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Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 5 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke fasst seine 10 wichtigsten Erkenntnisse zum Week-5-Sonntag zusammen.
© imago images/Tammy Ljungblad
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6. Die 49ers gehen gegen Miami baden

Auf dem Papier wirkte die Partie gegen Miami aus Niners-Sicht wie das perfekte Spiel, um vor einem brutalen Schedule-Stretch wieder Fahrt aufzunehmen. Mit Garoppolo zurück, den offensiven Waffen auf dem Feld wiedervereint und einer Dolphins-Defense, die noch mitten in der Findungsphase zu sein schien.

Die Realität? San Franciscos Cornerbacks waren katastrophal, beginnend mit Brian Allen, der überraschend statt dem angeschlagenen (aber aktiven) Whitherspoon startete. Es war das erste Spiel, in dem sich ohne die verletzten Sherman, Moseley und Williams so richtig schmerzhaft bemerkbar machte, dass die Niners die Cornerback-Position in der Offseason eben komplett ignoriert haben.

Sicher, dass alle Starter auf einmal ausfallen, dafür kann man nicht planen - auffällig war es aber schon, dass San Francisco diese wichtige Positionsgruppe abermals so ignorierte. Ryan Fitzpatrick bestrafte das mit einer fantastischen Partie, auch weil San Franciscos angeschlagener Pass-Rush eben nicht den gewohnten Druck bereiten konnte. So brach die Defense komplett in sich zusammen - auch weil es von der Offense keinerlei Hilfe gab.

Im Fokus stand dabei selbstredend Jimmy Garoppolo, der von seiner Knöchelverletzung zurückkam - und wo im Nachhinein die Frage gestellt werden muss, wie genau Garoppolo von den Ärzten grünes Licht hatte erhalten können. Er bewegte sich von Anfang an sichtbar unrund, Miami reagierte mit zahlreichen Blitzes darauf und attackierte ihn in der Pocket, was die Probleme noch verdeutlichte. Garoppolo warf zwei furchtbare Interceptions in der Schlussphase der ersten Hälfte, sodass Shanahan ihn ultimativ zur Halbzeit rausnahm, um ihn zu schützen.

Doch auch die Offensive Line spielte nicht gut, und das nicht zum ersten Mal dieses Jahr. Shanahans Offenses basieren immer auf einer guten Offensive Line, und gerade in Pass-Protection hat er die aktuell nicht. Die 49ers spielen jetzt gegen die Rams, Patriots, Seahawks, Packers, Saints, Rams und Bills - es ist der brutalste Stretch ligaweit über die nächsten Wochen, mit Abstand. Die Niners könnten Sherman bald zurückerhalten, wenn Garoppolo wieder näher bei 100 Prozent ist, sollte auch die Offense anders aussehen.

Doch mit inzwischen drei Pleiten auf dem Konto ist der Spielraum für Fehler in einer knallharten Division minimal. San Francisco ist immer noch ein potenziell gefährliches Team, aber die Probleme sind sichtbar und nicht alle davon werden verschwinden, nur weil sich das Lazarett lichtet.

7. Vikings machen viel richtig - und verlieren dennoch in Seattle

Die Vikings haben es gegen Seattle eigentlich lange sehr gut gemacht. Minnesota konnte über das Run Game punkten, und dabei gleichzeitig aber offensiv auch immer wieder das Gaspedal runter treten, insbesondere mit den Bootleg-Shots. So war Seattle gezwungen, offensiv einmal mehr mitzuhalten - und Minnesota verteidigte es gut.

Zimmer ließ sehr viel Zone Coverage spielen und innerhalb der Zone Konzepte viel 2-High, also zwei tief postierte Safeties. Das zwang Seattle ins Kurzpassspiel und man sah mehrfach, wie Russell Wilson den tiefen Pass werfen wollte, dann aber den Ball zurückzog und schließlich unter Druck geriet. Die Touchdowns und Big Plays durch die Luft, welche die Partie zugunsten der Seahawks entschieden, kamen fast alle, wenn Minnesota dann tief in der eigenen Hälfte doch mehr Man Coverage spielte.

Die Vikings dominierten zuvor die erste Hälfte, und letztlich war es eher Minnesota, das Seattle ins Spiel zurückließ, als dass die Seahawks sich zurückgekämpft hätten. Die kostspieligen Turnover, die direkt zu Punkten führten und die Tatsache, dass Minnesota zwar in der ersten Hälfte das Spiel kontrollierte, aber es dann nicht schaffte, mehr Punkte dabei raus zu holen - natürlich in Kombination mit Wilsons Klasse nach der Halbzeitpause -, ließen diese Partie ultimativ kippen.

Ein letzter Gedanke zu diesem Spiel: Die Entscheidung von Zimmer, das extrem kurze Fourth Down kurz vor Schluss auszuspielen, war eine sehr, sehr enge Geschichte. Doch mit einem Field Goal bleibt es ein One-Score-Game und letztlich geht es darum, das Spiel zu beenden und Wilson nicht mehr an den Ball kommen zu lassen. Die Vikings haben im Run Game dominiert, ich habe absolut kein Problem mit der Entscheidung oder mit dem Play-Call und ziehe den imaginären Hut vor Zimmer. Dieser Moment deutete auch bei ihm als Head Coach eine Weiterentwicklung an.

8. Burrows Rookie-Taufe - Probleme bei den Ravens?

Häufig habe ich hier über die letzten Wochen Bengals-Quarterback Joe Burrow gelobt; der Rookie hatte aus schwierigen Umständen in Cincinnati das Maximum rausgeholt. Insbesondere aus schwierigen O-Line-Umständen, Burrow hatte einige spektakuläre Spiele gegen Pressure in der Pocket.

Gegen die Ravens hatte er seinen ersten überdeutlichen "Rookie-Auftritt". Die Ravens blitzten ihn mit voller Macht, brachten aber vor allem Pressure aus allen Richtungen. Sieben Sacks kassierte Burrow insgesamt, und die kamen nicht nur von sieben verschiedenen Spielern - fünf davon kamen von den fünf Starting-Defensive-Backs. Blitzer aus allen Richtungen, und Burrow steckte bei noch deutlich mehr Dropbacks Hits ein.

Es war in jeder Hinsicht der Worst Case für Burrow, da die Bengals früh mit 0:17 hinten lagen, dann extrem Pass-lastig wurden - was in dieser extremen Umsetzung auch kritisch zu hinterfragen ist - und dann konnten die Ravens das komplette defensive Blitzing-Playbook öffnen.

Etwas weniger einfach ist die Erklärung auf der anderen Seite - denn nicht zum ersten Mal in dieser Saison sah Lamar Jackson als Passer zumindest mal wacklig aus. Die Leichtigkeit im Passspiel fehlt, es ist nicht so selbstverständlich wie letztes Jahr. Und dafür gibt es verschiedene Gründe: Die Offensive Line ist nicht so gut wie letztes Jahr, es fehlt merklich die dominante Nummer-1-WR-Outside-Waffe. Hollywood Brown spielt gut aber ist vielleicht auch schlicht nicht der Spieler für diese Rolle.

So ist das Passspiel relativ überschaubar, mit einer klaren Tendenz: Die Ravens sind gefährlich über die Mitte des Feldes, wo viel über die Tight Ends und insbesondere Mark Andrews läuft - aber davon abgesehen gibt es Fragezeichen im Passspiel, und womöglich fehlt der Outside Receiver, um offensiv wirklich den nächsten Schritt zu machen. Zumindest für den Moment sind die Ravens hier hinter ihrem Vorjahreslevel.

9. Arizonas Backfield und die Jets als komplettes Debakel

Arizona kam mit einem letztlich - nach wackliger erster Hälfte - souveränen Auswärtssieg bei den desolaten Jets zurück in die Spur - mit einigen klaren Erkenntnissen auf beiden Seiten. Kurz zusammengefasst:

  • Chase Edmonds ist der deutlich bessere Back aufseiten der Cardinals aktuell. Er ist explosiver, er attackiert seine Gaps deutlich entschlossener, er läuft vertikal, statt horizontal zu tänzeln. Im Passspiel haben die Cardinals bereits den Tausch vollzogen - und es scheint eine Frage der Zeit zu sein, ehe Edmonds auch mehr Early-Down-Snaps erhält. Kenyan Drake spielt schlicht zu zögerlich.
  • Die Cardinals hatten offensichtlich fest vor, die Diskussionen über ihre horizontale Offense zu den Akten zu legen. Gegen die Jets attackierten sie deutlich mehr vertikal, Kyler Murray gab DeAndre Hopkins mehrere Chancen, wenn die Jets Eins-gegen-Eins mit einem Single High Safety spielten. Hopkins zahlte es mit einigen Big Plays zurück.
  • Es war längst nicht alles perfekt auf Cardinals-Seite - dass Arizona dennoch am Ende 30 Punkte hatte, sagt mehr über die Jets aus. Es war der nächste desolate Auftritt von Gang Green, die ohne Quarterback Sam Darnold antreten mussten, sich selbst aber auch überhaupt nicht halfen.
  • Adam Gase puntete bei beiden ersten Drives jeweils bei Vierter-und-1 - mindestens seit 1994 sind sie laut PFR das erste Team mit zwei Vierter-und-1-Punts innerhalb der ersten fünf Spielminuten. Adam Gase hat nichts zu verlieren, solche Entscheidungen sind absolut nicht nachzuvollziehen. Ein Run bei Zweiter-und-26 war die Versinnbildlichung von alledem. Es war die sechste Pleite für die Jets unter Adam Gase mit mindestens 20 Punkten Differenz.
  • Arizona hat Pass-Rusher Chandler Jones mutmaßlich für den Rest der Saison mit einer Bizepsverletzung verloren. Eine eindimensionale Defense, die ohnehin Probleme hatte, zum Quarterback zu kommen, wird jetzt noch deutlich wackliger sein, während Vance Joseph weiter nach einer Rolle für Isaiah Simmons sucht.

10. Alex Smith und das Comeback des Jahres

Der unbestrittene Gänsehautmoment dieser Woche, beziehungsweise: dieser Saison. Als Alex Smith nach einem harten Hit gegen Kyle Allen aufs Feld kam, unter dem Jubel seiner Kinder und der sichtbar bis in die Haarspitzen angespannten und nervösen - und das dürfte noch maßlos untertrieben sein - Ehegattin auf der Tribüne, war sie perfekt: die größte Comeback-Story dieses Jahres.

Dass Washington chancenlos gegen die Rams verlor und die Offense keinen Stich sah, wird mit Rückblick auf diese Partie schnell in Vergessenheit geraten. Dass aber Alex Smith nach 17 Operationen, acht Monaten mit einer externen Stütze und knapp zwei Jahre nach seiner schweren Beinverletzung tatsächlich sein Comeback auf dem Platz gab, dürfte Smith - und das vollkommen zu Recht - bereits den Titel des Comeback-Spielers des Jahres gesichert haben.

Gleichzeitig aber wirkte es wie ein kollektives Luftanhalten, auf Twitter sowie im Stadion, jedes Mal wenn Smith den Ball erhielt. Bislang hatte er im Washington noch keinen Hit eingesteckt, als er dann nach wenigen Plays Aaron Donald wie einen Rucksack auf sich sitzen hatte, war der erste Belastungstest bestanden. Smith blieb dann auch im Spiel, obwohl Allen grünes Licht für eine Rückkehr erhalten hatte - kommende Woche aber soll Allen wieder starten.

Und Dwayne Haskins? Es wäre absolut nicht überraschend, wenn hier noch ein Trade vollzogen werden würde.

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