Was planen die Ravens für 2019?
Einige andere Formationen sahen wir bereits letztes Jahr, bei denen man davon ausgehen sollte, dass sie 2019 eine größere Rolle spielen - wenn sich die Offense so entwickelt, wie es zu vermuten steht.
Da wäre etwa die hier dargestellte Diamond-Formation. Dabei ist der Quarterback links und rechts von einem Spieler flankiert - meist Tight Ends, Fullbacks oder Running Backs - und hat einen Running Back oder Fullback hinter sich.
Es ist eine Formation, die man in vielen NFL-Offenses überhaupt nicht mehr sehen wird; und das macht es für Baltimore interessant: Um über das Run Game zu gewinnen, müssen die Ravens gegnerische Defenses so viele verschiedene Formationen und aus diesen Formationen so viele verschiedene Mutationen wie möglich präsentieren. Nur wenn die Offense schwer lesbar bleibt, kann sie erfolgreich sein.
Das, was wir letztes Jahr gesehen haben, war schematisch gesprochen ein Strohfeuer. Eine simple Offense, die auf einfache Fehler in der Defense und einfache Reads für den Quarterback baute. Für 2019 sprechen wir mit Blick auf die Ravens-Offense von einer gänzlich anderen Dimension.
Das "Veer"-Konzept eignet sich glänzend, um ausführlicher mit der Triple Option herumzuexperimentieren. Ganz einfach gesagt: Der Quarterback hat ohnehin zwei bis drei Spieler mit sich im Backfield, je nachdem, welche Veer-Version gespielt wird. Dementsprechend macht es nur Sinn, auch verschiedene Möglichkeiten der Ballübergabe zu installieren.
Ein ganz klassisches Beispiel ist der Outside Veer aus der Pistol-Formation:
Dabei hat der Quarterback zunächst die Option, den Ball an den Running Back hinter sich zu übergeben - sein erster Read. Behält er den Ball, läuft er zunächst selbst los - und hat dann die Option, den Ball zur Seite zu pitchen.
Das Konzept setzt auf mehrere Reads, gibt dem Quarterback mehrere und doch einfache Reads und kann NFL-Defenses vor Probleme stellen, umso mehr, da man darauf aufbauend Run Pass Options und Play Action Konzepte entwerfen kann. Und mit Veer-Konzepten lassen sich mehrere Speed-Bedrohungen einbauen - etwas, das Baltimore im Draft ganz offensichtlich priorisiert hat.
Die beiden Rookies Marquise Brown und Justice Hill geben Baltimore neben Lamar Jackson eine immense Geschwindigkeit für die Offense; beide gehörten zu den schnellsten Spielern ihrer Positionsgruppe im Draft. Zusätzlich drafteten die Ravens Ex-Penn-State-Quarterback Trace McSorley, der ebenfalls jede Menge Geschwindigkeit mitbringt und bei 2-Quarterback-Sets auf dem Feld stehen könnte.
Baltimore experimentierte bereits letztes Jahr mit einigen Triple Option Konzepten, auch wenn es eher vereinzelt und zumeist eher rudimentär war. Das sollte ausgebaut werden, um mit dem Option Run Game effizient zu bleiben. Vor diesem Hintergrund kommt es wenig überraschend, dass die Ravens Paul Johnson ins Training eingeladen haben.
Johnson war über Jahre einer der zentralen Triple-Option-Coaches im College Football, bei Navy und Georgia Tech. Er teilte den Ravens-Coaches einige seiner Ideen mit und verriet nach dem Training beim Glenn Clark Radio: "Sie wollten meine Sichtweise auf einige Dinge wissen. Wir haben über Schemes gesprochen, und ich war sehr beeindruckt von ihrem System und dem, was sie machen, um Lamars Talente zu unterstützen. Ich glaube nicht, dass sie eine komplette Option-Offense werden wollen, aber das wird definitiv ein Part des Gesamtpakets sein."
Weiter gibt es für ihn selbst "keinen Zweifel, dass man mit dieser Offense auf dem höchsten Level gewinnen kann. Ich denke, Coach Harbaugh versucht, die Stärken seines Quarterbacks einzusetzen. Es wäre ziemlich dumm, Lamar in das gleiche System wie Tom Brady zu packen."
Lamar Jackson: Ohne Passing Game geht es nicht
So sehr man davon ausgehen kann, dass Baltimores Run-Designs vielseitiger und schwerer ausrechenbar werden - auch die Ravens müssen sich der Realität stellen, dass man ohne das Passing Game in der NFL nicht langfristig erfolgreich sein kann. Es wird elementar wichtig sein, die Run- und Passing-Designs noch enger miteinander zu verknüpfen; und Jackson selbst muss sich individuell als Passer steigern.
In seiner Rookie-Saison konnte man klare Trends erkennen. Jackson war ein guter Passer über die Mitte des Feldes, hatte allerdings riesige Probleme mit dem Blitz und wurde wahnsinnig inkonstant, sobald er tiefer oder nach außen werfen musste.
Jackson hatte die geringste Deep-Passing-Quote aller Starting-Quarterbacks: Nur 7,6 Prozent seiner Pässe flogen mindesten 20 Yards weit. Zum Vergleich, an der Liga-Spitze standen Josh Allen (19,7 Prozent), Mitch Trubisky (16,8) sowie Russell Wilson und Patrick Mahomes (beide 15,9).
Am effizientesten war er bei Drag-Routes und im kurzen Underneath Passing Game und damit das Passing Game funktioniert, müssen die Ravens besser darin werden, explosive Plays nach dem Catch zu kreieren. Marquise Brown füllt genau diese Rolle - Underneath und dann nach dem Catch - ideal aus, das hat er im College unzählige Male gemacht. Vorjahres-Rookie Jordan Lasley könnte diese Rolle ebenfalls ausfüllen.
Neben Yards nach dem Catch und Explosivität über Play-Designs wird das bereits angesprochene Play Action Passspiel auch weiterhin eine zentrale Säule sein.
Hier ein Beispiel, wie die Ravens das letztes Jahr nutzten und was wir noch verstärkt erwarten können. Es ist die altbekannte Grundformation, nur dass sich das Play nach dem Snap vertikal entwickelt.
Die angetäuschte Ballübergabe an den Running Back zieht die Linebacker bereits Richtung Line of Scrimmage, die beiden kurzen Routes durch den Running Back selbst sowie durch den im Backfield postierten Tight End verstärken diesen Effekt noch. Das räumt den Weg frei für Mark Andrews (die gelb markierte Route) zwischen den Linebackern und den Safeties und ermöglicht Jackson einen klaren Read und einen vergleichsweise offenen Pass.
Nur wenn die Ravens Yards nach dem Catch schemen können und wenn sie im Play-Action-Passspiel schwer lesbar und effizient sind, wird diese Offense funktionieren. Mark Andrews kann dafür ein wichtiger Spieler werden, auch das hat sich letztes Jahr bereits angedeutet.
Nur George Kittle, Travis Kelce, O.J. Howard und Zach Ertz hatten mehr Yards pro gelaufener Route als Andrews, der zudem die zweitmeisten Deep-Receiving-Yards aller Tight Ends hatte - lediglich Kelce war hier noch besser. Andrews verzeichnete im Schnitt 11,04 Yards pro Target letztes Jahr, alle anderen Ravens-Spieler kombiniert kamen durchschnittlich auf 6,45 Yards pro Target. 11,04 Yards pro Target waren der achthöchste Wert ligaweit, Wide Receiver inklusive.
Fazit: Die Ravens-Offense wird eine spannende Studie
"Es ist sowas wie eine überarbeitete Version von dem, was wir letztes Jahr gemacht haben", beschrieb Left Tackle Ronnie Stanley jüngst die von Harbaugh angekündigten Änderungen in der Offense, "es war eine einfachere Umstellung". Roman selbst stellte eine einfache Frage: "Wie wollen wir mit Lamar Jackson künftig spielen? Er ist ein einzigartiger Spieler, der einzigartige Fähigkeiten hat - also sollten wir eine Offense aufbauen, die diese unterstreicht."
Dabei weiß er auch: "Wir müssen ein starkes Passspiel aufbauen. Lamar muss sich weiterentwickeln und jeder um ihn herum muss in diesem Bereich besser werden. Darauf wird auch ein stärkerer Fokus liegen. Wir wollen mit beiden Händen kämpfen können - wir wollen in der Lage sein, zu laufen und zu werfen. Ich denke, wir werden ausbalancierter sein. Darauf arbeiten wir hin."
Oder auch,einfach gesagt: "Was auch immer es kostet, um ein Spiel zu gewinnen. Und das mag sich von Woche zu Woche ändern." Mit Lamar Jackson bedeutet das, im Passing Game möglichst viele offene Würfe zu kreieren, ihm klar definierte Reads zu geben und Receiver nach dem Catch über Play-Designs Yards produzieren zu lassen.
Es bedeutet aber auch, im Run Game über eine Vielfalt und über Formationen zu kommen, die in der NFL alles andere als alltäglich sind. Und die umstrittene Frage danach, wie weit eine Offense in der NFL im Jahr 2019 mit einem derartigen Run Game Erfolg haben kann, wird aus analytischer Sicht mindestens eine hochspannende Studie.