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Wo sind die Antworten der Rams-Offense?
Die Pleite in Pittsburgh gegen Mason Rudolph und die Steelers war im neunten Spiel die vierte Saisonniederlage für die Rams. Dabei kam L.A. zum dritten Mal in den letzten sieben Partien nicht auf 21 Punkte und Jared Goff fehlen noch drei Interceptions, um seine "Ausbeute" aus der gesamten vergangenen Saison einzustellen.
Keine Frage: Diese Offense ist nicht ansatzweise auf dem Level der Vorjahres-Version, und das obwohl im Vergleich zur vergangenen Saison nur zwei Starter ausgetauscht wurden: Center John Sullivan und Left Guard Rodger Saffold, und bei Sullivan kann man sehr gut argumentieren, dass er im Vorjahr die größte Schwachstelle in der Rams-Line war.
Inzwischen ist die Line zusätzlich von Verletzungen geplagt, doch ist das nicht der einzige Punkt. Vielmehr hat diese Offense, die letztes Jahr mit den gleichen Leistungsträgern die Liga zumindest über weite Teile der Regular Season dominierte, im Prinzip seit Woche 3 - und streng genommen schon seit dem Schlussspurt der Regular Season 2018 - regelmäßig Sand im Getriebe, und nicht selten mehr als das.
Und so langsam ist es an der Zeit, dass Sean McVay und Jared Goff Antworten finden. Das ist letztlich das, was man in der NFL von einem offensiven Head Coach und einem Franchise-Quarterback erwartet.
Vieles beginnt mit der Offensive Line
Wir haben dank Datenauswertungen und gezielten Studien über die letzten Monate viele neue Dinge über Football gelernt, inklusive auch was Aspekte wie Pass-Rush und Pressure angeht - konkret: Quarterbacks selbst sind maßgeblich für Pressures verantwortlich.
Zu langes Halten des Balls, Unsicherheiten bei Reads, das Laufen in Pressure, schlechtes Pocket-Verhalten; all diese Dinge lassen sich über die Jahre konstant mit Pressures in Verbindung bringen und begleiten Quarterbacks zu einem beachtlichen Grad, selbst wenn sich die O-Line-Umstände um sie herum verändern.
Aber wie so häufig gilt auch hier: Die Extreme des Spektrums verändern die Dinge. So kann man Goff in L.A. für vieles kritisieren, doch ist die Offensive Line der Rams dieses Jahr insbesondere in Pass Protection so schwach, dass viele offensive Ideen einfach nicht funktionieren können. Man ist eingeschränkt, in dem was man ausprobieren kann - in noch extremerem Ausmaß sehen wir das gerade bei den Bengals. Und dass die Rams jetzt noch Center Brian Allen für den Rest der Saison verloren haben, wird die Situation nicht verbessern.
Das soll keine Entschuldigung sein, aber es ist ein Erklärungsansatz. Wir haben letztes Jahr bereits Tendenzen dahingehend gesehen, dass Defenses insbesondere mit Cover-4-Varianten der Rams-Offense bei Early Down das vertikale Element, ganz besonders via Play Action, genommen haben. Und eine ganz klare Konstante in Goffs Karriere ist, dass er mit Pressure Probleme hat.
Die Zusammenhänge sind weiter klar erkennbar. Goff ist dieses Jahr bei Play Action deutlich ineffizienter und hatte bereits vor dem Steelers-Spiel mehr Interceptions via Play Action geworfen als in der gesamten Vorsaison. Den Rams fehlt hier eine ganze Masse an Big Plays, und das liegt nicht nur an der Offensive Line.
Eine der großen Stärken der Rams-Offense in der Vorsaison war die Tatsache, dass L.A. unheimlich viel aus ganz wenigen verschiedenen Formationen machte. 11-Personnel, enge Formationen und nur ganz wenige verschiedene Varianten - für die Defense sahen die Plays vor dem Snap alle identisch aus.
Das sorgte gleichzeitig für Effizienz im Play Action Passspiel und auch im Run Game, doch Teams haben sich wesentlich besser darauf eingestellt und die Rams versuchen seither Antworten zu finden, in anderen Formationen und in anderen Personnel-Groupings.
Doch bisher haben sie diese Antworten nicht gefunden. Womöglich läge die Lösung darin, deutlich mehr Tempo-Offense zu spielen und in ein Spread-Kurzpass-System überzugehen. Was dann aber wieder die Frage aufwirft: Wie gut wäre Goff in einem solchen System?
Letztes Jahr war deutlich sichtbar, dass er gerne mal undiszipliniert mit seinen Entscheidungen wurde, wenn er lange Kurzpass-Drives hinlegen musste. Die Probleme in der Offensive Line, gemeinsam mit Goffs Defiziten, erschweren die Suche nach Alternativen deutlich.
Jared Goff und der Andy-Dalton-Vergleich
Das führt unweigerlich zu einem anderen, übergeordneten Gedanken. Goff ist ein hochtalentierter Passer, physisch gesprochen, und kann Pässe werfen, zu denen längst nicht jeder Quarterback in der NFL in der Lage ist. Das steht gar nicht zur Debatte und das ist auch nicht das Problem in Los Angeles.
Die Rams sind schematisch nicht so dominant wie letztes Jahr; das konnte man auch kaum erwarten, wir sehen aber jetzt auch ganz eindeutig, dass Goff eben kein Quarterback ist, der Offense selbst kreiert. Das ist ein Problem, und es macht Goff unter dem Strich zu einem durchschnittlichen Quarterback - gar nicht so unähnlich zu dem, was Andy Dalton über Jahre war: Ein Quarterback, der so gut ist, wie die Umstände um ihn herum. Das kann exzellent sein, so wie letztes Jahr, es kann aber auch unterer Durchschnitt sein, so wie aktuell.
Wenn das der Fall ist, haben die Rams bald - wenn Goffs neuer Vertrag einschlägt, man Jalen Ramsey und Cooper Kupp neue Deals geben musste und dergleichen - ein ziemliches Problem. Die Art Quarterback, als die sich Goff zunehmend entpuppt, macht es unabdingbar, dass man einen sehr guten Kader um ihn herum baut. Und das ist schwer in der NFL, inbesondere das über mehrere Jahre durchgehend zu schaffen.
Und trotzdem muss man auch McVay in die Pflicht nehmen, wenn man etwa diese Woche sah, dass L.A. zwei Wochen Zeit hatte, um sich auf das Mismatch an der Line of Scrimmage gegen Pittsburgh einzustellen - und keine funktionierenden Ideen daraus entstanden.
Die Rams müssen Wege finden, um ein effizienteres Kurzpassspiel aufzuziehen, das die Offensive Line entlastet und Goff die Arbeit leichter macht. Bisher, und das muss man ganz deutlich sagen, haben wir weder von McVay noch von Goff eine konstant funktionierende Offense ohne eine Top-10 Offensive Line gesehen. Und das ist nunmal ein Luxus, der in der NFL nicht als Standard vorausgesetzt werden kann.