Der erwartete Shootout blieb im Superdome zunächst aus: Die Defensive Line der Vikings - das war die zentrale Story der ersten Hälfte - dominierte die Line of Scrimmage, während sich die Vikings selbst im Weg standen. Ein Fumble von Thielen gleich beim ersten Drive, ein misslungenes Trick-Play sowie ein Goal-Line-Stand der Saints-Defense, an dessen Ende Minnesota drei Yards vor der Endzone bei Fourth Down das Field Goal wählte: Die Vikings bewegten den Ball besser, belohnten sich aber nicht selbst.
Stattdessen waren es die Saints, die das erste Big Play auflegten - und das nicht aus der regulären Offense: New Orleans reagierte auf die Pass-Protection-Probleme mit einer Dosis Taysom Hill: Die Allzweckwaffe der Saints brachte den Superdome mit einem tiefen Shot auf Harris - der dabei Xavier Rhodes und Harrison Smith nicht gut aussehen ließ - erstmals zum Kochen, das nächste Play war ein 4-Yard-Touchdown-Run von Kamara.
Doch aus Saints-Sicht war das nicht der Drive, der den Knoten löste - vielmehr blieb es zunächst die Ausnahme. Minnesota verteidigte anschließend erneut sehr gut, während die Vikings den Ball insbesondere über Dalvin Cook deutlich besser bewegen konnten. Das war nochmals eindrucksvoll zu sehen, nachdem Brees (26/33, 208 YDS, TD, INT) eine tiefe Interception bei Third Down geworfen hatte.
Abermals marschierte Minnesota schnell das Feld runter und dieses Mal belohnten sich die Gäste in Form eines kurzen Touchdown-Runs von Cook. Die Saints ließen mit einem Field-Goal-Fehlschuss in den Schlusssekunden der ersten Hälfte noch Punkte liegen und so führte der Außenseiter überraschend, aber mitnichten unverdient zur Pause.
Die Hill-Show - und Cousins in Overtime zur Stelle
Das Bild blieb im dritten Viertel zunächst unverändert. Die Defenses dominierten, beide Offenses hatten jetzt Probleme, ihren Quarterback zu schützen. So war es ein spektakulärer Pass von Cousins unter Druck, gefolgt von einem weiteren Big Play auf Diggs in der Red Zone, das den Weg zu Cooks kurzem Touchdown ebnete.
Doch Minnesota schaffte es nicht, den Deckel auf die Partie zu bekommen. Das Run Game funktionierte zunehmend deutlich schlechter, und so blieben die Saints im Spiel: Dieses Mal war es ein Pass von Brees auf Hill, der sich im Rücken von Harrison Smith davongestohlen hatte, welcher die Saints wieder bis auf drei Punkte dran brachte. Und New Orleans war schnell wieder auf dem Vormarsch, Hill befeuerte die Offense mit einem spektakulären Run - doch direkt danach ließ Brees den Ball fallen! Fumble, Turnover!
Und jetzt wurde das Spiel erst richtig wild: Ein vermeintlicher Fumble-Return-Touchdown der Saints-Defense wurde - korrekterweise - zurückgepfiffen; doch Minnesotas Play-Calling ließ jetzt arg zu wünschen übrig. Es wirkte, als würden sich die Vikes mit ihrer 3-Punkte-Führung sicher fühlen und eher auf die Uhr achten. Stattdessen aber erhielt Brees den Ball mit zwei Minuten auf der Uhr zurück, und während die Vikings auch defensiv sehr konservativ agierten, gaben die Saints im Zeit-Management nicht die beste Figur ab und kamen nur zum Field Goal. Overtime.
Die Vikes gewannen den Münzwurf, und jetzt packten sie plötzlich den Fuß wieder aufs Gaspedal: Cousins legte einen fantastischen Deep Ball auf Thielen auf und auch bei 3rd&Goal behielt er die Nerven: Ein Fade-Touchdown auf Kyle Rudolph, der sich mit einem leichten Schubser Platz verschafft hatte zum Sieg! Die Vikings fahren in der Divisional-Runde nach San Francisco!
No. 3 New Orleans Saints (13-3) - No. 6 Minnesota Vikings (10-6)
Ergebnis: 20:26 OT (3:3, 7:10, 0:7, 10:0, 0:6) BOXSCORE
Saints vs. Vikings - die wichtigsten Statistiken
- Komplette Dominanz zur Halbzeitpause: Die Vikings hatten nach zwei Vierteln 202 Offense-Yards aufgelegt und dabei zwölf First Downs kreiert. Die Saints standen bei diesem Zeitpunkt gerade einmal bei 137 Yards, acht First Downs und einer einzigen erfolgreichen Third-Down-Conversion.
- Dabei konnte Minnesota den Ball teilweise fast nach Belieben laufen, und auch wenn die Vikes das Spiel mit 136 Rushing-Yards bei 40 Runs beendeten: es waren zwei grundlegend verschiedene Halbzeiten. Dalvin Cook (28 ATT, 94 YDS, 2 TD) verzeichnete in den letzten 18 Spielminuten vor der Overtime fünf Carries für -6 Yards.
- Hätten die Saints gewonnen, Taysom Hill wäre die zentrale Story gewesen. Hill (1/1, 50 YDS; 4 ATT, 50 YDS; 2 REC, 25 YDS, TD) ist der erste Spieler aller Zeiten, der in einem Playoff-Spiel über 50 Passing-Yards, 20 Receiving-Yards und einen Receiving-Touchdown auflegen konnte. Dazu kam noch ein entscheidender Block bei Kamaras Touchdown-Run.
- Der Fumble von Thielen zum Start der Partie war sein erster Fumble seit Woche 8 in der vergangenen Saison - damals ging es ebenfalls gegen die Saints. Es war der erste Opening-Drive-Takeaway für New Orleans' Defense in dieser Saison.
- Michael Thomas brach Rekorde und war der beste Receiver der vergangenen Regular Season. Die Vikings schafften es, ihn vergleichsweise zu limitieren: Bei acht Targets fing Thomas sieben Bälle für 70 Yards und konnte das Spiel zu keinem Zeitpunkt an sich reißen, wie man es so häufig von ihm gesehen hatte.
- Die Saints sind das erste Team in der NFL-Geschichte, das sechs Mal in Folge in den Playoffs jeweils in einem One-Score-Game gescheitert ist.
Der Star des Spiels: Minnesotas Pass-Rush
Cousins gebührt kräftiges Lob für das Play am Ende; er hatte gute Phasen in der Partie, tauchte aber immer wieder auch komplett ab. Stattdessen war es der Pass-Rush der Vikings, der es Minnesota erlaubte, das Spiel eng zu halten: Die Vikes blitzten mehr als gewohnt, sie attackierten die Interior Offensive Line der Saints - und sie kippten einen ganzen Sandkasten in das Getriebe der Saints-Offense. Das war der zentrale Schlüssel für Minnesota. Auf Saints-Seite ist Taysom Hill hervorzuheben.
Der Flop des Spiels: Drew Brees (Quarterback, Saints)
Natürlich litt Brees unter der wackligen Protection - und dennoch musste man von Brees hier mehr erwarten. Die Saints mit all ihren Waffen schafften es nicht, sich offensiv aus dem Klammergriff der Vikings-D-Lin zu lösen, und das lag auch an Brees. Bei Third Down zudem zu passiv, und ohne das Element Taysom Hill wäre dieses Spiel vermutlich gar nicht erst in die Overtime gegangen. Auf Vikings-Seite mehrfach negativ auffällig: Safety Harrison Smith.
Analyse: Saints vs. Vikings - die Taktiktafel
- Die auffälligste defensive Anpassung der Vikings wurde relativ schnell deutlich: Minnesota hatte sich vorgenommen, die Interior-Offensive-Line der Saints zu attackieren, statt seine beiden starken Edge-Rusher in die Duelle mit den exzellenten Saints-Tackles zu schicken.
- Zunächst Everson Griffen, dann auch Danielle Hunter und schließlich teilweise beide gemeinsam rotierten nach innen und bekamen Matchups gegen New Orleans' Guards, die gerade Griffen mehrfach blitzartig ausnutzte. Doch auch die sonst so verlässlichen Saints-Tackles Ramczyk und Armstead hatten ihre Aussetzer.
- Die unerwartete klare Unterlegenheit an der Line of Scrimmage stellte die Saints vor enorme Probleme. New Orleans versuchte teilweise, mehr über außen zu laufen - doch das klappte auch nur bedingt. Die Saints fanden auch keinen Rhythmus im Kurzpassspiel und Minnesotas Coverage funktionierte insgesamt besser als erwartet, sodass Brees den Ball häufiger als gewohnt länger halten musste. Wenn das passierte, kam es kaum einmal zu einem aus Saints-Sicht positiven Play.
- Weiter noch: New Orleans fand nicht nur keine Antworten im Passspiel - die Antworten, die die Saints wählten, waren meist eher kontraproduktiv. So verlagerte sich Sean Payton zu häufig, gerade auch bei Third Down, auf extrem sichere, kurze Pässe und limitierte die Offense so zusätzlich.
- Die Vikings derweil starteten aus Play-Calling-Sicht eigentlich vielversprechend in die Partie. Minnesota mischte von Beginn an sein Play-Action-Passspiel mit dem Outside Zone Run Game, welches von Anfang an gut funktionierte. Bei Minnesota waren es offensiv eher einzelne individuelle Aussetzer als ein übergreifendes Play-Calling- oder Game-Plan-Problem.