuster

Der Z-Receiver ist einerseits der zweite Outside-Receiver, der sich in der Formation gegenüber vom X-Receiver aufstellt. Im Gegensatz zum Slot-Receiver hat er also für gewöhnlich ebenfalls einen Cornerback gegen sich stehen, dennoch hat er mehr Freiheiten als der X-Receiver.

Der Z-Receiver stellt sich meist eben nicht direkt an der Line of Scrimmage auf, andernfalls würde er in vielen Formationen den Tight End zum Ineligible Receiver machen. Dadurch erhält er einen einfacheren Release, außerdem kann er so vor dem Snap in Bewegung gesetzt werden.

SPOXNFL Gamepass

Diese Formation aus dem Spiel der Vikings gegen die Saints letztes Jahr veranschaulicht das ganz gut. Adam Thielen (rot markiert) ist der X-Receiver und muss sich an der Line of Scrimmage positionieren, genau wie der Tight End (gelb). Stefon Diggs (grün) dagegen steht leicht im Backfield, er ist der Z-Receiver und genießt dadurch mehr Freiheiten als Thielen auf der anderen Seite.

Dabei ist es nochmals wichtig zu erwähnen, dass nichts davon in Stein gemeißelt ist. Gerade der Z-Receiver ist ein klassischer Hybrid, in 2-Receiver-Sets mit beiden Wideouts auf einer Seite der Formation wird er automatisch zum Slot Receiver. Diggs hatte letztes Jahr beispielsweise 225 Snaps im Slot und 636 Snaps Outside, Tyreek Hill in Kansas City wurde 426 Mal im Slot und 527 Mal Outside aufgestellt.

Der Z-Receiver bringt also im Idealfall eine Mischung aus den Eigenschaften des X- und des Slot-Receivers mit. Er ist tendenziell agiler und explosiver als der X-Receiver, wenngleich physisch nicht so dominant; gleichzeitig ist er meist etwas schneller oder physischer als der typische Slot-Receiver, aber besitzt nicht dessen Short-Area-Quickness.

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Auch hier ist der Draft spannend besetzt, und manche werden einige Receiver eher als Slot- oder eher als X-Receiver sehen. Georgias Riley Ridley mit seinem guten Route-Running, aber einigen Problemen beim Release insbesondere gegen Press Coverage und nicht gerade den agilsten Hüften oder schnellsten Füßen ist eines der besten Beispiele für einen Z-Receiver im diesjährigen Draft.

Auch UMass-Receiver Andy Isabella könnte in dieser Rolle ähnlich wie Tyreek Hill bei den Kansas City Chiefs eingesetzt werden.

Einige Beispiele im Draft dieses Jahr:

  • Deebo Samuel
  • Riley Ridley
  • Marquise Brown
  • Anthony Johnson
  • Andy Isabella
  • Parris Campbell

Unter dem Strich gilt: Wide Receiver sind nicht so linear zu ranken wie etwa die Quarterbacks. Die Position bringt zu viele verschiedene Typen mit, die auf ihre Weise und je nachdem, wie sie eingesetzt werden, auf unterschiedlichem Weg zum gleichen Erfolg kommen können.

Eine zentrale Rolle beim Scouten und letztlich auch beim Draften von Wide Receivern sollte immer auch die Frage spielen, wie man den Receiver einsetzen kann und ob seine Stärken gut genug sind, um die Schwächen in der richtigen Rolle vergessen zu lassen - und aus der jeweiligen Team-Sicht die Frage, ob man einen solchen Receiver-Typ tatsächlich sucht.