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Arizona und die Air Raid Offense - Sieht so die NFL-Revolution aus?

Kliff Kingsbury und die Arizona Cardinals könnten eine neue Offense-Ära in der NFL einleiten.
© getty
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Welche von Murrays College-Plays sehen wir in Kingsburys Air Raid?

Lincoln Riley und die Oklahoma Sooners haben über die letzten beiden Jahre Bemerkenswertes erreicht: In aufeinanderfolgenden Jahren produzierten die Sooners den Nummer-1-Overall-Pick im Draft; und mit Baker Mayfield und Kyler Murray waren es zudem zwei Quarterbacks, die vor einigen Jahren noch durch sehr viele NFL-Raster, was physische Voraussetzungen auf der Quarterback-Position angeht, gefallen wären.

Dennoch ist es wichtig zu betonen, dass sich die Sooners-Offense von Mayfield zu Murray schematisch veränderte. Mit Mayfield agierte Oklahoma gerne aus 21-Personnel, mit Tight End Mark Andrews und Fullback Dmitri Flowers als Matchup-Waffen auf dem Feld.

Darauf bauten die Sooners große Teile ihres Play-Action- und RPO-Spiels auf, um Mayfields große Stärke in der Mitte des Feldes möglichst häufig einzusetzen. 2018 hatte Riley einen anderen Plan.

Einerseits waren Andrews und Flowers in der NFL; andererseits aber war die Offensive Line noch einen Schritt weiter und das Speed-Level im gesamten Team - nicht nur auf der Quarterback-Position - war noch höher.

Riley nutzte das, um seine Spread-Formationen auszubauen. Er nutzte Murrays Athletik als zusätzliche Dimension im Run Game und er baute das Play-Action-Passspiel noch weiter aus. "Im Bootleg Play Action war Kyler extrem stark", bilanziert auch Noah Riley, der die Sooners-Offense im Detail auseinander genommen hat und den ich für diesen Artikel kontaktiert hatte.

Mit Murrays Gefahr als Runner als zusätzliche Dimension zu den Spread-Formationen, den RPOs und dem Play Action Game gelang es Riley, Murray klare Reads zu geben - und es gelang ihm, Defenses gezielt zu attackieren, beziehungsweise Schwachstellen in der Coverage durch seine Play-Designs zu forcieren.

Welche Plays könnten das sein, die Kingsbury aus dem Sooners-Playbook übernimmt und die Murray im Herbst auch in der NFL umsetzen darf? Oklahomas Offense war die explosivste Offense im College Football, und einige Plays stechen dabei besonders heraus.

Oklahoma Sooners Plays: Dagger Mesh

Das führt gewissermaßen zurück zum Anfang und zum Mesh-Konzept, der Basis vieler Air Raid Offenses. Die Sooners hatten mehr als fünf grundlegende Mesh-Designs, keines aber nutzten sie häufiger (21 Mal) oder waren damit gefährlicher (13,7 Yards pro Pass, 70 Prozent angekommene Pässe) als mit "Dagger Mesh".

Quelle: Breaking Down the 2018 Oklahoma Offense

Das Konzept spielt dabei sehr gut zusammen: Die beiden Shallow-Crossing-Routes Underneath sind naturgemäß Man-Beater, mit der Dig-Route dahinter (die Route des "H"-Receivers) wird zudem aber der Linebacker womöglich nach hinten gezogen. Der Receiver, der die Dig-Route läuft, hat zudem die Freiheit, einen Platz zwischen den Zones zu finden, sollte es Zone Coverage sein.

Die Seam-Route ("Y"-Receiver) ist einerseits die Big-Play-Option, andererseits aber auch der Field-Stretcher - also die Route, welche die Coverage in die Länge ziehen soll. Der Running Back aus dem Backfield kann auch als Protection-Hilfe fungieren, ist zudem aber auch eine weitere Option, um einen Verteidiger aus der Mitte zu ziehen.

Oklahoma Sooners Plays: Y Cross Double Cross

Wie bereits erwähnt legte Riley mit Murray noch größeren Wert auf das Play-Action-Passspiel, hier war Oklahoma unheimlich explosiv. Eines der bevorzugten Plays dabei war "Y-Cross Double Cross", eine Modifizierung des in der Air Raid ebenfalls omnipräsenten "Y-Cross"-Konzepts.

Quelle: Breaking Down the 2018 Oklahoma Offense

Sieben Mal warf Murray den Pass aus diesem Konzept, alle sieben Pässe kamen für durchschnittlich 22 Yards und insgesamt zwei Touchdowns an. Das Play ist ähnlich aufgebaut wie die vielen "Y-Cross"-Variationen, die Oklahoma spielte; auch wenn hier tatsächlich der Inside-Slot-Spieler keine Crossing Route läuft.

Stattdessen baute Riley eine zweite Crossing-Route von weiter außen ein und ließ den "Y"-Receiver eine Flat-Route laufen.

Oklahoma Sooners Plays: Mills

Eines der gefährlichsten Plays im gesamten Sooners-Playbook und ein Konzept, das Kingsbury ohne Zweifel das eine oder andere Mal ansagen wird, ist das "Mills"-Konzept, welches Oklahoma aus Play Action heraus einsetzte.

Quelle: Breaking Down the 2018 Oklahoma Offense

"Mills" ist kein komplexes Konzept, aber es kann verheerenden Schaden anrichten; Kyler Murray kann das aus erster Hand bestätigen. Fünf Mal warf er letztes Jahr einen Pass in diesem Play-Design, er holte damit 30,7 Yards pro Pass raus, und es hätten sogar noch mehr sein können. Auch Mayfield 2017 (3/5, 174 YDS, 2 TD) war hier gefährlich.

Schön am "Mills"-Konzept ist seine Einfachheit. Im Prinzip ist es schlicht ein 3-Level-Vertical-Stretch: Die Post-Route (hier: "Z") attackiert tief. Die Dig-Route von der anderen Seite greift auf dem mittleren Level an und eine Comeback- oder Shallow-Crossing-Route (hier: "Y") ist für kürzere Anspiele zuständig.

Der primäre vertikale Stretch - also wo die Defense gezielt auf mehreren Ebenen angegriffen wird - ist aber die Seam-Area, also gegen etwa Cover-3 exakt zwischen zwei Zones. Die Running Backs aus dem Backfield können entweder als zusätzliche Blocker agieren, wie Oklahoma es mehrfach machte, oder aber auch selbst Routes laufen und so die Defense noch mehr in die Breite ziehen.

Bei Oklahoma lief der isolierte Receiver (hier: "X") nicht einfach eine Dig-Route, sondern hatte, nach seinem Cut nach innen, die Möglichkeit, auch wieder nach außen zurück zu ziehen; seine Aufgabe ist es einerseits, im Idealfall den Safety von der tiefen Post-Route weg zu ziehen, und andererseits ist es sein Job, sich auch nach dem Cut nach innen irgendwie frei zu laufen, sollte es nötig sein.

Wenn "Mills" funktioniert, ist es eines der Plays, das Zone-Verteidiger in Man Coverage zwingen und dem Receiver, der die tiefe, gefährliche Post-Route läuft, ein vorteilhaftes Matchup ohne tiefe Safety-Hilfe verpassen kann. Hier ist das Konzept im Spiel gegen West Virginia mit einem Big Play zu Marquise Brown:

Oklahoma Sooners Plays: Shallow Sting

Vielleicht mit das effizienteste Konzept für die Sooners letztes Jahr war "Shallow Sting". Murray warf in diesem Konzept nur drei Pässe, alle drei kamen an - für 104 Yards und zwei Touchdowns.

Quelle: Breaking Down the 2018 Oklahoma Offense

Was eine "Shallow"-Route ist, dürfte inzwischen klar sein; der Trick bei "Shallow Sting" ist, dass die Shallow-Route nur angetäuscht wird. Der "Y"-Receiver deutet zunächst eine Shallow-Crossing-Route wie etwa beim Mesh-Konzept an - der Effekt davon ist, dass der tiefe Safety auf der aus Sicht der Offense linken Seite oder der Outside Cornerback (je nach Zone- oder Man-Coverage) mit den beiden nach innen gerichteten, offensichtlich vertikalen Routes mitgeht.

Das erlaubt es dem "Shallow Sting"-Receiver, sich gewissermaßen im Rücken der Coverage davonzustehlen und plötzlich statt einer horizontalen eine vertikale Route zu laufen.

Hier ist einer der Touchdowns von Murray zu Tight End Grant Calcaterra gegen Kansas State.