NFL

Arizona und die Air Raid Offense - Sieht so die NFL-Revolution aus?

Kliff Kingsbury und die Arizona Cardinals könnten eine neue Offense-Ära in der NFL einleiten.
© getty
Cookie-Einstellungen

Was zeichnet Kingsburys Air Raid Variante aus?

Mike Leach ist die prägende Figur in der Air Raid Offense, wie man sie heute kennt - und war eine der prägenden Figuren für Lincoln Riley und Kliff Kingsbury was die grundlegende Philosophie und die offensive Denkweise angeht.

Doch Kingsbury selbst hat anderswo einen womöglich noch größeren Einfluss aufgefasst, vielleicht am ehesten zu beschreiben mit seiner Interpretation der Leach-Air-Raid: Insgesamt ein Jahr lang verbrachte er als Sechstrunden-Pick und Brady-Backup 2003 bei den New England Patriots; diese beiden Herangehensweisen zu vereinen ist so etwas wie das offensive Idealbild, das Kingsbury vorschweben dürfte.

Was heißt das im Detail? Kingsburys Air-Raid-Prägung macht sich im Kern seiner Offense, also was die gerade thematisierten Basis-Konzepte angeht, überdeutlich bemerkbar. Er setzt primär auf Shotgun-Formationen und gerne auf Empty Sets, er will mit Bunch-Formations, Jet Motion und dergleichen die Defense permanent auch mental herausfordern - und er bevorzugt den Pass.

In all den Jahren bei Texas Tech hatte Kingsbury nur einen wirklich dominanten Running Back in Deandre Washington, der dementsprechend eingeplant wurde und in aufeinanderfolgenden Jahren über 1.100 Rushing-Yards produzierte. Er war Kingsburys einziger 1.000-Yard-Rusher bei Tech.

Kliff Kingsburys Run-Pass-Ratio im College:

Jahr2012201320142015201620172018
Pass Play Percentage49,3%64,5%61,8%57,6%62,8%55,9%57,7%
College-Rang Passing-Anteil59434294

Anmerkung: 2012 war Kingsbury Offensive Coordinator bei Texas A&M; ab 2013 Head Coach bei Texas Tech.

Aber Kingsburys Air-Raid-Variante ist komplexer als die von Leach, weil sich die Plays von Woche zu Woche verändern. Kingsburys ideale Vorstellung sieht dabei in etwa so aus: Im Frühjahr und dann im Training Camp geht es darum, die Basis-Plays zu installieren; also seine Mesh-Konzepte, seine Screen-Pakete, seine Four-Verticals-Interpretationen, und so weiter.

In der Saison aber werden gegnerabhängige Anpassungen vorgenommen, um Schwachstellen zu attackieren, vorteilhafte Matchups auszunutzen, Plays leicht abzuändern um nicht vorhersehbar zu werden; kurzum: Kingsbury will die Vorteile der Basis-Plays der Air Raid Offense mit dem wöchentlichen Game-Plan-Prozess in der NFL kombinieren, um im Idealfall das beste aus beiden Bereichen zu nutzen.

"Er ist wirklich clever", verriet Kingsbury-Schüler und der amtierende MVP Patrick Mahomes im Gespräch mit Bleacher Report. "Er macht viele der Dinge, die wir hier (in Kansas City, Anm. d. Red.) ebenfalls machen was das Entwerfen neuer Plays Woche für Woche und das Anpassen anderer Plays angeht."

Neben den Basis-Plays stößt man bei Kingsbury dabei auch auf einige andere wiederkehrende Muster:

  • Plays sind darauf ausgelegt, Zone-Verteidiger via Isolation in Man-Coverage zu zwingen
  • Das ganze Feld soll, gerne auch wie beim hier abgebildeten Touchdown von Patrick Mahomes gegen Baylor mit 5-Wide-Formationen attackiert werden
  • Screen-Pässe in diversen Designs und Auslegungen spielen eine zentrale Rolle
  • Der Quarterback kann und soll Plays an der Line of Scrimmage ändern
  • Der Quarterback muss die Defense Pre- und Post-Snap lesen und verstehen, da viele Plays mit Option-Routes abhängig von der Coverage funktionieren. Ein hohes Maß an Spielverständnis ist letztlich unabdingbar, um Kingsburys Offense erfolgreich umzusetzen
  • Run Pass Options sollen dem Quarterback immer wieder auch einfachere Reads geben
  • Kingsbury hat seine Offense an die grundverschiedenen Quarterbacks, mit denen er zusammengearbeitet hat - ob Case Keenum, Johnny Manziel oder Patrick Mahomes - angepasst. Wenn er aber mobile Quarterbacks hatte, nutzte er das auch gezielt in seinem Playbook, um noch mehr Druck auf die Defense auszuüben. Mit Kyler Murray wird das definitiv auch ein Faktor sein

So dürfte es keine Überraschung sein, dass Arizona im Draft klar die Receiver-Position priorisierte - die Cardinals werden nächstes Jahr viele Wide Receiver gleichzeitig auf dem Feld haben - und dabei verschiedene Receiver-Typen holte. So könnten in 4-Receiver-Sets Fitzgerald und Christian Kirk etwa die beiden Inside-Spots übernehmen, mit Hakeem Butler und Andy Isabella außen.

David Johnson wäre dabei zurück in seiner Rolle als X-Faktor, der als Running Back im Slot oder auch Outside aufgestellt werden kann und so Kingsburys bevorzugte 5-Wide-Formationen, mit denen das ganze Feld durch die Luft attackiert werden soll - ob vertikal oder horizontal -, ermöglicht.

"Wir werden das Spiel breiter spielen als es vermutlich die meisten anderen Teams in der NFL machen", bestätigte Kingsbury jüngst gegenüber NBC-Insider Peter King. "Wir werden das ganze Feld nutzen und Defenses zwingen, fünf Spieler zu decken und den Quarterback zu stoppen."

Und weiter verriet er, dass das System für Murray dem, was er aus dem College unter Riley gespielt hat, "sehr ähnlich" sein wird: "Wenn man aus einer Spread-Formation agiert, ist er auf verschiedene Weisen eine Waffe. Wenn er als Runner die Möglichkeit bekommt, ist es schwer, ihn einzuholen. Und wenn man ihn in der Pocket hält, kann er dich auch von da aus schlagen. Wir wollen das Feld in die Breite ziehen und mit Tempo spielen. Unter diesen Umständen kann er großen Erfolg haben."

Aber wie könnte das im Detail aussehen?