Die Arizona Cardinals verlieren erneut - nur ein Ausrutscher, oder düstere Vorzeichen? Außerdem: Wie sollte die Liga mit den positiven Corona-Fällen umgehen? Warum sollten sich Chargers-Fans trotz der Niederlage freuen? Was wird aus den Texans, und wie geht es für Haskins weiter? SPOX-Redakteur Adrian Franke bringt Euch am Montag auf Stand mit seinen zehn wichtigsten Punkten und Einschätzungen zum vergangenen NFL-Sonntag.
Top 10: Die 10 Erkenntnisse zu Woche 4 in der NFL
1. Wie geht es weiter nach den Corona-Fällen?
Es war schon sehr lange sehr gut gegangen für die NFL im Kontext der Corona-Pandemie. Zwischen dem 12. August und dem Beginn der Infektions-Welle bei den Tennessee Titans hatte es ganze sieben positive Fälle unter den Spielern gegeben - angesichts der Anzahl der Spieler und der Tatsache, dass die NFL ohne Bubble arbeitet, muss man das fast als die größere Überraschung bewerten.
Dass positive Fälle kommen würden, muss jedem klar gewesen sein; die kritische Frage war: was würde dann passieren? Würden die Präventiv-Maßnahmen eine Ausbreitung verhindern? Oder würden einzelne positive Fälle zu einer Welle werden, die den gesamten Spielbetrieb gefährden?
Der Ausbruch bei den Titans ist hier gesondert zu betrachten, und hier gilt es ohnehin, sich mit Spekulationen zurück zu halten. Untersuchungen, ob intern alle Protokolle befolgt wurden, laufen und erst wenn klar ist, dass trotz exakter Befolgung der Regeln ein großflächiger Ausbruch erfolgte, muss die Liga auch hier womöglich ansetzen. Und dieses Szenario ist absolut vorstellbar.
Mit Cam Newton war dann aber schließlich der erste prominente Einzelfall eingetreten - anders gesagt: ein Starting-Quarterback. Das ließ die Debatten wieder hochkochen, doch ganz nüchtern betrachtet lässt sich bislang festhalten: Die Vorsichtsmaßnahmen greifen.
Zumindest die am Samstagabend durchgeführten Tests waren negativ, und die Spieler der Patriots und der Chiefs werden am Montag vor ihrem verlegten Duell abermals getestet werden. Das ist eine Veränderung in der bisherigen Vorgehensweise, die Liga hatte sonst stets am Abend vor dem Spiel, nicht aber am Spieltag selbst getestet.
Zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen bei den Patriots wurden mutmaßlich auch deshalb in die Wege geleitet, weil New England zum Auswärtsspiel reisen muss. Weitere infizierte Spieler hätten insbesondere während der Reise andere anstecken können. So lässt sich auch erklären, warum das Falcons-Bears-Spiel in der Vorwoche am Sonntag in Atlanta stattfand - obwohl Falcons-Corner A.J. Terrell am Samstag positiv getestet worden war. Die Patriots reisen passend dazu mit zwei Flugzeugen nach KC, eines mit denjenigen, die näheren Kontakt zu Cam Newton hatten, und eines mit den restlichen Spielern und Coaches, um hier das Risiko zu minimieren.
Aber wo liegt eigentlich der Kernaspekt, auf den man sich jetzt fokussieren sollte? Die Kontroll-Mechanismen? Einzelne Teams und Spieler? Die Inflexibilität?
Verbindet man die Thesen, wonach einerseits die NFL jetzt weder sonderlich großes Glück oder Unglück hatte - anders gesagt: das, was passiert ist, lag vollends im Bereich des Erwartbaren - und andererseits dennoch bereits jetzt größere Spielplan-Probleme zu erwarten sind, sollten die Titans auch in der kommenden Woche nicht spielen können, dann lässt das nur eine Schlussfolgerung zu: Die NFL hat sich nicht ausreichend vorbereitet.
Damit sind nicht die Test-Abläufe und all die Protokolle und Bemühungen, um aus einzelnen Infektionen nicht eine Welle im gesamten Team entstehen zu lassen, gemeint. Hier wurde bisher gute Arbeit geleistet, von den Teams, von der Liga und auch von den einzelnen Spielern.
Was sich allerdings schon jetzt als Problem herausstellt, ist die mangelnde Flexibilität im Schedule. Mit zwei Bye Weeks pro Team wäre bereits jede Menge Spielraum gewonnen. Eine Woche Pause zwischen Regular Season und Playoffs wäre ebenfalls sinnvoll, um nochmals Ausweichtermine zu haben oder auch Playoff-Teams gegebenenfalls Zeit zu verschaffen, um mit positiven Fällen umzugehen. Selbst wenn die NFL dann damit leben muss, den stets so beschützten Super-Bowl-Termin aufgeben und um mehrere Wochen nach hinten schieben zu müssen.
Selbst mit den aktuellen positiven Fällen gibt es genügend Grund zur Annahme, dass die Protokolle und präventiven Maßnahmen funktionieren. Dass es - zumindest bisher - keine weiteren positiven Fälle bei den Patriots oder Chiefs gab, spricht klar dafür. Auch die Tatsache, dass trotz des Ausbruchs bei den Titans offensichtlich keine Vikings-Spieler oder -Coaches angesteckt wurden, darf optimistisch stimmen. Genau wie generell der Fakt, dass es außerhalb von der Welle in Tennessee kaum positive Tests gab.
Und dennoch wäre man naiv zu glauben, dass über die nächsten vier Monate nicht weitere Fälle wie aktuell in Tennessee auftreten werden - und selbst wenn es nur zwei weitere Teams in diesem Maße erwischen würde, wäre der Spielplan wie er aktuell steht, kaum noch aufrecht zu erhalten.
Die NFL täte gut daran, sich mit dem Wissen der letzten zehn Tage im Hinterkopf auf weitere Unwägbarkeiten vorzubereiten.
2. Der Cowboys-Zirkus - positive Trends bei Cleveland
Dak Prescott ist der erste Spieler aller Zeiten mit mindestens 450 Passing-Yards in drei aufeinanderfolgenden Spielen. Seine 1.690 Passing-Yards über die ersten vier Saisonspiele bedeuten einen neuen NFL-Rekord. Und hätten die Falcons nicht vor zwei Wochen den Onside Kick so furchtbar vermasselt, stünden die Cowboys mit vier Pleiten da.
502 seiner Passing-Yards kamen am Sonntag gegen die Browns. Es gab einige gute Play-Designs, einen fantastischen Touchdown-Pass in ein Mini-Fenster zu Amari Cooper, Rookie-Receiver CeeDee Lamb sah abermals exzellent aus. Es war längst nicht alles perfekt; Prescott warf eine Interception und hätte fraglos noch weitere haben können. Aber obwohl die Cowboys sich selbst abermals eklatant im Weg standen und mit Fumbles (Prescott, Zeke Elliott) maßgeblich dazu beitrugen, dass Cleveland die hohe Führung aufbauen konnte: Die Offense ist nicht das Problem.
Dallas ist eine permanente Big-Play-Gefahr und ohne Frage müssen die Cowboys die Fumbles abstellen - aber selbst hier hatten sie bisher auch schlicht Pech (sieben Fumbles, sechs davon verloren). Brauchen die Cowboys offensiv mehr Kontinuität? Zweifellos. Die Frage muss allerdings eher sein, ob Dallas mit dieser Defense irgendetwas - abgesehen von einer aktuell horrend schlechten Division - gewinnen kann.
Gegen Cleveland war es ein weiterer Meltdown. Furchtbares Tackling, Cleveland zerstörte die Cowboys mit seinen Power-Konzepten - und konnte gleichzeitig sein Play-Action-Passspiel auf dem Zone Blocking aufbauen. Cleveland lief für über 300 Yards und legte Big Plays durch die Luft auf. Aus Browns-Sicht ist es die Fortsetzung eines Trends; mehr und mehr erkennt man die Handschrift von Kevin Stefanski, und sowohl Baker Mayfield als auch dessen Waffen fühlen sich immer wohler dabei.
Aus Cowboys-Sicht ist es ebenfalls ein Trend - der aber geht defensiv in die völlig falsche Richtung. Defensive Coordinator Mike Nolan hat bislang keinerlei Antworten für irgendetwas, und setzt sich das fort, wird Head Coach Mike McCarthy - der mit Nolan gut befreundet ist - bald eine kritische Entscheidung treffen müssen. Dallas könnte offensiv noch stärker werden, wenn die Offensive Line wieder vollends intakt ist; womöglich muss der defensive Ansatz zumindest signifikant aggressiver werden, um wenigstens durch einige Big Plays seinen Beitrag zu leisten.
3. Herbert-Hype - Luft nach oben für die Buccaneers
Zwei Pleiten in Serie, und dennoch: Chargers-Fans dürfen nach der Niederlage gegen Tampa Bay mit Optimismus nach vorne blicken. Justin Herbert bleibt eine positive Überraschung; wie er gegen Pressure ruhig bleibt, wie er aggressiv vertikal attackiert, wie er sich von der Defense nicht aus dem Konzept bringen lässt. All das waren Punkte, die man so von Herbert nicht unbedingt erwartet hatte - als Rookie auf keinen Fall.
Er macht auch weiter in jedem Spiel seine Rookie-Fehler, und das ist auch in Ordnung. Aber wie die Chargers ihn trotz der Probleme in der Offensive Line immer wieder auch vertikal attackieren lassen und was Herbert und seine Receiver aus diesen Gelegenheiten machen, ist absolut vielversprechend. Herbert hatte gegen die Bucs zwei Touchdown-Pässe über mehr als 50 Yards - kein anderer Quarterback hat bislang mehr als einen solcher Pässe in dieser Saison.
Und die Bucs? Brady und die Offense liefen in der zweiten Hälfte eindrucksvoll heiß. Fünf Touchdown-Pässe für Brady, jeder zu einem anderen Target und vier Completions, vier Touchdowns in der Red Zone. Aber trotzdem bleiben Fragen bei Tampa Bay.
Etwa, warum Bruce Arians 14 Punkte im Rückstand spät im zweiten Viertel auf das Field Goal ging, statt Fourth Down auszuspielen. Oder warum Tampa seinen letzten Scoring-Drive so konservativ anging. Auch die Offensive Line war abermals ein Thema, und tiefe Out-Routes sollten die Bucs aus dem Playbook streichen. Dass am Ende dennoch 38 Punkte stehen, unterstreicht die individuelle Qualität in diesem Team, selbst ohne Chris Godwin. Auf O.J. Howard wird Tampa derweil verletzungsbedingt für den Rest der Saison verzichten müssen.
4. Arizona Cardinals: Hype trifft auf Realität
Die Arizona Cardinals waren ein gerne genannter Sleeper-Pick in der Offseason. Nicht unbedingt gleich für eine Chance auf den Super Bowl, aber um vielleicht in der Division für Probleme zu sorgen, eine reelle Chance auf die Playoffs zu haben und dort vielleicht auch Alarm machen zu können. Kyler Murray war ein beliebter Dark-Horse-MVP-Pick.
Nach vier Spielen muss man festhalten: Aktuell sind die Cardinals wie auch Murray noch ein gutes Stück davon entfernt. Und die Probleme sind vielschichtig, nach der Pleite gegen die Lions wurden sie auch bei der klaren Niederlage gegen die Carolina Panthers am Sonntag deutlich.
1.: Die Offense ist zu vorsichtig. Das hatte sich bei den Siegen über San Francisco und Washington schon angedeutet, und wurde nicht zuletzt damit erklärt, dass man seine Offensive Line gegen klar überlegene Defensive Lines verstecken wollte. Alles kurz, kaum vertikale Elemente in der Offense. Murrays Qualitäten als Runner glichen das in beiden Spielen aus. Gegen Detroit sah das dann anders aus - und gegen Carolina ging es wieder zurück zum Kurzpassspiel.
Alles in die Breite gezogen, auch im Run Game, sowie sehr viele Screens, die ins Nichts führten. Die Cardinals versuchen aktuell, eine äußerst präzise Kurzpass-Offense aufzuziehen; die aber wiederum lässt kaum Spielraum für Fehler. Und Arizona macht viel zu viele Fehler, als dass dieser Ansatz funktionieren könnte. Auch Murray selbst ist zu inkonstant gerade über die Mitte des Feldes.
Dazu kommt, dass Defenses sich mehr und mehr darauf einstellen und die Screens immer besser verteidigen. Murray in seiner Rookie-Saison war einer der besten Deep-Passer der Liga, aktuell nutzen die Cardinals dieses Mittel jedoch kaum. Und das trotz Hopkins, trotz Isabella, trotz Kirk. Eine Offense kann auch vertikal attackieren, wenn die Offensive Line unterstützt werden muss - genau das müssen die Cardinals hinbekommen.
Murray hatte gegen die Panthers 24 Completions für 133 Yards, und das ist inakzeptabel. Es sind auch die wenigsten Passing-Yards seit 1950, wenn der Quarterback mindestens 24 Completions hatte. Und innerhalb der Top 5 ist Murray jetzt schon zwei Mal in dieser Liste, auch seine 148 Yards gegen die 49ers im Vorjahr gehören hier dazu.
Arizona hat einen der gefährlichsten Running-Quarterbacks in der NFL, der zudem einen exzellenten Deep Ball hat. Und die Cardinals haben die Receiver, um vertikal zu attackieren. Aktuell geht der offensive Ansatz entgegen der größten eigenen Stärken, und unterstreicht stattdessen die Schwachstellen. Arizona muss Murray noch gezielter uns Run Game einbinden und gleichzeitig Defenses deutlich häufiger tief attackieren. Das würde ultimativ auch das Underneath Passing Game öffnen.
2.: Wo ist der defensive Plan? Die Safety-Verletzungssorgen muss man berücksichtigen; insbesondere der Ausfall von Budda Baker war ein großes Problem. Das Tackling war gegen Carolina schwach, aber ein anderes Thema ist viel besorgniserregender: Teams finden gegen die Cardinals-Defense schematische Ansätze - und Joseph fällt im Laufe der Partie nichts ein, das zu stoppen.
Gegen Carolina waren es mal Screens, mal Rollouts auf die rechte offensive Seite, die Arizona immer wieder komplett auf dem falschen Fuß erwischten. Der Pass-Rush ist weitestgehend komplett zahnlos und war gegen die durchaus angreifbare Panthers-Line überhaupt nicht präsent, und Joseph schafft es weiterhin nicht, über das Scheme Pressure zu kreieren.
Gleichzeitig ließ er sich in Carolina mehrfach in Soft-Zone-Coverages und generell von Joe Brady komplett abkochen und fand immer wieder keine Antworten auf die Crossing Routes mit Yards nach dem Catch bei langen Second und Third Downs. Zum wiederholten Male zu viele (und dann ein Mal zu wenige) Verteidiger auf dem Platz gehen ebenfalls auf Joseph.
Und dann ist da der Umgang mit Isaiah Simmons. Obwohl die Cardinals im Laufe der Partie bei ihrem sechsten Safety angekommen waren, wurde Simmons nur sehr vereinzelt und fast nur auf Linebacker eingesetzt. Einen Rookie langsam ran zu führen ist schön und gut, aktuell aber scheint der einzige Plan zu sein, ihn gelegentlich als Sub-Package-Linebacker einzusetzen. Ohne Plan B. Ohne Mut, ihn auszuprobieren und auch Fehler machen zu lassen. Stattdessen durfte ein desolater Curtis Riley auf Safety spielen und in Watte gepackt wird Simmons sich nicht verbessern.
3.:Die Konstanz fehlt. Das lässt sich übergreifend feststellen, ist aber gerade in den größten Extremen vor allem bei der Offense feststellbar.
In allen Spielen - gegen die Panthers noch deutlich am wenigsten - hatte die Offense gute, teilweise sehr gute Phasen. Aber eben nur Phasen. Mehr einzelne Drives als irgendetwas darüber hinaus. Gegen Washington reichte das für einen klaren Sieg; gegen Detroit kostete es die Cardinals bereits den Sieg und gegen Carolina fand Arizona nur sehr vereinzelt einen offensiven Rhythmus.
In diesen Punkt passt auch das vorläufige Fazit. Es ist nach wie vor ein Team, das Talent, aber auch viele Baustellen hat. Insbesondere in der Defense, doch auch in der Offensive Line. Enttäuschend ist, das bislang die offensive Entwicklung ganz spezifisch mit Blick auf die Passing Offense ausgeblieben ist. Kingsbury hat letztes Jahr eindrucksvoll gezeigt, dass er sich auch im Laufe einer Saison deutlich umstellen kann. Aktuell scheint das abermals notwendig.
5. Selbstverschuldete Tristesse bei den Chicago Bears
Die Situation für Bears-Fans ist wohl mit keinem Wort besser zusammenzufassen als mit dem Wort "Tristesse". Sicher, Chicago steht 3-1 - aber was ist die realistische Aussicht für die weitere Saison? Wie kamen diese Siege zustande? Und was sagt das für den weiteren Saisonverlauf aus?
In der Vorwoche kam Nick Foles noch als Retter in der Not - die Bears nahmen Mitch Trubisky schließlich doch raus und Foles führte Chicago zum Comeback-Sieg über die Falcons. Der Auftritt gegen eine fraglos starke Colts-Defense zeigte Chicago knallhart die Grenzen auf. Zumindest in dieser Partie.
Das nämlich ist und bleibt der zentrale Punkt: Mit Foles haben sich die Bears einen Quarterback geholt, der heiß laufen kann und zu einzelnen Highlight-Spielen in der Lage ist; er ist ein Upgrade gegenüber Trubisky. Gleichzeitig aber waren bessere Optionen in der Offseason zu haben, Chicago wählte den vertrauten Weg mit einem Quarterback, den die Coaches kennen.
Damit haben sie selbst auf ihre Saison allerdings einen Deckel gepackt. Foles wird tiefe Bälle werfen und Risiken eingehen und er wird mehr innerhalb der Struktur liefern als Trubisky. Doch selbst dieser Struktur fehlt es weiterhin an einer grundlegenden Identität, so zumindest scheint es. Und darauf zu bauen, dass Foles' "guten Phasen" oft genug und zum richtigen Zeitpunkt kommen - was Chicago zu einem potenziellen Playoff-Team machen würde - war von Anfang an ein sehr fragwürdiges Risiko. Das Colts-Spiel war die erste Erinnerung daran.
Wahrscheinlicher dürfte es sein, dass wir nach einem Foles-Durchhänger in der zweiten Saisonhälfte doch noch einmal Mitch Trubisky sehen.
6. Vikings gewinnen Duell der Enttäuschten
0-3 gegen 0-3 - das war die brisante Ausgangslage vor dem Duell zwischen den Houston Texans und den Minnesota Vikings. Zwei Teams, die zumindest mit Playoff-Hoffnungen in die Saison gestartet waren, kurz davor, vor den Scherben der eigenen Saison zu stehen. Die Vikings fliegen letztlich mit dem extrem wichtigen Sieg im Gepäck in die Heimat - und klare Takeaways gibt es zu beiden Teams.
Das Run Game ist weniger wichtig als das Passing Game, doch wenn man derart schwach in der Run-Defense ist wie die Texans, ist es ein enormes Problem. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch Houstons Saison, vom Opener gegen die Chiefs, über Baltimore, Pittsburgh und jetzt Minnesota. Die Texans können den Run nicht verteidigen, Minnesota konnte so abermals sein bevorzugtes Spiel spielen (40 Runs für 162 Yards, 3 Touchdowns) und Rookie Justin Jefferson hatte sein zweites 100-Receiving-Yard-Spiel in Folge. Die Offense kommt langsam besser in die Saison, während Houston defensiv abermals enttäuschte.
Aber aus Big-Picture-Sicht für Houston noch besorgniserregender als die Run-Defense oder einzelne Coverage-Busts ist, wie inkonstant die Offense auftritt. Head Coach Bill O'Brien wollte wieder mehr offensive Verantwortung übernehmen - das Ergebnis waren unter anderem zahlreiche unkreative Runs bei Early Downs: Vier der ersten fünf Drives begannen mit Johnson-Runs für 2, 4, -1 und 8 Yards. Der Run bei Second-and-10 knapp drei Minuten vor dem Ende ohne Timeout war schlicht zum Kopfschütteln.
Houston verschwendete mehrere Drives, statt eine absolut wacklige Vikings-Secondary zu attackieren, aus Game-Plan-Sicht schwer zu verstehen. Wie das funktionieren kann, machte die zweite Hälfte deutlich. Doch auch hier gibt es Einschränkungen: Deshaun Watson lief später heiß, hatte aber abermals mehrere Wackler, verfehlte offene Receiver und nach wie vor ist er für Pressure maßgeblich mitverantwortlich. Die Texans stehen jetzt tatsächlich vor den Scherben ihrer Saison, und dabei reden wir von der Franchise, die 2020 am meisten Geld für ihren Kader ausgibt und 2021 im Draft keinen Erst- oder Zweitrunden-Pick hat.
7. Die Lions stolpern dem Ende der Patricia-Ära entgegen
Bereits nach Woche 2 musste man Lions-Coach Matt Patricia deutlich anzählen. Detroit gewann dann in der Vorwoche bei den Cardinals, mit mehreren defensiven Big Plays - doch selbst die waren mehr individuelle Fehler von Arizonas Quarterback Kyler Murray, als dass das defensive Scheme gewonnen hätte; und außerhalb von diesen Big Plays spielte die Defense nicht wirklich gut.
Jetzt folgte ein Spiel gegen ein stark angeschlagenes Saints-Team mit eigentlich einem perfekten Skript für Patricia. Die Lions gingen mit 14:0 in Führung, Brees hatte eine frühe Interception geworfen und der Weg schien bereit, um defensiv aufs Gaspedal zu treten. Gegen eine Saints-Offense ohne Michael Thomas und die bisher große Probleme hatte, Defenses vertikal zu attackieren.
Das änderte sich gegen Detroit sichtbar. Die Saints drehten das Spiel mit drei Touchdown-Drives über 75, 80 und 80 Yards, bei durchschnittlich 7,5 Yards pro Play. Detroit lieferte schlicht keine Gegenwehr, ließ über 160 Rushing-Yards zu und konnte Brees kaum unter Druck setzen. Wenn die Offense wie im Spiel gegen New Orleans einen Durchhänger hat, kann die Defense das Team nicht stabilisieren. Und genau diese Qualität müsste Patricia dem Team eigentlich geben.
8. Eagles schlagen Niners: Die absurden Züge der QB-Kritik
Keine Position wird ausführlicher analysiert als die des Quarterbacks - und das nimmt bisweilen auch absurde Züge an. Ein Beispiel dafür ist 49ers-Quarterback Jimmy Garoppolo: Garoppolo hat das Glück, in vielleicht der am besten designten und Quarterback-freundlichsten Offense der Liga zu spielen. Doch auch für diese Offense braucht es einen kompetenten Game Manager - und genau das ist Garoppolo.
Was fehlt, wenn dieser kompetente Game Manager nicht spielt, war am Sonntagabend zu beobachten. Nick Mullens nämlich verfehlte die offenen Würfe, die Shanahan kreierte, mehrfach und ließ so Big Plays liegen. Und Shanahan coachte schon extrem aufwändig um die Limitierungen seines Quarterbacks herum, doch in offensichtlichen Passing-Situationen war schnell Feierabend - oft bereits aufgrund seines Pocket-Verhaltens. Mullens hatte ein grausames Spiel. Dennoch ist er ein guter Backup, aber die absurden Diskussionen darüber, ob Mullens nicht sogar besser sein könnte als Garoppolo, sollten ganz schnell aufhören.
Und Wentz? Nach wie vor weit von einer guten Leistung entfernt, aber wenigstens leichte positive Tendenzen waren erkennbar. Nachdem Wentz bereits früh im Spiel wieder mehrere üble Szenen hatte, Receiver einfach verfehlte und sich viel zu ausladend in der Pocket herumbewegte, warf er im weiteren Spielverlauf auch ein paar gute Bälle gerade aus der Bewegung heraus und einen fantastischen Deep Ball auf Fulgham.
Doug Pederson gab ihm abermals einige Zone Reads sowie Run Pass Options, um schnell spielen zu können. Und er coachte aggressiv mit der 2-Point-Conversion direkt zu Beginn, die letztlich mitentscheidend für den Sieg war. Auch das kann vom Start weg Selbstvertrauen geben.
Dieses Spiel als "Schritt in die richtige Richtung" zu bezeichnen, ist womöglich etwas vorschnell. Aber berücksichtigt man noch die absurd lange Liste der Eagles-Offense-Ausfälle, ist zumindest ein wenig ganz vorsichtiger Optimismus angebracht.
9. Die Raiders müssen mutiger werden
Die Las Vegas Raiders sind kein schlechtes Team - aber sie sind auch kein gutes Team. Das ist die Erkenntnis, die sich nach den Spielen gegen die Patriots sowie jetzt gegen die Bills zunehmend festigt. Sie sind vor allem kein Team, das einen sonderlich großen Spielraum für Fehler hat. Und ein Team, das sich nicht selbst im Weg stehen darf.
Genau das passierte gegen die Bills. Durch die Spieler - mehrere Coverage-Busts, die zu Touchdowns führten, eine Illegal Formation, die einen Touchdown kostete, unnötige Drops - aber auch durch Gruden.
Die Raiders müssen aggressiver werden. Sie müssen mehr designte Deep Shots für Carr einbauen, der durchaus einen guten Deep Ball wirft, aber sich "freiwillig" zu selten dafür entscheidet. Und sie müssen aggressiver im Spiel sein. Die Raiders kickten zwei Field Goals jeweils bei Fourth-and-2, eines davon tief in der Red Zone. Gruden entschied sich gegen die 2-Point-Conversion nach dem Touchdown direkt vor der Halbzeitpause, mit der er auf drei Punkte hätte verkürzen können.
Las Vegas hat nicht den Luxus, sich auf eine starke Defense verlassen zu können, das wurde auch gegen die Bills wieder deutlich. Und sie haben nicht den Luxus, über eine explosive Offense konstant Big Plays kreieren zu können. Diese Handicaps muss Gruden mit seinen Entscheidungen ausgleichen. Sonst wird es eine Saison im grauen Mittelmaß.
10. Erster Sieg für Burrow - was wird aus Haskins?
Die Cincinnati Bengals waren bereits einige Male nah dran - gegen die Jaguars reicht es schließlich für den ersten Sieg und es bleibt eindrucksvoll, was Joe Burrow gerade auch unter Pressure abliefert. Gegen Jacksonville war es außerdem die Joe-Mixon-Show, Mixon lieferte ein spektakuläres Spiel ab - und die Partie gab auch einen Vorgeschmack darauf, was vielleicht möglich sein kann, wenn die Offensive Line nicht konstant hoffnungslos unterlegen ist.
Für einen anderen jungen Quarterback läuft derweil die Uhr womöglich ab. Washingtons Head Coach Ron Rivera hatte Dwayne Haskins unter der Woche bereits öffentlich angezählt, und auch wenn niemand einen Sieg über die Ravens erwartet hatte: die Offense läuft extrem zäh mit Haskins, und das schon die ganze Saison über.
Das setzte sich auch gegen Baltimore fort. Haskins kassierte Sacks, die er nicht kassieren darf, auch etwa sein Pass bei Fourth-and-Goal blieb in Gedächtnis. Die Total Stats letztlich zeigen nicht wirklich, wie wenig die Offense produzierte und in einer Division, die komplett offen ist, mit einem Backup-Quarterback, den Rivera kennt (Kyle Allen) sowie einer Quarterback-Wildcard in Alex Smith könnte die Luft für Haskins sehr bald sehr dünn werden.