NFL Third and Long Week 3 Recap: Daniel Jones - und die Chiefs-Offense gegen Baltimore

Von Adrian Franke
24. September 201916:44
Die Chiefs gewannen das Duell gegen Lamar Jackson und die Ravens.getty
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Woche 3 in der NFL stand ganz im Zeichen der Quarterbacks - und keiner dominierte die Schlagzeilen mehr als Daniel Jones. Wie lief sein Rookie-Debüt wirklich? Außerdem: Ernüchternde Oldschool-Ansätze, die fantastischen Designs der Chiefs-Offense - und verdrängt Gardner Minshew Nick Foles?

Das bemerkenswerte Debüt von Daniel Jones

Keine Frage: Es war die Woche der neuen Quarterbacks. Carolinas Kyle Allen lieferte in Arizona ein nahezu perfektes Spiel ab, bereits am Donnerstag hatte Gardner Minshew gegen Tennessee beeindruckt und selbst Josh Rosen konnte in den unmöglichen Umständen bei den Dolphins ein positives Lebenszeichen abgeben. Die "neuen" Quarterbacks werden uns in den kommenden Wochen mit Sicherheit noch weiter beschäftigen.

Einige dieser Quarterbacks könnten jedoch auch in einigen Wochen wieder auf der Bank sitzen, wenn die Starter zurück sind - in New York dagegen hoffen sie, dass Daniel Jones für die nächsten 15 Jahre auf dem Platz und nicht an der Seitenlinie steht.

Dessen Debüt gegen die Buccaneers jedenfalls war zunächst einmal spektakulär.

Er ist der zweite Spieler seit dem Liga-Zusammenschluss 1970, der in seinem ersten Start zwei Rushing- und zwei Passing-Touchdowns auflegte. Die Giants schafften im ersten Spiel mit Jones - wenngleich unter gütiger Mithilfe der Bucs, dazu später mehr - ein Comeback, nachdem sie mit 18 Punkten im Rückstand lagen. Im gleichen Szenario steht Eli Manning in seiner Karriere bei null Siegen und 43 Niederlagen.

Damit rein ins Vergnügen: Was sagt das Tape?

Giants: So lief das Debüt von Daniel Jones

Ich bin an das Tape wie an das College-Tape eines Quarterback-Prospects ran gegangen. Die Kurzfassung für Jones' Spiel gegen die Bucs? Einige positive Punkte muss man in meinen Augen herausstellen:

  • Tiefere Pässe sehen, wie bereits in der Preseason, zumindest teilweise deutlich besser aus als im College.
  • Jones ist ein Quarterback, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und auch gegen Pressure in der Pocket steht. Das wurde im College deutlich und das sah man auch am Sonntag in Tampa. Es ist seine eindrucksvollste Qualität als Passer.
  • Am wohlsten fühlt sich Jones in einer Kurzpass-Offense und die Giants verschafften ihm kurze Pass-Möglichkeiten. Von seinen 23 Completions kamen laut PFF 15 innerhalb von zehn Yards.
  • Die Giants haben einen Plan, um Jones' Athletik einzusetzen und das hilft ihm enorm. Zone Reads, RPOs und Bootlegs, um ihn in Bewegung zu bringen und wahlweise einfache Reads zu kreieren sowie die Fähigkeit zu Scrambles gegen Man Coverage - darauf müssen Teams sich gegen die Giants jetzt einstellen und das war ein maßgeblicher Faktor für den Sieg.

Am häufigsten stand nach dem Spiel in meinen Notizen, wie gut sich Jones gegen Pressure verhält. Bei über der Hälfte seiner Dropbacks setzten die Bucs ihn unter Druck, er brachte gegen Pressure mehr als 73 Prozent seiner Pässe für über 240 Yards sowie einen Touchdown an. Seine Augen bleiben hier ruhig Downfield, die Füße bleiben aktiv - keinerlei Zeichen von Panik.

Sein Timing und Ball-Placement kurz und vor allem in der Mid-Range war teilweise exzellent und ermöglichte lange Yards-nach-dem-Catch-Runs. Dazu kamen mehrere gute Pässe aus der Bewegung heraus. Das ist genau sein Spiel.

Eine Kurzpass-Offense, die seine Mobilität innerhalb der Play-Designs einsetzt, die ihn bei Early Downs "sichere" Completions im Kurzpassspiel und ihm klare Reads für vertikale Pässe gibt, ist genau der richtige Weg - und den zeigten die Giants am Sonntag.

Trotzdem gibt es anhand des Tapes auch einige große "Aber"-Punkte: Accuracy- und Read-Wackler waren nach wie vor sichtbar, beim langen Third Down sechs Minuten vor der Halbzeitpause etwa hätte er eine sichere Interception haben müssen.

Fumbles sind und bleiben ebenfalls ein eklatantes Problem. Bei allem Lob für sein Verhalten gegen Pressure ist teilweise auch einfach sein Gefühl für den Pass-Rush inkonstant und bisweilen überhaupt nicht da. Das wurde im College deutlich, das war in der Preseason zu beobachten und es war auch bei seinem ersten NFL-Start zu sehen.

In einer Play-Sequenz über mehrere Drives in den letzten sechs Minuten des dritten und zu Beginn des vierten Viertels etwa steckte er so vier extrem harte Hits ein und hatte Glück, dass nicht weitere Fumbles dazu kamen. Der folgte dann knapp elf Minuten vor Spielende.

Jones' Debüt: Viel Optimismus für New York

Persönlich war ich kein großer Fan von Daniel Jones anhand seines College-Tapes, und womöglich lag ich da auch komplett daneben. In einigen Monaten sind wir schon deutlich schlauer, gegen die Bucs jedenfalls blieb mir mit Abstand am meisten hängen, dass Jones' Stärken um ein Vielfaches maximiert und seine Schwächen sehr gut versteckt wurden. Es war ein Spiel, in dem Jones grundsätzlich der Quarterback war, den man auch im College gesehen hatte - bei seinem NFL-Debüt damit aber deutlich effizienter unterwegs war.

Die Play-Designs verhalfen Jones zu klaren Reads und der schmale Grat zwischen "unbeeindruckt gegen Pressure" und "Ball zu lange halten" - dieser Spagat war im College ein konstantes Thema bei ihm - ging in diesem Fall unter dem Strich zu seinen Gunsten aus, auch wenn es hier positive und negative Momente gab. Doch mehrere der Big Plays der Giants kommen ohne diese Qualität nicht zustande.

Dass Jones ein guter Athlet und Runner ist, war im College sichtbar; hier hatte ich Parallelen zu Ryan Tannehill gezogen. Wenn die Bucs kurz vor der eigenen Endzone Man Coverage ohne Quarterback-Spy spielen, sind sie selbst Schuld und betteln förmlich um den Touchdown-Run des Quarterbacks. Der erste Touchdown-Run war ein von Jones perfekt ausgeführter Zone Read.

Es werden schwerere Prüfungen kommen als diese Bucs-Defense und es werden Offenses kommen, die eine 18-Punkte-Führung nicht mehr hergeben - egal, wie sehr die eigene Defense wackelt. Doch insbesondere die zweite Halbzeit sowie die Tatsache, dass Jones' Stärken derart dominant zum Vorschein kamen und dass er in meinen Augen in seinem ersten NFL-Spiel besser agiert hat als bei seinen besten College-Auftritten sollte Giants-Fans auf jeden Fall viel Optimismus geben.

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Oldschool ist für Verlierer

Nach drei Spielen kann man von ersten Trends sprechen. Die Chiefs-Offense ist nach wie vor exzellent, die Patriots könnten die beste Defense der Liga haben, die Browns-Offense hat mehr als nur ein paar kleine Probleme - und nach wie vor herrscht in der NFL eine offensive Ineffizienz, die aus falschen Ideen davon resultiert, wie Football im Jahr 2019 in der NFL gespielt werden sollte. Kurzum: Wie sie einfach nicht mehr existieren dürften.

So etwas wie "den Run etablieren" gibt es nicht - die Idee, dass man früh im Spiel intensiv auf den Run setzt und sich das später im Spiel auszahlt, ist nachweislich falsch. Genau wie die Theorie, dass man ein gutes, funktionierendes oder auch häufig genutztes Run Game benötigt, um die Tür für das Play Action Passspiel zu öffnen.

Es scheint auf den ersten Blick ein logischer Gedanke zu sein: Die Defense muss den Run respektieren, um auf Play Action hereinzufallen, und Runs früh im Spiel funktionieren wie Körpertreffer gegen die Defense, die den Effekt davon im vierten Viertel besonders spürt.

Genau wie die Theorie, dass man mit Runs bei Early Downs mehr positive Plays und kurze Third Downs kreiert als durch die Luft. Aber wir wissen es inzwischen schlicht besser. Diese Ideen von Football sind komplett überholt.

Und dennoch sehen wir schlechtes Play-Calling, schlechte In-Game-Decisions und insbesondere offensiv Woche für Woche Coordinators, die in ihren Game Plans mehr auf ihre persönliche Sturheit und bisweilen ein scheinbar sentimentales Gefühl gegenüber dem Run Game setzen, als dass sie wirklich versuchen würden, ihrem Team offensiv eine echte Chance zu geben. Das hat längst frustrierende Züge angenommen.

Tennessee und die aussichtslosen Runs

Die Titans bereits am Donnerstagabend waren ein glänzendes Beispiel dafür. Trotz des Rückstands und obwohl Jacksonville die Line of Scrimmage kontrollierte, ließ Tennessee Derrick Henry wieder und wieder und wieder bei First Down in die Line of Scrimmage walzen.

Elf Mal lief Henry bei First Down gegen die Jags, für durchschnittlich 2,3 Yards pro Run. Neun dieser Runs waren kürzer als fünf Yards. Es ist kein Zufall, dass Henry fast 30 Prozent seiner Runs gegen acht oder mehr Verteidiger in der Box bestreiten muss.

Und die Folge daraus ist nicht nur ein ineffizientes Run Game, es sind auch die langen Second und Third Downs, die daraus folgen. Das setzt den Quarterback immens unter Druck, das macht es der Defense viel einfacher.

Und das führt uns zu den Buccaneers am Sonntag gegen die Giants.

Tampa Bay und eine Muster-Vorstellung für Play-Call-Desaster

Die Bucs hatten bei First Down einen EPA-Wert von -0,04 bei First- und Second-Down-Runs sowie 0,59 bei First- und Second-Down-Pässen (eine genaue Erklärung zu "Expected Points Added" gibt es hier). Ein gigantischer Unterschied.

Tampa hatte 13 First-Down-Passing-Plays, davon erzielten fünf Plays 15 Yards oder mehr (15, 20 TD, 30, 44, 55). 19 Mal liefen die Bucs bei First Down, nur zwei dieser Plays erzielten mehr als zehn Yards (13, 25). Elf dieser Runs brachten nicht mehr als fünf Yards ein. Und dennoch, obwohl die Giants-Secondary keine Antworten auf Mike Evans hatte, hielt man daran fest.

Das passt auch zu dem, was man von den Bucs dieses Jahr generell sieht. Runs in zugestellte Boxes, Runs bei Early Downs und in der Folge vorhersehbare Passing-Plays bei Third Down sowie eine generelle Ineffizienz einer Offense, die eigentlich zu den explosivsten Offenses der Liga gehören sollte. Beide Buccaneers-Backs laufen über 20 Prozent ihrer Runs gegen acht oder mehr Verteidiger in der Box. Gut wären Werte unter zehn Prozent.

Der traurige Höhepunkt: Nach Winstons Interception liefen die Bucs über zwei Drives verteilt neun Mal in Folge - das Resultat: ein Field Goal sowie ein Three-and-Out. Nach dem Three-and-Out machten sich die Giants zu ihrem Game-Winning-Drive auf.

Schlimmer noch: Das Field Goal brachte Tampa Bay sechs Minuten vor dem Ende mit sechs statt drei Punkten in Führung. Es war ein 4th&2 an der 5-Yard-Line der Giants. Eine klassische Down&Distance-Situation, die man dringend ausspielen sollte - umso mehr in diesem Szenario, in dem das Field Goal nur verhindert, dass die Giants per Field Goal ausgleichen könnten, mit einem Touchdown aber nach wie vor gewinnen. Das ist Coachen, um nicht zu verlieren und nicht Coachen, um zu gewinnen.

Und das sehen wir in der NFL noch immer mit einer erschreckenden Omnipräsenz. Brian Schottenheimer etwa war nach kurzem positiven Intermezzo in der Vorwoche hier vor allem bei langen Second Downs wieder zurück in alten Fahrwassern. Viele Teams müssten viel schlauer agieren, und wie Tampa Bay das Spiel gegen die Giants weggeworfen hat, ist nur die jüngste Erinnerung daran.

Wie es besser geht, haben übrigens die Ravens gezeigt. Auswärts in Kansas City, als Underdog gegen die beste Passing-Offense der Liga, wussten sie, dass sie viele Punkte brauchen werden. John Harbaugh war von Anfang an aggressiv bei Fourth Down und spielte Situationen aus, zu denen die Analytics-Zahlen genau das raten.

Nach dem Touchdown von Mark Ingram spät im vierten Viertel ging Harbaugh auf die 2-Point-Conversion und versuchte so, auf 9 Punkte zu verkürzen. Es ist die richtige Entscheidung: Gelingt es, müssen die Ravens anschließend "nur" einen Touchdown und ein Field Goal erzielen, um zu gewinnen.

Gelingt es nicht, brauchen sie einen Touchdown mit 2-Point-Conversion und ein Field Goal für den theoretischen Ausgleich - aber sie wissen dann genau, was sie brauchen und können dementsprechend das weitere Spiel angehen. Mit einem normalen Extra-Punkt hätte Baltimore nur eine Sache erreicht: Man hätte auf Overtime, statt auf Sieg gespielt.

Es lohnt sich, Harbaughs Erklärungen zu den Entscheidungen anschließend anzuhören.

Die Lücke zwischen den Teams, die vermeintlich "sicher", tatsächlich aber schlicht nicht mehr zeitgemäß coachen, und den Teams, die es verstehen, derartige Defizite auszunutzen, wird immer größer werden. Die ersten drei Wochen zeigen deutlich auf, wie groß diese Defizite bei zahlreichen Coaches noch sind.

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Aus Andy Reids Labor: Wie die Chiefs die Ravens knackten

Der Chiefs-Offense zuzuschauen ist eine Augenweide. Der beste Quarterback der Liga spielt in der am besten designten Offense der Liga - es ist alles andere als ein Zufall, dass Patrick Mahomes als einziger Quarterback bereits die 1.000-Yard-Marke geknackt hat (1.195 Yards) und dabei nur Drew Brees prozentual weniger Pässe (8,3 Prozent) in enge Fenster geworfen hat als Mahomes (9,6).

SPOXNFL Gamepass

Einer der ersten wichtigen Aspekte, wenn man es mit der Chiefs-Offense zu tun bekommt, ist Motion. Kein Team setzt häufiger Spieler vor dem Snap in Bewegung, um mit defensiven Coverage- und Gap-Zuteilungen zu spielen, für Verwirrung zu sorgen oder aber Mahomes erste Hinweise auf die Coverage zu geben.

Das hier beispielhaft aufgeführte Play kam bei einem langen Second Down kurz vor Ende des ersten Viertels. Kansas City kombiniert seine Pre-Snap-Motion gerne mit Play Action, um es der Defense noch schwieriger zu machen - Mahomes wirft dieses Jahr 39 Prozent seiner Pässe via Play Action für 11,2 Yards pro Pass sowie bereits vier Touchdowns -, in dem Fall ist es sogar eine doppelte Play Action.

Von beiden Seiten setzen sich Spieler in Bewegung und deuten eine Ballübergabe oder einen kurzen Pitch nach vorne an, etwas, das Kansas City in diesem Spiel mehrfach zeigte. Doch Mahomes führt einen sehr gekonnten Play-Action-Fake durch, während die beiden vertikalen Routen die Defense in die Länge ziehen.

Die vertikale Route auf der rechten Seite ist ultimativ sogar eine Rub-Route, da Safety Tony Jefferson um Wide Receiver Sammy Watkins herum zu Travis Kelce nach innen gelangen muss. Die beiden Spieler, die zur Antäuschung des Run Plays fungierten, sind anschließend sogar noch weitere Ablenkung - die Ravens befürchten einen Screen vor allem auf die rechte Seite der Offense. So wird die Defense also auch in die Breite gezogen. Das Ergebnis ist ein weit offener Pass zu Kelce.

SPOXNFL Gamepass

Etwas später hatten die Chiefs ein kurzes Third Down in der Red Zone. Eine schwierige Situation für eine Offense, während die Defense angesichts des kurzen Feldes hinter sich mit erhöhter Aggressivität agieren kann.

Und dennoch kommen die Chiefs zu einem weiteren offenen Receiver zum First Down. Das ist in diesem Fall der Running Back, der sich - einmal mehr - vor dem Snap von der rechten auf die linke Seite bewegt. Die O-Line blockt nach Rechts, sodass ein freier Verteidiger (blau markiert) ungehindert durchkommt.

Das ist gewissermaßen das Risiko dieses Plays; allerdings muss Mahomes den Ball nicht lange halten. Denn hier kommen die beiden Tight Ends auf der linken Seite der Formation ins Spiel.

Travis Kelce (außen) blockt den äußeren Verteidiger der Ravens, während der innen postierte Tight End eine kurze Route läuft, um so zu verhindern, dass einer der Verteidiger aus dem Zentrum mit dem Running Back nach außen ziehen kann. Ein perfektes Play-Design von Andy-Reid für diese Situation.

SPOXNFL Gamepass

Was neben Motion und den verschiedenen Rub-Routes ebenfalls auffiel: Kansas City setzte gegen die Ravens vermehrt darauf, Spieler erst einen Block antäuschen zu lassen und sich dann verspätet in die Route zu bewegen. Diesen Trend sieht man aktuell häufiger in der Liga, und nicht selten wird so ein Spieler in der Coverage komplett vergessen.

Das passiert den Ravens hier zwar nicht, trotzdem bekommen die Chiefs in dieser Situation offene Receiver, sowie ultimativ ein First Down trotz eines schlechten Wurfs von Mahomes.

Kelce (am unteren Bildrand) ist der zentrale Spieler. Er deutet zunächst einen Block an und bewegt sich nur langsam das Feld runter, ehe er scharf nach innen zieht. In der Folge ist nicht nur er komplett offen, sein Laufweg fungiert auch als Hindernis für den Ravens-Verteidiger, der die Wheel-Route des Running Backs aus dem Backfield verteidigen muss.

Dieser Verteidiger wird letztlich genug aufgehalten, dass er den Running Back zu Fall bringt und so den Chiefs das First Down gibt.

Ravens-Defense noch nicht in Gala-Form

Allerdings muss man auch über die Ravens sprechen. Wie schon gegen Arizona offenbarte die Secondary einige scheinbare Kommunikationsfehler: Beim ersten Touchdown-Pass zu Robinson übernimmt der tiefe Safety die kurze Route von Travis Kelce, ohne dass es eine Absicherung dahinter geben würde.

SPOXNFL Gamepass

Die hier abgebildete Szene zeigt den 83-Yard-Touchdown von Mecole Hardman, bei dem die Ravens von einem 2-Deep-Safety-Look in eine Art Cover-3-Variante wechseln, wobei der eine Safety seine Seite des Feldes spielt und somit auf der 3-Receiver-Seite der Chiefs keinerlei tiefe Absicherung herrscht, nachdem der zweite Safety Earl Thomas sich nach vorne orientiert.

Die Chiefs haben mehrfach Baltimores Safeties mit solchen Designs gezielt attackiert beziehungsweise "gelockt", gleichzeitig aber scheint in der Ravens-Secondary, die neben Neuzugang Earl Thomas auch gerade mehrere Ausfälle verkraften muss, noch nicht alles rund zu laufen.

Mahomes derweil warf gegen die Ravens zwei seiner drei Touchdown-Pässe gegen den Blitz sowie für 11,5 Yards aus sauberer Pocket. Kansas City hat die individuelle Geschwindigkeit - selbst ohne Tyreek Hill - und einen Coach in Andy Reid, der konstant Receiver frei schemen kann. Dass Mahomes einerseits Reids Scheme umsetzt, andererseits aber auch, wenn nötig, außerhalb der Play-Struktur glänzen kann, sollte die Chiefs-Offense noch für sehr lange Zeit zu Must-Watch-TV machen.

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Minshew, Packers, Eagles, Bills - eure Fragen

Garfield, Meko, b.dreier und Jan Johannsen: Was passiert bei den Jaguars auf der Quarterback-Position? Minshew liefert ja sehr ordentlich ab - kann oder wird Foles den Starting-Job direkt wieder übernehmen? Was machen die Jaguars, wenn Gardner Minshew weiter so überzeugend spielt, in der nächsten Saison mit Foles?

Zuerst einmal der obligatorische Blick in die Bücher: Nick Foles hat im März einen Vierjahresvertrag mit Garantien in Höhe von 50,125 Millionen Dollar unterschrieben. Sagen wir, sie traden ihn nach der Saison - dann bliebe ein Dead Cap in Höhe von 18,75 Millionen Dollar, das wäre der auf den Cap aufgeteilte, noch offene Part des Unterschriftsbonus.

Klappt das nicht, könnten die Jaguars ihn nur als Post-June 1 Cut deklarieren, wenn bis dahin ein neues CBA vereinbart wurde. Dann wäre es ein Dead Cap über 21,375 Millionen Dollar Dead Cap 2020 sowie je 6,25 Millionen Dollar 2021 und 2022. Bei einer "regulären" Entlassung würde der Dead Cap 2020 33,8 Millionen Dollar betragen, das ist ausgeschlossen. Jacksonville hat Stand heute den geringsten Cap Space in der NFL für 2020. Anders gesagt: Finanziell können sich die Jaguars erst 2021 von Foles trennen, ohne massive Cap-Einbußen schlucken zu müssen.

All das sollte man im Hinterkopf behalten - um es dann aber für die eigentliche Beantwortung der Frage zu ignorieren. Auf der Quarterback-Position ganz besonders gilt, dass der beste Kandidat spielen sollte. Falls der extrem akkurate Minshew seine eindrucksvollen Auftritte aus den ersten Spielen fortsetzt, könnte man sehr gut argumentieren, dass er rein sportlich betrachtet die bessere Lösung ist als Foles. Foles ist zwar zu enormen Hochs in der Lage, kann genauso aber auch in den tiefen Keller stürzen.

Minshew könnte sich womöglich als der "Game Manger plus" entpuppen, den viele in Foles häufig fälschlicherweise sehen; und nach dem, was wir in der sehr kleinen Sample Size bisher gesehen haben, passt Minshew sehr gut in die Offense von John DeFilippo. Wenn Minshew so weiterspielt, ist er die jüngere, günstigere - auch wenn man Foles vorerst halten "muss" - und womöglich auch einfach sportlich bessere Alternative. Dann ist es vielleicht am Ende auch eine einfache Entscheidung.

Mario Helm, Thorsten, football-pillsen: Sind die Eagles, vielleicht auch aufgrund der vielen Verletzungen, die größte Enttäuschung der ersten drei Wochen? Kannst du einem Eagles-Fan Hoffnung für die nächsten Wochen geben?

"Auch" aufgrund der Verletzungen ist in dem Fall die richtige Formulierung. Natürlich tun die Ausfälle gerade der offensiven Waffen weh und limitieren Philadelphia sowohl in der vertikalen Offense als auch in ihren 12-Personnels, eigentlich die Basis, auf der viel aufbaut. Doch die Probleme und der Grund für den enttäuschenden Saisonstart gehen darüber hinaus.

Da wäre etwa die Offensive Line, die bislang längst nicht so dominant ist wie erhofft. Oder der Pass-Rush, der - natürlich auch durch Verletzungen dezimiert - eigentlich das Rückgrat der Defense ist und viel wackliger auftritt als erwartet. Die Probleme in der Secondary waren noch am ehesten eine Baustelle, die man erwarten musste.

Was gibt Hoffnung? Carson Wentz findet mehr und mehr seine Form. Plus: Die Eagles haben immer noch immense Qualität. Alshon Jeffery und DeSean Jackson werden bald wieder zurückkehren und Dallas Goedert ist im Idealfall auch bald wieder näher an den 100 Prozent. Das wird die Offense gefährlicher machen. Und zumindest gehören die Eagles nicht zu den Teams, die sich mit schlimmen In-Game-Decisions regelmäßig selbst in den Fuß schießen.

Doch klar ist auch: Solange der Pass-Rush die Defense nicht trägt, müssen die Eagles immer wieder Shootouts gewinnen. Und hier ist guter Rat teuer. Jim Schwartz hat dieses Jahr vereinzelt eine deutlich erhöhte Blitz-Bereitwilligkeit gezeigt. Vielleicht die richtige Grundlage, um mit einem Trade für Jalen Ramsey die Defense schlagartig zu verändern?

Fabi: Als Fantasy-Owner von Russell Wilson - wie wahrscheinlich ist es, dass die Seahawks bald von ihrem Offensive Coordinator erlöst werden?

Ich würde nicht darauf warten. Brian Schottenheimer und Pete Carroll sind auf einer Wellenlänge, was die philosophische Umsetzung der Offense angeht, deshalb wird sich die generelle Herangehensweise auch vorerst nicht dramatisch ändern.

Wenn man die Situation positiv angehen will: Schottenheimer hatte letzte Woche gegen Pittsburgh einen sehr guten Game Plan, und gegen die Saints war er auch nicht der erste Grund für die Niederlage. Das waren eher diverse Special-Teams-Probleme, desolates Tackling und natürlich Carsons Fumble.

Das soll nicht heißen, dass man Schottenheimer dafür einen Free Pass ausstellt. Ja, er gab Wilson kurze Pass-Optionen und ließ bei First Down häufiger werfen. Doch die absurden Runs bei langen Second Downs, die ineffizienten Screens und das Festhalten am Run Game trotz deutlichem Rückstand - es sind einfach immer wieder zumindest teilweise die gleichen Themen.

Sandro: Sind die Packers "for real", wenn die Offense mal ins Rollen kommt?

Interessant, was gerade bei den Packers passiert. Mein Eindruck: Matt LaFleur hat exzellente Game Plans und geskriptete Plays für den Start ins Spiel - das erklärt, warum Aaron Rodgers und Co. gegen Minnesota und jetzt auch gegen Denver blitzartig losgelegt haben.

Das Problem sind dann aber Anpassungen. Wenn die Defense einen ersten Eindruck der Offense hat und sich dementsprechend anpasst, fehlen bei den Packers die Antworten. Zuletzt gegen Minnesota war definitiv auch zu erkennen, dass die Offense nach dem brandheißen Start konservativer im Play-Calling wurde. Wenn die Offense ins Rollen kommt und über die Anfangsphasen hinaus Antworten findet, ist Green Bay ein gefährliches Team. Dass das passiert, ist aber alles andere als eine Garantie.

Ansonsten gilt nach wie vor: Bei Defenses ist Vorsicht geboten, wenn es an das Prognostizieren weiterer Leistungen anhand des bisherigen Saisonverlaufs geht. Hier lässt sich statistisch schlicht vergleichsweise wenig auf die Zukunft schließen. Defensive Leistungen bleiben inkonstanter, auch wenn ein Team nach einigen Wochen wie eine Top-Defense aussieht.

Was bedeutet das konkret für die Packers? Die Defense sieht deutlich verbessert im Vergleich zur Vorsaison aus. Gleichzeitig waren die Gegner bislang aber auch nicht die Liga-Spitze in puncto offensiven Football, und selbst da waren in allen Spielen etwa Coverage-Probleme festzustellen.

Die Packers haben aber, und das ist ermutigend, eine Defense, die sie nicht runterziehen wird. Mit dieser Defense kann man erfolgreich sein und sie ist angesichts der eigenen wackligen Offense der maßgebliche Grund für den 3-0-Start. Nur um diesen Erfolg auf Dezember und Januar auszudehnen, muss die Offense zwangsläufig mehr liefern.

Max Diiebold: Sind die Bills ein Playoff-Kandidat? Drei Siege und spielen noch zwei mal gegen die Dolphins, gegen die Jets, Washington und Tennessee. Houston und die Colts nehmen sich gegenseitig Siege weg - ist eine Wildcard mit 9-7 möglich?

Die Defense macht genau da weiter, wo sie letztes Jahr aufgehört hat und ist auch dieses Jahr stark genug für die Playoffs. Die Offense steht für meinen Geschmack noch auf zu wackligen Füßen, da prägen einzelne Big Plays und/oder Improvisationen von Josh Allen zu stark das "Gesamtprodukt", wenn man so will.

Dessen Inkonstanz kann Buffalo jede Woche entweder zum späten Sieg tragen, oder aber ein tiefes Loch graben, aus dem man dann nicht mehr raus kommt. Aber genau eine solche Kombination - eine sehr gute Defense gepaart mit einem Quarterback, der enge Spiele durch Einzelaktionen (in beide Richtungen) entscheiden kann - kann durchaus das Rezept für neun Siege sein, umso mehr angesichts der Division-Gegner neben den Patriots. Insofern ja, die Bills haben dieses Jahr eine Chance auf eine Wildcard.