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Die Offense der San Francisco 49ers unter der Lupe - Die beste Maschine der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt im Detail auf die Offense der San Francisco 49ers.
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49ers: Die Früchte des Shanahan-Trees

Um die Storyline rund um das Run Game nochmals aufzugreifen, auch darüber sprach Shanahan unter der Woche: "In meinen Augen orientiert sich unsere Offense etwas mehr an der Defense. Unsere Defense hatte eine historisch gute Saison, deshalb konnten wir Spiele offensiv auf verschiedene Arten gewinnen. Aber wenn die Defense so spielt wie über weite Strecken der Saison, mussten wir den Ball nicht viel werfen. Manchmal haben wir es dann auf die altmodische Art versucht, und unsere Defense hat uns das ermöglicht."

Natürlich gab es auch Spiele, in denen Garoppolo deutlich mehr leisten musste. Der Shootout gegen die Saints wäre vermutlich der prominenteste Kandidat, der Comeback-Sieg gegen Arizona fällt ebenfalls in diese Kategorie. Doch es ist kein Geheimnis: Die Chiefs wollen im idealen Szenario den Ball bevorzugt werfen, die 49ers wollen den Ball bevorzugt laufen.

Das ist auch ein Muster, das sich durch Shanahans Prägung als Coach zieht. Sein Vater Mike Shanahan, maßgeblich beeinflusst durch "seinen" O-Line-Coach Alex Gibbs, genau wie dessen oberster Schüler Gary Kubiak stehen fast exemplarisch für einen ganz bestimmten Ansatz und Fokus im Run Game: Outside Zone.

Gibbs und Mike Shanahan waren die beiden maßgeblichen Figuren dahingehend, dass John Elway seine Karriere mit zwei Super-Bowl-Ringen beendete - unter dem Duo produzierte Denver eine ganze Reihe an verschiedenen 1000-Yard-Rushern, darunter Terrell Davis, der 1998 die Schallmauer von 2000 Rushing-Yards durchbrach.

"Das Scheme, das wir laufen, Outside Zone und Inside Zone, funktioniert schon seit Jahren", fasste es gerade erst Raheem Mostert nach dem Championship Game zusammen, in welchem er gegen die Packers für 220 Yards gelaufen war. "Die Philosophie überträgt sich noch immer auf das, was wir heute spielen."

Was ist das Outside Zone Blocking Scheme?

Zumindest die Grundzüge von Outside Zone zu verstehen ist elementar wichtig, um die offensive Basis von Shanahan und den 49ers nachvollziehen zu können.

Die Szene hier zeigt Mosterts 34-Yard-Run Mitte des zweiten Viertels, und das Play eignet sich gut, um einige der Prinzipien zu erklären. Grob zusammengefasst:

  1. Die Offensive Line macht einen Schritt "Playside", also in die Richtung, in die der Run gehen soll. Während im Power Run Game Blocker konkret einen Gegenspieler zugeteilt haben, stellt sich im Zone Blocking für Offensive Linemen die Frage: habe ich einen Gegenspieler mir gegenüber ("covered"), oder steht mir direkt gegenüber kein Verteidiger ("uncovered")?
  2. Hat der Lineman einen Gegenspieler, so wie hier alle Blocker außer dem Right Tackle, sieht der Ablauf so aus: Jeder Spieler macht einen seitlichen Schritt Playside, um dann seinen Gegenspieler zu blocken. Das Ziel ist es, seinen Körper zwischen den Gegner und die Seitenauslinie zu bekommen.
  3. Je nach Defense-Formation arbeiten die Blocker ohne direkten Gegenspieler sofort auf das Linebacker-Level zu und versuchen da, einen Verteidiger abzuschirmen. Bei einer Konstellation wie hier zwischen Right Tackle und Right Guard bilden beide zunächst einen Double-Team-Block, aus dem sich dann einer der beiden - hier der Right Tackle - löst und so ebenfalls auf das Linebacker-Level kommt. Die meisten Outside-Zone-Designs zielen darauf ab, mindestens zwei Blocker aufs das nächste Level zu bringen.
  4. Dafür wird der Backside-Block (der äußere Block auf der Seite, auf die der Run nicht geht) auch nicht selten ignoriert und der Backside-Tackle arbeitet stattdessen nach innen, etwa im Double-Team mit dem Backside-Guard. Der Cutback-Verteidiger kann schließlich selbst ungeblockt nicht einfach in die Mitte stürmen, er ist meist für Play Action Rollouts des Quarterbacks oder mögliche Reverse-Plays zuständig.
  5. So sieht dementsprechend häufig der erste Moment nach dem Snap bei Outside Zone Spielzügen aus. Die Offensive Line sowie der Tight End und Fullback haben kollektiv einen Schritt zur Seite gemacht, und hier sind die Übergänge zwischen Zone- und Man-Blocking dann fließend - denn nach dem Snap hat letztlich doch jeder Blocker einen konkreten Gegenspieler. Nur der Weg dorthin ist unterschiedlich.
  6. Der Fullback derweil geht entweder um den Tight End herum, oder, wie hier, zwischen dem etwas versetzt postierten Tight End und der Offensive Line als Lead-Blocker hindurch. In der Regel ist es die Aufgabe des Fullbacks, den ersten Run-Support-Verteidiger zu finden und auszuschalten.
  7. Und der Running Back? Wie im ersten Bild dargestellt, bieten sich dem Running Back verschiedene Optionen. Bei vielen Outside Zone Plays versucht er, um den Tight End herum zu kommen. Doch je nach konkretem Play-Design und je nachdem was die Defense macht, bieten sich verschiedene Möglichkeiten. Das sollte man allerdings nicht missverstehen: Outside Zone will keinen Running Back, der großartig im Backfield herumtänzelt und mit Agilität punktet. Eher sind Spielverständnis und Speed die primären Tugenden eines OZ-Backs, er muss schnell erkennen, wo sich die Lücke auftut und durch diese dann mit Wucht durchbrechen.

Das hier dargestellte Play ist ein weiteres Beispiel aus der gleichen Partie:

Es ist ein klassischer 49ers-Run: Outside Zone mit dem Fullback als Lead-Blocker. "18/19 Force" heißt der Run in der Niners-Terminologie - Outside Zone Right ("18") beziehungsweise Left ("19"), mit dem Fullback als Lead-Blocker nach außen ("Force").

Outside Zone, Fullback - und vieles mehr

Tennessee lief im AFC Championship Game einige Male ähnliche Designs gegen die Chiefs und hatte deutlich weniger Erfolg. Doch San Francisco ist in jeder Hinsicht besser für dieses Run Game ausgestattet: Tight End George Kittle ist ein X-Faktor als Blocker und als Receiver, Kyle Juszczyk ist der gefährlichste Fullback in der NFL - und wo Henry mit Power punktet, kommen Mostert und die Niners-Backs über Speed und Explosivität. Das macht gerade das Outside Zone Run Game deutlich gefährlicher.

Und insbesondere die Runs aus 21-Personnel könnten ein Schlüsselelement sein. San Francisco lief aus 21-Personnel mit Juszczyk bei 183 Versuchen für 5,8 Yards pro Run - ein enormer Wert. Kansas City hatte dieses Jahr defensiv einige Male Probleme mit 21-Personnel (5,6 Yards pro Run zugelassen, wenn auch bei nur 66 Runs) und wo die Chiefs gegen Tennessee noch die Sekundenbruchteile mehr Zeit hatten, um Lücken zu schließen und Henry zu stellen, wird es diese Sekundenbruchteile gegen San Francisco nicht geben.

Gleichzeitig darf man nicht den Fehler machen, die Niners als Outside Zone Offense abzustempeln. Das ist zwar die Basis, auch für viele Dinge im Passspiel, doch wie vielseitig die Offense auch im Run-Blocking agieren kann, hat insbesondere das NFC Championship Game gezeigt.

Gegen die Packers spielten die 49ers eine Vielzahl an verschiedenen Blocking-Konzepten, arbeiteten viel mit Pull-Blocks und diversen Power-Blocking-Konzepten und konnten so Green Bay mit vermeintlich identifizierten Tendenzen bestrafen.

Der 36-Yard-Touchdown-Run von Mostert gleich zu Beginn des Spiels etwa war ein Power-Blocking-Konzept (mehr Details dazu hier) und der hier dargestellte Touchdown-Run unterstreicht nochmals die vielen Aspekte, die eine Defense in Sekundenbruchteilen lesen und identifizieren muss.

Die 49ers deuten dabei den Jet Sweep mit Wide Receiver Deebo Samuel an, tatsächlich aber mutiert Samuel nach dem Snap zum Vorblocker. Der Running Back bekommt stattdessen den Ball, inklusive Samuel und einem Pull-Blocker vor sich. Der Rest der Line blockt nach rechts und so gibt es auf der Playside zwei Blocker gegen drei Verteidiger, von denen der Running Back nur einen mit seinem Speed stehen lassen muss.