Laurent Duvernay-Tardif kennt sich mit dem Kampf an der Frontlinie aus. Als Guard in der Offensive Line der Kansas City Chiefs ist seine Aufgabe, Star-Quarterback Patrick Mahomes vor gegnerischen Angriffen zu beschützen. Doch während der kommenden NFL-Saison benötigen andere den Schutz des 146-Kilo-Muskelpaket dringender. Denn neben seiner Tätigkeit als Football-Profi ist der Kanadier Arzt - und verteidigt jetzt Mitmenschen im Kampf gegen den unsichtbaren Gegner Corona.
"Ich kann mir nicht erlauben, dieses Virus in der Gesellschaft zu verbreiten, nur weil ich den Sport treiben möchte, den ich liebe", schrieb der 29-Jährige der Anfang Februar mit den Chiefs den Super Bowl gewonnen hatte, auf seinen Social-Kanälen. "Es war einer der schwierigsten Entscheidungen meines Lebens, aber ich muss meiner Überzeugung folgen und das machen, was ich persönlich für richtig halte."
In den USA wütet die Pandemie schlimmer als in anderen Ländern. Während die Infektionszahlen in weiten Teilen der Welt nach der ersten Welle einigermaßen abebbten, bleibt die Rate in den Staaten auf einem hohen Niveau. Über vier Millionen Fälle sind bekannt - und damit knapp ein Viertel der weltweiten Infektionen.
Seit April ist Duvernay-Tardif daher als Arzt tätig: "Ich habe einen anderen Blick auf diese Pandemie bekommen und gesehen, welcher Belastung die Menschen und das Gesundheitssystem ausgesetzt sind." Für die Saison, die am 10. September starten soll, arbeiten die NFL und die Spielergewerkschaft NFLPA an einem Hygienekonzept. Für den Kanadier, der seit sechs Jahren in der NFL aktiv ist, steht fest: "Wenn ich ein Risiko eingehe, dann, wenn ich mich um Patienten kümmere."
Duvernay-Tardif: Volle Unterstützung von Andy Reid
Seinen Abschluss hat Duvernay-Tardif im Mai 2018 an der McGill-Universität für Medizin gemacht. Dafür gelernt hat er während der Offseason. Unterstützt wurde er dabei unter anderem von Chiefs-Head-Coach Andy Reid - dessen Mutter an der gleichen Uni studiert hat.
"Ich bin ein großer Fan von Larry", sagte Reid auf einer Pressekonferenz: "Ich wurde von einer Ärztin erzogen und verstehe die Hingabe, mit der Mediziner arbeiten. Sie sind Heiler und wollen nur das Beste für dich. Diese Qualitäten hat Larry eindeutig." Und ergänzte mit einem herzlichen Lächeln: "Ich bin sehr stolz."
Duvernay-Tardif ist erst der vierte Spieler in der NFL-Geschichte, der einen Medizin-Abschluss hat. Zudem ist er der erste Spieler, der die sogenannte "Opt-Out-Option" nutzt. Eine Klausel, die aufgrund der Pandemie von der NFL und der NFLPA geschlossen wurde und die einem Spieler erlaubt, seinen Vertrag für die kommende Saison ruhen zu lassen. Dafür verzichtet der Guard auf viel Geld. Eigentlich hätte er in dieser Saison 2,75 Millionen Dollar (etwa 2,35 Millionen Euro) erhalten. Nun sind es "nur" noch 150.000 Dollar (128.700 Euro).