Super Bowl Preview: Worauf kommt es an?
Garoppolos oberste Aufgabe ist es, den Ball in die Hände seiner gefährlichen Waffen - allen voran Kittle, Samuel und Sanders - zu bekommen, und das idealerweise so, dass die anschließend möglichst viele Yards nach dem Catch produzieren können. Das ist per se völlig wertfrei, auch wenn die Hot Takes rund um Garoppolo im Rahmen der Playoffs wieder deutlich zugenommen haben.
Dabei liegt die Wahrheit vermutlich wie so häufig in der Mitte: Ist Garoppolo auf einem Level mit Mahomes, Russell Wilson oder auch Deshaun Watson? Nein. Ist er primär ein Game-Manager? Ja. Heißt das, dass er ein schlechter Quarterback ist? Nein.
Shanahans Offense verlangt vom Quarterback keine Wunderdinge. Sie verlangt vor allem Präzision, schnelle Entscheidungen sowie Mobilität und die Fähigkeit, aus der Bewegung heraus zu passen. All das setzt Garoppolo insgesamt in dieser Saison sehr gut um, und in ganzen Phasen der Saison waren es auch vor allem Garoppolo und die Offense, welche San Francisco in der Spur hielten.
Gleichzeitig gilt aber auch: Man darf von Garoppolo nicht verlangen, dass er mit Mahomes Schritt für Schritt geht. Oder anders gesagt: San Francisco braucht die Grundlage der eigenen Offense; falls Kansas City die 49ers aus ihrer Komfortzone bringen kann, ist die Gefahr, dass die Offense eine große Portion Sand ins Getriebe bekommt, deutlich größer als auf der anderen Seite - die Chiefs werden eher noch gefährlicher, wenn sie gezwungen sind, den Ball zu werfen.
Einzelne Chiefs-Blitzes als Antwort?
Das bedeutet aus Chiefs-Sicht, dass der beste Weg gegen San Franciscos Offense die eigene Offense ist. Kann Kansas City davonziehen, muss San Francisco Teile der eigenen Identität früher oder später zumindest limitieren, was der Offense merklich schaden wird. Die Chiefs haben ein ähnliches Spiel gerade gegen die Titans gespielt.
Umgekehrt gilt es also aus 49ers-Sicht, das Spiel zumindest eng zu halten, damit die eigene Offense aus allen Rohren feuern kann. Wo für die Chiefs die beste Defense die eigene Offense sein könnte, ist für San Franciscos Offense also auch die eigene Defense ein elementarer Part für das gesamte Puzzle.
Die gute Nachricht für Niners-Fans. Zumindest bisher hatte Shanahan gegen Kansas Citys Defensive Coordinator Steve Spagnuolo zumeist viele Antworten parat. 8,7 Yards pro Pass, 4,3 Yards pro Run und 24 Punkte im Schnitt pro Spiel stehen in sechs Duellen zwischen den beiden - natürlich in unterschiedlichen Positionen und bei verschiedenen Teams - zwischen 2009 und 2017 zu Buche.
Es wird interessant sein zu sehen, welchen defensiven Ansatz die Chiefs wählen. Green Bays Verteidiger wirkten mitunter fast paralysiert ob der Bedrohung eines möglichen Play-Action-Rollouts oder eines Reverse-Runs, sodass einzelne Spieler regelmäßig zögerten - und dann war Mostert meist schon unterwegs.
Kansas City dürfte sich bei Early Downs darauf fokussieren, den Run zu stoppen, um Garoppolo in möglichst viele offensichtliche Passing-Situationen zu bringen - umgekehrt könnten die 49ers das mit einigen Pässen gerade bei First Down kontern.
Und: Spagnuolo könnte auch über den Blitz Erfolg haben: Die Chiefs waren, wenn sie geblitzt haben, eine der effizientesten Defenses gegen den Pass dieses Jahr; Garoppolo derweil rangiert mit 6,7 Net Yards pro Pass gegen den Blitz im Liga-Mittelfeld. Gerade einzelne All-Out-Blitzes könnten hier ein Schlüsselfaktor werden, entweder um lange Third Downs zu erzwingen, oder aber um die Offense bei Third Down zu stoppen.
Shanahan und der Super-Bowl-Lerneffekt
Shanahan liebt sein Run Game und hat in den Playoffs eindrucksvoll gezeigt, dass er einerseits gegen gute Teams den Ball sehr effizient und explosiv laufen kann, er andererseits aber auch keinerlei Problem damit hat, seinen Quarterback den Ball kaum werfen zu lassen, solange Run Game und Defense in Kombination so funktionieren.
Aber es steckt kein "Festhalten um jeden Preis" dahinter, wie man es nach wie vor häufig bei anderen Teams in der NFL feststellen kann. "Wir haben in der ganzen zweiten Halbzeit kaum mal ein Third Down erfolgreich hinbekommen", fuhr Shanahan mit seinem Rückblick auf den Patriots-Super-Bowl fort. "Ich glaube, wir hatten dann im Schnitt ein Yard pro Run. Und wenn das der Fall ist, dann lautet die Formel, um den Ball immer wieder dem Gegner zurück zu geben "Run-Run-Pass". Damit kommt man dann dauernd in lange Third Downs, und wenn man Third Downs nicht in neue First Downs umwandeln kann, wird es schwer."
Eine Lektion zitierte er dann aber trotzdem: "Ich weiß, dass eine 25-Punkte-Führung spät im Spiel nicht genug ist. Gegen Green Bay lagen wir acht Minuten vor dem Ende mit 14 Punkten vorne und ich versichere euch, dass es mir in solchen Situationen aus meiner Erfahrung so vorkommt, als stünde es Unentschieden. Das hilft dir vermutlich; man kommt nicht in die Gefahr, dass etwas Anspannung abfällt. Ich sage nicht, dass ich mich im Super Bowl entspannt habe, vor allem nicht mit Tom Brady auf der anderen Seite. Aber das hält einen mit beiden Füßen auf dem Boden der Tatsachen, bis das Spiel auch wirklich vorbei ist."
Brady-Mahomes-Vergleiche sollte man sich vor Mahomes' erstem Super Bowl sparen, doch ist es kein Geheimnis, dass gerade die Chiefs-Offense jederzeit zu Big Plays und auch zu mehreren Touchdowns in Serie in der Lage ist. Kann San Francisco offensiv mithalten? Was passiert, sollten die 49ers tatsächlich deutlich in Rückstand geraten? Und welcher der beiden Coaches überwindet seine Geister der (Playoff-)Vergangenheit?
Eine Sache jedenfalls ist klar: San Franciscos Offense aufgrund des Matchups der Niners-Defense gegen Kansas Citys Offense in den Hintergrund zu rücken, wäre ein Fehler.