Draft Grades: AFC SOUTH
Houston Texans
Die Picks: DT Ross Blacklock (2. Runde), Edge Jonathan Greenard (3. Runde), OT Charlie Heck (4. Runde), CB John Reid (4. Runde), WR Isaiah Coulter (5. Runde).
Die Analyse: Kein Erstrunden-Pick, doch auch wenn man das berücksichtigt: Wie sehr macht dieser Draft die Texans wirklich besser? Blacklock ist ein extrem athletischer Interior Lineman, der mit Explosivität punktet, aber auch noch technisch sehr roh ist. Gewissermaßen der Ersatz für D.J. Reader mit stärkerem Fokus aufs Passspiel, aber auch noch mit Entwicklungszeit vor sich.
Auch Heck ist ein Projekt, noch viel, viel mehr als Blacklock. Bringt die Maße absolut mit für Tackle, muss technisch aber quasi runderneuert werden. Greenard ist ein rundum durchschnittlicher Nummer-2-Rusher, der letzte Pick des Texans-Drafts - Receiver Isaiah Coulter - ist der interessanteste Pick dieser Klasse. Ein Speedster, der Press schlagen und Routes laufen kann.
Die Note: 3-.
Indianapolis Colts
Die Picks: WR Michael Pittman (2. Runde), RB Jonathan Taylor (2. Runde), S Julian Blackmon (3. Runde), QB Jacob Eason (4. Runde), OT Danny Pinter (5. Runde), DL Robert Windsor (6. Runde), CB Isaiah Rodgers (6. Runde), WR Dezmon Patmon (6. Runde), LB Jordan Glasgow (6. Runde).
Die Analyse: Pittman passt perfekt nach Indianapolis. Er ist die physische Ergänzung gegenüber von T.Y. Hilton und könnte auch als Big-Slot-Receiver Snaps sehen. Hier hatten die Colts definitiv Nachholbedarf, und nachdem man es letztes Jahr mit Funchess versuchen wollte, bekommt man jetzt die talentiertere Version dieses Spielertyps.
Danach ging es aber bergab. Taylor ist der beste Runner dieser Klasse und wird hinter der Colts-Line fraglos Stats produzieren - das aber ist auch der Punkt, hinter dieser Line braucht es keinen Zweitrunden-Back, um Stats aufzulegen und im Passing Game gibt Taylor einfach zu wenig. Zumindest aber, das sei gesagt, als Runner ein klares Upgrade gegenüber Mack. An Sechstrunden-Picks sollte man sich nicht zu sehr aufhängen, abgesehen von vielleicht Patmon sehe ich aber eher weniger Chancen auf den finalen Kader.
Dafür waren die Runden 3-5 dann nochmal besser. Blackmon, ein explosiver Safety mit Cover-Kapazitäten, und Pinter, ein sehr guter Athlet der von Tackle auf Guard umschulen dürfte, sind zumindest perspektivisch sehr spannend. Und das gilt auch für Eason, der noch extrem roh ist, physisches Potenzial auf der Position aber mitbringt. In Runde 4 ist der Pick komplett in Ordnung, und dass er mindestens ein Jahr hinter Rivers und unter Frank Reich lernen darf, ist für ihn eine exzellente (und notwendige) Situation.
Die Note: 2-.
Jacksonville Jaguars
Die Picks: CB C.J. Henderson (1. Runde), Edge K'Lavon Chaisson (1. Runde), WR Laviska Shenault (2. Runde), DT Davon Hamilton (3. Runde), OL Ben Bartch (4. Runde), CB Josiah Scott (4. Runde), LB Shaquille Quarterman (4. Runde), S Daniel Thomas (5. Runde), WR Collin Johnson (5. Runde), QB Jake Luton (6. Runde), TE Tyler Davis (6. Runde), CB Chris Claybrooks (7. Runde).
Die Analyse: Jacksonvilles Draft stellt eine spannende strategische Grund-Frage: Sollte man in Runde 1 auf Upside zocken und später ein paar Picks mit höherer Base-Line einstreuen? Oder in Runde 1 mehr auf Sicherheit gehen und später die Upside-Picks riskieren? Die Jaguars haben klar die erste Option gewählt; es wurde am Ende einer der größten Upside- (und damit natürlich auch Risiko-)Drafts dieses Jahres.
Henderson und Chaisson haben beide enormes Potenzial. Henderson bringt alles mit, um ein Nummer-1-Corner in der NFL zu werden und Chaissons Explosivität und Agilität machen ihn zu einem extrem spannenden Upside-Pass-Rusher. Aber gerade Chaisson war im College nicht ansatzweise so dominant, wie man es sich von einem Erstrunden-Pass-Rusher wünschen würde.
Shenault in Runde 2 entspricht seinem Tape deutlich mehr als der Erstrunden-Hype, den er teilweise hatte. Ein physisches Monster nach dem Catch, sollte sehr gut in die Kurzpass-Offense, die vermutlich in Jacksonville installiert wird, passen und könnte auf dem Feld der beste Freund von Gardner Minshew werden. Ben Bartch ist eines der großen Upside-O-Line-Prospects dieser Klasse, ein Small-School-Tackle, der vermutlich auf Guard umgeschult wird. Collin Johnson ist ein ultra-physischer, riesiger Outside-Receiver, Luton eines der spannenderen QB-Prospects aus den späten Runden.
Die Note: 2+.
Tennessee Titans
Die Picks: OT Isaiah Wilson (1. Runde), CB Kristian Fulton (2. Runde), RB Darrynton Evans (3. Runde), DL Larrell Murchison (5. Runde), QB Cole McDonald (7. Runde), CB Chris Jackson (7. Runde).
Die Analyse: Es dürfte nicht allzu viele Teams gegeben haben, bei denen Wilson ein Erstrunden-Prospect war - in Tennessee ist klar, warum: Wilson ist ein Mauler im Run Game und wenn man Jack Conklin mit einem physischen Run-Blocking-Tackle ersetzen will, ist Wilson ein offensichtlicher Fit. Die Qualitäten in Pass-Protection sind eben überschaubar und damit auch die Frage danach, in wie weit er dem Erstrunden-Pick gerecht werden wird.
Fulton in Runde 2 ist der beste Pick dieser Titans-Klasse, ein toller Press-Corner, der sofort in die Nummer-2-Rolle schlüpfen dürfte. Die Idee, einen Versuch mit McDonald - der extrem unterhaltsame Gunslinger aus Hawaii - in der siebten Runde zu wagen gefällt mir.
Darrynton Evans in Runde 3 dagegen war für mich einer der fragwürdigsten Picks des gesamten Drafts. Ein solider Nummer-2-Back, der mit Speed und Agilität Schaden anrichten, aber nur sehr überschaubar zwischen den Tackles arbeiten kann. Einen solchen Back findet man, wenn man der Meinung ist, dass Henry einen Komplementär-Back benötigt, auch deutlich später als in Runde 3.
Die Note: 3-.
Draft Grades: AFC WEST
Denver Broncos
Die Picks: WR Jerry Jeudy (1. Runde), WR K.J. Hamler (2. Runde), CB Michael Ojemudia (3. Runde), C Lloyd Cushenberry III (3. Runde), DT McTelvin Agim (3. Runde), TE Albert Okwuegbunam (4. Runde), LB Justin Strnad (5. Runde), OG Netane Muti (6. Runde), WR Tyrie Cleveland (7. Runde), Edge Derrek Tuszka (7. Runde).
Die Analyse: Einer der besten Drafts dieses Jahres, bei dem die Strategie klar erkennbar und absolut lobenswert ist: Es ging darum, bestmögliche Umstände für Quarterback Drew Lock zu kreieren. Das hat einmal den Effekt, dass man dessen Entwicklung bestmöglich unterstützt - in der Folge aber ist es auch jetzt umso mehr möglich, Lock richtig zu evaluieren. Stagniert er unter diesen Umständen, die die Broncos für ihn geschaffen haben, ist eher früher als später klar, dass man sich nach einer Alternative umschauen muss.
Mit Jeudy bekommt Lock den eindeutig besten Route-Runner dieser Klasse, Hamler ist der explosivste Slot-Receiver in diesem Jahr, Power-Guard-Monster Muti wäre ein früher Day-2-Pick gewesen, hätte er nicht massive Verletzungsprobleme über die letzten Jahre gehabt. Auch Cushenberry bringt immense Power auf der Center-Position mit und Okwuegbunam ist extrem schnell für seine Größe - und hat mit Lock im College zusammen gespielt.
Einzig Ojemudia in Runde 3 war überraschend früh, doch glichen die Broncos das mit einem exzellenten Value-Pick ganz spät im Draft in Person von Derrek Tuszka aus.
Die Note: 1.
Kansas City Chiefs
Die Picks: RB Clyde Edwards-Helaire (1. Runde), LB Willie Gay (2. Runde), OT Lucas Niang (3. Runde), S L'Jarius Sneed (4. Runde), Edge Michael Danna (5. Runde), CB Thakarius Keyes (7. Runde).
Die Analyse: Gerade der vergangene Super Bowl - welchen Kansas City natürlich gewann - war eine eindrucksvolle Erinnerung daran, dass man keine teuren Ressourcen in die Running-Back-Position investieren muss, um gute Production aus dem Run Game zu kreieren; und insbesondere die Chiefs hatten mit Damien Williams im Super Bowl das Paradebeispiel dafür.
Edwards-Helaire ist ein sehr gutes Prospect und wird einen Impact auch im Passspiel haben; diesen Pick in Runde 1 habe ich trotzdem absolut nicht verstanden. Und wenn GM Brett Veach dann noch davon spricht, dass man so "First Down gewinnen" wolle, würden sich mir als Chiefs-Fan die Nackenhaare hochstellen. Die Chiefs waren letztes Jahr auch deshalb offensiv so gefährlich, weil sie bei First Down den Ball eben nicht aus den Händen von Patrick Mahomes nahmen und stattdessen die Pass-lastigste First-Down-Offense der Liga waren.
Danach wurde es besser. Gay hat absurd hohes Potenzial, kommt aber mit einigen Bedenken abseits des Platzes. Niang ist ein gigantischer Tackle mit enormem Upside und Danna könnte ein Base-Run-Stopper für die Edge-Position werden.
Die Note: 3+.
Las Vegas Raiders
Die Picks: WR Henry Ruggs III (1. Runde), CB Damon Arnette (1. Runde), WR Lynn Bowden (3. Runde), WR Bryan Edwards (3. Runde), S Tanner Muse (3. Runde), OG John Simpson (4. Runde), CB Amik Robertson (4. Runde).
Die Analyse: Eine dieser Draft-Klassen, bei der man über Prozess vs. Spielerauswahl sprechen muss. Der Gedankengang war zunächst gut; die Raiders sind offensichtlich in diesen Draft gegangen, mit dem Ziel, die Offense deutlich explosiver und für (vorläufig) Derek Carr gefährlicher nach dem Catch zu machen. Genau diese Rollen erfüllen Ruggs, sowie Edwards und Bowden.
Aber schon Bowden ist ein Gimmick-Spieler, für den die dritte Runde doch sehr früh war; während die Entscheidung, Ruggs über die deutlich kompletteren Lamb und Jeudy zu nehmen, ebenfalls mal mindestens äußerst diskutabel daherkommt. Zumindest aber kann man davon ausgehen, dass Ruggs und Bowden gemeinsam auf dem Feld Gruden jede Menge Möglichkeiten geben und Defenses konstant in Alarmbereitschaft bringen werden.
Doch genau wie Bowden waren auch Tanner Muse und Damon Arnette doch sehr früh, mit vermeintlich deutlich besserer Qualität auf den jeweiligen Position noch auf dem Board. Arnette leuchtet zumindest als Scheme-Fit ein. Tag 3 saß dafür: Simpson ist ein Power-Guard und Robertson für mich der potenziell beste Slot-Cornerback dieser Klasse. Einer meiner Lieblingspicks in diesem Draft an dem Spot, an dem er ging.
Die Note: 2-.
Los Angeles Chargers
Die Picks: QB Justin Herbert (1. Runde), LB Kenneth Murray (1. Runde), RB Joshua Kelley (4. Runde), WR Joe Reed (5. Runde), S Alohi Gilman (6. Runde), WR K.J. Hill (7. Runde).
Die Analyse: Falls Herbert einschlägt, wird in drei Jahren rückblickend niemand mehr über den Rest dieser Klasse sprechen. Aber genau das ist ja der eingangs erwähnte Punkt: Es geht in diesem Moment maßgeblich auch darum, den Prozess der Teams zu evaluieren; und die Picks 37 und 71 zu investieren, um einen Off-Ball-Linebacker - so explosiv und physisch Murray Downhill auch sein mag - mit Defiziten in Coverage zu investieren, ist schlicht kein guter Prozess. Nicht im Jahr 2020.
In der Folge hatten die Chargers keinen Pick in Runde 2 und 3 - und kommen dann zurück in Runde 4, um einen bestenfalls soliden Running Back für die Rotation neben Austin Ekeler zu picken. Auch hier wieder: kein guter Prozess. Wo ist hier der Positional Value? Und wo der Value generell? Der in dieser Hinsicht beste Pick war vermutlich K.J. Hill ganz am Ende, der reelle Chancen hat, sich zum Starting-Slot-Receiver zu entwickeln. O-Line-Hilfe sucht man in diesem Draft ebenfalls vergebens.
Und dann ist da natürlich Herbert. Ich persönlich sehe es bei ihm einfach nicht. Braucht zu lange, um das Feld zu lesen, ist nicht akkurat, kein guter Quarterback außerhalb der Play-Struktur trotz des Arms. Hier gilt allerdings ganz klar: Abwarten, wie er sich entwickelt. Für den Moment in meinen Augen aber einer der schwächsten Drafts dieses Jahres, mit der Herbert-Upside als Lichtblick.
Die Note: 3-.