Drew Brees hat am Mittwoch für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. Der Quarterback der New Orleans Saints präsentierte in einem Interview mit Yahoo! "seine Sicht" auf die Proteste, verlor dabei das eigentliche Thema aber komplett aus den Augen. Auch mehrere seiner Teamkollegen meldeten sich zu Wort.
"Ich werde niemals jemandem dabei zustimmen, die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika nicht zu respektieren. Lassen Sie mich kurz erklären, was ich fühle, wenn die Hymne gespielt wird und ich die Flagge sehe. Ich denke an meine beiden Großväter, die im zweiten Weltkrieg für dieses Land gekämpft haben", antwortete Brees auf die Frage, wie er seine Rolle in der Liga im Zuge der aktuellen Proteste gegen Rassismus und rassistisch motivierte Polizeigewalt sieht und wie Proteste in der NFL aussehen sollten.
Es war eine Anspielung auf das von Colin Kaepernick begonnene Knien während der Hymne, um auf Rassismus und Polizeigewalt aufmerksam zu machen.
Weiter fuhr er fort: "Jedes Mal, wenn ich mit der Hand über meinem Herzen auf diese Flagge schaue und die Hymne singe, denke ich daran - oft mit Tränen in den Augen. Wenn ich daran denke, was alles geopfert wurde, nicht nur von den Menschen im Militär, sondern auch etwa von den Menschen während der Civil Rights Bewegung in den 60er Jahren. All die Dinge, die bis heute von Menschen ertragen wurden. Ist heute alles gut in unserem Land? Nein. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Aber der Flagge den Respekt zu zeigen, das zeigt eine Einigkeit. Es zeigt, dass wir alle im gleichen Boot sitzen, dass wir alle uns bessern und Teil der Lösung sein können."
Mitspieler kritisieren Brees - Jenkins wird deutlich
Innerhalb kürzester Zeit äußerten sich mehrere Mitspieler zu Wort. Receiver Michael Thomas etwa postete auf Twitter zunächst: "Er weiß es nicht besser", und fügte direkt danach hinzu: "Uns ist es egal, ob ihr nicht zustimmt. Und jetzt?" Saints-Neuzugang Emmanuel Sanders schrieb: "Ignorant." Auch Running Back Alvin Kamara nahm die Botschaft wahr.
Mit Abstand am deutlichsten aber wurde Safety Malcolm Jenkins.
Jenkins, der in der Offseason von den Philadelphia Eagles zurück zu den Saints gewechselt war und bereits seit langer Zeit ein sehr deutlicher Aktivist gegen Rassismus und Ungleichheit ist, postete in einem Instagram-Video, das inzwischen zum Teil wieder gelöscht wurde: "Ich habe dich als einen Freund gesehen. Ich habe dich bewundert, ich habe dich respektiert. Aber manchmal musst du einfach deine verdammte Klappe halten."
49ers-Cornerback Richard Sherman reagierte ebenfalls via Social Media: "Er ist mehr als verloren. Ich garantiere dir, dass auch schwarze Männer neben deinem Großvater gekämpft haben, aber darum scheint es hier nicht zu gehen. Dass du das Militär in die Konversation wirfst, um diese unangenehme Unterhaltung über Brutalität und Gleichheit zu vermeiden, ist Teil des Problems."
Auch NBA-Superstar LeBron James fand deutliche Worte in Brees' Richtung. "Du hast es tatsächlich bis heute nicht verstanden, warum Kap gekniet ist", schrieb James unter anderem.
Aaron Rodgers stutzt Brees zurecht
Es dauerte eine Weile, ehe sich die Wogen glätteten und zumindest Pass-Rusher Marcus Davenport seinen Quarterback ein wenig unterstützte. Brees habe "nicht über die aktuellen Proteste oder Unruhen oder irgendetwas abgesehen von seinen Gefühlen während der Hymne gesprochen. Er hat uns das sogar erklärt und auch wo er steht." Brees selbst versuchte später, mit einem Instagram-Post wieder etwas Feuer aus der Unterhaltung zu nehmen.
"Niemand hasst von der Geburt an andere Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Hintergrunds oder ihrer Religion. Die Menschen müssen es erst lernen, wie man hasst, und wenn sie das lernen können, dann können sie auch beigebracht bekommen, wie man liebt", schrieb er dort unter anderem.
Ein zentraler Teil des Aufschreis dürfte allerdings daher kommen, dass Brees mit seiner Aussage nicht nur eine erstaunliche Ignoranz der aktuellen Situation in den USA an den Tag legte, sondern gleichzeitig auch den aktuellen Diskurs auf ein Thema zurück lenkte, dem die Grundlage längst entzogen wurde.
Die von Kaepernick begonnen Proteste waren gezielt nicht als mangelnder Respekt gegenüber Flagge oder Militär beabsichtigt und bereits damals überschattete die Debatte über das "Wie" des Protests den eigentlichen Inhalt und das "Warum".
Zumindest in dieser Hinsicht scheint ein Umdenken einzusetzen. Wäre Brees' Kommentar vor drei Jahren vermutlich noch deutlich eher von der breiten Masse hingenommen worden, meldeten sich jetzt nicht nur afro-amerikanische Spieler zu Wort. Packers-Quarterback Aaron Rodgers etwa reagierte via Instagram mit einer klaren Botschaft in Brees' Richtung:
"Es ging niemals um die Hymne oder die Flagge", schrieb Rodgers, "nicht damals. Nicht jetzt. Hört mit einem offenen Herzen zu, lasst uns klüger werden und dann aus Worten und Gedanken Taten machen."
Update: Brees veröffentlicht Entschuldigung
Am Donnerstag postete Brees schließlich eine Entschuldigung. "Ich würde mich gerne bei meinen Freunden, Mitspielern, New Orleans, der Gemeinde der Schwarzen, der NFL Gemeinde und jedem, den ich mit meinen Aussagen gestern verletzt habe, entschuldigen. Es bricht mir das Herz, zu wissen, welche Schmerzen ich euch bereitet habe", schrieb Brees auf Instagram.
Er habe Dinge gesagt, "die unsensibel waren und den Kern der Sache, um die es für uns als Land jetzt geht, verfehlt haben." Vielmehr wolle auch er die Menschen "im Kampf gegen systematische rassistische Ungerechtigkeit und Polizeigewalt unterstützen" sowie wirkliche Veränderung bewirken. "Es tut mir sehr leid", schloss Brees, "und ich bitte um eure Vergebung".